Ablauf eines Vergabeverfahrens
Wenn Bieter und Bewerber an einer Vergabe teilnehmen möchten, suchen sie nach für ihr Unternehmen passende Ausschreibungen. Bevor eine Ausschreibung allerdings veröffentlicht wird, hat die Vergabestelle schon mehrere Stufen des Vergabeverfahrens bearbeitet. Was genau alles zum Vergabeverfahren gehört, wie der Ablauf eines Vergabeverfahren aussieht, welche Aufgaben der Auftragnehmer und welche die Bieter übernehmen, erklären wir in diesem Blogpost mit einer Übersicht.
Worin unterscheiden sich elektronische und händische Vergaben?
Grundsätzlich unterscheiden sich die Prozesse bei einem händischen und einer elektronischen Vergabeverfahren nicht: Die Vergabeunterlagen werden von der Vergabestelle erstellt und zur Verfügung gestellt, eine Bekanntmachung wird veröffentlicht und eingegangene Angebote müssen bewertet und geprüft werden. Der einzige Unterschied: Bei einer e-Vergabe können alle Schritte sowohl von der Vergabestelle als auch vom Bieter oder Bewerber elektronisch durchgeführt werden. Die Vergabeunterlagen werden online bereitgestellt, die Bieterkommunikation erfolgt online über die Vergabeplattform und die Angebote und dazugehörigen Nachweise können online hochgeladen werden. Dabei bieten elektronische Prozesse sowohl für Auftraggeber sowie für Auftragnehmer Unterstützung und Hilfestellungen während des gesamten Ablaufs an.
Wie läuft ein Vergabeverfahren ab?
Vorbereitung des Vergabeverfahrens
Bei den Vorbereitungen eines Vergabeverfahrens werden die Entscheidungen getroffen, die während des gesamten Prozesses gelten. Zwar gibt es Unklarheiten, die auch nach der Bekanntmachung der Vergabe, z.B. durch Bieterfragen entdeckt und beseitigt werden können, trotzdem gilt äußerste Sorgfalt bei der Bedarfsermittlung und der Erstellung der Vergabeunterlagen, damit das Vergabeverfahren nicht wiederholt werden muss. Bei der Vorbereitung ist nur die Vergabestelle beteiligt. Wichtig: Achten Sie auf die Fristen! Jede Verfahrensart hat eigene Fristen, die Auftraggeber unbedingt einhalten müssen und schon in der Vorbereitungsphase mitberechnen müssen. Eine Übersicht zu den unterschiedlichen Fristen haben wir im Blogpost "Fristenübersicht für Vergabeverfahren" zusammengesetllt.
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Bedarf wird ermittelt Stellt ein öffentlicher Auftraggeber Bedarf für eine Bau-, Liefer- oder Dienstleistung fest, beginnt der erste Schritt des Vergabeverfahrens. Der Bedarfsgegenstand muss nun genau definiert wird. Außerdem muss die Vergabestelle festlegen, wie sie den Gegenstand beschaffen will, z.B. ob der Beschaffungsgegenstand als Gesamtleistung eingekauft werden soll oder ob der Auftrag auch in Fach- und Teillose vergeben werden kann. An diesem Punkt ermittelt die Vergabestelle außerdem den Auftragswert und erstellt den Rahmen für die rechtlichen Bedingungen der Vergabe. Dazu kommen noch Überlegungen zur Bieterauswahl und zur Angebotsbewertung, d.h. nach welchen Kriterien sollen Bieter und Angebote bewertet und ausgewählt werden. Ermittlung, Überlegungen und Entscheidungen sind Bestandteile der Dokumentation im Vergabeverfahren, die während des gesamten Prozesses der Vergabe fortlaufend fortgeführt werden muss.
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Erstellung der Vergabeunterlagen: Nachdem die öffentlichen Auftraggeber der Auftragsgegenstand und Auftragswert ermittelt haben, können die Vergabeunterlagen erstellt werden. Zu den Vergabeunterlagen gehören Leistungsbeschreibung, Vertragsbedingungen und weiterführende Informationen, die für die Vergabe relevant sind.
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Auswahl der Vergabeart: Der öffentliche Auftraggeber ist in seiner Wahl nicht frei und kann daher nicht selbst entscheiden, nach welcher Verfahrensart das Verfahren ablaufen soll. Die Verfahrensart richtet sich nach dem geschätzten Auftragswert und der entsprechenden Leistungsart und kann während des gesamten Verfahrens nicht geändert werden. Einige Verfahrensarten können außerdem nur angewandt werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden und werden daher sehr selten angewandt. Sowohl im Oberschwellenbereich als auch im Unterschwellenbereich gibt es Regelverfahren.
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Bekanntmachung der Auftragsvergabe: Die Bekanntmachung eines Vergabevorhabens kann klassisch in Printmedien oder online veröffentlicht werden. Öffentliche Ausschreibungen müssen immer bekanntgegeben werden, damit die Öffentlichkeit über öffentliche Beschaffungsvorhaben informiert werden. Die Vergabeunterlagen müssen in geeigneter Weise dem Bieter zugänglichgemacht werden, so können interessierte Unternehmen diese herunterladen oder anfordern. Unternehmen müssen nun prüfen, um sie den Anforderungen des Verfahrens entsprechen und ob sie an dieser teilnehmen können. Ist dies der Fall, ist das der Startschuss, um passende Angebote zu erstellen und einzureichen. Bei der Bekanntmachung muss auch ein Schreiben als Aufforderung zur Abgabe von Angeboten enthalten sein.
Angebotsphase im Vergabeverfahren
In der Angebotsphase wird der Bieter aktiv. Er sucht nach für sein Unternehmen passende Ausschreibungen, wägt ab, ob daran teilgenommen werden kann und erstellt ein entsprechendes Angebot oder – falls zugelassen – ein Nebenangebot auf der Basis der Ausschreibung. Während dieser Phase können Bieter und Bewerber auf Fehler, Lücken oder Widersprüche in den Vergabeunterlagen hinweisen, die dann korrigiert werden sollten. Sind alle Angebote eingetroffen, werden sie von der Vergabestelle formell geprüft und gewertet.
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Angebotserstellung: Auf Grundlage der Vergabeunterlagen erstellt der Bieter nun ein entsprechendes Angebot. Falls vom Auftraggeber gewünscht können Bieter neben einem Hauptangebot auch ein Nebenangebot als Alternativvorschlag erstellen.
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Angebotsabgabe: In der Bekanntmachung werden nicht nur wichtige Informationen über den Auftragsgegenstand geliefert, sondern auch Frist und Art der Abgabe werden genannt. Der Auftraggeber gibt an, ob die Angebote und Nachweise postalisch versendet oder direkte abgegeben werden sollen, oder elektronisch über ein Vergabemanagementsystem hochgeladen werden können. Bieter sind nach der Veröffentlichung der Ausschreibung aufgefordert, die gewünschten Referenzen, Erklärungen und Nachweise zu sammeln, alle erforderlichen Dokumente entweder digital oder handschriftlich zu signieren und dann mit dem Angebot elektronisch oder händisch – je nachdem, wie die Angebotsabgabe ablaufen soll – einzureichen. Der Auftraggeber muss nun alle eingereichten Angebote bis zur Angebotsfrist verschlossen oder verschlüsselt, dies hängt von der Art der Abgabe ab, aufbewahren. Auch bei Dringlichkeitsvergaben muss der Auftraggeber eine angemessene Frist zur Angebotsabgabe setzen.
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Angebotsöffnung: Bis zum Abgabetermin dürfen die Angebote nicht geöffnet werden. Beim Öffnungstermin wird das 4-Augen-Prinzip angewandt. So soll verhindert werden, dass es während dieses Schrittes zu korrupten Handlungen während der Vergabe kommt. Bestimmte Situationen lassen es zu, dass Bieter bei der Angebotsöffnung anwesend sein dürfen.
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Angebotsprüfung: Sind alle Angebote entschlüsselt oder geöffnet, müssen sie formell überprüft werden. Angebote, die nicht den Vorgaben entsprechen (z.B., wenn die Angebote nicht verschlossen oder signiert waren) müssen ausgeschlossen werden.
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Angebotswertung: Dieser Schritt besteht aus mehreren Bestandteilen. Zum einen werden Bieter ausgeschlossen, wenn sie die Eignungsprüfung nicht bestehen. Dies geschieht, wenn Bieter z.B. technisch oder personell nicht ausreichend für den Auftrag ausgestattet sind oder wichtige Qualifikationen, Genehmigungen und Referenzen nicht nachgewiesen wurden. Allerdings kann die Vergabestelle den Bieter erneut auffordern, diese nachzureichen. Die Angebote selbst werden nach Auskömmlichkeit geprüft: die Preise werden genauer betrachtet und es wird überprüft, ob der Bieter überhaupt die Leistung wirtschaftlich erbringen kann. Dann erfolgt die Prüfung zur Wirtschaftlichkeit des Angebots: An dieser Stelle schaut der Auftraggeber, ob das Angebot zum Leistungsverzeichnis passt. Danach werden Nebenangebote genauer betrachtet, wenn Nebenangebote erlaubt waren. Während der Angebotswertung dürfen Bieter und Auftraggeber kommunizieren, aber ausdrücklich nicht verhandeln.
Abschluss des Vergabeverfahrens
Nach Beendigung der Angebotsphase, kann das Vergabeverfahren beendet werden. Erhält ein Unternehmen den Auftrag, kann es zum Vertragsabschluss kommen.
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Zuschlag oder Aufhebung des Verfahrens: Ein Vergabeverfahren kann auf zwei Weisen beendet werden. Mit dem Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot oder mit der Aufhebung des Verfahrens, weil zu wenig Angebote eingereicht wurden oder die Angebote nicht den Vorgaben entsprechen.
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Versand der Informationen: Handelt es sich um ein EU-Vergabeverfahren, müssen Bieter, deren Angebot nicht berücksichtigt wird, informiert werden, dass ein anderer Bieter den Auftrag erhält. Auftraggeber dürfen den Zuschlag erst erteilen, wenn die Informationen versandt und eine gewisse Zeitspanne verstrichen ist. Vorher darf kein Vertrag geschlossen werden. Im Unterschwellenbereich darf der Auftrag vergeben werden und erst danach werden die nicht berücksichtigten Bieter informiert.
Übersicht Vergabeverfahren
Vergabeverfahren können für Auftraggeber und Auftraggeber unübersichtlich und kompliziert sein, besonders wenn sie nicht regelmäßig durchgeführt werden. Weil Bieter und Bewerber nur einen Teil des Vergabeverfahrens sehen und keine Einsichten in die Vorarbeit und Entscheidungen der Vergabestelle haben, ist der komplette Ablauf eines Vergabeverfahrens in dieser Übersicht einfach dargestellt. Zu wissen, welche Schritte vor der Angebotserstellung die Vergabestelle bearbeiten muss, kann auch Bietern und Bewerbern von Nutzen sein, um Fehlerquellen ausfindig zu machen und diese dann bei der Vergabestelle mit einer Bieterfrage oder Rüge im Vergabeverfahren zu beseitigen.
Bei den einzelnen Verfahrensarten gibt es Unterschiede und Abweichungen, was beispielsweise Fristen, Auftragswert und Standort des Verfahrens betrifft. Die hier dargestellte Übersicht bezieht sich auf die Verfahrensart „Offenes Verfahren".
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Wann ist ein Vergabeverfahren notwendig?
Vergabeverfahren müssen immer dann durchgeführt werden, wenn sich die öffentliche Hand entscheidet, eine Dienstleistung, eine Lieferleistung oder eine Bauleistung zu beschaffen. Die Beschaffung muss den Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung folgen. Mit einer öffentlichen Vergabe sollen diese Grundsätze gewahrt werden und Korruption verhindert werden. Dabei orientiert sich jedes Vergabeverfahren an festgelegte Formalien und Strukturen, die in den Regelungen zu den unterschiedliche Vergabeverordnungen festgelegt sind.
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Rechtlicher Hinweis:
Dieser Artikel dient lediglich zur Orientierung und ersetzt weder eine Rechtsberatung, noch können die Inhalte als Rechtsgrundlage genutzt werden. Die Richtigkeit der Angaben ist ohne Gewähr.Interessante Themen:
Über den Autor
Jana Hanekamp
Content Creator & Managerin/ Social Media Managerin
Bereits während des Studiums der Kunstgeschichte und Philosophie war Jana Hanekamp im Bereich Marketing und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig.
Bei B_I MEDIEN arbeitet sie als Content Creator und Managerin sowie als Social Media Managerin. Sie recherchiert, verfasst und überarbeitet die Inhalte des Vergabe-Wissen-Bereichs auf bi-medien.de.
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