KI: Großer Wandel mit enormen Chancen
Über KI diskutierten bei der Pressekonferenz des diesjährigen Oldenburger Rohrleitungsforums (v.l.) Dr.-Ing. Michael Janzen, Dr. Michael Neupert, Moderator Thomas Martin, Prof. Thomas Wegener, Prof. Dr. Thomas Brinkhoff. | Foto: Heidi Schettner/Thomas Martin Kommunikation

Künstliche Intelligenz – so eine von vielen Definitionen – ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken, Lernen, Planen und Kreativität zu imitieren. Sie ermöglicht es technischen Systemen, ihre Umwelt wahrzunehmen, mit dem Wahrgenommenen umzugehen und Probleme zu lösen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Mensch wird nicht durch KI überflüssig, wohl aber bedeutet die Implementierung einen großen gesellschaftlichen Wandel.

Eine Chance für eine neue „Deutschlandgeschwindigkeit“?

„Schauen wir in die Planungs-, Bau- und Betriebswelten der unterirdischen Infrastruktur, so sind für mich schon heute überraschend viele Anwendungsbeispiele zu sehen“, sagt Prof. Dipl.-Ing. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e.V. Für Wegener geht es dabei überwiegend um betriebliche Herausforderungen in der Wasserwirtschaft. Aber vor allem auch in der Antrags- und Genehmigungsplanung sieht er Potenzial. „Vielleicht lässt sich mit dem Einsatz von KI tatsächlich eine neue „Deutschlandgeschwindigkeit“ für anstehende Projekte erreichen“, stellt Wegener eine überaus interessante These in den Raum. Gerade vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Fachkräftemangels kann KI in vielen Bereichen Aufgaben von fehlendem Personal übernehmen.

Wieviel Mensch ist nötig?

Für Rechtsanwalt Dr. Michael Neupert, Kümmerlein Rechtsanwälte und Notare, haben Genehmigungsverfahren für Großprojekte jedenfalls einen schlechten Ruf. „Sie sind kompliziert, langwierig, unproduktiv und fehlerträchtig. Die Antragsunterlagen sind umfangreich, die Öffentlichkeit und die Fachbehörden beteiligen sich mit teils unvorhersehbaren Forderungen, die Ressourcenknappheit bei den Behörden verlangsamt die Bearbeitung und das Recht schafft Zielkonflikte, was zu langwierigen Diskussionen im Einzelfall führt“, bringt es Neupert auf den Punkt. Allerdings vertritt er auch die Meinung, dass KI bei Informationsbereitstellung, -ermittlung und -aufbereitung helfen kann. Dadurch könne die Grundlagenermittlung beschleunigt werden, ist Neupert überzeugt.

Potenzial hat für Neupert die Idee, KI bei der inhaltlichen Arbeit einzusetzen und Eingaben aus der Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden auszuwerten. Denkbar erscheint auch die Produktion von definierten Textvorlagen, Textvorlagen auf den konkreten Einzelfall anzupassen oder andere Genehmigungsbescheide nach vergleichbaren Sachverhalten und Lösungen zu durchsuchen, um Best Practices aufzuzeigen und Nebenbestimmungen vorzuschlagen. Die Kernfrage lautet: Wieviel „Mensch“ braucht man dafür, damit es unter dem Strich schneller geht? Denn eine inhaltliche Prüfung wird nicht dadurch entbehrlich, dass ein Computer Informationen zusammenfasst oder paraphrasiert. Die Herausforderung, so Dr. Neupert, werde darin liegen, den unverbindlichen Vorschlag eines Expertensystems kritisch zu würdigen. Denn KI sei ein Werkzeug und nicht die Antwort auf alle Fragen.

KI birgt auch Gefährdungspotenzial

Prof. Dr. Thomas Brinkhoff, Jade Hochschule Wilhelmshaven/Oldenburg/Elsfleth, Institut für Angewandte Photogrammetrie und Geoinformatik (IAPG), weist auf weitere Anwendungsbeispiele hin, so etwa die Kanalinspektion oder die Planung von Glasfasernetzen, bei der Deep Learning im Zusammenspiel mit einem Geoinformationssystem (GIS) genutzt wurde, um Baumkronen in Luftbildern zu identifizieren. Die Ergebnisse könnten sowohl für Kostenschätzungen als auch in der Feinplanung der Trassen genutzt werden. Einen weiteren Anwendungsbereich bildet die Steuerung von Leitungs- und Kanalnetzen, um die vorhandenen Ressourcen effizient einsetzen zu können. „Viele Rohre sind unterirdisch verlegt, die konkrete Situation im Untergrund ist aber häufig nur in Teilen bekannt“, stellt Brinkhoff fest. Hierbei könne künstliche Intelligenz helfen, ein Gesamtbild zu erzeugen. Ähnliches gelte für den Nachweis der Wirksamkeit von eingesetzten Verfahren, beispielsweise beim Korrosionsschutz.

„Die Fähigkeiten großer Sprachmodelle wie ChatGPT oder der Bildanalyse und -generierung durch Deep-Learning-Verfahren auf Basis künstlicher neuronaler Netze beeindrucken viele Menschen und ermöglichen die Entwicklung vieler neuer Anwendungen und Lösungen“, ist Brinkhoff überzeugt. Gleichzeitig herrsche auch ein gewisses Unbehagen über diese Entwicklung, deren Grenzen und Gefahren sich nur schwer einschätzen ließen; Medienmanipulation über Deepfakes sei ein Beispiel hierfür. Ein weiteres Problem: „Zwar ist die grundsätzliche Arbeitsweise der KI-Verfahren bekannt, aber für eine konkrete Situation sind trotzdem keine Rückschlüsse möglich, wie die KI zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist. Dies kann aus rechtlichen Gründen die Einsetzbarkeit einschränken oder aber auch zu Änderungen im Regelwerk der Versorgungswirtschaft führen“, so Prof. Brinkhoff. Ein anderes Problemfeld von Verfahren des maschinellen Lernens sei zudem, dass sie einen Trainingsdatensatz benötigen. Brinkhoff: „Dessen Eigenschaften beeinflussen die Eigenschaften des künstlichen neuronalen Netzes und damit signifikant die Qualität und Zuverlässigkeit der Ergebnisse sowie die Nutzbarkeit für andere Daten.“

Nicht nur ein Thema für die Techbranche

Keine Chance ohne Risiko also. Dass das Werkzeug KI dennoch bei Netzbetreibern und Versorgern Einzug gehalten hat, verdeutlicht der Einsatz von KI beim Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband (OOWV). „Künstliche Intelligenz ist mitnichten nur ein Thema der Techbranche. Die großen Fortschritte der Technologie eröffnen auch der Wasserwirtschaft enorme Möglichkeiten“, lautet das Statement von Dr.-Ing. Michael Janzen, Abteilungsleiter Asset Management und strategische Planung, OOWV. Für den Verband sind Automatisierung und selbstständige Datenverarbeitung wichtige Werkzeuge, um große Mengen an unterschiedlichsten Infrastruktur- und Umweltdaten in Echtzeit zu verarbeiten. Beispielsweise können mithilfe speziell trainierter künstlicher Intelligenz Leckagen, Alterungsprozesse der Infrastruktur oder Starkregenereignisse frühzeitig erkannt werden. Auch die Prognose sowie die Steuerung des Wasserbedarfs in Hitzesommern ist ein denkbares Einsatzfeld dieser Technologie.

Interdisziplinäre Lösungsansätze

Da auch die behördlichen Anforderungen an die von Wasserver- und Abwasserentsorgern zu erhebenden Daten steigen, profitiert der OOWV auch auf dieser Ebene von einer strukturierten Datenerfassung, -speicherung und -analyse. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat der OOWV ein Data Science-Team aufgebaut, das durch Methoden des maschinellen Lernens, der künstlichen Intelligenz und der Datenanalyse-Prozesse und Lösungen mit unterschiedlichsten Fachbereichen löst. Thema hier ist unter anderem eine Starkregenfrühwarnung in der Stadt Oldenburg. „Ziel ist es, ein engmaschiges Messnetz zu installieren und mittels KI-Methoden zeitnah bevorstehende Niederschlagsereignisse zu ermitteln“, so Janzen. „Die Kalibrierung von Kanalnetzmodellen soll so weiter verfeinert werden, damit schneller auf Starkregenereignisse reagiert werden kann. Die Erkenntnisse und Funktionalitäten sollen langfristig im Niederschlagsdatenmanagementsystem des OOWV implementiert werden.“

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