Herausforderungen für den modernen Abwasserbetrieb
Moderne Technologien sind von großer Bedeutung bei der Bewältigung künftiger Herausforderungen. Beim Deutschen Tag der Kanalreinigung des IKT am 24./25. Juni in der Zeche Holland in Bochum standen die viel diskutierten und in der Praxis der Abwasserbetriebe höchst relevanten Themen Digitalisierung/künstliche Intelligenz und rechtssichere Rattenbekämpfung im Fokus.

KI liefere schnelle, konsistente Ergebnisse, soweit sie mit ausreichend Daten in möglichst guter Qualität trainiert wird, sagte Prof. Dr.-Ing. Bert Bosseler, Wissenschaftlicher Leiter des IKT. Es gibt viele Anwendungsbereiche in Abwasserbetrieben, in denen KI eine Rolle spielt bzw. spielen kann. Beispiele sind etwa die Massenkodierung von Schäden in Kanälen, die bedarfsgerechte Reinigung von Sinkkästen oder die Simulation von Überflutungen in gefährdeten Gebieten.
Viele Möglichkeiten, aber „wir schöpfen technische Potenziale in Deutschland nicht genug aus“, bemängelte Michael Voß von der Stadtentwässerung Frankfurt a.M. Zum Beispiel bei der Kanalinspektion: KI sei teilweise schon besser als ein Inspekteur. Andererseits: Je ungewöhnlicher ein Schaden bzw. eine Auffälligkeit ist, desto besser sei derzeit der Inspekteur im Vergleich zur KI, so Voß. In Duisburg, wo schon sehr viele Kanal-Kilometer mit KI erfasst wurden, war die Skepsis gegenüber der KI anfänglich groß, wie Nadine Krogull von den Wirtschaftsbetrieben Duisburg berichtete. Aber aus dem eigens gebildeten internen Qualitätszirkel, der sich zu dem Thema regelmäßig austausche, habe es meist positive Rückmeldungen gegeben, so Krogull.

Dass KI auch sehr gut dabei helfen kann, Betriebsoptimierungen an Kläranlagen, insbesondere bei der energieintensiven Belüftung, vorzunehmen, zeigten Christian Malewski und Karsten Böhmer vom Wupperverband anhand von zwei unterschiedlichen Ansätzen (on-premise und cloud-basiert) auf.
Auch in Norderstedt hat man die Digitalisierung in den letzten Jahren vorangetrieben. Die digital erfassten Sinkkästen werden nur noch anlassbezogen gereinigt, wie Stefan Eckmann vom Betriebsamt der Stadt Norderstedt berichtete. Sämtliche Sandfänge habe man wegen der hohen Arbeitsbelastung entfernt; der Verschmutzungsgrad habe sich dadurch nicht erhöht. Derzeit arbeite man an einem Kataster für Mulden, Entwässerungsrinnen und Gitter sowie Durchlässe. Bei der Umsetzung neuer digitaler Lösungen, so betonte Eckmann, sei es in jedem Fall wichtig, die Mitarbeiter mitzunehmen und frühzeitig einzubinden.

Erfahrungen mit Drohnen und E-Fahrzeugen

Michael Voß berichtete außerdem von einem Elektro-Spülfahrzeug und zog nach 100 Tagen Bilanz. Die Skepsis sei anfangs groß gewesen, zumal der Anschaffungspreis mit 1,3 Millionen Euro sehr hoch gewesen sei. Die Mitarbeiter, die den Lkw nutzen, seien aber sehr zufrieden – auch weil die Ladeleistung (350 kWh) und die Motorleistung (680 PS) stimmen. Zwischen 5 und 6,5 Stunden können sie mit dem Fahrzeug unterwegs sein (bei anfänglich vollem Akku). Voß sieht etwa mit dem leisen Betrieb, den geringen Betriebskosten sowie der Umweltfreundlichkeit erhebliche Vorteile des E-Lkw. Verbesserungsbedarf gebe es hingegen beim Akku (Leistungsfähigkeit/Gewicht) und der Ladeinfrastruktur. Der Anschaffungspreis, so prognostizierte Voß, werde schon bald geringer sein.
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Neue Vorgaben bei der Rattenbekämpfung
Kommunen werden sich auf neue Vorgaben bei der Rattenbekämpfung einstellen müssen. Die Regelungen wurden erneut verschärft, weil auf Rattenköder zurückzuführende Gifte auch in aquatischen Tieren und deren Fressfeinden nachgewiesen wurde. Hinzukommen, wie Anton Friesen vom Umweltbundesamt schilderte, die Erkenntnisse aus Untersuchungen, die auf die Wirksamkeit des Einsatzes von Rattengift in der Kanalisation sowie auf die Lebensweise der Ratten in Städten abzielten. Ab 2026 dürfen Antikoagulanzien nicht mehr ohne zuvor festgestellten Befall eingesetzt werden. Zudem müssen manipulationssichere Köderschutzstationen eingesetzt werden, die den Kontakt der Köder mit Wasser während der gesamten Bekämpfungsmaßnahme verhindern. Insgesamt, so Friesen, müsse das Rattenmanagement nachhaltiger werden. Die Kampagne KaRMa unterstütze Kommunen dabei. Wichtig: Verschiedene Akteure müssten zusammenarbeiten. Und Gift allein reiche zur Bekämpfung nicht aus; es komme auch auf Veränderungen des Lebensumfeldes der Ratten an.

Alles in allem hat der Tag der Kanalreinigung gezeigt, dass in verschiedenen Bereichen des Kanalbetriebs teils große Investitionen notwendig sind, um die Aufgaben und Herausforderungen zu meistern. Das Implementieren neuer effizienter Lösungen, die auch vor dem Hintergrund, dass immer weniger Mitarbeiter immer mehr Aufgaben meistern müssen, unbedingt notwendig sind, erfordert Geduld und die Einbeziehung der Mitarbeiter.
Der nächste Termin für den Tag der Kanalreinigung steht bereits fest: Am 23./24. Juni 2026 treffen sich Vertreter von Stadtentwässerungen wieder zum fachlichen Austausch.
Tag der Kanalreinigung 2025: Herausforderungen für den modernen Abwasserbetrieb: Weitere Bilder

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