Gelinert und gebrushed bis in die letzte Leitung

Es sind die Gegebenheiten vor Ort, die die Sanierung sämtlicher Abwasserleitungen im historischen Barthels Hof in Leipzig zu einem besonders herausfordernden Projekt machen. Das ausführende Unternehmen Pipe Bull setzt dabei auf den Brawoliner HT und ein spezielles Bürstenbeschichtungssystem sowie auf weitere spezielle Technik.


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Der Barthels Hof in Leipzig ist ein historischer Gebäudekomplex mit Geschäften, anderen gewerblich genutzten Räumlichkeiten, Wohnungen sowie der gleichnamigen Gaststätte mitten in der Innenstadt und nebenbei eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der sächsischen Großstadt. Bis heute sind barocke Teile des Gebäudeensembles aus dem 18. Jahrhundert erhalten geblieben.

Abwasserleitungen im Leipziger Barthels Hof mit Brawoliner und Beschichtung saniert
Der Barthels Hof in Leipzig. Früher wurde hier gehandelt und man stieß auf Lager, Ställe, Festsäle und vornehme Wohnräume. Heute prägen schöne Innenhöfe, Geschäfte und andere Gewerbeimmobilien sowie das Restaurant Barthels Hof den historischen Gebäudekomplex. | Foto: Pipe Bull
Die Sanierung der Abwasserleitungen im Barthels Hof ist der letzte Teil umfassender Sanierungsarbeiten am und im Gebäudekomplex. Die sogenannte Inhouse-Sanierung läuft seit September 2020 und soll noch dieses Jahres abgeschlossen werden. „Dabei wird keine einzige Leitung im Barthels Hof ausgelassen – von der DN40-Duschleitung bis hin zur Grundleitung DN 200“, so Thomas Miller, Geschäftsführer der Pipe Bull GmbH, die die Ausschreibung für die Leitungssanierungsarbeiten gewonnen hatte. Das noch junge Unternehmen aus Landau in der Pfalz ist spezialisiert auf die Sanierung von Grundstücks- und Gebäudeentwässerungsleitungen mit unterschiedlichen Verfahren inklusive Vorarbeiten wie TV-Inspektion und Kanalreinigung. Seine mittlerweile 19 Mitarbeiter sind bundesweit im Einsatz.

Grabenlos praktischer und ökonomischer

Es bestand seitens des Auftraggebers anfangs auch die Überlegung, die Fall-, Sammel- und Grundleitungen in offener Bauweise auszutauschen. Das erwies sich jedoch aus mehreren Gründen als nachteilig: „Eine Besonderheit bei diesem Projekt war die erschwerte Zugänglichkeit zu den geschossübergreifenden Leitungsschächten. Diese sind dreiseitig betoniert und einseitig teilweise mehrfach gemauert“, erklärt Sven Heuermann vom zuständigen Ingenieurbüro Drews Gebäudetechnik aus Berlin. „Zusätzlich sind die Schächte zwischen den einzelnen Etagen offen, so dass bei einer Strangsanierung in offener Bauweise begehbare Ebenen hätten eingebaut werden müssen“, so Heuermann weiter. Hinzukommt, dass die grabenlose Sanierung sich als wirtschaftlicher erwies als ein offener Leitungsaustausch.

Digitale Dokumentation in 3D zu den Leitungsverläufen im Barthels Hof | Foto: Pipe Bull
Digitale Dokumentation in 3D zu den Leitungsverläufen im Barthels Hof | Foto: Pipe Bull

Leitungen haben’s in sich

Insgesamt beläuft sich die zu sanierende Leitungslänge auf beachtliche 1,2 km. Eine Herausforderung bei der Sanierung sind die – in Deutschland häufig anzutreffenden – vielen Bögen im Leitungsverlauf. „Teilweise finden wir bei den DN50-Rohren auf einer Länge von nur zwei Metern sechs bis sieben 90-Grad-Bögen vor“, beschreibt Miller die Situation im Barthels Hof, „und die Fallleitungen DN 100 verlaufen nicht gerade von oben nach unten, sondern haben auf circa 40 Metern auch noch mal fünf bis sechs 90-Grad-Bögen. Da sind eine gute Vorbereitung und viel Geschick gefragt“, so Miller. Und auch die vielen und oft unerwarteten Dimensionswechsel machen die Sanierungsarbeiten nicht gerade einfacher.

In den letzten Jahren hatte der Barthels Hof mit Wasserschäden zu kämpfen. Eine TV-Inspektion offenbarte das Ausmaß der Schäden: „Die verbauten SML-Rohre sind extrem beschädigt und weisen Rohrbrüche, Risse und starke Korrosion auf“, beschreibt Heuermann. Unter den Schadensbildern sind auch mehrere Zentimeter lange Risse oder gar stellenweise Rohrauflösungen.

Aufgrund der Leitungsverläufe und der Schadensbilder hat die Firma Pipe Bull für die Sanierungsvorbereitung eigens die Fräswerkzeuge angepasst. Nun konnten und können sie problemlos in Leitungen mit Bögen eingesetzt werden sowie in den sehr stark beschädigten Graugussrohren, ohne dass diese auseinanderbrechen. Überaus stark korrodierte Rohre, bei denen Teile im Rahmen der Vorarbeiten weggebrochen sind, wurden im bisherigen Sanierungsverlauf zur Stabilisierung durch Kurzliner „überbrückt“. „Insofern war eine kurzfristige Planänderung notwendig“, so Miller.

Inspektion eines PVC-HT-Rohrs DN 100 | Foto: Pipe Bull
Inspektion eines PVC-HT-Rohrs DN 100 | Foto: Pipe Bull

Brawoliner

Im Rahmen der Leitungssanierung im Barthels Hof setzt Pipe Bull hauptsächlich auf den speziell für die Sanierung innerhalb von Gebäuden entwickelten und diesbezüglich DIBt-zugelassenen Brawoliner HT. Daneben kommen auch das Brush Coating-Verfahren sowie punktuell an manchen Stellen die offene Bauweise zum Einsatz – letztere etwa bei abgehängten Leitungen, die direkt greifbar sind, oder bei Dimensionswechseln, die nicht notwendig erscheinen.

Mit dem Brawoliner-Hersteller Brawo Systems arbeitet die Firma Pipe Bull seit ihrer Firmengründung 2017 eng zusammen und ist seither von der Qualität des Brawoliners überzeugt. Der nahtlose Textilschlauch mit nahtloser Folienbeschichtung eignet sich für die Sanierung von Leitungen mit Nennweiten von DN 50 bis DN 400. Beim Projekt Barthels Hof sind seine Flexibilität und die hieraus resultierenden Einsatzmöglichkeiten in defekten Rohren mit Bögen bis zu 90° und bis zu zwei Dimensionsänderungen entscheidende Vorteile.

Die Leitungen im Barthels Hof wurden hauptsächlich mit dem bogengängigen Brawoliner HT saniert. | Foto: Pipe Bull
Die Leitungen im Barthels Hof wurden hauptsächlich mit dem bogengängigen Brawoliner HT saniert. | Foto: Pipe Bull

Mit Druckluft werden die zuvor mit Epoxidharz imprägnierten Liner über sogenannte Liner-Kanonen inversiert und anschließend mittels Dampf oder Umgebungstemperatur ausgehärtet. „Die Liner-Kanonen sind über eine Druckmesssonde bzw. eine Bluetooth-Überwachungsbox aneinandergekoppelt, die dort, wo Druckluft im Liner zur Aushärtung für eine gewisse Zeit verbleibt, permanent den Luftdruck messen. Wenn es zum Druckabfall kommt, sendet das Überwachungsgerät eine Warnung per SMS“, erläutert Miller.

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Der Einbau der Brawoliner HT erfolgt mit offenem Ende (Open-End-Verfahren), teils werden Kalibrierschläuche und Linerendkappen eingesetzt. Nach Aushärtung der Liner werden die Zuläufe geöffnet. Pipe Bull verzichtet dabei komplett auf pneumatische Fräsroboter und verwendet für sämtliche Zuläufe stattdessen kompakte, elektrisch betriebene Vortex-Cutter, für die kein Kompressor benötigt wird. „In dieser Hinsicht ist es für uns ein Pilotprojekt“, so Miller. „Aber bisher funktioniert es sehr gut – trotz der komplizierten Leitungsverläufe.“

Brush Coating

Dort, wo der Brawoliner nicht eingesetzt werden kann, also z.B. bei DN40-Leitungen, oder die Schäden nicht ganz so gravierend sind, setzt Pipe Bull in Leipzig bis DN 100 auf das Brush Coating-Verfahren. Dabei handelt es sich um ein Bürstenbeschichtungssystem von Picote Solutions, mit dem Epoxidharz über einen Schlauch und daran befestigte rotierende Bürsten im Rohr aufgetragen wird. „Der Schlauch wird in Fließrichtung ins Rohr geschoben. Bei der Rückwärtsbewegung verteilen zwei bis drei Bürsten das Harz gleichmäßig auf der Rohrwand“, beschreibt Miller den Vorgang. Ein wichtiger Aspekt sei dabei, dass die Bürsten stets größer dimensioniert sind als das innere Rohrmaß, so dass das Harz jeden Zentimeter der Rohrinnenwand trifft.

Bei kleineren Durchmessern kam teilweise das Bürstenbeschichtungssystem Brush Coating zum Einsatz. | Foto: Pipe Bull
Bei kleineren Durchmessern kam teilweise das Bürstenbeschichtungssystem Brush Coating zum Einsatz. | Foto: Pipe Bull

Gut koordinieren, ausreichend kommunizieren, Zeiten einhalten

Weil sich der Barthels Hof direkt in der Innenstadt befindet, ist die Anlieferung der Materialien nur nach und nach in kleineren Mengen möglich. Dagegen stand für Geräte eine leerstehende Gewerbeeinheit beim Barthels Hof zur Verfügung. Gearbeitet wird vor Ort in drei Gruppen: „Die erste Gruppe ist für die Vorarbeit zuständig. Die zweite Gruppe übernimmt die Sanierungsdurchführung, wobei die Wahl des jeweiligen Verfahrens dem Projektleiter obliegt. Die dritte Gruppe schließlich ist für die Abnahmeuntersuchung verantwortlich und bessert gegebenenfalls etwaige Mängel nach“, erklärt Miller.

Das aufgetragene Epoxidharz stellt die Stabilität des Rohres wieder her und schützt vor Korrosion. | Foto: Pipe Bull
Das aufgetragene Epoxidharz stellt die Stabilität des Rohres wieder her und schützt vor Korrosion. | Foto: Pipe Bull
Bei einer Inhouse-Sanierung sind die Akzeptanz der im Gebäude befindlichen Eigentümer bzw. Mieter für die Maßnahme und damit deren Kooperationsbereitschaft nicht zu unterschätzende Faktoren. Immerhin arbeitet die Sanierungsfirma in sehr sensiblen Bereichen. In Skandinavien relativ unproblematisch, bedarf es hierzulande in der Regel deutlich mehr Überzeugungsarbeit. Daher hat man laut Miller im Vorfeld und während der Sanierung großen Wert auf die Kommunikation mit den Mietern gelegt. Daneben verweist Thomas Miller auch auf die Bedeutung des Zeitmanagements: „Von der Rohrreinigung bis zur Abnahme sind bestimmte Zeitfenster ganz klar vorgegeben, die auch im Hinblick auf die Akzeptanz der Inhouse-Sanierung bei den Mietern unbedingt eingehalten werden müssen.“

Mittlerweile ist das Projekt zum großen Teil abgeschlossen; derzeit wird an dem fünften von sechs Eingängen gearbeitet. Die Firma Pipe Bull rechnet mit der Fertigstellung der Inhouse-Sanierung Ende dieses Jahres.


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