Klimaschutz beginnt unter der Erde
Grabenlose Rohrsanierung reduziert Fremdwasser – und senkt dadurch den Energieverbrauch in Kläranlagen und Pumpwerken nachhaltig. Am Beispiel der Baumaßnahme in Germering des AmperVerbandes zeigt sich, wie gezielte Sanierungsmaßnahmen an Entwässerungssystemen einen wirksamen Beitrag zur Energiewende leisten können.

Ein Beispiel liefert der AmperVerband mit der grabenlosen Sanierung eines rund 1,4 Kilometer langen Abschnitts des Germeringer Hauptsammlers mit einem Innendurchmesser von 800 Millimetern. Ziel der Maßnahme war die deutliche Reduktion der Fremdwasserzuflüsse über Haltungen, Schächte und Anschlussleitungen.
Planung und Projektvorbereitung
Im Frühjahr 2023 wurde das Ingenieurbüro ISAS GmbH aus Füssen mit der Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung dieser technisch anspruchsvollen Maßnahme beauftragt. Die Herausforderung: Der Hauptsammler transportiert durchschnittlich 160 Liter Schmutzwasser (Trennsystem) pro Sekunde – bei hoher Fließgeschwindigkeit. Bedingungen, die besondere technische Lösungen erforderten.

Nachweis der Fremdwasserreduktion
Im Rahmen einer umfassenden Zustandsbewertung wurden zunächst die Hauptkanalinspektionsdaten analysiert. Um eine ganzheitliche Sanierung durchführen zu können, sollten aus Sicht des Auftraggebers alle angrenzenden Anschlussleitungen in die Sanierungsplanung mit einbezogen werden. Aus dieser Maßgabe heraus erfolgte im Juli 2023 die Inspektion aller Hausanschlussleitungen, Revisionsschächte sowie sämtlicher Hauptkanalschächte.
Auf dieser Basis entwickelte ISAS die Entwurfs- und anschließend die Ausführungsplanung. Entscheidende Planungsgrundlagen – etwa zu den anfallenden Abwassermengen und der Lage der Grundstücksentwässerungsleitungen – stellte der AmperVerband zur Verfügung.
Ein weiterer zentraler Bestandteil des Projekts war die enge Abstimmung mit der Verkehrsbehörde der Stadt Germering. Besonders für den Auf- und Abbau der temporären Abwasserumleitung waren Umleitungen, Vollsperrungen sowie Abstimmungen mit Polizei, Münchner Verkehrsverbund (MVV) und dem Busverkehr Südbayern detailliert zu koordinieren. Dabei galt es, zahlreiche Interessenskonflikte zu lösen und kritische Schnittstellen frühzeitig zu identifizieren. Die tagesgenaue und termintreue Umsetzung aller Maßnahmen bedeutete einen erheblichen Koordinationsaufwand für alle Beteiligten.
Messwerte belegen Erfolg der Maßnahme
Zum Nachweis der Wirksamkeit der Sanierung wurden am Start- und Endschacht des Projekts Vergleichsmessungen durchgeführt. Die Messungen fanden bewusst in den Nachtstunden zwischen 02:30 Uhr und 04:30 Uhr statt, um den Einfluss von Trockenwetterzuflüssen möglichst exakt erfassen zu können. Der Vergleich der Messdaten aus den Jahren 2023 (vor Sanierung) und 2025 (nach Sanierung) zeigt eindrucksvoll das Ergebnis:
- Trockenwetterabfluss Sommer 2023 (bereinigt*): 17,20 l/s
- Trockenwetterabfluss Sommer 2025 (bereinigt*): 2,30 l/s
- Reduzierter Fremdwasserzufluss: 14,90 l/s bzw. 53,65 m³/h
*Bereinigt: Abzüglich Fremdwasser aus Seitenzuläufen.

Hochgerechnet ergibt sich daraus eine jährliche Einsparung von rund 470.000 Kubikmetern Fremdwasser – ein beachtlicher Beitrag zur Energieeinsparung in Kläranlagen und Pumpwerken. Zum besseren Verständnis: Diese Menge entspricht dem jährlichen Trinkwasserbedarf von rund 10.000 Menschen – auch wenn es sich beim Fremdwasser natürlich nicht um Trinkwasser handelt.
Im Zuge der Umsetzung der Sanierungsarbeiten wurde deutlich, dass eine Fremdwasserreduktion nicht nur den öffentlichen Teil des Schmutzwasserkanals betrifft. Eine Lokalisierung und Minimierung des Fremdwasserzulaufes aus den Grundstücksentwässerungsanlagen ist hier genauso wichtig. Der AmperVerband wird auch in diesem Bereich in den nächsten Jahren weiterhin Aktivitäten vorweisen müssen.
Muffenabdichtung als Schlüsselmaßnahme
Um die grabenlose Sanierung realisieren zu können, musste das Abwasser vollständig umgeleitet werden. Hierfür kam eine oberirdische Stahlrohrleitung (DN 300), aufgeständert in 4,50 Meter Höhe, zum Einsatz. Zwei Pumpstationen mit einer maximalen Förderleistung von jeweils bis zu 160 l/s (mit 97 % Sicherheit) gewährleisteten einen unterbrechungsfreien Betrieb.
Vor dem Einbau des GFK-Schlauchliners in das vorhandene Betonrohr (DN 800) war eine manuelle Muffenabdichtung erforderlich. Ein Sanierungsmitarbeiter der ausführenden Firma Swietelsky-Faber GmbH dichtete jede einzelne Muffe mit Spezialmörtel ab – eine körperlich anspruchsvolle Arbeit, ausgeführt auf einem Rollbrett im Kanal. Eine alternative Injektion im SPUR-Verfahren hätte unter den beengten Platzverhältnissen einen deutlich höheren Aufwand bedeutet. Daher fiel die Entscheidung bewusst zugunsten der manuellen Ausführung mit Stopfmörtel. Die gesamte Vorabdichtung wurde innerhalb von nur drei Wochen erfolgreich abgeschlossen – ein zentraler Baustein für den späteren Sanierungserfolg.
Sondervorschlag GFK-Schlauchliner
Ursprünglich war aufgrund des hohen Grundwasserstands und der daraus resultierenden Kühlung des Altrohres ein Nadelfilzliner mit Warmwasserhärtung ausgeschrieben. Swietelsky-Faber unterbreitete jedoch einen Sondervorschlag für den Einsatz eines GFK-Schlauchliners (glasfaserverstärkter Kunststoffliner), der mit erheblichen Vorteilen verbunden war:
- Zum einen konnte die lärmintensive Wasserhaltung in den Nachtstunden abgeschaltet werden – eine spürbare Entlastung für die Anwohner.
- Zum anderen entfielen durch den Einsatz von GFK-Schlauchlinern aufwendige Baugruben vollständig.
- Auch der Energieverbrauch stellte einen entscheidenden Vorteil dar:
Das energieintensive Aufheizen des Warmwasserliners, das mehrtägige Kühlen sowie die langen Laufzeiten der provisorischen Pumpanlagen konnten deutlich reduziert werden.

Um die Wirksamkeit des Sondervorschlags fachlich bewerten zu können, erteilte das Ingenieurbüro ISAS die Auflage, die Temperaturen von Altrohr und Schlauchliner während der Aushärtung über die gesamte Rohrlänge kontinuierlich zu überwachen. Zum Einsatz kam das Vericure-System der Firma Vortex, das sowohl die durchgehende Temperaturkontrolle als auch die Steuerung der Aushärtegeschwindigkeit ermöglichte. Dadurch ließ sich die Aushärtung auch bei stark gekühlten Altrohren präzise an die lokalen Bedingungen anpassen.
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Abschlussarbeiten und Fazit
Die Schächte wurden abschließend mit verdübelten GFK-Platten ausgekleidet. Durch die Rohrabdichtung mittels Schlauchliner stieg der lokale Grundwasserspiegel an – ein Effekt, der die Montage des GFK-Laminats erheblich erschwerte. Das Einbauteam sah sich dadurch mit besonderen Herausforderungen konfrontiert: Jedes einzelne Dübelloch musste vorab mit SPUR-Harz abgedichtet werden, um das Eindringen von Grundwasser zuverlässig zu verhindern.
Die gesamte Maßnahme fand unter schwierigen Witterungsbedingungen statt. Dennoch kam es dank der hohen Einsatzbereitschaft der Sanierungskolonnen der Swietelsky-Faber GmbH zu keinerlei Ausfalltagen. Die Bauzeit wurde planmäßig eingehalten – und das, obwohl unvorhersehbare Herausforderungen wie aufwändige Vorabdichtungen sowie kurzfristige
Anpassungen an behördliche Vorgaben zu bewältigen waren. Trotz dieser Rahmenbedingungen blieb das Projekt innerhalb des kalkulierten Kostenrahmens.
Ein Projekt mit Vorbildcharakter
Das Projekt des AmperVerbandes zeigt exemplarisch, welches Potenzial in der grabenlosen Sanierung zur Reduktion von Fremdwasser liegt – nicht nur im Hinblick auf die Betriebskosten, sondern auch im Sinne eines nachhaltigen Ressourcenschutzes und der Energieeffizienz kommunaler Infrastrukturen.
Leider wird im Allgemeinen bislang nur die Herstellungs- und Ausführungsphase in den Umweltproduktdeklarationen betrachtet. Wünschenswert wäre es, wenn die hier beschriebenen enormen betrieblichen Effekte auch in den Lebenszyklusanalysen nach EN 15804 betrachtet werden würden. Somit kämen wir einem umfassenden Blick auf die Ökobilanz von Sanierungsmaßnahmen an Entwässerungssystemen also „from Cradle to Cradle“ deutlich näher.
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Quelle: Swietelsky Faber
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