Doppeldüker unter der A7: Schlauchliner als statische Ertüchtigung
An dieser Stelle der BAB A7 unterquert der Düker die Autobahn. Am linken Bildrand ist der Inversionsturm zu erkennen. | Foto: Aarsleff

Roland Stutzki ist voll des Lobes. „Die Verlässlichkeit, Termintreue und Ausführungsqualität, mit der sich die beteiligten Firmen in das komplexe Räderwerk einer solchen Großbaustelle integriert haben, ist allemal bemerkenswert.“ Der Großprojektleiter bei Hamburg Wasser ist auch beim dritten Lärmschutzdeckel über der A7 in Hamburg dafür verantwortlich, die von Hamburg Wasser betriebenen Leitungen im Einzugsbereich dieser Großbauvorhaben der Bundesrepublik Deutschland den neuen Gegebenheiten anzupassen.

So auch für den Schlauchlinereinbau in einen Schmutzwasserdüker aus duktilem Guss, der dort, wo der dritte Deckel entsteht, die Autobahn A7 unterquert. Der 93 Meter lange Doppeldüker besteht aus zwei Strängen DN 1000 und transportiert bei Starkregenereignissen bis zu 3000 Liter Mischwasser pro Sekunde. Dieser Düker wurde in der Planung des Lärmschutzdeckels zunächst im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens als für die Bauarbeiten unkritisch und ohne Handlungsbedarf bewertet. Voruntersuchungen hatten bestätigt, dass der knapp 50 Jahre alte Düker in seiner Substanz keine gravierenden Mängel aufwies. „Einem Weiterbetrieb über weitere 40 oder 50 Jahre hätte also eigentlich nichts im Wege gestanden“, so Roland Stutzki.

Gefahr von Setzungen im Böschungsbereich

Zugangsschacht zum Düker | Foto: Aarsleff

Die A7 verläuft an dieser Stelle deutlich unter dem Geländeniveau der Umgebung, und in den Autobahnböschungen rechts und links liegen schräg dem Böschungswinkel folgend der ab- und der aufsteigende Dükerast. Bei Baugrunduntersuchungen im Zuge des Deckelbaus wurde festgestellt, dass die Dükeräste auf einer Torflinse gebettet sind. Die Verbindungen der einzelnen Rohre wurden damals mit sogenannten Stopfbuchsenmuffen hergestellt. Diese Art der Rohrverbindung ist nicht zugfest. Da in die Böschung neben der Fahrbahn Richtung Süden über dem Düker durch eine provisorische Behelfsstraße zusätzliche Verkehrslasten eingetragen werden, waren Setzungen im Untergrund zu befürchten, die wiederum zu Undichtigkeiten der nicht zugfesten Rohrverbindungen in dem darunter liegenden Dükerast führen könnten.

Im weiteren Bauverlauf wird darüber hinaus die Auflast auf die beiden schrägen Dükeräste durch Auffüllung der Böschungen im Bereich der senkrechten Deckelwände noch einmal erhöht. Nach Berechnungen der Bodenmechaniker führt dies zusätzlich zu Setzungen, die die Dichtheit des Dükers gefährden. Dies galt es durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Planung und Durchführung dieses Projektes erfolgten durch Hamburg Wasser im Auftrag des Bundes.

Schlauchliner als Problemlöser

Zunächst musste der Einstieg bis herunter zur Schachtkammer geöffnet werden, um die Voraussetzungen für den Einbau der beiden 1000er Liner zu schaffen. | Foto: Hamburg Wasser
Zunächst musste der Einstieg bis herunter zur Schachtkammer geöffnet werden, um die Voraussetzungen für den Einbau der beiden 1000er Liner zu schaffen. | Foto: Hamburg Wasser

In den Variantenuntersuchungen wurden unterschiedliche Lösungsvorschläge von Bohrpfahlgründungen über PE-Inliner oder Innenmanschetten aus Edelstahl bis zum Neubau der Dükeräste in offener Bauweise diskutiert. Die Entscheidung fiel letztlich auf eine Innenauskleidung des gesamten Dükers mit einem warmwasserhärtenden Synthesefaser-Schlauchliner als technisch überzeugendste Lösung. Statische Berechnungen, ausgeführt von der Dr. Doll Ingenieurgesellschaft, ergaben, dass ein entsprechend konfigurierter und dimensionierter Schlauchliner die bei diesem Anwendungsfall gestellten Anforderungen zuverlässig erfüllen kann.

Bei dieser Maßnahme übernimmt der Liner die Funktion, den Düker während der Bauzeit zu stabilisieren und vor baulich bedingten äußeren Einflüssen von innen zu schützen. „Es handelt sich also um eine ausschließlich statische Ertüchtigung“, betont Roland Stutzki. Neben den technischen Aspekten sprach mit der kurzen Bauzeit ein weiteres schwerwiegendes Argument für den Schlauch. Die im Vergleich zu anderen Ausführungsvarianten geringeren Kosten bezeichnet Roland Stutzki als „angenehmen Nebeneffekt“. Das Auftragsvolumen lag einschließlich aller Nebenarbeiten bei rund 1,7 Millionen Euro.

Um eine Verklebung des Liners mit dem Altrohr auszuschließen, wurde vor der Inversion des mit Harz getränkten Liners zunächst ein trockener, unimprägnierter Synthesefaserschlauch mit einer Wandstärke von 6 Millimetern per Seilwinde eingezogen. | Foto: Aarsleff
Um eine Verklebung des Liners mit dem Altrohr auszuschließen, wurde vor der Inversion des mit Harz getränkten Liners zunächst ein trockener, unimprägnierter Synthesefaserschlauch mit einer Wandstärke von 6 Millimetern per Seilwinde eingezogen. | Foto: Aarsleff

Eine Variante, nur den einen im Bereich der Baustraße betroffenen schrägen Dükerast statisch zu sanieren, wurde verworfen, da dies mit der erforderlichen Anbindung an das Altrohr technisch kompliziert und problematisch gewesen wäre. Vom Zeitaufwand her hätte diese Variante keinen Vorteil gebracht und die Mehrkosten der Komplettsanierung blieb wirtschaftlich auch unter Berücksichtigung der Nachteile einer Teilsanierung und der zusätzlichen Sicherheit gegenüber eventuellen Belastungen des Dükers durch die weiteren Bauarbeiten zur Gründung des neuen Deckels.

Aarsleff und Wähler: Erfahrung auf der Baustelle

Im Zuge einer freihändigen Vergabe erhielten die Firmen Aarsleff Rohrsanierung für den Einbau des Schlauchliners und Tief- und Rohrleitungsbau Wähler für die erforderlichen Tiefbauarbeiten den Auftrag. Reinigungsarbeiten und Kamerabefahrungen wurden von Canal-Control durchgeführt.

Aarsleff verfügt in Hamburg mit dem Einbau von Schlauchlinern in große Düker aus vorangegangenen Projekten über große Erfahrung. Das Unternehmen kann bei der Liner-Installation unter erschwerten Bedingungen und den für Düker typischen Abwinkelung im Rohrverlauf auf einige spektakuläre und erfolgreich ausgeführte Referenzen in der Hansestadt verweisen.

Auch die Firma Wähler hat sich über viele Jahre in Hamburg einen ausgezeichneten Ruf hinsichtlich Kompetenz, Qualität und Zuverlässigkeit aufgebaut. „Dies war uns bei dieser Maßnahme besonders wichtig, da wir nur ein enges Zeitfenster im Bauablaufplan der Gesamtmaßnahme Deckelbau zur Verfügung hatten“, so Roland Stutzki.

Blick vom Inversionsturm bis hinüber zum Zielschacht | Foto: Aarsleff
Blick vom Inversionsturm bis hinüber zum Zielschacht | Foto: Aarsleff

Erleichtert wurde die Ausführung der Maßnahme durch den Umstand, dass jeweils eine Dükerröhre abgesperrt und entleert werden konnte. Der andere Strang diente in dieser Zeit zur Aufrechterhaltung der Vorflut. Bei einem Regenereignis hätte im Überlastungsfall die Möglichkeit bestanden, Mischwasser in die Elbe abzuschlagen.

Ein Liner aus zwei Schläuchen

Zunächst waren durch die Firma Wähler am Dükeroberhaubt einige Umbaumaßnahmen auszuführen. Der Einstieg mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern und der Dom bis herunter zur Schachtkammer mussten geöffnet werden, um die Voraussetzungen für den Einbau der beiden 1000er Liner zu schaffen.

Der eigentliche Liner besteht aus zwei Schläuchen. Zunächst wurde ein trockener, unimprägnierter Synthesefaserschlauch mit einer Wandstärke von 6 Millimetern per Seilwinde eingezogen. Anschließend erfolgte die Inversion des imprägnierten Liners mit einer Wandstärke von 22,5 Millimetern mit Wasserdruck. „Aus statischen Gründen und mit Blick auf die zu erwartenden Setzungen war wichtig, dass der Liner auf keinen Fall mit dem Altrohr verklebt und keine feste Verbindung eingeht“, erklärt Norman Bonnemann, Niederlassungsleiter von Aarsleff in Hamburg, den ungewöhnlichen Aufbau des Liners. „Der nicht imprägnierte Einzugsschlauch stellt in diesem Fall die Entkoppelung von Altrohr und Liner sicher.“

Zu den Herausforderungen dieser Maßnahme gehörten die beengten Platzverhältnisse auf der Baustelle. | Foto: Aarsleff
Zu den Herausforderungen dieser Maßnahme gehörten die beengten Platzverhältnisse auf der Baustelle. | Foto: Aarsleff
Der Linereinbau dauerte für beide Dükerröhren zwei Arbeitswochen. Sonntags erfolgte die Reinigung durch Canal Control, montags richtete sich die Mannschaft von Aarsleff die Baustelle ein, montags am Abend traf der Liner in Hamburg ein, dienstags begann die Inversion und anschließend erfolgte die Aufheizung des Wassers und die Aushärtung, überwacht mit dem Aarsleff-eigenen Messystem von der Firma Syscribe. Bis Freitag war der Einbau abgeschlossen und fertig für die Abnahmebefahrung durch Canal Control. Beim Linereinbau in die zweite Röhre fungierte die bereits sanierte als Vorflutleitung. Eine Anbindung der Liner an die Bauwerke erfolgte nicht, um dem Liner auch in diesem Bereich die nötige Flexibilität zu erhalten.

Die Tiefbauarbeiten durch die Firma Wähler begannen zwei Wochen vor dem Linereinbau und wurden anderthalb Wochen danach abgeschlossen. „Die ganze Maßnahme hat also nicht einmal sechs Wochen gedauert“, so Roland Stutzki.

Maßnahme mit kurzer Nutzungsdauer

Blick von der Zielseite hinüber zum Inversionsturm | Foto: Aarsleff
Blick von der Zielseite hinüber zum Inversionsturm | Foto: Aarsleff

Zu den Herausforderungen gehörte das eng bemessene und strikt begrenzte Baufeld direkt an der Autobahnböschung. Es galt, sich mit dem Linereinbau und den begleitenden Maßnahmen in das Baugeschehen des Großprojektes Lärmschutzdeckelbau einzuordnen. „Diese Koordinationsleistung aller Beteiligten, insbesondere der ausführenden Firmen, war ein Erfolgsgarant für die erfolgreichen und reibungslosen Arbeiten am Düker“, betont Stutzki. „Das Ergebnis war eine absolut termingerechte Ausführung aller beteiligten Gewerke.“

Dennoch ist das Werk nicht von langer Dauer. Roland Stutzki beschäftigt sich seit Ende des Jahres 2022 mit der Planung eines neuen Dükers, der ab Mitte 2024 gebaut werden und den jetzt ertüchtigten ersetzen soll. Nach Fertigstellung des Lärmdeckels und der Verfüllung der jetzigen Böschungsbereiche laste auf den beiden ab- und aufsteigenden Dükerästen so viel Gewicht, dass auch der Liner statisch überfordert wäre. Vorgesehen ist ein neuer, im Rohrvortriebsverfahren hergestellter Doppeldüker mit senkrecht auf- und absteigenden Ästen und unterschiedlich dimensionierten Röhren: Die eine für den Trockenwetterabfluss, die zweite soll für Niederschläge bis zu Starregenereignissen ausgelegt werden. Der jetzt ertüchtigte Düker wird dann stillgelegt und verfüllt.

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