U-Bahn-Verlängerung nach Martinsried
Die U6-Verbindung zwischen dem Forschungszentrum Garching und dem Biotechnologiestandort der LMU München endet derzeit am Klinikum Großhadern. Seit zwei Jahren arbeitet die Leonhard Weiss GmbH & Co. KG mit einem zehnköpfigen Führungsteam und spezialisierten Nachunternehmern an der rund einen Kilometer langen Streckenverlängerung nach Martinsried. Das Spektrum der Arbeiten reicht von Erdarbeiten und Spezialtiefbau über Grundwasserhaltung bis hin zu komplexen Betonarbeiten für den neuen U-Bahnhof.

Seit dem symbolischen Spatenstich im Februar 2023 schreitet das Projekt zügig voran. Der Aushub der Strecke, der insgesamt 340.000 Kubikmeter Erde und Kies umfasst, steht kurz vor dem Abschluss. Die Tunneltrasse, die in offener und teilweiser Deckelbauweise entsteht, wird von 3.757 überschnittenen Bohrpfählen gesäumt und erstreckt sich auf einer Breite von 17 bis 19 Metern bis in 20 Meter Tiefe. Während der neue Bahnhof im Bereich des westlichen Baufeldendes bereits Gestalt annimmt, beginnt parallel dazu der Rohbau für den Anschluss an den bestehenden U-Bahn-Tunnel am östlichen Baufeldende.
Innovative Baukunst im Dienst der Mobilität
Damit die neue Station der Wissenschaftslinie U6 pünktlich ans Netz gehen kann, gilt es diverse Herausforderungen zu meistern. Einer dieser neuralgischen Punkte ist das Gebiet um die kreuzende Straße „Am Klopferspitz“. Bei der Untertunnelung setzt das Bauunternehmen Leonhard Weiss auf ein ausgeklügeltes Deckelbauverfahren, das eine mehrmonatige Vollsperrung vermeidet. Um den Tunneldeckel herstellen zu können, wurde der ursprüngliche Straßenverlauf temporär auf eine westliche Ausweichstrecke verschwenkt. Nach der Installation von Bohrpfählen wurde so ein zwei Meter starker Betondeckel geschaffen, der eine schnelle Verkehrsrückführung ermöglicht – während darunter der Tunnelbau weitergeht.

Grundwasser-Bypass mit Pumpwerk und Kiesschicht
Nicht nur der Verkehrsfluss, sondern auch die quer zum Tunnel in nördlicher Richtung verlaufende Grundwasserströmung muss für eine Zeitlang umgelenkt werden. Dazu wird das Wasser über eine Grundwasserüberleitung auf der Südseite nach oben befördert und über Rohrleitungen an der Nordseite wieder nach unten geführt: „Auf diese Weise imitieren wir während der Tunnelbauarbeiten die Grundwasserströmung und verhindern Stauungen“, berichtet Dipl.-Ing. Chris Freudenberg, der im Bauleitungsteam von Leonhard Weiss die Arbeiten des konstruktiven Ingenieurbaus koordiniert. Später sorgt dann eine unterhalb des Unterwasserbetons eingebrachte Kiesschicht mit einer Stärke zwischen 50 und 170 Zentimeter dafür, dass das Grundwasser ungehindert unterhalb der Konstruktion entlangfließen kann.
Herausforderung Altlasten: U-Bahn-Bau trifft auf schwieriges Erbe
Dass man bei diesem Bauprojekt nicht vorankommt, ohne natürliche Gegebenheiten zu berücksichtigen, zeigt sich auch am ehemaligen Deponiegelände zwischen Elisabeth-Stoeber-Straße und dem Klopferspitz. Die frühere Kiesgrube wurde seit den 1950er Jahren mit Bauschutt, Erdaushub und Hausmüll verfüllt. „Der Boden ist dort sehr inhomogen, sodass man an bestimmten Stellen keine Radlader oder Bagger einsetzen kann. Daher mussten wir zur Stabilisierung der Arbeitsebenen in dem Bereich Geogitter und Recyclingmaterial einbauen, um dort überhaupt operieren zu können“, erklärt Chris Freudenberg. Die geförderten Altlasten erfordern zudem die Einhaltung eines genau festgelegten Massenverwertungs- und Entsorgungskonzepts. Trennung, Beprobung und fachgerechte Entsorgung des Aushubs erfolgen in der eigens errichteten Zwischenlagerfläche Nord. Ein speziell abgedichteter Asphaltboden verhindert dabei die Kontamination des Grundwassers.

Modernste Dämpfungstechnik für sensible Forschungseinrichtungen
Sichtbeton verlangt Perfektion bis ins Detail
Fingerspitzengefühl ist auch bei der Umsetzung des Sichtbetonkonzepts einschließlich der Deckenkonstruktion im Bahnhofsbereich gefragt. „Die unregelmäßige Geometrie der Bahnhofsdecke macht die Bewehrungs-, Betonage- und Schalungsarbeiten sehr komplex“, erläutert Freudenberg. Um überprüfen zu können, wie sich die Schalungstechniken hinsichtlich der im Architektenentwurf geforderten hohen Sichtbetonklassen in die Praxis umsetzen lassen, wurde eigens ein kleines skaliertes Modell eines Tunnelblocks erstellt. „Sichtbeton im Ingenieurbau ist aufgrund der massigen Stahlbetonbauteile eine besondere Herausforderung – insbesondere bei Tunneln in offener Bauweise. Hier gilt es, sich innerhalb des Sichtbetonteams umfassend abzustimmen und gemeinsam mit allen Beteiligten das Bauwerk hinsichtlich der Qualität und der Wirtschaftlichkeit bestmöglich umzusetzen,“ so der Experte. Die Schalung bildet später den auf dem Beton sichtbaren Abdruck. Daher ist es erforderlich, das Bewusstsein der Arbeiter für besondere Reinheitsmaßnahmen zu schärfen, um den Eintrag von Fremdmaterial und Verunreinigungen zu minimieren.

Der Endspurt ist eingeläutet
„Wir haben noch einiges vor uns, liegen aber genau im Zeitplan", blickt Chris Freudenberg auf die kommenden Monate. Nach der Herstellung des Unterwasserbetons folgt die zweite Hälfte der Stahlbetonarbeiten für Tunnel und Notausgänge: 50.000 Kubikmeter wurden bereits verbaut, Arbeiten im gleichen Umfang stehen noch bevor.
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Parallel laufen Abdichtungs- und Gleisbauarbeiten. Ein wichtiger Meilenstein wird die Wiederherstellung des natürlichen Grundwasserflusses durch spezielle Überbohrfenster sein, wodurch das aktuelle Pumpsystem abgelöst wird. Nach der Fertigstellung der Rohbauarbeiten können dann die technischen Ausstattungsarbeiten beginnen. Im Jahr 2027 sollen dann – zunächst im Testbetrieb – die ersten Züge rollen.
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Quelle: Leonhard Weiss
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