10 km Rohrvortrieb unter schwierigsten Bedingungen
Über einen Zeitraum von fast 20 Jahren wird in Wuppertal ein innovatives und komplexes Entwässerungssystem verwirklicht. Dabei waren schwierigste geologische Verhältnisse im stark urbanisierten Raum zu bewältigen.
Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft
Hauraton hat spezialisierte Lösungen, die bei der Neugestaltung von Bahnhöfen für ganzheitlichen Regenwassermanagement eingesetzt werden.
aus der B_I umweltbau, Ausgabe 2/2005
Wuppertal ist durch eine enge Bebauung des langgestreckten Tales entlang der Wupper gekennzeichnet. In Kombination mit der starken Geländeneigung in Richtung der Talsohle resultieren daraus erhebliche Anforderungen an eine sichere und umweltgerechte Abwasserentsorgung. Insgesamt leben rd. 365.000 Einwohner in Wuppertal. Weiterhin sind eine Reihe von Gewerbeund Industriebetrieben im Stadtgebiet angesiedelt. Der Verkehr in Wuppertal orientiert sich in Richtung des Tals, so dass eine überdurchschnittlich hohe Verkehrsbelastung für den Bereich der Talsohle typisch ist.
Als Alternative zu den zahlreichen dezentralen Regenwasserbehandlungsanlagen wurde ein als kaskadierter Stauraumkanal ausgebildeter fast 10 km langer Sammler konzipiert, der etwa parallel zur Wupper quer durch das Wuppertaler Stadtgebiet verläuft. Dieser Entlastungssammler Wupper (ESW) weist eine Nennweite von DN 2000 bis DN 2600 auf. Die Tiefenlage beträgt etwa 10 bis 15 m. Mit diesem Sammler ist Speichervolumen von rd. 42.000 m³ aktivierbar. Am Ende des Sammlers steht mit dem Regenüberlaufbecken „Am Rutenbecker Weg“ nochmals ein Speicherraum von ca. 4.000 m³ zur Verfügung.
Insgesamt erfüllt das Sammlersystem, das aus dem Rohrstrang selbst und einer Vielzahl an Zuleitungsund Trennbauwerken besteht, folgende Aufgaben:
- Die Behandlung klärpflichtiger Oberflächenabflüsse durch Zwischenspeicherung und anschließende Weiterleitung in die Kläranlage Buchenhofen.
- Die Reduktion des Mischwasserzuflusses auf den maximalen Kläranlagenzufluss durch aktive Stauraumbewirtschaftung.
- Die Möglichkeiten zur Wartung und Inspektion des rd. 90 Jahre alten Hauptschmutzwassersammlers in der Wuppertaler Talsohle. Während der sanierungsbedingt temporär erfolgenden, abschnittsweise vorzunehmenden Außerbetriebnahme des auch mischwasserführenden Hauptschmutzwassersammlers, kann der Abfluss in den ESW umgeleitet werden.
- Der Abschlag möglicher temporärer Überlastung aus der Misch-/Schmutzwasserkanalisation in den ESW.
Planungskonzept
Mit der Entwicklung des linienförmigen „quasizentralen“ Bauwerkes sind die Platzprobleme weitgehend gelöst und die umwelttechnischen Zielsetzungen gesichert. Darüber hinaus waren eine Reihe organisatorischer und technischer Fragestellungen zu lösen, die aus folgenden, das Bauprojekt kennzeichnenden Randbedingungen, resultierten:
- Eine enge Bebauung in der Wuppertaler Talsohle.
- Die verkehrstechnischen Belange. Die Trasse verläuft größtenteils unterhalb der BundesAufschüttungen, Schwemmsand, Sandstein, Massenkalk inklusive großer Diagonalklüfte sowie nicht kartierter Brunnenanlagen und Querstollen.
- Die Kreuzung der Wupper an fünf Stellen.
- Die Koordination der Baumaßnahmen mit den Instandhaltungsund Erneuerungsmaßnahmen der Wuppertaler Schwebebahn. Die Trasse dieses weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Verkehrsmittels verläuft größtenteils über der Wupper, so dass eine direkte Wechselbeziehung zu den Baumaßnahmen des ESW besteht.
- Der 4 bis 5 m über dem Rohrscheitel liegende Grundwasserstand.
- Die extrem wechselhafte Geologie, gekennzeichnet durch
- Die Berücksichtigung von Anwohnerinteressen inklusive der Fragen der Grunddienstbarkeit.
- Die Berücksichtigung und Einbindung von Wasser-, Landschaftsund Baubehörden sowie der jeweiligen Versorgungsund Verkehrsträger.
- Die Einbindung des Wupperverbandes als Betreiber der Kläranlage und der Zuständigkeit für die Wupper.
Eine der grundsätzlichen Planungsfragen ist die Wahl des Gefälles als Kompromiss zwischen Investitionskosten und betrieblichen Aspekten. Je steiler das Gefälle, umso geringer die Möglichkeit von Ablagerungen und somit ein verminderter Unterhaltungsaufwand. Ein stärkeres Gefälle bietet darüber hinaus eine höhere Flexibilität gegenüber vertikaler Lageabweichungen während des Vortriebs. Am Endpunkt ergibt sich jedoch eine größere Förderhöhe für das Pumpwerk. Aufgrund dieser Bedingungen wurde auch darauf verzichtet, den ESW in tieferen, evtl. homogeneren Bodenschichten anzuordnen. Das mittlere Gefälle des ESW beträgt 2 ‰. Durch Sohlsprünge in den Staubauwerken resultiert ein mittleres Gesamtgefälle von 2,4 ‰.
Bauphase
Trotz der Sondierungsbohrungen im Abstand von 50 bis 80 m waren unvorhergesehene Zwischenfälle nicht auszuschließen. Als Extremereignisse sind ein Tagesbruch in der Bundesstraße 7 und wiederholte Überflutungen der Vortriebsanlagen zu nennen. In einem Fall kam es zur Überflutung, weil in 13 m Tiefe ein völlig unbekannter gemauerter Stollen angefahren wurde. Zur Minimierung des geologischen Risikos wurden neben der konventionellen Bodenerkundung zusätzlich Bodenradar und Luftschall-Seismik eingesetzt. Darüber hinaus wurden vielfach Horizontalbohrungen von der Ortsbrust aus durchgeführt, um mögliche Störzonen zu orten. Die Steuerung von Vortriebslosen, die mit Teilschnittmaschinen unter Druckluftbeaufschlagung aufgefahren wurden, erfolgte mit Winkelund Streckenmessungen, die in den Vortriebsstrang eingemessen wurden. Der Vortrieb im Rammverfahren des untersten Abschnittes erfolgte durch eine Vollschnittmaschine mit flüssigkeitsgestützter Ortsbrust. Die Navigation gewährleistete in diesem Fall ein Laser mit elektronischen Zieltafeln. Die horizontale Lagesteuerung der beiden letzten Abschnitte stellte ein bandgehängter, nordsuchender Meridiankreisel sicher. Die vertikale Ausrichtung erfolgte hierbei durch ein elektronisches Schlauchwaagensystem.
Bauzeit und Kosten
Bauwerke und Bewirtschaftung
Zur optimierten Ausnutzung des Stauvolumens wurde eine Kaskadierung in 6 Staustufen vorgenommen, die durch 5 Staubauwerke und ein Pumpwerk am Ende des Sammlers aktiviert werden. Das gesamte Sammlersystem mit ca. 100 Zuleitungs-, Anschlussund Verzweigungsbauwerken wird derzeit und künftig sukzessive zunehmend durch Fernwirktechnik bewirtschaftet.
Für der Bewirtschaftung des Systems befinden sich bereits innovative Messkonzepte in der Planungsund Erprobungsphase. Zur effektiven Trennung stofflich belasteter Regenwasserabflüsse von den vergleichsweise unbelasteten Abflüssen ist der Einsatz von Parametersonden vorgesehen. Diese Sonden liefern online Indikatoren für den Grad der Abwasserverschmutzung. Auf dieser Basis ist in den Verzweigungsbauwerken eine gezielte Ableitung in den Sammler oder die direkte Gewässereinleitung durch entsprechende Steuerelemente möglich. Erste Untersuchungen hierzu verliefen vielversprechend.
Fazit
Literatur
MUNLV (2004): Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren. RdErl. d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz IV-9 031 001 2104 v. 26.5.2004
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Hinweis
Dieser Beitrag beschreibt das grundsätzliche Konzept der Regenwasserbehandlung in Wuppertal. Das Hauptelement stellt dabei der Entlastungssammler Wupper (ESW) dar. In einem Folgebeitrag ist die Beschreibung der Konzeption und Ausführung einzelner, exemplarischer Regenwassertrennund Anschlussbauwerke vorgesehen.
Autoren
Dr.-Ing. Helmut Grüning Dipl.-Ing. Dirk Scharbatke Dipl.-Ing. Ralf Heringer Dr. Pecher AG, Klinkerweg 5, 40 699 Erkrath Dipl.-Ing. Udo Laeuersdorf Wuppertaler Stadtwerke AG Bromberger Straße 39 -41 42281 Wuppertal
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