Qualität einfordern und in neue Aufgabenfelder tragen

Vor einem Jahr übernahm Matthias Fiedler das Amt des Präsidenten der Gütegemeinschaft Leitungstiefbau (GLT). Am Rande der diesjährigen Mitgliederversammlung in Münster sprachen wir mit ihm über Verbesserungspotenziale im Breitbandausbau, die neue DIN 18220, Personalmanagement und den Stillstand beim Leitungskataster.

GLT-Präsident Matthias Fiedler im Interview
Seit einem Jahr ist Matthias Fiedler GLT-Präsident. | Foto: B_I/Valdix

B_I umweltbau: Herr Fiedler, was war/ist Ihre Motivation, sich in der GLT zu engagieren, und welche Meilensteine hat die GLT in den letzten Jahren verbuchen können?

Matthias Fiedler: Der Qualitätsstandard war in meinen Firmen schon immer hoch. Das wollte ich mit dem Gütezeichen als Aushängeschild noch mal unterstreichen. Ich finde es wichtig, die Qualität nach außen zu tragen.

Was die Meilensteine der GLT angeht, so kam zum Beispiel vor über zehn Jahren das erste Fachbuch heraus. Im Jahr 2006 erschien die eigene „ATV DIN Kabelleitungstiefbauarbeiten“. Und ein wesentlicher Meilenstein ist die neue DIN 18220, die nach drei Jahren harter Arbeit fertiggestellt wurde. Auch das kürzlich erstellte Pixi-Buch „Meine Schwester ist Leitungstiefbauerin“ ist ein Meilenstein – mit großem Erfolg: Mittlerweile sind 120.000 Exemplare im Umlauf.

Matthias Fiedler ist geschäftsführender Gesellschafter sowohl der Deiser Bau GmbH als auch der Panzer und Braun Tiefbau GmbH & Co. KG. Vor über zehn Jahren ist er mit beiden Firmen in die GLT eingetreten, die bis heute Mitgliedsunternehmen sind. Bevor er Präsident der GLT wurde, war Fiedler mehrere Jahre Präsidiumsmitglied und Obmann im Güteausschuss.

B_I umweltbau: Es gibt neben der GLT einige weitere namhafte Verbände im Bereich Leitungsbau. Die Idee eines gemeinsamen (Dach-)Verbandes, von dem man sich vor allem mehr politisches Gewicht verspricht, ist nicht neu. Wäre das eine gute Lösung aus Ihrer Sicht?

Fiedler: Alle Ideen und Versuche in dieser Richtung wurden bislang zerschlagen. Ich sehe die Bildung eines Dachverbandes auch kritisch, zumal wir unterschiedliche Schwerpunkte haben: Unsere liegen auf Elektro und Breitband, beim rbv und DVGW sind es Gas und Wasser, beim AGFW Wärme und Kälte. Daraus resultieren unterschiedliche Interessen und auch unterschiedliche fachliche Voraussetzungen. Was sich aber in den letzten Jahren schon positiv entwickelt hat, ist die Zusammenarbeit zwischen den Verbänden. Was die politische Positionierung und generell den Auftritt nach außen angeht, sprechen wir oft schon mit einer Stimme. Daher sehe ich die Notwendigkeit eines gemeinsamen Verbandes nicht.

B_I umweltbau: Das Qualitätsniveau im Leitungstiefbau hat sich – auch dank der GLT – stetig verbessert. Schwarze Schafe gibt es aber auch. Vor einem Jahr sagten Sie, Sie wollen gerade den Versorgern im Breitbandausbau „die Augen zu öffnen“. Können Sie das konkretisieren?

Fiedler: Netzbetreibern werden politische Vorgaben gemacht, die sie erfüllen sollen. Diese Ziele sind aber teilweise nicht erreichbar. Und so kommen Netzbetreiber nicht umher, auch Firmen zu beschäftigen, die nicht ganz so auf Qualität achten. Mit unserer Verbandsarbeit müssen wir die Versorger und auch Straßenbaulastträger an die Hand nehmen und klarmachen, dass es so nicht funktioniert. Netze und Straßen werden auch für die nächsten Generationen gebaut und wir brauchen hierfür Qualität.

B_I umweltbau: Schauen Netzbetreiber und speziell Breitbandnetzbetreiber also zu sehr auf den Preis?

Fiedler: Ja, natürlich geht es auch um Profit. Neben dem politischen Druck haben Netzbetreiber auch einen großen Kostendruck. Denn gerade aufgrund des Verbraucherschutzes hierzulande ist in Deutschland die Amortisierungszeit eines Netzes länger und der Profit schlechter als in anderen Ländern. Aber es bringt auch wenig, wenn man das Netz nach vier oder fünf Jahren wieder komplett neu bauen muss.

GLT-Präsident Matthias Fiedler ist seit vielen Jahren im Verband engagiert. | Foto: B_I/Valdix
GLT-Präsident Matthias Fiedler ist seit vielen Jahren im Verband engagiert. | Foto: B_I/Valdix

B_I umweltbau: Mit der neuen DIN-Norm 18220 „Trench-, Fräs- und Pflugverfahren zur Legung von Leerrohrinfrastrukturen und Glasfaserkabeln für Telekommunikationsnetze“ soll der Glasfaserausbau schneller und vor allem (rechts-)sicherer vonstattengehen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Kompromisspapier und wie wird die Norm von Kommunen angenommen?

Fiedler: Es ist in der Tat ein Kompromisspapier, das von verschiedenen Akteuren ausgearbeitet wurde. Wir sind vor drei Jahren mit einer ganz anderen Erwartungshaltung in die ersten Gespräche gestartet. Aber unzufrieden bin ich nicht, immerhin haben wir vieles zu den untiefen Legearten regeln können und damit die Grundlage für mehr bzw. schnellere Investitionen und auch für Qualität geschaffen. Auftraggeber, Straßenbaulastträger und bauausführende Unternehmen können sich nun an der Norm orientieren.

Bei Kommunen, die die neue Norm schon kennen, besteht sowohl Interesse als auch Skepsis ihr gegenüber. Da die DIN noch nicht so verbreitet ist, ist es nun ganz wichtig, sie nach außen zu tragen. Das geschieht einerseits durch uns als Verband, andererseits zum Beispiel durch kostenlose Workshops, die das Gigabitbüro des Bundesministeriums für Digitales & Verkehr für Kommunen, Leitungsbauer und Telekommunikationsanbieter durchführt. Unsere Geschäftsführerin Susanne Hake hat bereits an einem solchen Workshop teilgenommen und sehr positiv davon berichtet. Die Workshops seien auch gut geeignet, etwaige Vorbehalte den Regelungen gegenüber auszuräumen.

B_I umweltbau: Zum Ausbau von Infrastrukturen braucht man bekanntlich genug Personal. Ein leidiges Thema und eine große Herausforderung für fast jedes Bauunternehmen. Was tun Sie in Ihren Unternehmen für die Gewinnung von Fachkräften bzw. wie halten Sie sie?

Fiedler: Da Fachkräfte in Deutschland immer weniger werden, müssen wir Mitarbeiter auch im europäischen Ausland finden. Ein gewichtiges Argument für unsere Branche, das wir dabei kommunizieren müssen, ist, dass die Arbeit zukunftssicher ist. Wir sind uns bewusst: Die Mitarbeiter in unseren Betrieben sind unser höchstes Gut. Diese muss man einerseits weiter- bzw. ausbilden. Fachkräfte gibt es nur dadurch. Und man muss sich um sie kümmern, um sie zu halten. Das ist oft fast noch schwerer. In unseren Unternehmen bekommen neue Fachkräfte, um sich zurechtzufinden und ihnen anfangs die Unsicherheit zu nehmen, zum Beispiel einen Paten zur Seite gestellt, also langjährige Mitarbeiter, die auf kurzem Wege Fragen beantworten und bei Anliegen helfen.
„Wir müssen klarmachen, dass es ohne Qualität nicht funktioniert“, sagt Matthias Fiedler. | Foto: Detlef Podehl / GLT
„Wir müssen klarmachen, dass es ohne Qualität nicht funktioniert“, sagt Matthias Fiedler. | Foto: Detlef Podehl / GLT

B_I umweltbau: Zum Ausbau von Infrastrukturen braucht man bekanntlich genug Personal. Ein leidiges Thema und eine große Herausforderung für fast jedes Bauunternehmen. Was tun Sie in Ihren Unternehmen für die Gewinnung von Fachkräften bzw. wie halten Sie sie?

Fiedler: Da Fachkräfte in Deutschland immer weniger werden, müssen wir Mitarbeiter auch im europäischen Ausland finden. Ein gewichtiges Argument für unsere Branche, das wir dabei kommunizieren müssen, ist, dass die Arbeit zukunftssicher ist. Wir sind uns bewusst: Die Mitarbeiter in unseren Betrieben sind unser höchstes Gut. Diese muss man einerseits weiter- bzw. ausbilden. Fachkräfte gibt es nur dadurch. Und man muss sich um sie kümmern, um sie zu halten. Das ist oft fast noch schwerer. In unseren Unternehmen bekommen neue Fachkräfte, um sich zurechtzufinden und ihnen anfangs die Unsicherheit zu nehmen, zum Beispiel einen Paten zur Seite gestellt, also langjährige Mitarbeiter, die auf kurzem Wege Fragen beantworten und bei Anliegen helfen.

B_I umweltbau: Es gibt erneut die Tendenz, dass Versorger und Kommunen ihre eigenen Tiefbau-Kolonnen/-Kapazitäten aufbauen. Wie blicken Sie auf diese Entwicklung?

Fiedler: Manche Netzbetreiber versuchen die Arbeit, die sie bei unseren gut ausgelasteten Mitgliedsunternehmen nicht unterbekommen, durch solche Maßnahmen zu kompensieren. Auch, dass manche Netzbetreiber nicht den marktüblichen Preis bezahlen wollen oder können, spielt sicherlich mit hinein. Der Aufbau eigener Kolonnen respektive Gründung eigener Tiefbauunternehmen ist insofern ein Problem, als dass oftmals jene Netzbetreiber das Personal dazu nicht selbst ausbilden, sondern gut ausgebildetes Personal unserer Mitgliedsunternehmen abwerben. Das ist natürlich sehr ärgerlich für unsere Mitglieder.

„Wir kämpfen schon seit Jahren gegen Windmühlen und hören immer wieder Ausreden.“

B_I umweltbau: Neben dem ambitionierten Breitbandausbau und dem fehlenden Personal gibt es im Leitungs(tief)bau weitere waschechte Herausforderungen. Zum Beispiel wissen viele deutsche Netzbetreiber noch immer nicht, wo genau ihre erdverlegten Leitungen liegen. Die Forderung nach einem zentralen Leitungskataster besteht seit einiger Zeit. Ende 2022 wurde eine Initiative gestartet, das Gigabit-Grundbuch zu einem Leitungskataster auszubauen. Doch der Weg scheint steinig.

Fiedler: In der Tat. Im Moment herrscht Stillstand. Erschreckenderweise kämpfen wir ja schon seit Jahren gegen Windmühlen und hören immer wieder Ausreden: Vor Beginn des Ukraine-Krieges hieß es, ein zentrales Leitungskataster sei zu teuer. Auch die Terrorgefahr wurde einst als Hinderungsgrund für die Veröffentlichung angeführt.

Andere Länder, wie zum Beispiel Litauen, sind dagegen schon viel weiter. Es kann doch nicht sein, dass in Deutschland jeder Netzbetreiber, egal ob Breitband- oder Energieversorger, seine eigene Suppe kocht. Wir reden immer über BIM und Digitalisierung, kriegen aber kein einheitliches Leitungskataster hin. Das ist eine Schande! Meines Erachtens muss die Politik mehr Druck auf die Versorger ausüben. Wir brauchen eine klare gesetzliche Grundlage zur Dokumentation der Netze. Und dann muss es eine zentrale Anlaufstelle geben, die Auskunft über die Netzpläne erteilt, und zwar in Papier- wie auch in digitaler Form.

B_I umweltbau: Was sind für Sie weitere drängende Herausforderungen, denen sich die GLT und ihre Mitgliedsunternehmen stellen müssen?

Fiedler: Neben dem Breitbandausbau sind das Arbeiten im Rahmen der Energiewende. Der Elektro-Bereich ist gerade vor dem Hintergrund des Wegfalls fossiler Brennstoffe sehr herausfordernd. Auch hier müssen wir unsere über fast vier Jahrzehnte gelieferte Qualität in die neuen Aufgabenfelder bringen. Außerdem muss die Politik mit ins Boot geholt werden, damit Fehler aus der Vergangenheit – insbesondere das Setzen kaum oder nur schwer erreichbarer Ziele – nicht wiederholt werden. Leider sind wir aus meiner Sicht auf dem besten Wege, Fehler zu wiederholen. Hier müssen wir gegenwirken.

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