Win-win-Situation für Auftraggeber und Bieter
Ob bei einer Kanalsanierung mit Schlauchlinern ein Glasfaser- oder Synthesefaserliner zum Einsatz kommt, hängt in erster Linie von der Wirtschaftlichkeit der Systeme ab. Örtliche Randbedingungen können eine technische Notwendigkeit des einen oder anderen Systems begründen. Die geltende Normung für Schlauchlinersysteme, die gültigen Regelwerke und Merkblätter machen keinen Unterschied in der Eignung der Produkte. Einzig das Endprodukt ist entscheidend, das die Anforderungen aus Betrieb, Standsicherheit und Langlebigkeit erfüllen muss.
Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft
Hauraton hat spezialisierte Lösungen, die bei der Neugestaltung von Bahnhöfen für ganzheitlichen Regenwassermanagement eingesetzt werden.
Diese Vorgehensweise trägt in der Regel zu einer erfolgreichen Sanierungsmaßnahme und damit zu einer Win-win-Situation für Auftraggeber und Auftragnehmer bei. Ein gutes Beispiel wie „materialoffene“ Ausschreibungen zum gewünschten Ergebnis führen, zeigt ein Projekt in Hannover. Hier sanierte die Aarsleff Rohrsanierung GmbH rund 5,9 km Schmutz- und Regenwasserkanäle unter Einbeziehung verschiedener Kombinationen unterschiedlicher Linermaterialien sowie Einbau- und Härtungsverfahren.
Glasfaserliner, Synthesefaserliner
Üblicherweise kommen als Materialien Synthesefaserliner (auch Nadelfilzliner genannt) und glasfaserverstärkte Liner (kurz Glasfaserliner) zum Einsatz. Beide Linerarten gehören nach DIN EN 15885 zur Verfahrensgruppe „Vor Ort härtendes Schlauch-Lining“ und sind für die Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen gemäß DIN EN ISO 11296, Teil 4 bzw. DWA-A 143-3 mit den entsprechenden bauaufsichtlichen Zulassungen geeignet. Diese bauaufsichtliche Zulassung wird in Deutschland ausschließlich vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) auf Antrag erteilt und ist in der Regel auf fünf Jahre begrenzt. Somit liegen für die gängigen Schlauchliner-Systeme umfangreiche Eignungsnachweise vor, die eine ständige Produktüberwachung gewährleisten. Auf diese Weise renovierte Leitungen erfüllen die Funktionalanforderungen an ein Entwässerungssystem gemäß DIN EN 752 bzw. nachweislich auch die gesetzlich geforderten Faktoren wie Dichtheit, Standsicherheit, Betriebssicherheit sowie chemische und betriebliche Widerstandsfähigkeit.
Unterschiede im Auf- und Einbau
Nadelfilzliner haben in der Regel einen dreischichtigen Aufbau und bestehen aus einem Synthesefaserfilz, imprägniert mit einer Harzmatrix aus ungesättigtem Polyesterharz und Füllstoffen sowie einer Innenbeschichtung/Kaschierung. Diese Innenbeschichtung (Coating) ist bei Systemen zur Kanalsanierung in der Regel integrierter Bestandteil und besteht aus den Thermoplasten PP oder PE. Zum Schutz der Umwelt vor Verunreinigungen durch das Harz und des Liners vor Beschädigung während des Einbaus wird im Vorfeld eine Außenfolie, ein sogenannter Preliner, in die Leitung eingeblasen. Bei den Synthesefaserlinern dient das Laminat als Trägermaterial für die Harzmatrix – eine Kombination, die im gehärteten Endzustand ein statisch tragfähiges Rohr bildet. Die Synthesefasern haben dabei keine festigkeitserhöhende oder versteifende Funktion.
Auf den ersten Blick scheinen sich die beiden Linersysteme in ihren Wanddicken signifikant zu unterscheiden. Glasfaserliner können wegen der festigkeitserhöhenden Glasfasern bei gleichen statischen Anforderungen „dünner“ ausgeführt werden als Synthesefaserliner. Dementgegen stehen aber die notwendigen Verschleiß- und Reinharzschichten. So ist die tatsächliche Differenz in den Wanddicken – beispielsweise bei einem Kanal bis DN 800 – bezogen auf den Gesamtdurchmesser und die hydraulische Leistungsfähigkeit nicht mehr reell darstellbar.
Im Zusammenhang mit der Wanddicke führt die Diskussion bezüglich unterschiedlicher Linersysteme unweigerlich zu dem Thema E-Modul. Ein immer wieder auftretendes Missverständnis beruht in der Annahme, dass ein höherer E-Modul (Glasfaserliner) automatisch auf ein qualitativ höherwertiges Produkt hinweist. Bei Glasfaserlinern wurde in der technischen Weiterentwicklung der E-Modul gezielt erhöht, um auch bei größeren Kanalquerschnitten die schnellere UV-Härtung einsetzen zu können. Allerdings haben größere Kanalquerschnitte aus statischer Sicht direkt größere Wanddicken des Liners zur Folge. Mit größerer Wanddicke stößt die UV-Härtung wiederum an ihre physikalischen Grenzen. Eine komplette Durchhärtung des Liners bis in die Außenbereiche ist zwingend erforderlich. Mit Hilfe der Erhöhung des E-Moduls konnte die statisch notwendige Wanddicke auf ein Minimum begrenzt werden. Dies hat aber keinerlei Einfluss auf die Grundeigenschaften des Glasfaserliners, wie etwa seine physikalische oder chemische Widerstandsfähigkeit, Dichtheit oder Betriebssicherheit. Diese Parameter bleiben unverändert. Bei kleineren Nennweiten sind die Linerwanddicken aus Gründen der Wasserdichtheit und als Anforderung an eine Mindestwanddicke, die als tragendes Laminat erbracht werden muss, auf einen Mindestwert festgeschrieben – weshalb selbst bei einem höheren E-Modul die Wanddicke nicht reduziert werden darf. Bei der Auswahl des geeigneten Liners gibt es daher keinen Grund, ein Material dem anderen vorzuziehen.
Bezüglich der Einbaumöglichkeiten wird zwischen der Inversion mit Wasser oder Druckluft, dem Einzug oder einer Kombination aus beidem unterschieden. Die Härtung der Liner kann entweder über Wärme (Warmwasser / Dampf) oder Licht (UV / LED) sowie aus einer Kombination von Warmhärtung und UV-Licht erfolgen. Tabelle 1 zeigt einen Überblick über Einsatzmöglichkeiten und -grenzen der beiden Linerarten.
Synthesefaserliner | Glasfaserliner | |||
Standard bzw. DIBt-Zulassung | systemabhängig möglich | Standard bzw. DIBt-Zulassung | systemabhängig möglich | |
Durchmesser der Leitung | DN 100 bis DN 2200 | < DN 100 bis max. DN 2500 | DN 150 bis DN 1500 | < DN 150 bis DN 2000 |
Verbundwanddicken | 3-50 mm | max. 55 mm | ab 3-20 mm | > 20 mm |
Sanierungslängen (abhängig vom Durchmesser der Leitung) | bis 600 m | max. 800 m | bis 300 m | > 300 m |
Einbauverfahren | Inversion, Einzug oder eine Kombination beider Verfahren | Inversion, Einzug oder eine Kombination beider Verfahren | Inversion, Einzug | Inversion, Einzug |
Härtung | Warmwasser oder Dampf | Warmwasser oder Dampf | UV-Licht, Wärme (Warmwasser/Dampf) oder Kombination beider Verfahren | UV-Licht, Wärme (Warmwasser/Dampf) oder Kombination beider Verfahren |
„Materialoffene“ Ausschreibung
Für die Ausschreibung von Schlauchlining-Verfahren bedeutet das: Solange bei einer Renovierung die unterschiedlichen Einbau- und Härtungsarten aufgrund der vorherrschenden örtlichen Randbedingungen möglich sind, darf das eingesetzte Material (Synthese- oder Glasfaserliner) kein Ausschlusskriterium sein. Im Gegenteil: Gemäß § 2 VOB/A darf bei der Vergabe von Bauleistungen kein Unternehmen diskriminiert werden und wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen sind zu bekämpfen. Durch eine „materialoffene“ Ausschreibung des Schlauchlinings kann der Kreis der möglichen Bieter erweitert werden. Auch umsetzbare und sinnvolle Nebenangebote sollten zugelassen werden. Dass die einzelnen Unternehmen anhand der Ausschreibungsunterlagen, die aus ihrer Sicht technisch sinnvollste und wirtschaftlichste Variante anbieten können, kann für den Auftraggeber nur von Vorteil sein. Allerdings sollten bei der Auftragsvergabe die Eignung des Bieters für die Erfüllung der ausgeschriebenen Leistung und Nachweise über die Qualität der verwendeten Materialien weitere wichtige Kriterien darstellen. Gütezeichen, anerkannte Prüf- und Gütesiegel, DIBt-Zulassungen, Referenzen sowie unabhängige Qualitätskontrollen bieten hier gute Orientierungshilfen.
Gute Erfahrungen in Hannover
Dabei müssen die einzelnen Angebote zunächst den kompletten vergaberechtlichen Prozess durchlaufen und, wie die Stadtentwässerung erklärt, alle vergaberechtlichen Prüfschritte bestehen. Dazu gehören u.a. auch Nachweise wie DIBt-Zulassungen der Verfahren und das Vorhandensein der entsprechenden Gütezeichen der Gütegemeinschaft Kanalbau. Bieter weisen mit Erfüllung der Anforderungen der Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 ihre besondere fachtechnische Qualifikation (Fachkunde, technische Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit auf technische Vertragserfüllung) nach, welche von Auftraggebern insbesondere bei der Vergabe von Bauleistungen im Sinne des § 6a Abs. 3 VOB/A gefordert wird. Bleiben am Ende mehrere Angebote übrig, unterliegt auch die Stadtentwässerung Hannover der Verpflichtung, dem wirtschaftlichsten Angebot den Zuschlag zu geben.
Von der Ausschreibung zum Angebot
Nach der Auftragsvergabe wurden in TV-Voruntersuchungen geprüft, ob die örtlichen Randbedingungen der Baubeschreibung entsprechen und ob die vorgesehenen Verfahren technisch zur Anwendung kommen konnten. „Das führte in einem Fall dazu, dass der vorgesehene Nadelfilzliner in der Nennweite DN 300 mit Dampfaushärtung nicht zum Einsatz kam, weil der Sanierungsabschnitt in einem anderen Kanal endete“, erinnert sich Rädeker. Aufgrund des eingeschränkten Arbeitsraums kam auch eine Alternative unter Verwendung einer UV-Lichterkette nicht in Frage. Deshalb fiel die Entscheidung letztendlich zugunsten eines Synthesefaserliners mit Warmwasserhärtung. Dass so ein Wechsel zwischen den einzelnen Verfahren ohne Probleme möglich war, führt Rädeker auch auf das breitgefächerte Aarsleff-Produktportfolio zurück.
Insgesamt wurden in Hannover 4.295 m mit Synthesefaserlinern/Dampfhärtung DN 200 bis DN 400, 863 m mit Glasfaserlinern/UV-Härtung in den Nennweiten DN 500 bis DN 1000 und mit Synthesefaserlinern/Warmwasserhärtung 683 m DN 1000 bis DN 1200 bzw. 7,8 m mit DN 300 erfolgreich saniert. Dabei wurden die Abläufe so weit optimiert, dass einige Arbeiten parallel durchgeführt werden konnten. Das Ergebnis: Statt den 43 Einzelwochenleistungen, die bei strikter sequenzieller Abarbeitung benötigt worden wären, erfolgte die letzte Anschlusseinbindung nach nur knapp 32 Wochen.
Fazit
Die Stadtentwässerung Hannover hat mit dieser Art von Ausschreibungen bislang sehr gute Erfahrungen gesammelt. Darüber hinaus braucht es für das Gelingen einer Sanierungsmaßnahme einen verlässlichen Partner, der über das notwendige Know-how, die fachliche Expertise und technische Ausrüstung verfügt. Aarsleff Rohrsanierung ist so ein zuverlässiger Partner, der stets nach technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten das geeignete Verfahren anbieten kann. Mit einem breiten Produktportfolio auch über die unterschiedlichen Schlauchliningsysteme hinaus, hat das Unternehmen als Anbieter keine unternehmens- bzw. wirtschaftlich motivierten Präferenzen einzelner Verfahren. Aarsleff kann darüber hinaus ganzheitliche Sanierungskonzepte für Anschlussleitungen, Schächte, Großprofile, Hauptkanäle, Bauwerke, Düker etc. aus einer Hand anbieten, wovon letztendlich die Auftraggeber profitieren.
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