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Dänemark: Greenwashing-Verbot und besondere Ausschreibungsanforderungen

Beim Thema Nachhaltigkeit sind andere schon weiter als wir in Deutschland. Zum Beispiel Dänemark: Hier ist der Nachweis von Nachhaltigkeit zunehmend Bestandteil von Ausschreibungsanforderungen bei der Instandhaltung von Kanälen.

Dänemark: Greenwashing-Verbot und nachhaltige Ausschreibungen
Wertvollen Input in Sachen Nachhaltigkeit kommt aus Dänemark. | Foto: Pixabay

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„Früher lag der Fokus auf Kosten und Qualität, jetzt geht es zusätzlich um nachhaltige Produktion“, berichtete Kristian Hjelm in einer Arbeitskreissitzung des Rohrleitungssanierungsverbandes (RSV). Bei Per Aarsleff A/S ist er u.a. zuständig für die Nachhaltigkeit von Kanalsanierungsprodukten. Der Konzern beschäftigt sich seit über 40 Jahren sowohl mit der Entwicklung von Nadelfilzlinern und glasfaserverstärkten Linern.

Dänemark plant Klimaneutralität bis 2050

Die dänische Regierung hat das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausgegeben. Das Land mit knapp 6 Millionen Einwohnern ist schon mittendrin in der Energiewende. Riesige Windparks, massiver Umbau der Infrastrukturen und die Förderung von E-Mobilität machen Dänemark zu einem der Musterschüler in Sachen CO2-Einsparungen. „Es ist auch ein Teil der nationalen Wachstumsstrategie. Wir in Dänemark sehen darin eine Gelegenheit, Know-how und Initiativen in andere Länder zu exportieren“, so Kristian Hjelm.

Greenwashing unter Strafe

Ähnlich wie in Deutschland ist das Thema Nachhaltigkeit längst Teil der täglichen gesellschaftlichen Debatte. Greenwashing ist laut Hjelm bei unseren nördlichen Nachbarn allerdings verboten. „Es ist nicht erlaubt, sich als grünes und nachhaltiges Unternehmen zu präsentieren, wenn dies nicht eindeutig belegt ist. Es gibt Firmen, die tatsächlich schon Strafen bezahlen mussten.  Wenn man ein Bild von seinem Unternehmen veröffentlicht und Bäume oder Gras hinzufügt, ohne seine Nachhaltigkeit zu belegen, wird das schon als Greenwashing gesehen“, so Hjelm. Seiner Ansicht nach hat diese Regelung Sinn: „Wenn die Regeln nicht so streng wären, wäre es ein Marketing-Thema. Was wir brauchen, ist hingegen Kooperation und Partnerschaft.“

Dass auch in Deutschland ein solches Greenwashing-Gesetz kommen könnte, ist nicht unwahrscheinlich: Auf EU-Ebene ist derzeit eine entsprechende Richtlinie in Vorbereitung. Diese müssen alle Mitgliedsstaaten innerhalb einer Frist umsetzen.

Ausschreibungen mit Nachhaltigkeits-Faktor

Anders als in Deutschland werden dänische Angebote in Bieterverfahren nicht nur unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit bezuschlagt, sondern auch nach der Qualität und Organisation des Projekt-Teams. Neuerdings ist Nachhaltigkeit ein weiteres Kriterium. Traditionelle Ausschreibungsverfahren werden entsprechend angepasst, auch in der Kanalsanierung. Kristian Hjelm stellte anhand von zwei Ausschreibungen vor, wie diese konkret aussehen. So wurde Nachhaltigkeit bei einem Beispiel mit 30 % bewertet. Verlangt wurden – neben dem Vorhandensein von ISO-Zertifikaten – konkrete Maßnahmen wie alternative Treibstoffe, Vermeidung von Trinkwasser beim Spülen, Abfallbeseitigungspläne und CO2-Messungen während der Baumaßnahme. Auch die soziale Verantwortung gehört zu den Anforderungen – also die Gesundheit und Sicherheit für die Arbeiter.

Dänemark gehört im Schlauchlining zu den Pionieren Europas. Die erste Installation fand im Jahr 1978 statt, fünf Jahre vor der deutschen Premiere. Die grabenlose Sanierung von Kanälen gehört zu den selbstverständlichen Aktivitäten vieler kommunaler Abwasserverbände, die das Kanalnetz als öffentlich-rechtliche Körperschaft verwalten. „Wir sehen, dass die Netzbetreiber in Sachen Nachhaltigkeit äußerst engagiert sind, aber sie haben gleichzeitig die Sorge, dass damit auch der Wettbewerb verringert werden könnte“.

„Positiver Mindset auf allen Seiten“

Angesichts des politischen Drucks haben sich in der dänischen Kanalsanierungsbranche regelmäßige Workshops zu dem Thema etabliert, wie Hjelm berichtet. Fachanwälte sprechen über nachhaltige Vergabeanforderungen. Hersteller und Zulieferer referieren über die Entwicklungen der Verfahren und Netzbetreiber tauschen sich darüber aus, wie sie Ausschreibungen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit auf den Weg bringen. „Es sind gute und offene Diskussionen mit einem positiven Mindset auf allen Seiten“, so Hjelm, der zugleich auf einen wachsenden Markt der Berater hinweist, die sowohl Netzbetreiber als auch die Unternehmen unterstützen. Der zunehmende Fokus habe übrigens einen wichtigen Nebeneffekt: Die fachliche Kompetenz der Netzbetreiber und Unternehmen in Dänemark habe sich in den vergangenen Jahren enorm beschleunigt, bilanziert der dänische Experte.

Schub für grabenlose Verfahren

Die grabenlose Kanalsanierung wird in den Workshops übrigens als die langfristig vernünftige Methode angesehen, nachhaltig Leitungen instandzuhalten. Hjelm: „Wenn Berechnungen zum ökologischen Fußabdruck angestellt werden, liegen die grabenlosen Verfahren in der Regel bei einem Anteil von 10 bis 20 Prozent – verglichen mit den traditionellen grabenden Verfahren. Wird nach einer Rohrverlegung nicht asphaltiert, liegt die Quote bei 40 - 50 Prozent. Auch wenn bekannt ist, dass unsere Produkte auf fossilen Rohstoffen basieren – sie liegen immer noch in Sachen CO2-Fußabdruck und Auswirkungen auf die Umwelt vorn.“

Für die Berechnung, aus der Hjelm zitierte, hatte ein dänisches Ingenieurbüro im Auftrag eines Netzbetreibers den Vergleich von 18 Installationen herangezogen, von DN 200 bis DN 600. Dabei wurde CIPP gegen grabende Verfahren auf einer grünen Wiese verglichen. „Beim CIPP war der CO2-Ausstoß vergleichbar mit den CO2-Emissionen der Bürostandorte des Auftraggebers und des Ingenieurbüros für dieses Projekt zusammen. Das hat allen die Augen geöffnet“.

Nicht alles ist schon vollständig durchdacht

Hjelm berichtete auch darüber, dass der Fokus auf die Nachhaltigkeit zu einer zunehmenden Debatte über die einzelnen Verfahren und Materialien führt. „Lichthärtung ist besser als Warmhärtung, styrolfreie Liner sind grün – bei solchen Aussagen gehen wir in die Diskussion mit den Kunden, weil wir das zum Teil ein bisschen anders sehen, insbesondere die Sache mit den styrolfreien Harzen“, meint Hjelm. In der engen Umgebung eines Schlauchliners habe man grundsätzlich nur geringe Styrolemissionen und beim Vergleich der Produktdeklarationen von styrolfreien Harzen haben diese eine schlechtere CO2-Bilanz. „Wir brauchen auf den Baustellen längere Härtungszeiten, um die gleichen Qualitäten zu erreichen – und das kostet mehr Treibstoff. Wir sagen nicht, dass styrolfreie Harze schlecht sind, aber wir finden es wichtig, darüber sachlich zu diskutieren. Es gibt nun einmal nicht nur schwarz und weiß.“

Auch andere Aspekte, die in Ausschreibungen verlangt werden, sind nach Meinung Hjelms diskussionswürdig. So bekommen Bieter in manchen Ausschreibungen Extra-Punkte, wenn sie in Fahrzeugen HVO-Diesel einsetzen, also Diesel aus pflanzlichen Ölen und Fettabfällen, dessen Verwendung auch in Deutschland auf Regierungsebene diskutiert wird. „Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg ist. Anstatt unseren Mindset langfristig zu verbessern oder in neue Technologien zu investieren, haben wir erstmal nur höhere Kosten.“

Pluspunkte für Elektrofahrzeuge

Für den Einsatz von vollständig elektrisch betriebenen Fahrzeugen gibt es ebenfalls zuweilen Punkte. Hjelm: „Für uns ist das schwierig umzusetzen. Die Entwicklung von elektrisch betriebenen Lkw steckt noch in den Kinderschuhen, was die Kosten, Infrastruktur und Reichweite betrifft. Wir haben noch nicht die perfekte Lösung gefunden.“

In Kürze wird Aarsleff einen gasbetriebenen Lkw erhalten, um ihn in Oslo einzusetzen. Hintergrund: Die norwegische Hauptsadt darf man nicht mehr mit Fahrzeugen befahren, die mit fossilen Brennstoffen angetrieben werden – ab 2025 auch nicht mit HVO-Diesel. „Wenn Kunden uns als Auftragnehmer dazu zwingen, müssen wir uns entscheiden: Entweder wir verzichten auf das Projekt oder wir entwickeln uns weiter. Im ersten Fall werden wir in wenigen Jahren nicht mehr da sein. Also müssen wir uns entwickeln, um am Markt zu bestehen und zu wachsen. Aber es kostet viel Geld“, fasst Hjelm zusammen.

EU-Taxonomie: Herausforderung Dokumentation

Auf eine weitere Herausforderung machte Kristian Hjelm aufmerksam, die auch Unternehmen in Deutschland betreffen dürfte: Die EU-Taxonomie-Verordnung, ein System zur Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten. „Ab dem nächsten Jahr müssen wir berichten, welche Projekte grün sind und welche nicht. Das erfordert eine gewisse Dokumentation." Hjelms Fazit: "Entweder du bist nachhaltig oder du bist in fünf bis zehn Jahren weg. Aber wir sehen es als riesige Chance für die Branche.“

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Quelle: RSV


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