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„Die Branche befindet sich in einem Evolutionsprozess“

Auf Basis von Netzbetreibern gewonnener Erkenntnisse zum GFK-Schlauchlining aus den letzten Jahren soll eine modifizierte ZTV künftig die Qualität und folglich die Langlebigkeit von Sanierungsmaßnahmen verbessern. Dafür müssen alle Beteiligten umdenken und enger zusammenarbeiten, meint Dipl.-Ing. (FH) Markus Vogel, Markus Vogel – Beratung.

Interview mit Markus Vogel: „Die Branche befindet sich in einem Evolutionsprozess“
Beim GFK-Schlauchlining sollten wir auf die neuen Erkenntnisse reagieren und im Sinne der Netzbetreibererwartungen handeln, meint Markus Vogel. | Foto: B_I/Valdix

B_I umweltbau: Sie haben beim VSB-Beratertag im Juni dieses Jahres einen viel diskutierten Vortrag zu den künftigen Erfordernissen bei Schlauchlining-Maßnahmen gehalten. Was sind Ihre Erkenntnisse und die Schlüsse daraus?

Markus Vogel: Ausgangspunkt sind von drei größeren Netzbetreibern veranlasste Untersuchungen. Diese wurden beauftragt, nachdem Auffälligkeiten bei Leistungsergebnissen mit GFK-Schlauchlinern, ausgehärtet mit UV-Gasentladungslampen erkannt wurden. Die Syscribe GmbH hat ab dem Jahr 2019 zunächst im Auftrag von Hamburg Wasser begonnen zu ergründen, worin die Ursachen für die Defizite liegen. Kasselwasser und die Stadtentwässerung Nürnberg haben sich dieser Initiative in der Folge angeschlossen. Ich durfte den Prozess im Rahmen unserer langjährigen Zusammenarbeit auf ehrenamtlicher Basis begleiten.

Die Problempunkte waren zunächst der seltene Fall von verlängerten Schlauchlinern. Hinzutraten Oberflächenschäden an Schlauchlinern, die bereits zum Zeitpunkt der Abnahme – nach der ersten Reinigung – auftraten.

Im Zuge der Analysen ergab sich ein Bild, das den Blick auf die Produktgruppe der GFK-Liner mit „UV-Licht-initiierter Härtung“ neu orientiert. Eine wichtige Bestätigung ist: Die Systeme sind grundsätzlich hervorragend geeignet, wertvolle Ergebnisse zum Substanzerhalt unserer Abwassernetze zu liefern. Bei Analyse der Zusammenhänge wird für mich deutlich: Die Netzbetreiberseite mit den zumeist beauftragten Ingenieurbüros ist maßgeblich an der Entstehung der aktuellen Situation beteiligt.

B_I umweltbau: Letzteres klang auch bereits in Ihrem Vortrag an. Was meinen Sie damit und was ist Ihrer Meinung nach die Ursache?

Vogel: Beginnen wir mit einer falschen Vorstellung. Die Auftraggeberseite bekam mit den Jahren den Eindruck, die GFK-Schlauchliner seien eine Wunderwaffe, mit der man schnell und günstig Lösungen in quasi allen Fällen generieren kann. Immer höhere E-Modul-Werte, hohe Watt-Zahlen, futuristisch wirkendes Equipment, und das einsetzbar in immer noch größeren Nennweiten – was für eine Erfolgsgeschichte.

Die Verfahren konnten sich als Regelbauverfahren etablieren. Eine größer werdende Zahl neu am Markt auftretender Sanierungsfirmen erzeugte Wettbewerb. Die Folge war ein zunehmender Preiskampf. Der eher elitäre Markt weniger Anbieter ging verloren.

In der Folge entwickelte sich ein Wettbewerb, der durch das Fehlverständnis der zumeist kommunalen Netzbetreiber hinsichtlich des Vergaberechts in eine negative Spirale mündete. Die Sanierungsunternehmen waren gezwungen, Produkte billiger einzukaufen und die eigenen Prozesse auf ein Minimum zu reduzieren, um im Preiskampf wirtschaftlich bestehen zu können.

Die Linerhersteller ihrerseits waren – und das ist eine Vermutung meinerseits – gezwungen, ihrerseits Kosteneinsparpotenziale zu finden. Ich kann mir gut vorstellen, dass es möglich ist, in der Grundstoffbeschaffung auch billigere Komponenten zu nutzen, deren Reaktivität dann ggf. eingeschränkt ist.

Für mich entsteht heute der Eindruck, dass die Linerhersteller Getriebene ihrer Kunden sind. Die UV-Anlagenhersteller trugen mit immer höheren Leistungsraten dazu bei, zu glauben, viel Licht hilft viel und bringt Geschwindigkeit. Wie wir heute erkennen, ein potenzieller Trugschluss. Gerade die Oberflächenqualität der Liner kann wesentlich mit einer zu hohen Strahlungsintensität in Verbindung stehen.

Die Auftraggeberseite hat sich auf das Marketing der Industrie unkritisch eingelassen.

Das Sanierungsunternehmen, also der Kunde dieser beiden Zulieferer (Liner- und Anlagenhersteller), ist der direkte Vertragspartner der Netzbetreiber. Der Auftragnehmer entscheidet, mit welchen Produkten er arbeitet. Er nimmt wahr: Kaum jemand achtet darauf, ob Linermaterial und Equipment auch hinreichend aufeinander abgestimmt sind. Für uns als Auftraggeber war das ja an sich gleich, wir hatten einen Verantwortlichen – und Hand aufs Herz: Hart wurden die Liner ja praktisch immer. Insofern bestand auch nicht das Gefühl, dass hier etwas schiefläuft. In der Folge war auch die Intensität der Überwachung verbreitet rudimentär und die Prozesse wurden immer stärker abgekürzt.

Zusammenfassend lässt sich wahrnehmen: Die Auftraggeberseite hat sich auf das Marketing der Industrie unkritisch eingelassen, es schien alles ja so einfach und günstig zu sein. Sie hat nicht wahrgenommen, dass der reine Preiskampf der Qualität nicht zuträglich ist. Nun, wie denn auch, die High-End-Produkte waren und sind ja in der Folge oft wieder über mehr als eine Dekade aus dem Blick.

Da die Liner im Normalfall hart wurden, gab es für die Sanierungsunternehmen keinen Bedarf, mehr zu tun als das, was die Bauüberwachung forderte, Vertrag hin oder her. Auch hier entstand auf Seiten der Bauleiter und der Verantwortlichen wenig Problembewusstsein hinsichtlich der Empfindlichkeit der Prozesse. Wie wir heute hören, hat das Installationspersonal unvollständige Härtungsergebnisse oft wahrgenommen, ohne dies einordnen zu können oder intern gehört zu werden.

Heute sehen wir: Lediglich auf das Erreichen der Kurzzeitwerte von E-Modul und Biegespannung sowie das Erreichen der Wanddicke und der Wasserdichtheit zu achten, ist zu kurz gesprungen. Um Gebrauchstauglichkeitsrisiken über die Nutzungsdauer von mind. 50 Jahren hinaus möglichst ausschließen zu können, ist eine vollständige Durchhärtung des Laminats erforderlich. Um dies zu erreichen, wird nun auch der Härtungsprozess selbst im Zuge der Überwachung des Leistungserfolgs zum Kriterium.

Markus Vogel: „Wenn wir die gewonnenen Erkenntnisse und Herausforderungen durchgängig als Chance betrachten, werden wir als Netzbetreiber und Industrie deutlich gestärkt aus diesem ,Tal der Tränen‘ herauskommen.“ | Foto: privat
Markus Vogel: „Wenn wir die gewonnenen Erkenntnisse und Herausforderungen durchgängig als Chance betrachten, werden wir als Netzbetreiber und Industrie deutlich gestärkt aus diesem ,Tal der Tränen‘ herauskommen.“ | Foto: privat

B_I umweltbau: Was bedeutet dies nun für die nächste Zukunft?

Vogel: Die in der Initiative aktiven Netzbetreiber haben in den letzten Jahren intensive Gespräche insbesondere mit den Linerherstellern und baustellenbetroffenen Auftragnehmern geführt. Im Frühjahr des letzten Jahres wurden die Ergebnisse dem Herstellerkreis detailliert vorgestellt. Entgegen anders lautenden Aussagen aus der Branche konnte sich jeder Hersteller in der Folge die Ergebnisse für seine eigenen Produkte bilateral vorstellen lassen. Leider bestehen bei einzelnen Protagonisten am Markt noch deutlich Beharrungstendenzen; dabei geht es an sich nur darum, die Leistungserwartung des Netzbetreibers zu erfüllen.

Dass die Netzbetreiber beim Deutschen Institut für Bautechnik aus ihrem Sicherheitsbedürfnis heraus veränderte Zulassungsvoraussetzungen initiierten, wird im Markt teilweise als Affront betrachtet. Ein künftig halbierter Reststyrolgehalt, eine um einen Millimeter größere Grundwanddicke sowie der Nachweis des Dehnverhaltens helfen nach heutigem Stand in der Zukunft, die Bedarfe der kommunalen Netzbetreiber standardisiert abzudecken. Es gilt die Langlebigkeit und Nutzungsdauer der Schlauchliner von mindestens 50 Jahren zuverlässig zu sichern. Dies ist auch als ein aus dem kommunalen Haushaltsrecht heraus abzuleitendes Gebot zu betrachten. Auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes betrachtet ist es ein Gewinn, wenn mit optimiertem Ressourceneinsatz jetzt ein frühzeitiges Wiederholen von Sanierungsmaßnahmen vermieden werden kann.

Die öffentlichen Netzbetreiber müssen aus einer völlig anderen Motivation heraus agieren, als es für die Industrie oder den Baubetrieb geboten ist. Auf Netzbetreiberseite steht die generationenübergreifende Daseinsvorsorge für die Gesellschaft im Fokus. Es stellt sich die Frage, wie es angesichts der vielfältigen Herausforderungen bei den Netzbetreibern gelingen kann, zuverlässige, robuste und wenig anfällige Linerprodukte zum Substanzschutz in die Kanäle zu bekommen.

Auf Seiten der Hersteller und Anwender bedeutet dies nun, dass die offenen Fragen zügig geklärt werden müssen. Wohin müssen sich die Produkte, das Equipment und die Arbeitsprozesse entwickeln, um gerade die Härtungsprozesse zuverlässiger und im Sinne der Erwartung der Netzbetreiber robust zu gewährleisten? Die Ausführungsbedingungen vor Ort stellen zumeist qualitätswidrige Erschwernisse dar und sind zudem täglich unterschiedlich. Die Lösung dieser Frage ist mit finanziellem Aufwand und Investitionen in das Sicherstellen dieser Anforderungen verbunden. Sei es z.B. hinsichtlich der Reaktivität der Harzmischungen, des optimierten und weiterentwickelten Equipments und der Prozesse oder einer konsequent temperaturorientierten Baustellenlogistik. Gerade letztere stellt eine wesentliche Herausforderung für die Ausführenden dar.

B_I umweltbau: Wo sehen Sie Handlungsbedarf auf Seiten der Schlauchlinerbranche?

Vogel: Wir leben in einer „Welt der Chancen“. Wenn wir die gewonnenen Erkenntnisse und Herausforderungen durchgängig als Chance betrachten, werden wir als Netzbetreiber und Industrie deutlich gestärkt aus diesem für manchen als solches gefühlten „Tal der Tränen“ herauskommen.

Dazu benötigt es nun das bildliche „Ärmel hochkrempeln“ auf allen Seiten. Die Linerhersteller sind aufgefordert in einer konzertierten Aktion die beste Performance für die Härtung ihrer jeweiligen Produkte sicherzustellen. Sie werden nicht umhinkommen, klar und konkret zu formulieren, welche Liner unter welchen Bedingungen mit welchen UV-Anlagen, Leuchtmitteln und Verfahrensprozessen einzusetzen sind. Hierzu benötigt es in den Verfahrenshandbüchern künftig klare Aussagen im Sinne der Risikominimierung. Die vertragsrechtlichen Grundlagen der jeweiligen Netzbetreiber werden mit der modifizierten ZTV Schlauchlining konkreter und rechtssicher formuliert.

Die UV-Equipmenthersteller sind gefordert, mit den jeweiligen Linerherstellern zusammen, die optimale Anlagenperformance zu entwickeln. Hierbei muss ein besonderes Augenmerk auf eine optimierte und weitgehend automatisierte Prozesssteuerung auf Basis der Handbuchvorgaben gelegt werden. Es erschließt sich nicht, weshalb die konkret definierten Kalibrierphasen mit Zeit- und Druckverläufen zum Aufstellen, Strecken und Vorbereiten des Liners vor der Härtung von Hand gesteuert werden muss.

Die Prozesse müssen zudem im Ist-/Soll-Abgleich visualisiert werden, damit das verantwortliche Personal unmittelbar erkennt, falls etwas nicht passt. Dies betrifft insbesondere den Härtungsprozess und die dazu notwendigen Temperaturentwicklungen. Hierin sehe ich einen wesentlichen Schlüssel, um organisatorischen Zwängen und individuellen Defiziten beim vor Ort tätigen Personal begegnen zu können.

Ein bislang verkannter aber bereits normativ thematisierter Sachverhalt ist das Überwachen der Lineraußentemperatur im Härtungsprozess. Es müssen Lösungen geschaffen werden, die den vollständigen Härtungsprozess über die gesamte Strecke hinweg garantieren lassen. In der Folge werden wir dann auch nicht mehr über das Reißen eines Reststyrolwerts als Härtungsindiz diskutieren müssen.

Von Bedeutung ist, dass die Anlagen mit Zünden der Gasentladungslampen spontan die volle Wirkung des jeweiligen Leuchtmittels im notwendigen UV-Licht-Spektrum erzielen und die Prozessvorgaben entsprechend abgestimmt werden. Hierdurch kann vermieden werden, dass nachgelagerte Linerbereiche minutenlang nachteilig vorgehärtet werden.

Qualitätssicherung – Druckprobe | Foto: Impreg
Qualitätssicherung – Druckprobe | Foto: Impreg

Eine Hauptrolle spielen die Sanierungsunternehmen. Es muss im Bewusstsein der dort Verantwortlichen die Erkenntnis reifen, dass nur „Linersysteme“, als Verbund von Schlauchlinerwerkstoff, darauf abgestimmtem Ausführungsequipment und dem Einhalten der Prozessvorgaben in Summe Erfolg versprechen. Möglicherweise wird sich für diese die ein oder andere Investition der Vergangenheit nicht wie gewünscht amortisieren lassen, was für die Betroffenen leider misslich ist. Fachpersonal zu schulen und auf lange Sicht bei der Stange zu halten ist das Gebot der Stunde. Erfahrung ist gerade hier durch nichts zu ersetzen.

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Die künftigen Anforderungen dienen nach Einschätzung der beteiligten Netzbetreiber dazu, die technologischen Herausforderungen bestmöglich und für den Auftraggeber risikominimierend in den Griff zu bekommen. Technische Lösungen, welche die Ziele ggf. einfacher oder besser erreichen lassen, wird die Industrie bereitzustellen haben. Wir setzen auf die Innovationskraft der in diesem Markt bislang zumeist deutschen Unternehmen.

Kurz zusammengefasst: Wir müssen erreichen, dass die Schlauchliningtechnologie – analog zu anderen Tiefbauverfahren – tatsächlich zum standardisierten Regelbauverfahren wird. Wir benötigen verlässliche Herstellungsprozesse, die auch unter widrigen Bedingungen das Vertragsziel sicher erreichen lassen. Es darf nicht weiter so bleiben, dass die Beteiligten eine kaum überschaubare Fülle von Teilaspekten im Installationsprozess im Blick behalten müssen. Letzteres ist der aktuelle Status quo.

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B_I umweltbau: Wo sehen Sie Handlungsbedarf auf Seiten der Netzbetreiber?

Vogel: Die Netzbetreiber stehen selbst vor Herausforderungen im eigenen Handeln. Dies müssen in Kenntnis der Sachlage ihre täglich neu initiierten Investitionen absichern. Deshalb können sie nicht abwarten, bis ein überarbeitetes Regelwerk in einigen Jahren zum Standard wird. Die nun modifizierte ZTV Schlauchlining als Ergebnis der Netzbetreiber-Kooperation soll vertragsrechtlich die Weichen stellen. Diese wird nun über Vergabeverfahren am Markt Einzug halten und die damit erstmals konfrontierten Auftragnehmer vor die benannten Herausforderungen stellen.

Gleichzeitig muss die Auftraggeberseite wahrnehmen, dass ihr eigenes Handeln zu dieser Situation über viele Jahre hinweg mit beitrug.

Die Netzbetreiber müssen künftig bei den Planern und Ausführenden die Leistung in den Fokus des Vergabeinteresses stellen, so wie es das oft geschmähte Vergaberecht auf allen Ebenen und grundlegend abverlangt. Das Schielen nach billigen Preisen führt zur jetzt wahrgenommenen Abwärtsspirale, zum drastischen Nachteil des Netzbetreibers selbst. Das Sparsamkeitsprinzip ist mit dem neuen Haushaltsrecht neu definiert. Es geht zwischenzeitlich um Vermögensschutz (Output-Steuerung), und eben nicht mehr um geringe Ausgaben (Input-Steuerung der bisherigen Kameralistik).

Wenn künftig je Meter Sanierung wieder höhere Kosten für den Netzbetreiber entstehen, wird dies nicht mit Mehrertrag für den Auftragnehmer in Verbindung stehen. Das öffentliche Gebührenaufkommen wird in einen höheren Leistungswert investiert. Insofern werden die Leistungen nicht potenziell teurer, sondern vielmehr im Wortsinn „wertvoller“. Wir reden über Leistungen, die über mindestens 50 Jahre hinweg ihren Dienst tun sollen. Die Produkte müssen hierbei in einer Umgebung entstehen und bestehen, die an deren Substanz gehen.

Es beginnt alles mit dem Netzbetreiber und dessen konkretisierten Leistungserwartungen sowohl an die eigenen Mitarbeiter wie auch an die beauftragten Ingenieurbüros und Sanierungsunternehmen. Leistungsbezogene Pflichtenhefte für Planende sind hierzu erfahrungsgemäß ein probates Mittel. Ingenieurleistungen qualitativ zu beschreiben, in Vergabeverfahren zum Beurteilungsmaßstab zu machen und in der Umsetzung konkret einzufordern ist der erste und wichtigste Erfolgsgarant in der Bauherrenaufgabe. Probleme auf der Baustelle stehen leider zu oft mit falschen Planungsentscheidungen oder mangelhaften Ingenieurleistungen in der Ausschreibung und der Bauüberwachung in Verbindung.

Die ZTV Schlauchlining – modifiziert (Netzbetreiber-Initiative 2025) wird daneben die Erfordernisse in der bautechnischen Umsetzung vertragsrechtlich klarlegen. Diese trägt bei konsequenter Umsetzung dazu bei, dass die bautechnischen Leistungsergebnisse die Ziele langfristig erreichen lassen. Die modifizierte ZTV wird darüber hinaus den Anbietermarkt mobilisieren und die notwendigen Verbesserungen auf Herstellerseite schneller erreichen lassen.

In der Bauleistungsvergabe stehen die Vergabestellen vor der Aufgabe, neben dem Angebotspreis explizite Leistungskriterien zu definieren. Zum Ermitteln des wirtschaftlichsten Angebots ist es erforderlich, beides in Summe zu bewerten. Billigbieter, welche die gestellten Anforderungen nicht erfüllen können oder wollen, sind keine ernstzunehmenden Bieter und Vertragspartner. Wer 100% will und nur einen Preis für 75% bezahlen soll, kann nicht ernsthaft davon ausgehen, die gleiche Leistung zu erhalten.

Klar ist: Allein neue Vertragsinhalte zu fordern und dementsprechend ein verändertes Preisgefüge zu akzeptieren, ist für sich betrachtet unzureichend. Auferlegte Spielregeln müssen in der täglichen Praxis gelebt werden. Dies betrachte ich als die eigentliche Herausforderung für die Netzbetreiberseite. Einen Qualitätsautomatismus wird es auch künftig nicht geben.

Zunächst gilt es, sich mit den veränderten werkvertraglichen Spielregeln auseinanderzusetzen, bevor diese erstmals angewandt werden. Es geht zuerst darum, die Zusammenhänge zu erkennen, die Konsequenzen zu überblicken und zu verstehen, und in der Folge das eigene Handeln darauf abzustimmen.

Es gilt, von allen Beteiligten ihren Teil zu diesem maßgeblichen Entwicklungsschritt beizutragen.

B_I umweltbau: Das hört sich nach einigem Aufwand an. Lässt sich das alles auch umsetzen?

Vogel: Nun, in der Tat stehen wir vor ordentlichen Herausforderungen. Ich vergleiche die Situation gerne mit dem Bild aus anderen Produktbereichen. Wir alle nutzen heute deutlich fortgeschrittenere Endprodukte und Standards, als dies vor einem oder mehr Jahrzehnten der Fall war. Zumeist wollen wir darauf auch nicht mehr verzichten. Insofern hatte Voltaire Recht: Das Bessere ist der Feind des Guten.

Da wir auf die Produktgruppe der GFK-Schlauchliner nicht verzichten wollen und können, gilt es von allen Beteiligten ihren Teil zu diesem maßgeblichen Entwicklungsschritt beizutragen.

Ich bin davon überzeugt, dass die qualitätsorientierten Beteiligten hier mehr eine Chance als einen Nachteil erkennen. Ich rechne damit, dass einzelne Unternehmen vorneweg gehen und zeigen, dass dies zügig möglich ist. Ich hatte über den Sommer hinweg mit einzelnen besonders kompetenten Sanierungsfirmen zu den konkreten Inhalten der modifizierten ZTV eine Reihe von konstruktiven Gesprächen. Diese halfen im Übrigen, die ZTV-Inhalte auch baustellen- und markttauglich zu gestalten. Auch nehme ich das positive Reagieren einzelner Schlauchlinerhersteller wahr.

Gemeinsam mit einer zunehmenden Zahl an Netzbetreibern wird es gelingen, die Erkenntnisse am Markt rasch durchzusetzen. Ich bin überzeugt: Nach erstem tiefem Durchatmen und ungläubigem Erstarren sind die Zeichen klar auf Erreichen der präzisierten Netzbetreibererwartungen gestellt. Wer zögert und zu lange hadert, bleibt zurück – ob als Netzbetreiber, Ingenieurbüro, Hersteller oder Sanierungsunternehmen. Ich meine, die Branche befindet sich in einem völlig normalen und aus meiner Sicht notwendigen Evolutionsprozess.



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