Einen Schritt voraus

In Bammental wird Klimaschutz großgeschrieben. Seit vielen Jahren treiben Verwaltung und Gemeinderat das Thema voran. Mit dem Einsatz nachhaltiger Abwasserrohre und Schächte geht die Gemeinde nun auch bei der Kanalsanierung neue Wege.

Nachhaltige Kanalsanierung in Bammental: Einen Schritt voraus
Klimaneutrale Baustelle im Tiefbau: Bammental ist eine von drei Kommunen im gesamten Bundesgebiet, die ein neu entwickeltes nachhaltiges Abwassersystem von Rehau testet. | Foto: Rehau

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Bammental liegt in der Metropolregion Rhein-Neckar, wenige Kilometer südöstlich von Heidelberg. In den kommenden Jahren müssen weite Teile des Abwassersystems der Gemeinde saniert werden. Die in die Jahre gekommenen Rohre weisen Undichtigkeiten auf. Durch die häufigen Reparaturen am Wasser- und Abwassersystem ist der Straßenbelag uneben, was das Ablaufen des Niederschlagswassers behindert. Gründe genug also für eine umfassende Sanierung.

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Bestandsanierung als Herausforderung

Den Anfang der Maßnahmen macht der „1. Bauabschnitt Heldenberg“. Er umfasst eine Verkehrsfläche von rund 4 700 m2 Asphalt und 1 450 m2 Pflaster. Verantwortlich für die Planung und Bauüberwachung ist Michael Bauch, Inhaber von BAMI Ingenieure in Remchingen. Er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in Bammental bereits mehrere Bauvorhaben betreut. Michael Bauch selbst ist mit Bauamtsleiter Oliver Busch in regelmäßigem Austausch. Vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele der Gemeinde entstand im Gespräch mit dem zuständigen Rehau-Außendienst die Idee, das 100 % klimaneutrale Kunststoff-Abwassersystem NevoPP zu verwenden. Bammental ist damit eine von bundesweit drei Kommunen, bei denen das innovative Produkt bereits vor der offiziellen Markteinführung eingesetzt wird.

Gut zu sehen: Vollwandprodukt mit Neumaterial an der Oberfläche und Rezyklat im Kern (schwarz) | Foto: Rehau
Gut zu sehen: Vollwandprodukt mit Neumaterial an der Oberfläche und Rezyklat im Kern (schwarz) | Foto: Rehau

Bei NevoPP kommen bis zu 80 % des verwendeten Polypropylens aus Industrierezyklaten, zum Beispiel Produktionsresten. Das Neumaterial an der Oberfläche und Rezyklat im Kern gehen dabei eine dauerhafte, stoffschlüssige Verbindung ein. Die erwartete Lebensdauer beträgt laut Hersteller mehr als 100 Jahre. Nach Ende der Nutzungsphase können die zu 100 % recyclingfähigen Produkte zurück in den Kreislauf gehen. Ebenso können Rohrabschnitte, die auf der Baustelle entstehen, mit dem Rehau-Rücknahmekonzept kostenlos in den Materialkreislauf zurückgeführt werden.

Für die Herstellung der Rohre und Schächte wird ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt. Zur Kompensation der unvermeidbaren CO2-Emissionen unterstützt Rehau zwei Klimaschutzprojekte, darunter die Renaturierung von Mooren in Mecklenburg-Vorpommern. Die Klimaneutralität von NevoPP ist durch den TÜV Rheinland zertifiziert und umfasst sämtliche Rohre und Schächte (ohne Formteile).

Seit Juli laufen die Baumaßnahmen in Bammental. Für den 1. Bauabschnitt sind rund 720 m Hauptleitungen DN 315 und DN 400 geplant, etwa 430 m Anschlussleitungen DN 160 sowie 27 Schächte. Neben den Abwasserrohren werden teilweise auch die Wasserleitungen erneuert. Die geplante Dauer der Baumaßnahme beträgt zwei Jahre.

Leicht im Handling und gut zu verarbeiten: das neue entwickelte Kunststoff-Abwassersystem NevoPP | Foto: Rehau
Leicht im Handling und gut zu verarbeiten: das neue entwickelte Kunststoff-Abwassersystem NevoPP | Foto: Rehau

„Das Bauen im Bestand ist immer eine Herausforderung“, sagt Planer Michael Bauch. „Jede Hofeinfahrt, jeder Hauseingang muss bedacht werden, damit keine Stufen entstehen und das Oberflächenwasser sauber abgeführt wird.“ In Bammental kommt hinzu, dass die Straßen teilweise ein starkes Gefälle aufweisen. Da die Leitungsführung der neuen Rohre leicht von der Bestandsleitung abweicht, ist auch die Gefahr gegeben, auf Fels zu treffen. Das kann die Maßnahmen nicht nur verteuern, sondern ggf. auch deutlich verzögern.

Extremwetter im Blick

„Ein Thema, welches in den letzten Jahren an Brisanz zugenommen hat, sind mögliche Extremwetterereignisse während der Bauphase“, so Bauch. Um die Funktion der vorhandenen Kanalisation beim Verlegen der neuen Rohre aufrechtzuhalten, müssen die Abwässer provisorisch umgeleitet werden. In der Regel haben Umleitungen nicht die gleiche hydraulische Kapazität wie die Bestandsleitungen. Kommt es dann zu plötzlichen Starkregen, womöglich noch übers Wochenende, besteht die Gefahr, dass die Baustelle geflutet wird.

Bei der Kanalisation in Bammental handelt es sich um ein Mischwassersystem: Niederschlagswasser und Abwasser werden in einer gemeinsamen Leitung abgeführt. Aufgrund der aggressiven Bestandteile im Abwasser waren sich Planer und Auftraggeber schnell einig, dem widerstandsfähigen PP den Vorzug vor Betonrohren zu geben. Dass die Wahl dann auf das neu entwickelte NevoPP fiel, ist dem intensiven Austausch mit dem Rehau-Außendienst zu verdanken.

Aufgrund der aggressiven Bestandteile im Abwasser waren sich Planer und Auftraggeber einig, auf den Werkstoff PP zu setzen. | Foto: Rehau
Aufgrund der aggressiven Bestandteile im Abwasser waren sich Planer und Auftraggeber einig, auf den Werkstoff PP zu setzen. | Foto: Rehau

CO2-Fußabdruck reduzieren

Wie viel CO2 sich bei einem Projekt konkret einsparen lässt, kann auf der Website tiefbau.rehau.de/nevoPP-rechner kostenfrei und ohne Anmeldung ermittelt werden. Damit lässt sich schon zu Beginn eines Bauvorhabens eine erste Schätzung des zu erwartenden Fußabdrucks ermitteln. Gibt man die Daten aus Bammental in den Online-Rechner ein, ergibt sich über die gesamte Wertschöpfungskette (Material, Produktion, Transport, Einbau und Entsorgung) eine Gesamtemission von 22,3 t CO2. In Verbindung mit dem Angebot erhält der Kunde von Rehau auf Wunsch eine artikelgenaue Aufstellung der Emissionen aller Rohre, Schächte und Formteile.

Für Bammentals Bürgermeister Holger Karl wie auch für Bauamtsleiter Oliver Busch sind die geprüfte Qualität und die Langlebigkeit wesentliche Argumente, die für Rohre und Schächte aus dem neuen Material sprechen. Holger Karl: „Man braucht natürlich auch etwas Mut, um zu sagen, wir setzen ein völlig neues Produkt ein. Doch ohne Menschen und Institutionen, die bereit sind, neue Wege zu gehen, gibt es keine Innovationen“. Oliver Busch ergänzt: „Im Hochbau gibt es bereits viel mehr Möglichkeiten den CO2-Fußabdruck zu reduzieren – wir haben nun die Chance, die Nachhaltigkeit auch im Tiefbau voranzubringen.“


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