Gesprengt und verfüllt

Mit dem Kohleausstieg ist Kiel durch – nun steht der Rückbau des alten Kohlekraftwerkes auf dem Ostufer der Förde, das 2019 stillgelegt wurde, auf dem Plan. Ende 2023 soll das 14 ha große Gelände nach knapp 2 Jahren Rückbau frei geräumt sein. Neben spektakulären Sprengungen gibt es auch Unscheinbares, aber nicht minder Wichtiges. Dazu gehört die Verfüllung des alten Kohlebunkers. Der Ausschreibung gemäß erfolgt dies mit Flüssigboden nach RAL-Gütezeichen 507.

Altes Kieler Kohlekraftwerk mit Flüssigboden verfüllt
Wird bald eine grüne Wiese sein: Das Gelände des ehemaligen Gemeinschaftskraftwerkes auf dem Ostufer der Förde. | Foto: Google Earth

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4.000 m3 schluckt die alte Vorratskammer, wo 49 Jahre lang die Steinkohle abgekippt wurde, um über 60.000 Haushalte mit Wärme zu versorgen. Die Verfüllstelle hat nicht nur gigantische Dimensionen, sondern auch unberechenbare Formen: Rein optisch misst der Kohleschlitzbunker etwa 120 x 5 x 7 m. Er ist aber nicht quadratisch, praktisch, gut, sondern besteht aus mehreren Kammern mit schrägen Rampen, die im engen Winkel zusammenlaufen. Die Verfüllung mit einem Schüttgut unter Einhaltung einer anschließenden dauerhaften Tragfähigkeit des Geländes stand dadurch nicht zur Debatte. Auch der Gedanke an einen Abbruch selbst musste in der frühen Planungsphase aufgegeben werden: Das Risiko eines Grundbruches für das benachbarte höher liegende Terrain ist zu groß – die Bunkeraußenwände bewahren dies vor dem Abrutschen. Und nicht zuletzt wären die Entsorgungskosten exorbitant.

Da vom Auftraggeber eine technisch adäquate, ressourcenschonende und umweltfreundliche Verfüll-Methode gewünscht wurde, fiel die Wahl auf die Flüssigbodentechnologie. Damit hat man schon auf etlichen Kieler Baustellen erfolgreich gearbeitet. Die Verfüllung des Kohlebunkers wird in diesen Tagen von der Firma Flüssigboden SH ausgeführt. Das Unternehmen gibt es seit zwei Jahren und es hat seinen Sitz in Büdelsdorf am Nord-Ostsee-Kanal, nördlich von Rendsburg.

Der alte Kohlebunker wird Stück für Stück und in allen Ecken und Winkeln mit Flüssigboden nach RAL Gütezeichen 507 verfüllt – echt gut für die Umwelt und vor allem schont es Ressourcen. | Foto: Flüssigboden SH
Der alte Kohlebunker wird Stück für Stück und in allen Ecken und Winkeln mit Flüssigboden nach RAL Gütezeichen 507 verfüllt – echt gut für die Umwelt und vor allem schont es Ressourcen. | Foto: Flüssigboden SH

Aufbereitung des Bodenaushubes zu Flüssigboden nach RAL GZ 507

Flüssigboden nach RAL-Gütezeichen 507, ein ressourcenschonender Naturbaustoff, ist ein kohäsiv, friktional rückverfestigendes, volumenstabiles Material aus der Gruppe der zeitweise fließfähigen Verfüllmaterialien. Es ermöglicht als Grundlage die Wiederverwendung aller Bodenarten, die zeitweise in einen fließfähigen Zustand versetzt werden. Anschließend kommt es zur Rückverfestigung des Bodens mit steuerbaren Endeigenschaften und ohne externe Verdichtungsarbeit (Stichwort: Rüttelplatte) sowie ohne die Ausbildung starrer Strukturen unter Rückbildung des bodentypischen Verhaltens des Ausgangsbodens.

Die Definition allein klingt schon spannend – die Herstellung ist es nicht minder und Fachwissen wird gefordert. Die Aufbereitung des Bodenaushubes zu Flüssigboden nach „RAL GZ 507“ kann dabei in zentralen Anlagen oder mit mobilen Anlagen unterschiedlicher Größe und kompletter Überwachung und Aufzeichnung des gesamten Herstellprozesses direkt auf der Baustelle erfolgen. Das Ziel ist dabei immer, dass der Flüssigboden nach seiner Rückverfestigung im Vorwege definierte Eigenschaften erreicht. Dabei können die Eigenschaften ähnlich dem Umgebungsboden eingestellt werden, aber auch individuell je nach Zweck z.B. die Tragfähigkeit erhöht oder die Wärmeleitfähigkeit verringert werden. Bodenart- und anwendungsabhängig gelten dabei folgende Orientierungswerte nach < 28d: EV2 > 45 MN/m2 und EVDYN > 25 MN/m2, EDF 112d 0,3 N/mm2.

Der am Kopfende stehende, höhenverstellbare Bagger belädt die mobile Mischanlage mit dem Grundmaterial. Nach einer angepassten Mischzeit wird das Material als Flüssigboden in den aufzugebenden Bunker entlassen. | Foto: Flüssigboden SH
Der am Kopfende stehende, höhenverstellbare Bagger belädt die mobile Mischanlage mit dem Grundmaterial. Nach einer angepassten Mischzeit wird das Material als Flüssigboden in den aufzugebenden Bunker entlassen. | Foto: Flüssigboden SH
Eike Sophie Winkler ist technische Leiterin der Firma Flüssigboden SH und betreut die Baustelle an der Förde. Mit Flüssigboden kennt sie sich bestens aus: „Wenn in einem Stück durchgearbeitet werden könnte, hätte die Verfüllung innerhalb von 6 Wochen abgeschlossen sein können.“ Aber es mussten bisher immer wieder Zwangspausen eingelegt werden, z.B. wenn Gebäudeteile gesprengt wurden. „Begehbar ist der Flüssigboden nach 12 Stunden. Er wird in Etappen eingebaut und das neu entstandene Planum dafür genutzt, um alte Rohre und Kabel von den Seitenwänden des Bunkers abzubauen, bevor es weitergeht. „So spart man sich die Leiter.“ Mit schwerem Gerät ist der eingebaute Flüssigboden nach spätestens 3 Tagen befahrbar.“

Permanente Überwachung

Die mobile Flüssigbodenmischanlage steht in Kiel am Kopfende des Bunkers. Das Grundmaterial zur Verfüllung kommt auch von Tiefbauarbeiten aus der näheren Umgebung. „Aufgrund der Länge des Bunkers eignet sich ein schluffiges Material besonders gut. Auf diese Weise rutscht und fließt der Flüssigboden besser in die schwer zugänglichen Ecken und die Wasseraufnahmefähigkeit ist aufgrund der größeren Oberfläche des Korns naturgemäß stärker ausgeprägt als beim reinen Sand“, erklärt Eike Winkler.

Die Güteüberwachung (Eigenüberwachung) läuft während des Verfüllprozesses gemäß der Gütesicherung nach RAL GZ 507 permanent. Winkler: „Der Wassergehalt des Ausgangsbodens sowie das Ausbreitmaß werden regelmäßig untersucht. Daneben werden Zylinderproben zur Bestimmung der einaxialen Druckfestigkeit analysiert. Letztlich unternehmen wir Lastplattendruckversuche, um die Tragfähigkeiten auf dem Planum nachzuweisen.“

Die Güteüberwachung gemäß den Güte- und Prüfbestimmungen des RAL-Gütezeichens 507 sind das A und O: Eike Sophie Winkler vom Unternehmen Flüssigboden SH bei einer Zylinderprobe zur Bestimmung der einaxialen Druckfestigkeit des einzubauenden Flüssigbodens. | Foto: Flüssigboden SH
Die Güteüberwachung gemäß den Güte- und Prüfbestimmungen des RAL-Gütezeichens 507 sind das A und O: Eike Sophie Winkler vom Unternehmen Flüssigboden SH bei einer Zylinderprobe zur Bestimmung der einaxialen Druckfestigkeit des einzubauenden Flüssigbodens. | Foto: Flüssigboden SH

Flüssigboden nach RAL-Gütezeichen 507 erfüllt die Einhaltung der Abfallhierarchie gemäß Kreislaufwirtschaftsgesetz (Abfall vermeiden als oberste Priorität) und übrigens schon heute die neue Mantel- und Ersatzbaustoffverordnung, die zum 1.8.2023 in Kraft getreten ist. Sie regelt ab dann die entsorgungsspezifischen Besonderheiten der unterschiedlichen Arten von Bauabfällen und die Möglichkeiten des Einsatzes von gütegesichertem Aushubmaterial u.a. als Flüssigboden. Mehr zu diesem Thema findet man auf der Homepage der RAL Gütegemeinschaft Flüssigboden www.ral-gg-fluessigboden.de.

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In Kürze wird von dem alten Bunker nichts mehr zu sehen sein und dank Flüssigboden hat die Natur ein gutes Stück Boden zurückbekommen.

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