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Flüssigboden zwischen Potenzial und Normenwirrwarr

Flüssigboden ist längst mehr als eine Nischenlösung. Steigende Bau- und Entsorgungskosten, ambitionierte Klimaziele, die Notwendigkeit zur Ressourcenschonung, der zunehmende Arbeitskräftemangel und natürlich auch die zunehmende Verfügbarkeit direkt vor Ort führen dazu, dass das Interesse an dem innovativen Verfüllbaustoff mit den vielen neuen bautechnischen Lösungen und Technologien deutlich gewachsen ist. Doch genau in dieser vorteilhaften Entwicklung machen sich auch immer mehr die gewachsenen strukturellen Schwächen bemerkbar.

Branchenstandard gesucht: Flüssigboden zwischen Potenzial und Normenwirrwarr
Großprojekteinrichtung mit redundanter Produktionsmenge für mehr als 700m³ Tagesleistung | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Denn trotz ähnlicher Zielsetzungen der verschiedenen Akteure ist der Markt stark fragmentiert. Unterschiedliche Begriffsdefinitionen, konkurrierende Qualitätssicherungssysteme und divergierende Normen verunsichern Bauherren, überfordern Planer und treiben Baufirmen teils in Lager, anstatt Kooperation zu fördern, und sorgen viel zu oft sogar für Baufehler und damit Vertrauensverlust. So bleibt Planern die Vergleichbarkeit der Qualifikationen verborgen, Bauherren können Leistungen dann oft nicht valide einordnen, und Baufirmen geraten unter Druck, sich einem System zuzuordnen und dabei andere auszugrenzen oder Doppelqualifikationen zu finanzieren. Streitigkeiten zu Vergaben werden teilweise sogar vor dem Auftraggeber ausgetragen. Dieser kann Unterschiede oft kaum nachvollziehen und verschließt sich im schlimmsten Fall aufgrund der Unstimmigkeiten am Ende voll und ganz dem System und damit dem Flüssigboden. Was aus Sicht einzelner Akteure als Positionierung gedacht ist, wird so zum Hemmschuh für die breite Anwendung der vielen Möglichkeiten des Flüssigbodenverfahrens.

Gerade vor dem Hintergrund der Komplexität und Innovationskraft des Flüssigbodenverfahrens ist daher ein gemeinsamer Überblick und ein kooperatives Verständnis erforderlich. Dieser Artikel gibt einen Überblick über technische Potenziale, derzeitige Regelwerke, deren Unterschiede und stellt die Frage: Wie kann durch Zusammenarbeit aller Beteiligten mehr Klarheit, Sicherheit, Vertrauen und dadurch eine breitere Anwendung geschaffen werden?

Einfüllung Flüssigboden im Kontraktorverfahren für den Einbau unter Wasser | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Einfüllung Flüssigboden im Kontraktorverfahren für den Einbau unter Wasser | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH

Technische Potenziale und Einsatzvorteile von Flüssigboden

Flüssigboden ist ein zeitweise fließfähiger, selbstverdichtender Verfüllbaustoff, der im Tief- und Leitungsbau neue und hoch wirtschaftliche Bauweisen ermöglicht. Vorteile sind unter anderem ein effizienterer Baufortschritt infolge neuer Technologien und bautechnischer Lösungen und damit ein oftmals deutlich geringerer Personaleinsatz, optimierte Bettungs- bis Gründungsbedingungen sowie eine hohe Tragfähigkeit und Setzungsfreiheit, auch unter Leitungsquerschnitten – und dies alles bei bodenähnlichen Eigenschaften, ohne Beton ähnlich zu werden. Hinzu kommen Kosten- und Zeiteinsparungen sowie eine deutlich verlängerte schadensfreie Nutzungsdauer, was zu sinkenden Abschreibungen führt. Die vorhandenen Mittel können endlich genutzt werden, um breiter die Qualität der Infrastruktur zu verbessern und liegen gebliebene Bauaufgaben zu finanzieren.

Ökologische Vorzüge ergeben sich durch Nutzung von anfallenden Aushubmaterialien (selbst kontaminierten), Einsparung von Deponievolumen (Kreislaufwirtschaft), minimierte Transportprozesse samt Reduktion von Emissionen und Energieverbrauch sowie die Vermeidung zusätzlicher CO2-Mengen. Innovative Anwendungen wie beispielsweise die Substitution aufwändiger Verbausysteme durch Lösungen wie die RSS-Wand oder die vielen Modifikationsmöglichkeiten des RSS-Geopontons zeigen beispielhaft das Potenzial des Verfahrens.

Substitution Tiefgründung mit Flachgründung aus Flüssigbodenbodenplatte | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Substitution Tiefgründung mit Flachgründung aus Flüssigbodenbodenplatte | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH

Marktfragmentierung durch Normenvielfalt

In Deutschland existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Regelwerke und Qualitätssiegel für Flüssigboden (z.B. RAL GZ 507, FGSV-Hinweise ZFSV, BQF-Qualitätsgemeinschaft Flüssigboden, Produktüberwachung BÜV). Hinzu kommen internationale Standards wie z.B. die deutsch- und französischsprachiger REGnorm der Schweiz bis hin zu firmeneigenen Werksnormen, beispielsweise der des Forschungsinstituts für Flüssigboden (FiFB). Diese Vielzahl führt zu Unsicherheit bei Bauherren, mangelnder Übersicht für Planer und erhöhtem Aufwand für Baufirmen, die nicht selten verschiedene Qualifikationssysteme parallel bedienen müssen. Die Folge sind erhöhte Kosten, fehlende Vergleichbarkeit, Grabenkämpfe und Wettbewerbsverzerrung bis hin zu Bauschäden und Vertrauensverlust.

Vergleich der Regelwerke: Herstellung und Prüfverfahren

Die wichtigsten Regelwerke unterscheiden sich in Struktur und Anspruch:

  • RAL GZ 507 basiert auf einem System der Gütesicherung mit regelmäßiger Fremdüberwachung und der Mitgliedschaft in einer Gütegemeinschaft. Der Schwerpunkt liegt auf der Sicherstellung bodenähnlicher Eigenschaften und der qualitätsgesicherten Herstellung von Flüssigboden, insbesondere im Kanal- und Leitungsbau. Die Qualifikation von Herstellern und Anwendern ist integraler Bestandteil.
  • FGSV-Hinweise (ZFSV) stellen ein technisches Regelwerk dar, das die Eigenschaften verschiedener Verfüllbaustoffe beschreibt – Flüssigboden eingeschlossen. Die Hinweise verzichten auf eine Zertifizierungsstruktur und zielen auf eine breite Anwendbarkeit, was eine eher allgemein gehaltene Darstellung der Anforderungen erforderlich macht. Eine spezifische Ausbildung für Hersteller oder Anwender ist nicht vorgesehen.
  • „QF“ der BQF bietet ein mehrstufiges Zertifizierungssystem, das Eigenüberwachung, Fremdprüfung und externe Erstprüfung umfasst. Die Qualifikation des Personals wird über Schulungen abgedeckt. Das System ist technologieoffen konzipiert und definiert einen einheitlichen Rahmen zur Sicherstellung gleichbleibender Qualität über verschiedene Herstellungsverfahren hinweg.
  • BÜV richtet sich primär an Mischwerke, die Flüssigboden werkseitig herstellen – ausschließlich auf Basis hydraulisch gebundener Materialien. Die Überwachung erfolgt in Bezug auf die Einhaltung der FGSV-Hinweise. Eine spezifische Qualifikation von Anwendern ist in diesem Rahmen nicht vorgesehen, was bei bestimmten Anwendungen eine Begrenzung der nachweisbaren Gebrauchseigenschaften mit sich bringen kann.
  • REGnorm (Schweiz) kombiniert Elemente der Qualitätssicherung nach dem Vorbild von RAL mit einem systematisierten Bezug zur konkreten Anwendung. Dabei werden je nach Einsatzbereich – z.B. für Baugruben, thermische Anwendungen oder Immobilisierungen – spezifische Anforderungen formuliert. Das System enthält Qualifikationsstandards für Planer, Hersteller und Anwender und ermöglicht eine umfassende technische Nachvollziehbarkeit.
  • FiFB-Werksnorm wurde vom Forschungsinstitut für Flüssigboden entwickelt, um detaillierte bautechnische Anforderungen an Flüssigboden – einschließlich Rezepturanpassung, Prüfung und Nachweisführung – für unterschiedlichste Anwendungsbereiche abzubilden. Der Fokus liegt auf technologischer Weiterentwicklung und anwendungsorientierter Optimierung. Die Qualifikation erfolgt über eine institutseigene Akademie, ergänzt durch Kooperationen mit Hochschulen und externen Fachleuten.

Die wesentlichen Unterschiede lassen sich in der folgenden Übersicht zeigen:

Unterschiede Regelwerke | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Unterschiede Regelwerke | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH

Qualifikation und Weiterbildung

Alle Regelwerke setzen bestimmte Qualifikationen voraus, unterscheiden sich jedoch in Form, Umfang und Tiefe der Anforderungen. RAL und BQF sehen strukturierte Zertifizierungsprozesse mit externer Überwachung vor, während das FGSV-Regelwerk auf fachliche Anleitung ohne formale Schulungspflichten setzt. Die BÜV konzentriert sich auf werkseitige Prüfungen zur Sicherstellung der Materialqualität.

Ergänzend bieten verschiedene Akteure branchenspezifische Schulungen und Weiterbildungen an. So verfügen RAL und BQF über anerkannte Schulungskonzepte im Rahmen ihrer Qualitätssicherungssysteme. Das FiFB stellt über eine eigene Akademie Qualifikationsangebote bereit, die sich insbesondere an spezialisierte Anwendungsbereiche richten. Die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Programme variieren – von allgemeinen Grundlagen bis hin zu technischen Besonderheiten für konkrete Einsatzgebiete.

Termine zum Thema

Das IKT veranstaltet am 23./24. September und die TAH am 25. September sowie am 20. November ein Online-Seminar zum Thema Flüssigboden. Zudem bieten das FiFB, die Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigboden und die Gütegemeinschaft Flüssigboden regelmäßig Seminare/Schulungen an. Infos unter

https://ta-hannover.de/seminar/flüssigboden/

https://lmy.de/klxXP

https://www.fi-fb.de/schulungen/

https://www.ral-gg-fluessigboden.de/seminare-und-zertifizierungen/

https://www.bqf-fluessigboden.de/

Links: Mantelreibungsversuch zur Bestimmung der Reibkräfte bei schwindungsfreien Flüssigboden, rechts: Bestimmung des Biegezugmoments für RSS-Wände | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Links: Mantelreibungsversuch zur Bestimmung der Reibkräfte bei schwindungsfreien Flüssigboden, rechts: Bestimmung des Biegezugmoments für RSS-Wände | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH

Zwischen den bestehenden Systemen bestehen Unterschiede u.a. in

  • der Breite und Tiefe der Ausbildung für verschiedene Anwendungsbereiche,
  • dem Umfang der Prüfungen und Nachweise zur Materialzulassung,
  • den zugrunde liegenden Herstellungsverfahren und deren Zielparametern,
  • der Entwicklung und Absicherung von Rezepturen,
  • den Anforderungen an Einzel- und Langzeiteigenschaften,
  • der Rollenverteilung sowie der Zuordnung von Verantwortung und Haftung,
  • und den Dokumentations- und Prüfpflichten.

Ein Beispiel für die technische Bandbreite: Während RAL bodenähnliche Eigenschaften bei möglichst geringem Zementanteil fordert, lassen BQF und BÜV auch stärker hydraulisch gebundene Systeme zu. Je nach Anwendungsbereich – etwa im Kanalbau, im Spezialtiefbau oder bei thermischen Anforderungen – sind spezifische Nachweise erforderlich, die nicht von jedem System gleichermaßen abgedeckt werden können. Wer also soll da noch durchsehen?

Träger-RSS-Flüssigboden-Wand | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Träger-RSS-Flüssigboden-Wand | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH

Regelwerksvielfalt überwinden: Kooperative Standards als Schlüssel

Die Vielzahl an Regelwerken erschwert Ausschreibung und Ausführung erheblich. Einheitliche Begriffe, abgestimmte Mindeststandards und praxisnahe Qualifikationen sind dringend erforderlich, um Planungs- und Ausführungssicherheit zu schaffen. Synergien durch gemeinsame Forschung, Schulung und Regelsetzung könnten effizientere Prozesse ermöglichen. Einheitliche Kriterien würden nicht nur den Aufwand reduzieren, sondern auch die Rechtssicherheit verbessern. Mit der Entwicklung nachvollziehbarer, akzeptierter und breit anwendbarer Standards kann Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen und der Bauwirtschaft weltweit Impulse geben. So ließen sich durch ingenieurtechnisch optimierte Verfahren auch signifikante Einsparungen bei Energieverbrauch und CO₂-Emissionen erzielen – ein praktischer Beitrag zum Klimaschutz.
Verfüllung Gasleitung mit Flüssigboden | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH
Verfüllung Gasleitung mit Flüssigboden | Foto: Flüssigboden Engineering GmbH

Fazit: Zusammenarbeit als Weg zur Breitenanwendung

Das Flüssigbodenverfahren bietet bei sachgerechter Anwendung großes Potenzial für den modernen Tiefbau. Die gegenwärtige Zersplitterung in Regelsetzung und Qualifikationsstandards erschwert jedoch eine flächendeckende einheitliche Nutzung. Eine koordinierte, transparente Zusammenarbeit aller beteiligten Fachkreise – einschließlich Planern, Herstellern, Anwendern und Institutionen – ist daher entscheidend.

Die Potenziale des Flüssigbodenverfahrens lassen sich nur dann voll entfalten, wenn die Branche bereit ist, gewohnte Grenzen zu überwinden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Es braucht den Willen zur Verständigung über etablierte Verbands- und Unternehmensgrenzen hinweg – im Sinne der Sache, der Qualität und der Nachhaltigkeit. Gemeinsame Standards zu Begrifflichkeiten und Mindestanforderungen, abgestimmte Bildungs- und Qualifikationswege sowie eine offene Wissensplattform für den unabhängigen Austausch für Erfahrungen und Forschungsdaten könnten die Basis schaffen, um das Verfahren verlässlich, wirtschaftlich und zukunftsfähig in der Breite zu etablieren.

Es muss auch transparent vor der eigenen Haustür gekehrt werden, um bestehende Probleme zu überwinden. Flüssigboden muss einheitlich definiert werden; es muss eine Begrenzung zu anderen ZFSV geben, Langzeiteigenschaften müssen Planern und Bauherren transparent vermittelt werden neben der weiteren Ausbildung zur Qualitätssicherung und Ausbildung für die verschiedenen Anwendungen.

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