Aus luftiger Höhe unters Wasser

Zwecks Umlegung einer Fernwärmeleitung ist in Esslingen ein Düker unter dem Neckar im Rohrvortrieb DN 2600/DA 3200 gebaut worden. Bei der Vorbereitung mit zwei wasserdichten Bohrpfahlgruben und der Unterwasserbetonage sowie beim anschließenden Vortrieb waren harter Schilfsandstein und zeitliche Vorgaben besondere Herausforderungen.

Neckar-Düker: Aus luftiger Höhe unters Wasser
Neckar-Düker für Fernwärme in Esslingen. Ein 450-Tonnen-Mobilkran hebt den Bohrkopf sicher in die Startgrube.

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Im Zuge einer deutschlandweiten Instandsetzungsoffensive wird die 1964 erbaute Hans-Martin-Schleyer-Brücke in Esslingen ausgetauscht. Da das Bauwerk u.a. für Fernwärme als Leitungsbrücke dient, musste vor dem ab 2021 geplanten Abbruch eine Trassenalternative geschaffen werden. EnBW entschied sich für einen Düker unter dem Neckar, um eine dauerhaft sichere Verbindung zwischen den Ufern zu gewährleisten, und beauftragte damit die Sonntag Baugesellschaft.

Das Projekt umfasste die Herstellung der Start- und Zielgruben für den Vortrieb, das Auffahren der Trasse unter dem Fluss und das Anlegen der Schächte. Als Komplettanbieter mit Spezialgebiet Microtunneling konnte Sonntag die anspruchsvollen ingenieurtechnischen Leistungen in den Disziplinen Spezialtiefbau, Rohrvortrieb und Betonbau aus einer Hand bieten. Umgesetzt wurden die Arbeiten von der Binger Niederlassung des Unternehmens.

Bohrprofil der Gruben
Bohrprofil der Gruben

Innovationsreiche Bohrpfahlgruben

Die Startgrube (Ø 12 m, Tiefe 21 m) und die Zielgrube (Ø 9 m, Tiefe 21 m) für das Auffahren des Microtunnels wurden aufgrund der anstehenden Geologie und des hohen Grundwasserstands (2,50 m unter GOK) im Bohrpfahlverfahren hergestellt (Planung: CDM Smith). Für die Drehbohrarbeiten wählte die Sonntag Baugesellschaft Felskastenbohrer und Progressivschnecken als Abbauwerkzeuge, angepasst an das Bohrprofil der Gruben: bindige Schichten im oberen Bereich (künstliche Auffüllungen, Auelehme und Auesande), gefolgt von einer wasserführenden Schicht aus Neckarkies, darunter eine Steigerwald-Formation aus dunklen Mergeln, eine Schilfsandsteinschicht und eine Schilfsandstein-Formation.


Projektdaten:

  • 185 m Rohrvortrieb DN 2600 / DA 3200 unter dem Neckar
  • 2 wasserdichte Bohrpfahlgruben mit 95 überschnittenen Bohrpfählen D = 120 cm, Länge bis 21,50 m
  • 410 cbm Unterwasserbeton
  • 2 Sonderbauwerke in Stahlbetonbauweise im Gleitverfahren
Parallelarbeit in Perfektion. Während die letzten Aushubbohrungen durchgeführt werden, kann der Hitachi ZX 350LC-6 TS mit Teledipper das lockere Material unter Wasser ausheben.
Parallelarbeit in Perfektion. Während die letzten Aushubbohrungen durchgeführt werden, kann der Hitachi ZX 350LC-6 TS mit Teledipper das lockere Material unter Wasser ausheben.
Zunächst wurde für jede Grube eine kreisrunde überschnittene Bohrpfahlwand aus Primär- und Sekundärpfählen mit Durchmessern von 120 cm hergestellt. Die massive Felsschicht (Schilfsandstein) mit einer Mächtigkeit von rund 10 m und Druckfestigkeiten bis zu 100 MN/m2 im unteren Bereich forderten Mensch und Maschine gleichermaßen. Anschließend wurde das Innere der Baugrube mit einem Drehbohrgerät Bauer BG 33 H BT 85 in voller Höhe ausgebohrt; in diesem Fall die wirtschaftlichste Methode, um den anstehenden Fels zu lösen. Zum Einsatz kam eine eigens für dieses Projekt entwickelte Schwerlastbrücke, um die bereits ausgebohrten Flächen überfahren zu können. Das erlaubte das Ausbohren der Baugrube ohne anschließendes Wiederverfüllen.

Auf die Bohrpfahlarbeiten folgte die Vorbereitung der Grube für die Unterwasserbetonage. Im 24-Stunden-Betrieb wurden mit einem 22,00 m langen Rammkeil (Eigenkonstruktion der Sonntag Baugesellschaft) und einer ABI-Ramme TM18/22B die groben Felsanhaftungen an der Bohrpfahlwand gelöst und das Material mit einem Hitachi ZX 350LC-6 TS mit Teledipper ausgehoben. Anschließend konnten Taucher mit einer Hochruckdüse (2.500 bar Wasserdruck) die restlichen Felsrückstände entfernen, eine 6 cm tiefe und 1,20 m hohe Nut zur Auftriebssicherung der Bodenplatte in die Bohrpfähle fräsen und die Betonsohle betonieren.

Unterwasserbetonage der Startgrube. 283 cbm Beton wurden in 8 Stunden eingebaut.
Unterwasserbetonage der Startgrube. 283 cbm Beton wurden in 8 Stunden eingebaut.

Vortrieb unter Hochdruck

Nach Abschluss der Tiefbauarbeiten begann der eigentliche Rohrvortrieb. Um die aufgrund des Brückenneubaus engen Terminvorgaben einhalten zu können, setzte Sonntag für den Vortrieb neben der Tiefbaukolonne, die das Gesamtprojekt abwickelte, drei Vortriebskolonnen ein, die im 24/7-Schichtbetrieb einen sehr hohen Leistungsfortschritt erzielten. Trotz Termindrucks blieb die Arbeitssicherheit immer im Fokus mit einer engen Abstimmung zwischen allen Beteiligten. Die örtliche Feuerwehr, der Rettungsdienst, das Regierungspräsidium Freiburg und das Bergamt wurden durch den Sicherheits- und Gesundheitskoordinator sowie die Bauleitung kontinuierlich über den aktuellen Stand informiert, Rettungskonzepte wurden gemeinsam erarbeitet und vor Ort erprobt.

Die Herausforderung beim Vortrieb lag insbesondere im hohen Grundwasserdruck im Bereich der Startgrubendichtung sowie in der Geologie mit hartem Schilfsandstein. Der Vortrieb erfolgte im Druckluftmodus, da es dieses Verfahren erlaubt, die Abbauwerkzeuge am Schneidrad zu kontrollieren und bei Bedarf einen Werkzeugwechsel aus der Vortriebsmaschine heraus durchzuführen.

Der 95 to schwere Bohrkopf wird in die Startgrube gehoben. | Fotos: Sonntag Baugesellschaft
Der 95 to schwere Bohrkopf wird in die Startgrube gehoben. | Fotos: Sonntag Baugesellschaft

Maßgeschneidertes Equipment

Bei der Tunnelbohrmaschine handelte es sich um eine Herrenknecht AVND 2500 AB, die mit einem eigens für dieses Projekt entwickelten Schneidrad bestückt war. Die Abbauwerkzeuge waren so angeordnet, dass sie den hochfesten Fels (bis zu 100 MN/m2) problemlos abtragen konnten. Zur Separierung des Aushubmaterials von der Fördersuspension wurden eine MAT-Entsandungsanlage BE 425 verwendet, erweitert um eine HKS-Feinstufe, sowie eine Zentrifuge GHT 600.

Für den 185 m langen Düker wurden schalungserhärtete Stahlbetonrohre DN 2500 der Firma Berding mit einer Wandstärke von 30 cm eingesetzt. Sie waren auf voller Länge mit einer Verrollsicherung ausgestattet, da bereits ab Werk Einbauteile für den Einzug der Fernwärmeleitung in die Rohre integriert wurden.

Während der Vortriebsarbeiten wurde eine Rohrbremse eingesetzt, um zu verhindern, dass der Vortriebsstrang während des Koppelvorgangs durch den starken Wasserdruck zurück in die Startgrube gedrückt wird. Die Rohrbremse war für eine Rückhaltekraft von 1.300 kN ausgelegt und konnte damit den Rohrstrang während der Vortriebszeit optimal absichern. Geschmiert wurde der Rohrstrang mit einer Bentonitsuspension durch ein automatisches, volumengesteuertes System. Dadurch konnten die Mantelreibung verringert und die Vortriebskraft auf maximal 4.800 kN beschränkt werden. Die Statik ließ Vortriebskräfte von bis zu 20.000 kN zu. Dank Onlineüberwachung hatten die Projektbeteiligten die Vortriebsparameter jederzeit im Blick. Im Vortriebsstrang wurde eine Zwischenpressstation integriert, die jedoch aufgrund der niedrigen Drücke an der Hauptpressstation nicht aktiviert werden musste.

Ein 16,50 m tiefer Schacht wurde in 92 Stunden hergestellt.
Ein 16,50 m tiefer Schacht wurde in 92 Stunden hergestellt.

Am Zielufer erfolgte eine Unterwasserbergung mit Tauchern. Die Maschine fuhr in die geflutete Baugrube ein und der Ringspalt zwischen Vortriebsrohr und Bohrpfahlwand wurde von den Tauchern abgedichtet. Anschließend konnte die Baugrube gelenzt und der 95 to schwere Bohrkopf mit einem 450-Tonnen-Mobilkran geborgen werden.

Geglittene Schächte

Für den sicheren Zugang zum fertigen Düker waren seitens EnBW Zugangsschächte auf beiden Seiten des Neckars gefordert. Bei den Schächten sollten jeweils die unteren 3,50 m in konventioneller Ortbetonbauweise hergestellt werden, die restlichen 13,00 m bzw. 11,60 m Schachtwand im Gleitschalverfahren. Durch einen Sondervorschlag der Sonntag Baugesellschaft wurden die Schächte in voller Höhe geglitten. Dadurch konnte die Bauzeit für die Schächte verkürzt und ein reibungsloser Bauablauf gewährleistet werden. So dauerte die Betonage des 15,10 m hohen Nordschachts und des 16,50 m hohen Südschachts jeweils weniger als vier Tage. Hierbei waren vor allem die gut koordinierte Zusammenarbeit der einzelnen Gewerke sowie die genau abgestimmte Betonrezeptur entscheidend. Mit Durchmessern von 5,65 m und 7,50 m bieten die beiden Bauwerke ausreichend Platz für die beiden Fernwärmeleitungen DN 500 sowie die zugehörigen Steuerkabel und die Düker-Zugänge.

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Im Jahr 2021 beginnt die Stadt Esslingen mit dem Rückbau der Hans-Martin-Schleyer-Brücke. Vor dem endgültigen Abriss kann EnBW ihre Fernwärme-Leitung in den Düker umlegen und eine dauerhafte Versorgung gewährleisten.

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