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So gelingt ein nachhaltiger Umgang mit wertvollen Ressourcen

Wie sieht die Stadtentwicklung der Zukunft mit einem modernen Wassermanagement aus? Wie gelingt digitale Transformation? Welche nachhaltigen Nutzungsmöglichkeiten hält die Ressource Abwasser bereit und inwiefern ist es ein wertvoller Datenträger? Peter Rummel, Director Infrastructure Policy Advancement für Europa bei Bentley Systems, gibt im exklusiven Interview Antworten darauf.

Interview: So gelingt Wassermanagement der Zukunft
Wasser im urbanen Kontext – natürliche und technische Komponenten | Foto: Seequent / Bentley Systems

B_I umweltbau: Wie könnte ein modernes Wassermanagement in einer Stadt heute aussehen, wenn wir es von Grund auf neu aufbauen?


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Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft

Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft

Hauraton hat spezialisierte Lösungen, die bei der Neugestaltung von Bahnhöfen für ganzheitlichen Regenwassermanagement eingesetzt werden.


Peter Rummel: Das Wassermanagement einer Stadt von Grund auf neu zu planen, ist ein spannendes Gedankenexperiment. In Deutschland kann dies für Neubaugebiete ein kleinräumiges realistisches Szenario sein. Konzepte und Komponenten im Wassermanagement haben einen Lebenszyklus von mehreren Jahrzehnten, daher gilt es mit ausreichend Weitblick zu planen. Das Jahr 2050 findet bei der Ausrichtung der Nationalen Wasserstrategie sowie der Definition einiger Klimaziele Verwendung. Auch das Anforderungsprofil für aktuelle Planungen im Wassermanagement sollte sich an der Stadt und den Klimabedingungen im Jahr 2050 orientieren. Bei unserer Zeitreise nach Neustadt im Jahr 2050 fallen einige Aspekte ins Auge: Der ruhende und fließende Individualverkehr hat nicht mehr die Dominanz. Grün- und Wasserflächen bestimmen das Stadtbild. Es treten häufigere und heftigere Hitzeperioden und Starkregenereignisse auf. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Trinkwasser hat sich mehr als halbiert. Neustadt hat sein Ziel erreicht, CO2-neutral zu sein.

Die Planung von modernem Wassermanagement bedient sich fortschrittlicher Methoden. Lange vor dem ersten Spatenstich für die neuen Anlagen in der realen Welt werden Konzepte und Szenarien an einem digitalen Abbild, dem digitalen Zwilling, getestet. Dieser liefert wertvolle Angaben über die Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Kostenstruktur der geplanten Anlagen. Prägend für modernes Wassermanagement ist die Umstellung von linearen Prozessen und Verbrauchslogik auf einen nachhaltigen Kreislaufgedanken.

Nachhaltiges Wassermanagement gelingt nur dort, wo digitale Daten sauber fließen.

Regenwassermanagement umfasst zwei Hauptaspekte: Grüne, blau und graue Infrastruktur werden darauf ausgelegt, die Niederschläge ortsnah zu speichern, um den Wasserbedarf der Schwammstadt weitgehend ohne den Einsatz von wertvollem Trinkwasser sicherzustellen. Regenwasser wird auch bei Starkregen nicht mehr in die Kanalisation eingeleitet, um die Kapazitätsgrenzen der Abwasserrohre und Kläranlagen nicht zu überschreiten. Im kompletten Wassersystem werden digitale Zähler und Sensoren verbaut, um die Steuerung basierend auf Echtzeitdaten vornehmen zu können. Dabei werden neben den meteorologischen Daten auch vermehrt Bodenfeuchtedaten und Pegelstände für eine ganzheitliche Sicht auf den Wasserkreislauf integriert. Nachhaltiges Wassermanagement gelingt nur dort, wo digitale Daten sauber fließen.

Luftaufnahme einer modernen Kläranlage, erstellt mit generativer KI | Foto: Bentley Systems
Luftaufnahme einer modernen Kläranlage, erstellt mit generativer KI | Foto: Bentley Systems

B_I umweltbau: Was muss vor allem in der Planungsphase (Bauleitplanung) berücksichtigt werden? Wer muss wie zusammenarbeiten?

Rummel: Nicht nur bei einer kompletten Neuplanung, wie in der Eingangsfrage thematisiert, ist der Planungshorizont von Bedeutung. Traditionell lag der Fokus in der Planungsphase primär auf der Bauphase bis hin zur Fertigstellung. Unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und neuen Berichtspflichten sind heute bereits in der frühen Planungsphase auch die Umweltauswirkungen in der Betriebsphase relevant. Auch Wartung und Instandhaltung müssen berücksichtigt werden. Eine Erweiterung der Kapazitäten muss bereits technisch und planungsrechtlich vorgesehen sein. Der Fokus auf den gesamten Lebenszyklus umfasst auch den potenziellen Rückbau der Anlagen.

Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass bereits zu Beginn der Planung neben dem Planungsbüro und Bauunternehmen auch die Betreiber, Investoren sowie bedingt Versicherungen mit am Tisch sitzen. Dadurch können alle Akteure einbezogen und alle Anforderungen an das Datenmodell berücksichtigt werden. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung für eine verlustfreie Übergabe der Daten und Modelle zwischen den Phasen des Lebenszyklus.

Herausforderungen aufgrund des Klimawandels und auch einer veränderten Bedrohungslage werden immer relevanter. Systeme müssen resilienter geplant werden, Vorgaben für kritische Infrastrukturen sind zu beachten und Konzepte für Katastrophen und Notfallplanung abzustimmen. Verfügbarkeit, Ausfallsicherheit und auch die Zeit für die Wiederherstellung der Systeme sind wichtige Kenngrößen.

Die Notwendigkeit der Digitalisierung ist erkannt und anerkannt. Oft wird im Zuge der Umstellung auch die Gelegenheit genutzt, Prozesse und auch Strukturen aus dem analogen Zeitalter zu hinterfragen und zukunftsfähig zu gestalten. Damit ist auch der Weg frei für einen neuen Player am Tisch: Kollegin KI.

Im kommunalen Umfeld bremsen rechtliche Vorgaben und bestehende Prozesse die Dynamik der Transformation.

B_I umweltbau: Welche Rolle spielen die digitale Transformation und der Einsatz von KI?

Rummel: Bei bahnbrechenden Veränderungen ist es immer von Vorteil, den Blick über den Tellerrand zu wagen. Wie funktioniert die digitale Transformation in anderen Ländern? Welche Industrien haben bereits umfassende Erfahrungen gesammelt? Positiv formuliert gibt es jede Menge Möglichkeiten zum Lernen. Im urbanen Wassermanagement besteht aufgrund der Datenlage und auch Komplexität ein deutlicher Nachholbedarf. Im kommunalen Umfeld bremsen rechtliche Vorgaben und bestehende Prozesse die Dynamik der Transformation. Mit neidvollen Blicken vergleichen wir den Fortschritt der digitalen Transformation in den baltischen Staaten mit der ernüchternden Bilanz der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) in Deutschland. Themen, die in der Stadtplanung als Innovation gefeiert werden, sind in der Fertigung bereits gelebte Realität. Unter dem Begriff Industrie 4.0 fließen IT, ET und OT zusammen (Information Technology, Engineering Technology und Operation Technology).

Wassermanagement zeichnet sich – aus nachvollziehbaren Gründen – nicht als Vorreiter der digitalen Transformation oder der KI-Nutzung aus, aber die Richtung stimmt. Digitale, detaillierte und aktuelle Daten bilden die Grundlage, sind aber nur eine Säule für den Erfolg. In englischen Artikeln zu Change-Management kursiert der Dreiklang aus Mindset, Skillset and Dataset, eine stark vereinfachte Zusammenfassung der Anforderungen, wie Transformation gelingen kann. Digitalisierung und der Einsatz von KI sind für die Lösung der zukünftigen Herausforderungen erforderlich. Auf Basis dieses Konsenses, über alle Hierarchieebenen hinweg, bedarf es zusätzlich der notwendigen Fähigkeiten von Mitarbeitern und Systemen sowie einer guten Datenbasis.

Digitalisierung und KI sind kein Selbstzweck. Am Ende des Tages zählen der nachweisliche Nutzen und die erfolgreiche Skalierung. Bei der Reise von Optimierung, Digitalisierung, Automatisierung bis hin zum Einsatz von KI ist zu bedenken, dass Prozesse und Vorgehensweisen an die Stärken der neuen Technologie anzupassen sind. Die Kollegin KI wird kommen und alle begeistern, aber nur, wenn ihr ein KI-taugliches Arbeitsumfeld und Aufgabenspektrum geboten werden. Niemand braucht einen Roboter, der ein Papierformular zuverlässig mit dem korrekten Eingangsstempel versehen kann.

Digitaler Zwilling im Wassermanagement | Foto: Bentley Systems
Digitaler Zwilling im Wassermanagement | Foto: Bentley Systems

B_I umweltbau: Auch Abwasser ist eine wichtige Ressource der Zukunft. Wie sollten wir es künftig am besten nachhaltig nutzen?

Rummel: Veränderte Begriffe tragen zu einem veränderten Bewusstsein und Verhalten bei. Abfälle werden zu Sekundärrohstoffen. In diesem Kontext hoffe ich auf eine Namensänderung von Wasserverbrauch hin zum Wassergebrauch oder zur Wassernutzung. Die tägliche Pro-Kopf-Wassernutzung in Deutschland liegt bei 120 Litern. Es ist offensichtlich, dass nur ein verschwindend kleiner Teil davon tatsächlich getrunken wird und deshalb Trinkwasserqualität erforderlich ist. Daraus ergeben sich Anwendungsszenarien, um von der einmaligen Nutzung, einer Verbrauchsdenke, hin zu einer Wiederverwendung zu gelangen.

Die Vereinten Nationen haben 17 Nachhaltigkeitsziele formuliert, wobei Nummer 6 den Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen betrifft. Es spricht absolut nichts dagegen, gereinigtes Abwasser im Sanitärbereich zu verwenden. Wünschenswert wäre auch der Einsatz von gereinigtem Abwasser für die Bewässerung der innerstädtischen Grünanlagen oder auch der Kühlung von Straßen und Plätzen. Potenziale schlummern auch in der enthaltenen thermischen Energie.

Innovative Vorzeigeprojekte finden sich auch in Deutschland. Die Berliner Wasserbetriebe rechnen mittelfristig mit einem potenziellen Beitrag von 5 Prozent zur Deckung des Wärmebedarfes durch Wärmerückgewinnung – ein wertvoller Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Hamburg Wasser nutzt den stofflichen Anteil des Abwassers zur Biogasproduktion. Zwei Gasaufbereitungsanlagen verwandeln Faulgas in Biomethan, ausreichend, um 5.700 Haushalte zu heizen.

Ab 2029 ist der direkte Einsatz von Klärschlamm für die Düngung nicht mehr zulässig. Leistungsfähige Verfahren für die Rückgewinnung von Phosphor verhindern die Eutrophierung von Gewässern und sichern den wertvollen Rohstoff für die Düngemittelproduktion.

"Abwasser ist auch ein wertvoller Datenträger", sagt Peter Rummel, Infrastructure Policy Advancement beim global agierenden US-Softwarehersteller Bentley Systems. | Foto: Bentley Systems
"Abwasser ist auch ein wertvoller Datenträger", sagt Peter Rummel, Infrastructure Policy Advancement beim global agierenden US-Softwarehersteller Bentley Systems. | Foto: Bentley Systems

B_I umweltbau: Wie sehen Sie die Möglichkeiten im Bereich Monitoring hinsichtlich Erkenntnissen zu Krankheitserregern, Medikamenten, Produktionsabfällen etc. in einem Einzugsgebiet? Kann auch hier der Einsatz von KI sinnvoll sein?

Rummel: Abwasser ist auch ein wertvoller Datenträger. Analysen lassen Rückschlüsse auf die Ausbreitung von Krankheiten und den Drogenkonsum zu. Zu Beginn der Corona-Pandemie waren verlässliche Aussagen über den Verlauf der Inzidenzen eine große Herausforderung. Einschneidende Maßnahmen wurden ohne umfassende Erfahrungswerte und auf Basis unzureichender individueller Testergebnisse getroffen. Im weiteren Verlauf der Pandemie hat man sich die Tatsache zunutze gemacht, dass das SARS-CoV-2-Erbgut im Abwasser nachgewiesen werden kann, das Virus aber darin nicht lebensfähig ist. Mit CoroMoni hat die DWA in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt ein flächendeckendes Frühwarnsystem für den Infektionsgrad der Bevölkerung entwickelt. Ein Traum für Statistiker. Jeder Einwohner liefert täglich verlässliche Angaben zu seinem Coronastatus. Sammelproben über größere Gebiete stellen die Anonymisierung sicher und bei Auffälligkeiten werden die zeitlichen und räumlichen Messdichten erhöht.

Abwasser ist eine wertvolle Ressource. Um den Aufwand für Reinigungsmaßnahmen in einem vertretbaren Rahmen zu halten und die Qualität der wiederverwendeten Bestandteile zu sichern, dürfen nur zulässige Stoffe und Substanzen ins Abwasser gelangen. Eine regelmäßige Beprobung hilft, Erklärungsbedarf für Privathaushalte, betriebliche Störungen oder auch schwarze Schafe zu ermitteln.

Die aktuellen Anwendungsfelder verwenden primär statistische Methoden, denen sicherlich hochintelligente Überlegungen zugrunde liegen. Ob es sich in der heutigen Form dabei um KI handelt, kann ich nicht abschließend beantworten. Ich bin mir jedoch sicher, dass bei zunehmender Nutzung, weitgehender Digitalisierung der Prozesse und exponentiell wachsender Datenvolumina Einsatzszenarien für KI entstehen.

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