Göttinger Abwassertage online: Klimawandel, Digitalisierung und mehr aus der Praxis
Führten wie gewohnt souverän durch die GAT: Dr. Igor Borovsky (TAH) und Maren Reimann (GEB). | Foto: B_I/Valdix
Es war schon alles vorbereitet für eine Präsenz- oder zumindest Hybridveranstaltung, doch dann machte Corona – wie schon letztes Jahr – einen Strich durch die GAT-Rechnung. Aber auch online war es wieder eine rundum gelungene Veranstaltung, an der zeitweise bis zu 210 Interessierte, vorwiegend Kommunalvertreter, teilnahmen. Praxisblöcke, in denen Unternehmen Produkte aus den Bereichen Kanalsanierung, Kanalbau, Leitungsbau und Regenwassermanagement vorstellten, sowie ein abendliches virtuelles Get-together mit einem kurzweiligen Vortrag von Dr. Kira Vinke über den Klimawandel und einem bereits im letzten Jahr gut angenommenen Wine Tasting bildeten den Rahmen um die abwechslungsrechen und interessanten Vorträge.

Städte ans Klima anpassen

Für die Keynote konnten die Technische Akademie Hannover (TAH) und die Göttinger Entsorgungsbetriebe (GEB) den bekannten Wettermeteorologen Sven Plöger gewinnen. „Klimawandel gab es schon immer, aber nicht so schnell wie heute. Er ist haptisch geworden“, so der Experte. Ereignisse wie die Flutkatastrophe im Sommer 2021 seien durch den Klimawandel 1,2- bis 9-mal wahrscheinlicher geworden. Wichtig für die Zukunft: Zusammenarbeit zwischen Meteorologie und Hydrologie verbessern, Bedingungen aktiv anpassen und nachhaltig umgehen mit dem, was wir haben, so Plögers Apell.

Prominenter Referent: Dieses Jahr hielt Sven Plöger die Keynote. | Foto: B_I/Valdix
Prominenter Referent: Dieses Jahr hielt Sven Plöger die Keynote. | Foto: B_I/Valdix
Frank Werner Grauvogel, Technische Betriebe Solingen, und Michael Hippe, Fischer Teamplan, beschäftigten sich mit dem Ausmaß der Flutkatastrophe, mit ergriffenen Maßnahmen und dem zukünftigen Handlungsbedarf. In Solingen soll u.a. das gesamte Stadtgebiet nach der Methode der gekoppelten Kanalnetzberechnung hydraulisch überprüft werden. Außerdem liegt ein Fokus auf der (besseren) Nutzung öffentlicher Freiräume zur Speicherung bzw. Versickerung/Drosselung von Niederschlagswasser. Hippe forderte neben klaren Vorgaben für die Evakuierung und Sperrung von Überflutungsgebieten die Überarbeitung der Methodik zur Jährlichkeitsermittlung. Zudem müssten Häuser, Brücken und Straßen sicherer gebaut werden, um extremen Hochwasserbelastungen standzuhalten.
Michael Hippe bei seinem eindrucksvollen Vortrag „Das Julihochwasser in Erftstadt und resultierender Handlungsbedarf“ | Foto: B_I/Valdix
Michael Hippe bei seinem eindrucksvollen Vortrag „Das Julihochwasser in Erftstadt und resultierender Handlungsbedarf“ | Foto: B_I/Valdix

Andreas Giga von der Emschergenossenschaft berichtete über die Zukunftsinitiative Klima.Werk, ein Zusammenschluss von 16 Kommunen entlang der Emscher, die gemeinsam an einer klimaresilienten Region mit internationaler Strahlkraft arbeiten. Ziel der Initiative ist eine nachhaltige, dezentrale Regenwasserbewirtschaftung. Hierfür sollen attraktive, multifunktionale grün-blaue Infrastrukturen gestaltet werden nach dem Vorbild der „Schwammstadt“ – mitmachen ausdrücklich erwünscht!

Dass eine fach- und städteübergreifende Zusammenarbeit im Bereich „nachhaltige Stadtentwicklung“ funktionieren kann, machte Andreas Giga, Emschergenossenschaft/Lippeverband, deutlich. | Foto: B_I/Valdix
Dass eine fach- und städteübergreifende Zusammenarbeit im Bereich „nachhaltige Stadtentwicklung“ funktionieren kann, machte Andreas Giga, Emschergenossenschaft/Lippeverband, deutlich. | Foto: B_I/Valdix

Digitalisierung und Recht

Ein weiteres aktuelles Thema war die Digitalisierung. Markus Dohmann von der Stadtentwässerung Backnang zeigte die Bedeutung der Sanierungsdokumentation im Kanalinformationssystem (KIS) auf. Was ist im Vorfeld zu überlegen? Welche Dokumente und Daten können/sollten eingegeben werden? Warum und inwiefern die Dokumentation für spätere Arbeiten wie Herstellung von Anschlüssen oder Kanalreinigung wichtig ist, darüber gab der Vortrag Aufschluss.

Über die „Bedeutung der Dokumentation von durchgeführten Sanierungen im Kanalinformationssystem für zukünftige Arbeiten an der Kanalisation“ referierte Markus Dohmann. | Foto: B_I/Valdix
Über die „Bedeutung der Dokumentation von durchgeführten Sanierungen im Kanalinformationssystem für zukünftige Arbeiten an der Kanalisation“ referierte Markus Dohmann. | Foto: B_I/Valdix

Auch das Thema BIM durfte nicht fehlen. Dessen Vorteile und Instrumente stellte Panos Doukas von den Berliner Wasserbetrieben vor. Als wichtigstes BIM-Dokument machte der Redner den sogenannten LOD(Level of Development)-Katalog aus, welcher den Gesamt-Fertigstellungsgrad des virtuellen Bauteilelements darstellt. Insgesamt bot der Vortrag einen guten Einblick in die BIM-Praxis mit sämtlichen Beteiligten wie BIM-Manager oder BIM-(Gesamt-)Koordinator.

Traditionell kamen auch wieder rechtliche Entwicklungen zur Sprache. Peter Kalte, GHV Gütestelle Honorar- und Vergaberecht e.V., nahm die Teilnehmer mit ins Reich der HOAI. Eine zentrale Änderung nach dem EuGH-Urteil (Juli 2019) seit 2021: Für die – freie – Vereinbarung des Honorars gilt die Textform aus § 126b BGB, d.h. es bedarf nunmehr keiner Schriftform. Die HOAI ist kein verbindliches Preisrahmenrecht mehr; Honorarvereinbarungen sind in jeder Höhe möglich. Kaltes Empfehlung an Vergabestellen: „Geben Sie Parameter der HOAI vor und lassen Sie sich Zu- und Abschläge auf das so ermittelte Honorar anbieten!“

Dem Thema „BIM in der Wasserwirtschaft“ widmete sich Panos Doukas. | Foto: B_I/Valdix
Dem Thema „BIM in der Wasserwirtschaft“ widmete sich Panos Doukas. | Foto: B_I/Valdix

Mit rechtlichen Grundlagen der Indirekteinleitung beschäftigte sich Rechtsanwalt Dr. Till Elgeti, bevor sich Rechtsanwalt Carsten Schmidt und später auch Andreas Haacker (Siebert + Knipschild) dem Vorliegen von Mängeln widmeten.

Projekt in Göttingen: Vorsicht, Bombe!

Ein spannendes Projekt beschrieben Bianca Burger und Ninette Guse von den Göttinger Entsorgungsbetrieben, zusammen mit Michael Nolte, Ingenieure Rinne & Partner mbH. Anfang 2021 wurden Blindgängerverdachtspunkte in Göttingen festgestellt, unter anderem auch unter dem Westsammler DN 1200, Baujahr 1969. Eine Risikobetrachtung sah im Worst-case-Szenario bei Sprengung der Bombe eine Teilzerstörung des Sammlers voraus. Darauf bereitete man sich vor. Neben der Evakuierung von 12.000 Menschen kam es auf die Verkehrssicherung, vor allem aber auch auf die umfangreiche Wasserhaltung an. Deren Planung für einen Zeitraum von mehreren Monaten sei sehr aufwendig gewesen, zumal auch der Rückstau im Kanalnetz zu berücksichtigen war. Nach der Bombensprengung und der tatsächlich eingetretenen Teilzerstörung des Westsammlers wurde dieser (teil)erneuert; abschließend waren nicht nur Straßenwiederherstellungen, sondern zusätzlich Leerrohrverlegungen und Kabelerneuerungen erforderlich.

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Am Ende der diesjährigen Göttinger Abwassertage blieb die Erkenntnis: Auch die zweite Online-Ausgabe war ein Erfolg. Dennoch hofft man im nächsten Jahr auf ein Wiedersehen mit persönlichem Austausch in Göttingen.


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