In neun Phasen zu einer grüneren Stadt
Grünere Städte wünschen sich viele. Doch wie lassen sie sich erfolgreich realisieren und welche Rolle spielt dabei cityarc, das Institut für Stadtnatur mit Sitz in Freiburg? Im Gespräch mit der B_I galabau verdeutlicht der Diplom-Biologe Kilian Lingen, Vorstand und Mitbegründer von cityarc, dass ganzheitliche Begrünungskonzepte vollumfängliche Beratungs- und Planungsleistungen erfordern.
Herr Lingen, wie ist es zur Gründung von cityarc gekommen? Welche Zielgruppen sprechen Sie damit an?
Unsere Zielgruppen sind recht breit gestreut, letztlich sprechen wir alle Zielgruppen an, welche Unterstützung in der Beratung oder Planung von Projekten mit Gebäudebegrünung suchen. Dabei versuchen wir kundenorientiert und projektspezifisch den Bedarf zu ermitteln und diesen möglichst zielgerichtet zu decken. Das reicht von konzeptionellen Studien über projektbegleitende oder koordinierende Funktionen hin zu vollumfänglichen Planungsleistungen nach HOAI als eigenständiger Fachplaner. Ob wir dabei für öffentliche oder private Auftraggeber arbeiten oder untergeordnet als Dienstleister für andere Landschafts- oder Architekturbüros, spielt für uns eine untergeordnete Rolle.
Umreißen Sie kurz Ihre Unternehmensphilosophie. Warum setzen Sie sich für klimasensibles Bauen ein?
Kilian Lingen: Wir verstehen uns als verbindendes Element zwischen Stadt und Natur, bebautem Raum und Pflanze, um einen Mehrwert für uns Menschen zu schaffen. Gemeinsam arbeiten wir über ein interdisziplinäres Expertenteam, welches zwischen den unterschiedlichen Planungsbeteiligten vermittelt und dabei den klaren Fokus auf die Themen rund um „blau-grüne Infrastruktur“ hält. Neben dem interdisziplinären Ansatz verfolgen wir die Kombination von Innovation – in Form von einem starken Bezug zur Forschung – und Erfahrung – in Form von einem starken Bezug zu realisierten Projekten. Auf diesem Weg streben wir nach innovativen und zugleich machbaren Lösungen jenseits dogmatischer Ideologien.
Als Ökologe habe ich mich im Zuge meines Studiums intensiv mit der Funktion und Bedeutung von Ökosystemen auseinandergesetzt. Im Gegensatz zu – nahezu – allen Tierarten gestaltet der Mensch seine Umwelt massiv um. Das kann entweder zu unserem Vor- oder Nachteil erfolgen. Mit dem Einsatz für klimasensibles Bauen arbeiten wir in Hinblick auf unsere zukünftigen Herausforderungen an Ersterem. Die Stadt ist Lebensraum von uns Menschen und für mich gibt es nichts Positiveres als an einer nachhaltigen Transformation hin zu lebenswerten, zukunftsfähigen und resilienten Städten zu arbeiten.
Worin liegen die Chancen von Stadtgrün?
Oft reichen die Bodenflächen nicht aus, um nachhaltige, klimaverbessernde und lebenswerte Neubauprojekte zu realisieren. Welche Lösung bietet hier cityarc?
Kilian Lingen: Wir arbeiten und denken mit allen Varianten von Gebäudebegrünungen, also Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünungen. Gerade bei einer Limitierung der zur Verfügung stehenden Bodenflächen bieten sich Fassaden- und Dachbegrünungen an. Mithilfe von intensiven Dachbegrünungen können zum Beispiel qualitativ sehr hochwertige Aufenthaltsflächen kreiert werden und somit letztlich die Qualität und der Wert einer Immobilie stark gesteigert werden, selbst wenn der umgebende Raum hochverdichtet ist.
Was sind die Vorteile der Kombination von Dach- und Fassadenbegrünung?
Kilian Lingen: Bei einer Kombination von Dach- und Fassadenbegrünungen können Synergieeffekte genutzt werden. So können zum Beispiel Flächen von intensiven Dachbegrünungen als einfache und kostengünstige Bodenstandorte für Kletterpflanzen genutzt werden, welche wiederum ungenutzte Fassadenflächen erschließen. Auch bezüglich des Regenwassermanagements können beispielsweise sogenannte Retentionsgründächer sinnvoll genutzt werden, um eine Wasserversorgung von Fassadenbegrünungen mit abzudecken.
Wie sieht das Leistungsspektrum von cityarc aus und welches Team steht zur Verfügung?
Kilian Lingen: Unser Leistungsspektrum erstreckt sich über Beratungsleistungen, die Erstellung von Konzept- und Machbarkeitsstudien, die eigenständige Fachplanung von Gebäudebegrünungen oder wassertechnischen Anlagen zur Bewässerung grüner Infrastruktur, die Begleitung und Optimierung von Planungen mittels Simulationsmodellen über digitale Zwillinge und die Zertifizierung nach dem GREENPASS System, was insbesondere eine Bewertung hinsichtlich der EU-Taxonomie ermöglicht.
Unser Team setzt sich aktuell aus 10 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen, welche aus dem Bereich der Architektur, der Landschaftsarchitektur, der Gestaltung, dem Garten-Landschaftsbau, der Seilklettertechnik und der Biologie kommen. Neben diesem Kernteam arbeiten wir eng mit externen Experten zum Beispiel aus dem Bereich der Statik oder dem Brandschutz zusammen.
Als Fachplanungsbüro bieten Sie neun Leistungsphasen auf dem Weg zu einer grüneren Stadt an. Was heißt das genau?
Kilian Lingen: Letztendlich sind die neun Leistungsphasen deckungsgleich zu den Leistungsphasen nach HOAI wie sie sich in der Architektur und der Landschaftsarchitektur in Deutschland etabliert haben. Somit bieten wir alle Phasen von der Grundlagenermittlung bis zur Objektbetreuung an. Darüber hinaus bieten wir auch die Überwachung von Pflege- und Wartungsleistungen von Gebäudebegrünungen an, um somit im Zuge des Unterhalts eine fachliche Absicherung zu ermöglichen.
Welche Zukunftsaufgaben sehen Sie für cityarc als Innovator und Wegweiser für ganzheitliche Begrünungskonzepte?
Kilian Lingen: Als eine unserer Zukunftsaufgaben im Planungsbereich sehen wir die selbstverständliche Integration von blau-grüner Infrastruktur in größeren Maßstäben wie der Quartiers- und Stadtentwicklung. In diesem Zuge werden zum Beispiel Themen wie „Smart City“ stärker in den Fokus rücken.
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Eine weitere Zukunftsaufgabe im Forschungsbereich werden Entwicklungen von Pflege- und Wartungsextensiven Systemen, Automatisierung und Digitalisierung, sowie Ansätze der Circular Economy für blau-grüne Infrastruktur sein.
Vielen Dank, Herr Lingen, für das Gespräch.
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