5 Meinungen
Was sind die größten Probleme der Bauwirtschaft? Welche Erwartungen haben Sie an eine neue Bundesregierung? Und wie sehen Sie Ihr Unternehmen für die nahe Zukunft aufgestellt? Wir sprachen mit fünf Führungskräften der Branche.
Wo sehen Sie aktuell die größten Probleme für die Bauwirtschaft (und die Baustoffindustrie)?
Benedikt Stentrup, Geschäftsführer Sanierungstechnik Dommel GmbH:
Darin, dass die öffentliche Hand es nicht schafft, die PS auf die Straße zu bringen: Unsere Infrastruktur und unsere öffentlichen Gebäude sind in desolatem Zustand und trotzdem sind nicht genügend Ausschreibungen am Markt, um die Bauwirtschaft auszulasten. Auch beim Wohnungsbau geht nichts voran: Keine der letzten Bundesregierungen hat ihre Ziele zum Schaffen von Wohnraum erreicht. So wird es für die Bauwirtschaft schwer, kontinuierlich und zu fairen Preisen Arbeit zu finden.
Volker Neubert, Technischer Geschäftsführer Aarsleff Rohrsanierung GmbH:
Wie in vielen anderen Bereichen auch, bremsen hohe Materialkosten, Instabilität in der Lieferkette, steigende Kreditzinsen und anhaltender Fachkräftemangel das dringend nötige Wachstum in der Bauwirtschaft. Hinzu kommen konjunkturelle Unsicherheiten und immer mehr gesetzliche Vorschriften, die dazu führen, dass Projekte gekürzt, verschoben oder gar nicht erst ausgeschrieben werden. Die Folge dieses Investitionsstaus ist ein weiterer Verfall unserer Infrastruktur – sowohl ober- als auch unterirdisch.
Jörg Brunecker, Geschäftsführer Swietelsky-Faber GmbH:
Die größten Herausforderungen sehe ich im Fachkräftemangel, dem Anstieg der Betriebs- und Materialkosten, der Inflation, den fehlenden bauseitigen Anforderungen zum klimaresilienteren Bauen und nachhaltige Materialien bereitzustellen, der kaum geförderten Energieeffizienzsteigerung und der Rezyklierbarkeit von Baustoffen und last not least dem enormen Planungsstau. Diese Herausforderungen fordern allen Beteiligten eine besondere Innovationsbereitschaft ab.
Stefan Jensen, Geschäftsführer Rohrsanierung Jensen GmbH & Co. KG:
Die bürokratischen Vorgaben der EU, des Bundes, der Länder und nicht zuletzt der einzelnen Auftraggeber und die sich dadurch ergebende mangelnde Bereitschaft der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, schnell und einfach zu entscheiden. Außerdem das fehlende Fachpersonal und der zu Unrecht schlechte Ruf der Bauwirtschaft, ein uninteressanter Arbeitgeber für junge Menschen zu sein.
Nicky Oliver Giebenhain, Leiter Unternehmenskommunikation, Diringer & Scheidel Unternehmensgruppe:
Eines der größten Probleme ist nach wie vor, dass die Baukosten in den vergangenen Jahren aus den unterschiedlichsten Gründen deutlich gestiegen sind. Gleichzeitig ist die Branche starken Regulierungen unterworfen, was viele Bauvorhaben weiter verteuert. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Profitabilität der einzelnen Projekte und letztlich auch auf die Nachfrage.
Welche Erwartungen haben Sie an eine neue Bundesregierung?
Benedikt Stentrup:
Dass sie das Instandhalten und Bauen als Konjunkturprogramm und Beitrag zur Bürgerzufriedenheit begreift. Die Wertschöpfung beim Sanieren und Bauen entsteht und bleibt in Deutschland – anders als bei manchem Unternehmen der Automobilindustrie. Die anfallenden Gewerbesteuern würden den klammen Kommunen helfen und auch Nachhaltigkeitsziele können dabei weiterverfolgt werden: Mit nachhaltigen, grabenlosen Bauverfahren oder modernen Baustoffen wäre da mehr möglich als heute. Dazu müssten aber verkrustete Strukturen bei Normung und Vergabepraxis durchbrochen werden. Ich hoffe, dass da mal jemand über eine Legislaturperiode hinausdenkt.
Volker Neubert:
Dass den vielen Programmen und Ankündigungen endlich auch die Umsetzung folgt, die es auch dem Mittelstand oder ganz konkret uns als Unternehmen ermöglichen, im Einklang mit den Klimazielen zu wachsen und langfristig sichere Arbeitsplätze bieten zu können. Oder wie wir auf dem Bau einfach sagen: „Machen, machen, machen!“.
Jörg Brunecker:
Um die Probleme der Bauwirtschaft in den Griff zu bekommen, wurde schon der „alten“ Bundesregierung bereits mehrere Maßnahmenkataloge vom Bauindustrieverband auf den Tisch gelegt. Kurz gesagt sollte demnach zur Fachkräftesicherung verstärkt in die Aus- und Weiterbildung über Ausbildungsprogramme, Umschulungen und dem Ausbau von Weiterbildungsangeboten investiert werden. Darüber hinaus sollte dem Fachkräftemangel über eine gezielt geförderte Arbeitskräftezuwanderung und der Anerkennung von Qualifikationen entgegengewirkt werden.
Schnellere Genehmigungsverfahren würden dem Planungsstau entgegenwirken. Hierfür existieren bereits digitale Lösungen, die intensiver gefördert werden können. Das noch viel zu selten verwendete Building Information Modeling (BIM) wäre eine logische Konsequenz zur Effizienzsteigerung in der Bauwirtschaft. Zudem wäre die Verschlankung von Vorschriften dienlich. Insbesondere kleinere Bauvorhaben könnten durch vereinfachte Genehmigungsprozesse und flexiblere Vorschriften schneller umgesetzt werden.
Ferner könnte man die Entwicklung neuer, nachhaltiger Baustoffe sowie innovativer Technologien zur Optimierung der Energieeffizienz durch Förderprogramme und steuerliche Anreize unterstützen. Die Zulassungsverfahren neuer Baustoffe wären zu beschleunigen, um Innovationen schneller auf den Markt zu bringen. Auch wären Förderprogramme und Steuererleichterungen für Unternehmen, die in derartige Lösungen investieren, hierfür hilfreich.
Es liegen auch Forderungen auf dem Tisch, noch intensiver in den Werterhalt unserer maroden unterirdischen Infrastruktur zu investieren, um somit auch unsere Bauwirtschaft langfristig zukunftsfähig zu machen. Egal ob neue oder alte Regierung, der Handlungsbedarf bleibt der gleiche.
Stefan Jensen:
Meine Erwartung ist, dass die neue Bundesregierung die Bürokratie abbaut und die Verwaltung verschlankt und damit Entscheidungswege verkürzt. Für die Unternehmen muss es wieder einfacher werden, dann kann unser Land auch wieder zuversichtlich nach vorne schauen.
Nicky Oliver Giebenhain:
Wie viele Unternehmen in der Branche wünschen auch wir uns flächendeckend schnellere Genehmigungsverfahren, die nicht nur durch einen erhöhten Digitalisierungsgrad, sondern auch durch die Vereinheitlichung von Vorschriften gelingen könnte. Um eine langfristige Planungs- und Investitionssicherheit zu haben, ist aber vor allem eine verlässliche Politik gefragt.
Wie blicken Sie für die kommenden fünf Jahre auf die Zukunft ihres Unternehmens?
Benedikt Stentrup:
Wir haben ein tolles Team an Bord und unsere Hausaufgaben in Sachen Organisation, Digitalisierung und Strategie gemacht. Damit sind wir auch für konjunkturell schwierige Zeiten gut aufgestellt. Wir werden einfach weiter „unser Ding machen“, dann werden sich Spaß an der Arbeit und wirtschaftlicher Erfolg von alleine ergeben.
Volker Neubert:
Wir konzentrieren uns strategisch und operativ auf die Dinge, die wir beeinflussen können. Das heißt, wir hören in aller erster Linie auf die Kundenwünsche, investieren in die Aus- und Weiterbildung, haben Abteilungen für Nachhaltigkeit und Digitalisierung etabliert und stehen hier im Austausch mit der dänischen Mutter sowie den europäischen Tochtergesellschaften. Darüber hinaus sind wir aktiv in die Forschung und Entwicklung neuer Materialien und Werkstoffe involviert, genauso wie in die Modifizierung unseres breiten Produktportfolios. Derzeit treiben wir die Regionalisierung voran und schaffen so für unsere gewerblichen Mitarbeiter attraktivere Arbeitsplätze und reduzieren die Umweltbelastung durch deutliche Einsparung von Fahrwegen. Alles Bausteine, die uns – trotz schwieriger äußerer Bedingungen – optimistisch in die Zukunft schauen lassen.
Jörg Brunecker:
Dankenswerterweise ist die Investitionsbereitschaft unserer Bauherren ungebrochen gut. Dennoch steht auch unser Unternehmen in den kommenden fünf Jahren vor erheblichen Chancen und Herausforderungen. Um unseren bisherigen Erfolg und unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, werden die Geschäftspläne und Strukturen permanent auf aktuelle Markttrends angepasst.
Stefan Jensen:
Ich blicke mit Zuversicht und gespannt auf die nächsten fünf Jahre. Wir sind ein junges Team, das bereit ist die Herausforderungen dieser wechselhaften Zeit anzunehmen.
Nicky Oliver Giebenhain:
Durch die hohe Diversifizierung unseres Unternehmens sehen wir uns für die Zukunft gut gerüstet. Doch natürlich müssen wir weiterhin den aktuellen Herausforderungen aktiv begegnen und zum Beispiel die Digitalisierung der einzelnen Unternehmensbereiche weiter vorantreiben oder dem Fachkräftemangel durch die Ausbildung in verschiedensten Berufsbildern entgegenwirken.
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