Qualität auch unter politischem Druck
Einen festen Fokus auf Bauqualität trotz ehrgeiziger politischer Zielvorgaben richtete die diesjährige Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Leitungstiefbau (GLT) am 12. April in Münster.
Es gibt mehr als nur eine Zukunftsaufgabe
Neben allen baulichen To-Dos rund um die Energie- und Wärmewende ist eine zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft ein wichtiger Entwicklungsauftrag, der wesentlich auf einem flächendeckenden Ausbau eines performanten Gigabitnetzes fußt. Auch hier stehen die im Leitungstiefbau agierenden Unternehmen in der baulichen Pflicht und werden vonseiten der GLT durch deren Mitarbeit bei der Erstellung von Normen für die Umsetzung der Qualität in diesem Bereich unterstützt. „Bei allen über Jahrzehnte gewachsenen Gas-, Wasser-, Fernwärme- und auch Energienetzen bildete stets ein forcierter Qualitätsgedanke die Schnittmenge einer erfolgreichen, weil generationengerechten Bauausführung. Dies darf nun im Zuge der Energiewende und der Digitalisierung nicht in Frage gestellt werden“, forderte Fiedler deutlich. Denn im politischen Berlin würden nun Forderungen nach neuen Energie- und Breitbandnetzen, die innerhalb von fünf bis zehn Jahren über ganz Deutschland gelegt werden müssten, lautstark artikuliert. „Das ist eine Zeitspanne, die nicht nur sämtliche Tiefbaukapazitäten hierzulande binden wird. Auch die von uns allen gewünschte Qualität wird unter diesen Hochgeschwindigkeitsvorgaben leiden. Daher ist es mein Wunsch, unsere Mitgliedsunternehmen auch für neue Geschäftsmodelle zu sensibilisieren. Denn diese bedeuten neue Auftraggeber, die wir hoffentlich von unserem Wunsch nach Qualität und Nachhaltigkeit überzeugen können.“
Blick auf aktuelle Zahlen
Auch einen Einblick auf die aktuelle Ausschreibungs- und Tätigkeitspraxis präsentierte Weber-Hunke dem Auditorium in Münster: 57 % der Ausschreibungen im Kabelleitungstiefbau würden auf überregionale Energieversorger entfallen. „Interessant ist auch, dass nur 27 % der befragten Unternehmen eine Steigerung ihrer Aktivitäten im Breitbandausbau planen, während 73 % das aufgrund der allseits bekannten Pain-Points nicht mehr vorhaben“, lauteten weitere Insights aus der aktuellen Befragung. Grund dafür seien sicher die Haftungsrisiken, die in den Jahren 2022 und 2023 noch zum Thema untiefe Legearten vorhanden gewesen seien. Das Thema „Elektro-Ladeinfrastruktur“ – so ein weiteres Ergebnis – ist klar der Gewinner bei den Baufeldern, in die die Mitglieder vermehrt investieren. Die Planungen für die Elektro-Infrastruktur kann derzeit als ansteigend, die Leitungslegung als grundsätzlich gleichbleibend beziffert werden. Die Unternehmen bieten Komplettpakete an, bis hin zum Aufstellen der Ladesäulen.
„Eine der für uns wichtigsten Fragestellungen im Kontext der Umfrage ist immer wieder die nach dem Einfluss der Eigenüberwachung gemäß RAL-GZ 962 auf die Qualität der Bauausführung. Hier geben immer noch 58 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sich die Qualität verbessert habe“, schloss Weber-Hunke ihre Präsentation der Ergebnisse.
Große Ziele umgesetzt
Mit der neuen App werde es nun möglich sein, sowohl die Checklisten der Gütegemeinschaft – diese wurden von 15 auf 8 Listen optimiert – als auch kundenspezifische Checklisten zu generieren. „Ihre individuellen Checklisten stehen ausschließlich den Organisationseinheiten in Ihrem Unternehmen zur Verfügung. Die Listen der Gütegemeinschaft sind standardisiert und können in der von Ihnen benötigten Form abgerufen werden“, so Jelinski. Zudem könnten die jeweiligen Bauvorhaben eines Unternehmens genauso in der Applikation abgebildet werden wie die vor Ort im Zuge einer Baumaßnahme agierenden Teams. Nachdem alle Checklisten ausgefüllt wurden, könne das Bauvorhaben geschlossen und eine PDF mit allen Checklisten an ein vordefiniertes Team versendet werden. Alle in der digitalen Applikation angelegten Dokumente könnten dann für eine lückenlose Dokumentation des gesamten Bauvorhabens sowohl intern als auch für den Auftraggeber genutzt werden.
Und mit Blick auf eine gezielte Verbesserung des Know-hows und Wissenshorizontes der im Leitungstiefbau tätigen Unternehmen verwies Jelinski ebenfalls auf die von der Gütegemeinschaft angebotenen Schulungen – so zum Beispiel zum Thema Ersatzbaustoffverordnung oder zu aktuellen juristischen Fragestellungen. „Wir stellen für viele relevante Branchenthemen ein herausragendes Schulungsangebot zur Verfügung. Nutzt diese Angebote, damit wir alle gemeinsam qualitätsorientiert erfolgreich weiter bauen können!“
Fachkräftebegeisterung an der tiefsten Wurzel
Das Buch liegt zwischenzeitlich auch als animierter YouTube-Clip vor, der seine erste öffentliche Vorführung sodann vor einem begeisterten Premierenpublikum in Münster erleben durfte. „Unsere Mitgliedsunternehmen können das Video kostenfrei bei uns abrufen und für ihre Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation nutzen“, wies Krüger auf den besonderen Service der Gütegemeinschaft hin. „Wir hoffen alle sehr, Sie haben genauso viel Freude beim Schauen, Lesen, Vorlesen und Verschenken wie wir beim Erstellen!“
Weitere digitale Benefits
Mit dem Kabelzugberechnungsprogramm und dem GLT-Webshop kam Krüger noch auf zwei weitere GLT-Serviceangebote zu sprechen. „Unser Kabelzugberechnungsprogramm, das wir Ihnen vor zwei Jahren erstmals in Stuttgart vorgestellt haben, umfasst mittlerweile über 300 Kabeltypen, und es werden von Update zu Update mehr.“ Und seit Jahresbeginn sei auch der GLT-Webshop online, über den nun Broschüren, Fachbücher, natürlich auch das Pixi-Buch, gekauft, aber auch Seminare gebucht werden könnten. „Ein solcher Webshop ist nicht nur zeitgemäß, sondern schafft auch einen enormen Effizienzgewinn“, so Krüger.
Für Qualität beim Breitbandausbau
„Ein absoluter Leuchtturm unserer Branche war im Jahr 2023 der erfolgreiche Abschluss der DIN 18220 „Trench-, Fräs- und Pflugverfahren zur Legung von Leerrohrinfrastrukturen und Glasfaserkabeln für Telekommunikationsnetze“, uns allen besser bekannt als die DIN Trenching“, umriss Matthias Fiedler nochmals ein wichtiges Projekt. „Aber so hart wir auch in der Sache über mehr als drei Jahre gerade mit Vertretern aus der Telekommunikationsbranche gerungen haben, umso enttäuschender ist es, dass diese Norm noch nicht so auf dem Markt angekommen ist, wie wir alle uns das wünschen würden.“ Mit einem eindringlichen Appell wandte sich Fiedler an die anwesenden Vertreter der Mitgliedsunternehmen, sich intensiv mit den einzelnen Kapiteln aus der Norm auseinanderzusetzen. „Wenn Sie die hier beschriebenen Schritte einhalten, ist das ein deutlicher Schritt in Richtung Qualität – sowohl für die Leitungslegung als auch für eine fachgerechte Wiederherstellung der Straßenoberflächen“, so Fiedler. Und wenn auch diese Norm ihren Weg auf den Markt noch nicht vollständig gefunden habe, so habe doch die gemeinsame Ausarbeitung und das intensive Ringen um viele Details dazu geführt, mehr Verständnis für die verschiedenen Anliegen und Rollen der im Markt agierenden Akteure zu entwickeln, darunter nebst Leitungstiefbauern auch Breitbandversorger und kommunale Vertreter. „Eine besonders erfreuliche Entwicklung sehen wir aber darin, dass die Expertise des Leitungsbaus seit unserem intensiven Engagement rund um die inhaltliche Ausgestaltung der DIN Trenching im Bundesministerium für Digitales und Verkehr noch gefragter ist. Wenn es um die Erarbeitung von Handreichungen zu diesem Thema geht, wie etwa der zum Jahresbeginn publizierte Leitfaden ‚Glasfasernetze – Qualität von Bauunternehmen beim Gigabitausbau‘, sitzen der Rohrleitungsbauverband und die GLT gemeinsam mit am Tisch und werden gehört“, führte Fiedler aus.
Aktuelles aus dem Güteausschuss
Im aktuellen Berichtszeitraum ist der Güteausschuss zu vier hybriden Sitzungen zusammengekommen. Es wurden 111 Kontrollprüfungen und 7 Erstprüfungen durchgeführt. Von den insgesamt 232 geprüften Unternehmen mit aktuellem Gütezeichen verfügen 213 Unternehmen über das RAL-GZ 962/2 und 19 Unternehmen über das RAL-GZ 962/1. „Viele der durchgeführten Erstprüfungen waren erfolgreich im letzten Jahr, einige mussten nachgebessert werden, was neben fachlichen Neuerungen, Normen und Gesetzen für intensive Diskussionen in unserem Gremium sorgte“, gab GLT-Geschäftsführerin Susanne Hake, seit der letzten Mitgliedsversammlung auch Obmann des Güteausschusses, einen Überblick über die Arbeit des Gremiums. Ganz aktuell diskutiere man in dem Ausschuss, inwieweit durch die DIN Trenching auch die Arbeit des Güteausschusses beeinflussen werde. „Wir sind gerade damit beschäftigt, im Kreise einer kleinen Gruppe des Güteausschusses jeweils eine Prüfung für Planer und Bauausführende nach den Vorgaben der DIN 18220 zu erarbeiten, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit unserem Gütezeichen steht. Dies wird also eine separate Prüfung sein, die wir Ihnen nach erfolgreichem Abschluss der Arbeit vorstellen werden“, beschrieb Hake ein weiteres Engagement in Teilen des Gremiums. Weitere Betätigungsfelder seien die ATVs DIN 18328 „Aufbruch- und Rückbauarbeiten von Verkehrsflächen“ und DIN 18322 „Kabelleitungstiefbauarbeiten“ gewesen. Hier habe man Erläuterungen und Änderungen innerhalb der Normen für die Mitgliedsunternehmen zusammengefasst. „Diese Arbeit haben wir auch zum Anlass genommen, aus den Ihnen allen bekannten 15 Checklisten – Karl Jelinski hat dies bereits ausgeführt – 8 Checklisten für die Weiterverarbeitung in der App zu extrahieren. Das war eine großartige Zusammenarbeit im Güteausschuss, für die ich mich sehr herzlich bei allen Mitgliedern des Ausschusses bedanken möchte“, lobte Hake das außerordentliche Engagement des Güteausschusses, in dessen Reihen Tarik Peter Flessa, Deutsche Telekom, in Münster als außerordentliches Mitglied aufgenommen wurde.
Ein herzliches Dankeschön
Qualitätsmaßnahmen beim Glasfaserausbau der Deutschen Telekom
Beim Vortrag von Markus Beckmann und Tarik Peter Flessa, beide Deutsche Telekom, entbrannte eine kontroverse Diskussion unter den im Saal anwesenden GLT-Mitgliedsunternehmen. Denn laut aktueller Umfrage Kabelleitungstiefbau sind nur noch 14 Prozent der befragten Unternehmen dazu bereit, für die Telekom zu arbeiten. Preisdumping und die Missachtung eines qualitätsfokussierten Bauens zählen zu den Gründen, die vielfach angegeben werden. Ein deutlicher Vorwurf in Richtung der Referenten lautete deshalb, dass die Deutsche Telekom zwar auf die Präqualifikation der bauausführenden Unternehmen achte bzw. das Gütezeichen RAL-GZ 962 anerkenne, nicht aber auf das Qualifikationsniveau der Subunternehmen schaue. Dies sei kein marktkonformes Handeln, denn die Realität auf der Baustelle biete mit dem Einsatz von „Billigunternehmen“ ein ganz anderes Bild. Mit deutlicher Kritik am Einkaufsgebahren des Telekommunikationsriesen wurde der Vorwurf formuliert, dass keine qualitätskonforme Beschaffung geleistet würde. „Der Einkauf müsste präqualifiziert werden“, war folgerichtig eine Forderung aus den Reihen des Auditoriums in Münster. „Wir müssen günstig und effizient bauen, aber nicht in unterwertiger Qualität“, vertrat Fiedler die Position der Gütegemeinschaft. Qualität sei vielleicht zunächst teurer, zahle sich aber langfristig aus. Und versöhnlich fügte er hinzu: „Jahrelang wurde bei diesen Infrastrukturen nur auf den Business-Case geschaut. Mittlerweile beobachten wir aber vielerorts auch eine Trendwende, weil Netze, die nicht nach Qualitätskriterien gelegt wurden, schon nach kurzer Zeit nicht mehr funktionieren“, so Fiedler.
„Wir befinden uns im Spannungsfeld zwischen politischem Willen, der erfolgreichen Umsetzung großer Projekte und der von unserer Gütegemeinschaft schon seit über 37 Jahren gelebten und gebauten Qualität im Kabelleitungstiefbau. Dieser Verantwortung werden wir uns auch weiterhin mit Begeisterung und intensivem Engagement stellen“, schloss Fiedler die Versammlung in Münster und verwies gleichzeitig auf die weiterhin anstehenden Themen und das für das Jahr 2025 geplante nächste Zusammentreffen der Versammlung in der Bundeshauptstadt.
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Quelle: GLT
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