„Gleiches Recht für alle“

„Bei Aufträgen der öffentlichen Hand muss gleiches Recht für alle gelten“ – mit dieser Forderung gibt der Vorstand des Rohrleitungssanierungsverbandes (RSV) ein klares Bekenntnis zu Tariftreueregelungen ab, auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Gleichzeitig sieht der Verband Handlungsbedarf bei Ausschreibungen, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden.

Sozialkassen-Nachteil bei Ausschreibungen: RSV fordert „gleiches Recht für alle“
Sozialkassen-Nachteil bei Ausschreibungen: RSV fordert „gleiches Recht für alle“ | Foto: Pixabay

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Faire Bezahlung und gute Sozialleistungen – das sollte in unserer Branche selbstverständlich sein. Dafür sorgt allein schon der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt. Vergabegesetze der Länder regeln den Rest: Den Zuschlag für öffentliche Aufträge gibt es beispielsweise oft nur mit Nachweis zur Tariftreue. Es ist also alles bestens geregelt, oder? Nicht ganz.

Tarifzugehörigkeit ist zuweilen „Zünglein an der Waage“

Denn in unserer Branche gibt es immer wieder den Fall, dass Firmen in öffentlichen Vergabeverfahren die Nase vorn haben, die sowohl in der Sanierung als auch in der Rohrreinigung arbeiten. Fallen sie zum Beispiel unter den Tarifvertrag des Gebäudereiniger-Handwerks, können Bieter günstiger kalkulieren – nicht nur wegen der geringeren Löhne, sondern wegen der Pflicht der Firmen, die im Bautarif arbeiten, zur Teilnahme am Sozialkassen-Verfahren.

Das ist nicht selten das „Zünglein an der Waage“ für den Zuschlag. Schließlich gilt in Deutschland immer noch die Devise: Das wirtschaftlichste Angebot gewinnt.

In den alten Bundesländern und in Berlin beträgt der Beitrag zu Soka-Bau 20,8 % bzw. 25,75 % vom Bruttoarbeitslohn. Dafür sichert die Sozialkasse angesammelte Urlaubsansprüche, fördert die Berufsbildung und organisiert überbetriebliche Altersvorsorge. Ob Firmen in der Kanalsanierung von der Pflicht zur Zahlung betroffen sind, hängt von zahlreichen Faktoren ab.

„Alle reden von Nachhaltigkeit. Dabei umfasst der Begriff nicht nur die CO2-Bilanz, sondern auch die soziale Absicherung und der Schutz der Ressource Mitarbeiter.“

- Benedikt Stentrup, RSV-Vorstandsmitglied

Vorschlag: Nachteilsausgleich für Sozialkassen-Beiträge

Benedikt Stentrup, Mitglied des RSV-Vorstands: „Bei einigen öffentlichen Auftragsvergaben wird der Bautarifvertrag als Standard verlangt; dann sollten Auftraggeber auf die entsprechenden Nachweise achten. Alternativ könnten Vergabestellen einen Ausgleich berechnen, wenn Bieter nicht dem Bautarif zuzuordnen sind – das entspräche dem Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit, die in den Ausschreibungsregeln zu finden ist.“ Die Auftraggeber an Sozialkassen-Leistungen zu beteiligen, ist in anderen Branchen durchaus üblich – beispielsweise bei der Beauftragung von Künstlern und Publizisten über die Künstlersozialabgabe. „Eine solche Beteiligung wäre auch in unserer Branche nur rechtens, denn Auftraggeber profitieren von günstigeren Angeboten.“

Zuschlag nur mit Prüfung der Tariftreueerklärung

Der RSV schlägt Netzbetreibern und beratenden Ingenieurbüros vor, ein genaues Auge auf die Anforderungen der Tariftreueerklärung in den Ausschreibungsunterlagen zu werfen und vor dem Zuschlag eindeutige Nachweise zu fordern. Dies gilt auch dann, wenn es in einem Bundesland keine gesetzliche Regelung zur Tariftreue gibt. Dann müssen Bieter in öffentlichen Vergabeverfahren an den Präqualifizierungsverfahren ihrer Branche teilnehmen. Entsprechende Textbausteine für Ausschreibungen gibt es beim Güteschutz Kanalbau.

Die Soka-Bau weist darauf hin: Bisher kann nur in zwei Bundesländern durch Soka-Bescheinigungen die generelle Tariftreue dokumentiert werden. Eine bundesweite Übernahme ist aktuell nicht vorgesehen. Deshalb wird folgendes empfohlen:

Unternehmen können die Tariftreue durch Teilnahme an einem Präqualifizierungsverfahren nachweisen. Dies geht zum Beispiel über den Eintrag des Unternehmens in der Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen (PQ-Bau) oder in das Amtliche Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen (AVPQ).

Welche Tätigkeiten fallen unter die Soka-Bau-Pflicht?

Was viele Auftraggeber und Bieter nicht wissen: Nicht nur klassische Bautätigkeiten, in denen Erde bewegt wird, sind ein Fall für die Soka-Bau-Pflicht. In der Kanalsanierung betrifft das Arbeiten wie Kamerabefahrungen, Sanierung mit Schlauchlinern oder Molchen.

Rohrreinigung oder Sanierung? Die Stunden zählen

Die Teilnahmepflicht an den Sozialkassenverfahren besteht, sobald ein Betrieb in mehr als 50 Prozent der Gesamtjahresarbeitszeit überwiegend bauliche Leistungen erbringt. Gewinne und Umsätze spielen keine Rolle, auch nicht die Frage, ob es sich um ein Bauneben- oder Bauhauptgewerbe handelt. Wer seine Bautätigkeiten in eigenständige Abteilungen oder betriebsfremd auslagert, kann ebenfalls beitragspflichtig sein. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung, die aussagt, ob eine solche Pflicht besteht oder nicht, gibt es bei Soka-Bau.

Das LAG Hessen hat in einer Entscheidung einen Betrieb, der Kanalsanierungen mit Kurzlinern durchführt, den Rohrleitungsarbeiten im Sinne des Verfahrenstarifvertrages-Bau (VTV) zugerechnet (LAG Hessen, 26.05.2008 Az. 16 Sa 1486/07). Werden Kanalrohre mit Hilfe von Robotern auf Schäden untersucht, gereinigt sowie Abflusshindernisse durch Fräsen und kleinere Schäden durch Verspachteln beseitigt, so handelt es sich um bauliche Leistungen (LAG Hessen vom 13.01.2003, Az. 16 Sa 142/02).

Selbst-Test ist für Firmen

Ist meine Firma von der Pflicht betroffen? Ein Selbst-Test von Soka-Bau, der auf der Website angeboten wird, kann möglicherweise bereits Klarheit für Unternehmen bringen. „Er ist anonym, kostenfrei und in seiner Aussagekraft rechtlich unverbindlich“, erklärt Jan Martin Horn, Syndikusrechtsanwalt bei Soka-Bau.

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Neben der freiwilligen Kontaktaufnahme seitens der Unternehmen wird die Sozialkasse auch selbst aktiv und nimmt Einstufungen vor, zum Beispiel sobald eine Firma einen Eintrag in die Handwerksrolle vornimmt. Soka-Bau reagiert auch, wenn Baubetriebe „in begründeten Verdachtsfällen“ über die Soka-Bau-Website Hinweise auf Wettbewerber liefern. Wird festgestellt, dass eine Pflicht längst besteht, erfolgt eine rückwirkende Erfassung des Betriebes bis zu maximal drei Jahren.

RSV-Empfehlung: Das sollten Netzbetreiber tun

  • Rechtslage checken: Welche Vorgaben macht mein Bundesland im Vergabe- und Tariftreuegesetz? Hier sind oftmals eindeutige Vorgaben für Bieterwettbewerbe zu finden.
  • Ausschreibung eindeutig formulieren: In den Unterlagen zum Nachweis der Bietereignung sollte die Anforderung eines Nachweises enthalten sein.
  • Textbausteine nutzen: Eine hilfreiche Vorlage bietet der Güteschutz Kanalbau an.
  • Ausgleich regeln: Bei Nicht-Teilnahme an Sozialkassenverfahren sind entsprechende Aufschläge einzubeziehen.
  • Angebotsunterlagen prüfen: Die Tariftreueerklärung muss je nach landesweiter Anforderung einen Nachweis der Sozialkasse enthalten, ob das Unternehmen seiner Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge in der zuständigen tariflichen Sozialkasse ordnungsgemäß nachkommt. Ist das Unternehmen befreit, muss dies durch die Sozialkasse geprüft sein. Je nach Gesetzgebung ist ein Ausschluss des Bestbieters möglich.

Quelle: RSV


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