Großprofilsanierung durchs Nadelöhr
Der enge Zeitrahmen und die aufgrund der außergewöhnlichen Randbedingungen hohe Komplexität des Gesamtprojektes machten die Sanierung eines tief liegenden Mauerwerkskanales im Schlauchliningverfahren zu einer herausfordernden Maßnahme.


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In Lübeck soll an der Ratzeburger Allee ein neuer Radschnellweg gebaut werden. Im Vorwege wurden die Kanäle im Bereich der geplanten Maßnahme inspiziert und zunächst wurden dabei keine gravierenden Auffälligkeiten festgestellt.
Ein Loch im Untergrund

Bei den Baugrunduntersuchungen unter dem geplanten Radweg stieß man im Februar 2024 jedoch im Randbereich der Fahrbahn der vierspurigen Hauptverkehrsstraße direkt unter dem Straßenkörper auf einen Hohlraum. Bei der Suche nach der Ursache für dieses brisante Loch im Untergrund mit einem Volumen von rund fünf Kubikmetern, entdeckte man im Sohlbereich des Mischwasserkanals in der Ratzeburger Allee Fehlstellen, die aufgrund von Restwasser bei der Erstinspektion übersehen wurden und durch die sukzessive der sandige Boden in das rund 115 Jahre alte gemauerte Eiprofil eingetragen wurde.
Durch defekte Kanäle verursachte Straßeneinbrüche sind in Lübeck ein latentes Problem. Martin Greggersen, Sachgebietsleiter Kanalinstandhaltung bei den Entsorgungsbetrieben Lübeck, spricht von rund 30 Risiko- und Schadensfällen pro Jahr. Aufgrund der systematischen Sanierungsarbeiten am Lübecker Kanalnetz verlagern sich die Probleme signifikant von den Hauptkanälen weg zu den in der Sanierungspriorität folgenden Anschlusskanälen.

Das nun in der Ratzeburger Allee festgestellte Schadensbild ergab einen erhöhten Sanierungsbedarf, der durch den fest terminierten Neubau des Radweges unter erheblichen Zeitdruck geriet. „Dadurch standen wir plötzlich vor der Herausforderung, diese Sanierungsmaßnahme in Rekordzeit von 8 Monaten zu planen und umzusetzen“, so Martin Greggersen.
Das Eiprofil der Dimension 1130/1700 war auf eine Länge von 620 Metern zu sanieren, hinzu kamen im Verlauf der Sanierungsstrecke 30 Meter Eiprofil aus Beton der Dimension 1200/1800. Hier war zu einem früheren Zeitpunkt bereits der alte Mauerwerkskanal durch Betonrohre ersetzt worden.

Erschwerte Randbedingungen
Vor diesem Hintergrund schied Einzelrohrlining mit GFK-Fertigteilen als Sanierungsverfahren aus. Zur Sanierung von Großprofilen mit einem Schlauchliner, dessen Ersatzkreis größer als DN 1300 ist, ist es normalerweise ebenfalls erforderlich Installationsbaugruben mit einer Größe von 2,0m Breite auf 3,0m Länge herzustellen, um Liner und die Packer installieren zu können. Um auf diese Baugruben zu verzichten, galt es, eine alternative Einbaumethode zu entwickeln. Mit dieser Aufgabe wandte sich Martin Greggersen an den Rahmenvertragspartner der Entsorgungsbetriebe Lübeck für Schlauchlining, die Firma Rohrsanierung Jensen aus dem schleswig-holsteinischen Brügge.
Clevere Lösung gefragt

Die Technikabteilung der Rohrsanierung Jensen hatte schon länger Lösungen für genau solche besonderen Herausforderungen erarbeitet und bestellte einen Liner DN 1500, um entsprechende Verfahrensverbesserungen zu testen und hatte damit Erfolg.
Die für die Baumaßnahme gelieferten UV-härtenden Schlauchliner mit einer Wandstärke von 12,8 Millimetern wurden zunächst per Spezialtransport mit Überbreite für die notwendigen Vorbereitungsarbeiten an den Linerenden zur Betriebsstätte von Rohrsanierung Jensen nach Brügge geliefert, um dort die Linerköpfe entsprechend der Entwicklungsergebnisse herzustellen. Von dort erfolgte der Weitertransport auf die Baustelle nach Lübeck. „Die Kosten für den Transport eines Liners lagen bei rund 10.000 Euro“, so Andreas Josef, Technischer Leiter bei Rohrsanierung Jensen. Für den Weg vom Hersteller bis auf die Baustelle in Lübeck waren mit Zwischenstopp in Brügge drei Tage notwendig.
Alle sieben Schlauchliner konnten durch zwei Konusbaugruben auf der gesamten, 650 Meter langen Sanierungsstrecke eingebaut werden. „Wir haben die Liner teilweise durch bereits sanierte Abschnitte an die entsprechende Einbaustelle gezogen“, erläutert Andreas Josef die logistischen Herausforderungen und die Komplexität der Planung bei dieser Maßnahme. Im Mehrschichtbetrieb wurden pro Woche zwei Schlauchliner eingebaut. Die Sanierungsabschnitte waren zwischen 30 und 134 Meter lang.
Um den Aushärtungsprozess zu kontrollieren, waren vom Hersteller nach den Vorgaben von Rohrsanierung Jensen an der Außenseite der Liner Thermokabel im Laminat installiert, um den Temperaturverlauf im Startbereich auf den ersten 25 Metern zu verfolgen und zu dokumentieren. „Auf diese Weise konnten wir die Durchzugsgeschwindigkeit der Lichtquelle steuern und sicherstellen, dass wir an der Außenseite des Liners auf die notwendige Reaktionstemperatur kommen, um eine vollständige Aushärtung des Liners zu gewährleisten“, so Bauleiter Ole Tank. Die vom Prüflabor SBKS untersuchten Baustellenproben ergaben keinerlei Beanstandungen.

Ganzheitliche Sanierung
Zum Auftrag gehörte die Sanierung der 15 vorhandenen Schächten und aller 22 bis zu 28 Meter langen Zulaufleitungen aus Seitenstraßen und von den privaten Grundstücken bis zum nächstliegenden Schacht mit Anschlusslinern, die von Rohrsanierung Jensen mit eigenem Personal und eigener Anlagentechnik eingebaut wurden.
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„Teilweise waren rund 30 Leute auf der Baustelle, die sich parallel mit der Schachtsanierung und dem Linereinbau beschäftigten“, beschreibt Bauleiter Ole Tank den hohen Personaleinsatz bei dieser Maßnahme.
Mit der Planung begann Martin Greggersen im April 2024, im Mai wurde der Auftrag erteilt, festgeschriebener Fertigstellungstermin war der 30. November, um den Baustart des Radschnellweges nicht zu verzögern. „Der enge Zeitrahmen für die gesamte Maßnahme von der Vorplanung über die Beantragungen, die Logistik, die Durchführung bis zur Abnahmeinspektion für ein Projekt dieser Größenordnung mit einem Auftragsvolumen von 2,5 Millionen Euro und einer solchen Komplexität war außergewöhnlich“, sagt Greggersen.
„Die Randbedingungen erforderten kreative Lösungen. Es braucht kreative Köpfe, die über die Grenzen des Üblichen hinaus einen freien Geist haben, andere Wege zu gehen und andere Lösungen zu finden“, ergänzt Andreas Josef. Allzu sehr ins Detail möchte er dabei jedoch nicht gehen, denn da ginge es um Ideen, die letztlich auch ein Vorteil im Wettbewerb seien. Unter dem Strich konnten Bauzeit und die Baukosten mit den hier eingesetzten Lösungen erheblich reduziert werden, sind sich Auftraggeber und Auftragnehmer einig.
Pünktlich am 30.11. 2024 wurde das letzte Schild von der Baustelle geräumt. Und so fällt das Fazit dieser herausfordernden Baumaßnahme von Martin Greggersen rundum positiv aus. Er hebt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die gute Zusammenarbeit und gegenseitige vertrauensvolle Unterstützung der Projektbeteiligten hervor. „Es hat alles sehr gut funktioniert, für nachfolgende Projekte dieser Dimension wünsche ich mir lediglich etwas mehr Zeit.“ Zeit übrigens, die auch für diese Maßnahme rückblickend vorhanden gewesen wäre, denn der Baubeginn des Radschnellweges wurde in diesem Abschnitt kurzfristig auf unbestimmte Zeit verschoben.
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