Polyurea-System lässt BSK keine Chance

Durch biogene Schwefelsäure-Korrosion (BSK) haben die Wände des Sandfangs einer Kläranlage der Technischen Werke Emmerich (TWE) Schaden genommen. Bei der Instandsetzung wurde ein Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyurea-Basis appliziert, der die Oberfläche fortan dauerhaft gegen aggressive Medien schützt.

Polyurea-System lässt BSK keine Chance
Bild der 2007 behobenen Schäden. Biogene Schwefelsäure-Reaktion hatte das Betongefüge des Sandfangs der TWE so stark geschädigt, dass die Standsicherheit der Decke akut gefährdet war.

Bauwerke wie Sandfang, Fettfang, Vorklär-, Belebungs- oder Nachklärbecken werden in der Regel aus Stahlbeton erstellt. BSK ist dabei ein speziell in diesem Bereich häufig anzutreffendes Schadensbild. Ursache sind die im Abwasser vorhandenen Sulfidverbindungen, die durch Mikroorganismen abgebaut werden. Dabei entstehen gasförmige Schwefelverbindungen, die sich mit dem Kondensat der Bauteilwände zu schwefeliger Säure (H2SO3) und Schwefelsäure (H2SO4) verbinden und auf den Betonoberflächen ablagern. Vor allem Schwefelsäure greift dabei die Oberflächen an und zerstört so das Betongefüge.

Dieser Mechanismus war Ursache von massiven Schäden im Sandfang der mechanisch-biologischen Kläranlage der TWE. Das Gemeinschaftsunternehmen der Stadt Emmerich am Rhein und der Gelsenwasser AG verfügt über eine Ausbaugröße von 195.000 Einwohnerwerten. Täglich kommt hier eine Abwassermenge zwischen 15.000 und 16.000 m3 zur Reinigung an.

Überprüfung der Sanierung von 2007

Biogene Schwefelsäure hatte die Bausubstanz des Sandfangs der Anlage so stark geschädigt, dass die Standsicherheit der Decke akut gefährdet war. Bereits 2007 wurde daher das Bauteil umfassend instandgesetzt. Durch die Ergänzung der Bewehrung sowie durch die Reprofilierung mit einem hoch sulfatbeständigen Spritzbeton konnte seinerzeit die Wiederherstellung der Tragfähigkeit der Konstruktion erreicht werden. Die abschließende Beschichtung der Deckenuntersicht mit einem Copolymer sollte die Dauerhaftigkeit der Maßnahme gewährleisten und die Konstruktion langfristig vor weiteren Schäden schützen. Auf den Wänden blieb eine Epoxidharzbeschichtung erhalten, die im Rahmen einer früheren Maßnahme aufgebracht wurde.

Der Sandfang der TWE bei der aktuellen Begehung
Der Sandfang der TWE bei der aktuellen Begehung
Bei einer aktuellen Überprüfung der damals durchgeführten Maßnahme zeigte sich, dass zwar die seinerzeit ausgeführte Beschichtung sowohl der Deckenuntersicht als auch der Vouten weitestgehend intakt ist, sich jedoch an den Vertikalen starke Blasen gebildet haben. Teilweise löste sich hier die Copolymer-Applikation ab. Auch an der Beschichtung der Kanten und Durchführungen wurden Schäden festgestellt. „In der Epoxidharzbeschichtung der übrigen Flächen hat sich eine Vielzahl kleiner Blasen eingestellt, so dass die Funktionsfähigkeit dieser Beschichtung nicht mehr gegeben ist“, beschreibt Gutachter Matthias Witzel, Inhaber des Ingenieurbüros Witzel aus Castrop-Rauxel, die vorgefundene Situation. Als Ursache machte der Spezialist im Wesentlichen drei Kriterien aus:

1. Defekte an den Lüftungsleitungen; dadurch konnte sich hinter der Beschichtung ein Luftdruck aufbauen, der zum Ablösen der Beschichtung führte

2. Unzureichende Schichtdicken an den Kanten, verursacht durch ungenügende Ausrundungen der Kanten

3. Hinterläufigkeiten an den Beschichtungsenden durch zuvor nicht erkannte Verarbeitungsfehler

Hinzu kamen Schäden durch mechanische Einwirkungen im Rahmen der Reinigung des Abwassers von Feststoffen wie Sand, Steinen oder Glassplittern.

„Alles in allem jedoch waren die Schäden bei Weitem nicht so gravierend wie 2007“, unterstreicht Karl-Wilhelm Krebbing, Technischer Leiter der TWE. „Wir haben uns entschlossen, der Empfehlung des Gutachtens zu folgen und die Beschichtung zu erneuern, um späteren, deutlich aufwändigeren Maßnahmen vorzubeugen.“ Witzel empfahl eine zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen, um größeren Schäden, die dann ebenfalls die Standsicherheit betreffen können, vorzubeugen. „Unser Ziel bei der Planung der Instandsetzung war eine dauerhafte Lösung, um nicht wieder nach einem relativ kurzen Zeitraum tätig werden zu müssen“, betont Krebbing.

Blasenbildung in der Beschichtung | Fotos: Matthias Witzel, Ingenieurbüro Matthias Witzel
Blasenbildung in der Beschichtung | Fotos: Matthias Witzel, Ingenieurbüro Matthias Witzel

Hochbeständige Beschichtung

Entsprechend wurde ein Oberflächenschutz gesucht, der über eine hohe chemische und mechanische Beständigkeit verfügt und somit sicheren Schutz des Trägermaterials vor BSK gewährleistet. Er sollte zudem Risse in der Konstruktion fugendicht überdecken und auch bei großer Dehnung reißfest sein. „Damit fallen eine ganze Menge Beschichtungen von vorneherein aus“, so Witzel. Die Wahl des selbständigen Planers fiel schließlich auf ein Beschichtungssystem auf Polyurea-Basis.

Das von der VA-Coating GmbH aus Oberhausen angebotene Polyurea-System VA-C S30 (DIBt-Zulassungsnr. Z-59.17-463) steht für eine neue Generation besonders hochwertiger Sprühbeschichtungen. Diese wurden speziell für die schnelle Wiederinbetriebnahme der Baukörper unmittelbar nach der Beschichtung entwickelt und kommen überall dort zum Einsatz, wo besonders hohe Anforderungen an den Gebäudeschutz gelten. Dabei handelt es sich um einen lösemittel- und VOC-freien Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyurea-Basis, der aus den Komponenten VA-C S30A (Additive) und VA-C S30B (Isocyanate) besteht.

Nach Angaben des Anbieters ist das Produkt osmosesicher, flüssigkeitsdicht und hydrolysefest sowie weitestgehend beständig gegen aggressive Medien. Somit ist der Kunststoff unter anderem besonders für den Einsatz in unterirdischen Leitungen, Behälter, Pipelines und Reservoirs qualifiziert. Das Material ist zudem rissüberbrückend und hoch abriebfest sowie als brandhemmend B2 klassifiziert. Der Einsatz auf Mauerwerk, Beton oder Stahl ist ebenso möglich wie auf Kunststoff. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Neubau oder Sanierung handelt.

Reprofilierung mit einem hochsulfat-beständigen Mörtel
Reprofilierung mit einem hochsulfat-beständigen Mörtel

Schnelle Verarbeitung

Die Verarbeitung erfolgt maschinell. Der zeitsparende Auftrag im Heißspritzverfahren gewährleistet eine hohe Flächenleistung. Auch komplizierte Geometrien können damit einfach ausgeführt werden. Der Auftrag ist nach einer Reaktionszeit von sechs bis sieben Sekunden ausgehärtet. Somit ist eine schnelle Wiederinbetriebnahme des Baukörpers unmittelbar nach der Beschichtung gewährleistet.

Die Verarbeitung erfolgt in Kombination mit einer zum System gehörenden wasserdampfsperrenden Grundierung für feuchte Untergründe (VA-C P15), die auf feuchten Untergründen und als Schutz vor Bildung von Osmoseblasen bei rückseitiger Feuchtigkeitseinwirkung auf horizontalen, vertikalen oder „Über-Kopf“-Flächen gleichermaßen verarbeitet werden kann.

Die Grundierung ist in ausgehärtetem Zustand beständig gegen Wasser, See- und Abwasser sowie gegen zahlreiche Laugen, verdünnte Säuren, Salzlösungen, Mineralöle, Schmier- und Treibstoffe, aber auch gegen viele Lösemittel und bildet somit die geeignete Basis für die nachfolgende Beschichtung.

Vorbereitung und Beschichtung

Da laut Gutachten die Wände des 20 m langen Sandfangs vollständig mit dem Flüssigkunststoff beschichtet werden sollten, wurde zunächst eine tragfähige Betonoberfläche durch den Hauptauftragnehmer I+D Sanierungstechnik GmbH aus Bocholt hergestellt und die Altbeschichtung durch Feststoffstrahlen abgetragen. Unebenheiten glichen die Verarbeiter anschließend mit einem hoch-sulfatbeständigen Instandsetzungsmörtel aus, der im Nassspritzverfahren mit einer Dicke zwischen 1 cm und 1,5 cm aufgetragen wurde. Eine oberhalb des Profilbetons eingeschnittene Verkrallnut soll Hinterläufigkeiten verhindern. Ausgerundete Kanten sowie die Ausbildung von Hohlkehlen gewährleisten einen fließenden Übergang der Beschichtung.
Der Sandfang der Kläranlage Emmerich nach Fertigstellung der Schutzmaßnahmen
Der Sandfang der Kläranlage Emmerich nach Fertigstellung der Schutzmaßnahmen

Nach Abschluss der Untergrundvorbereitungen trugen die Mitarbeiter der I+D Sanierungstechnik aus Bocholt die zum System gehörende Grundierung in zwei Lagen auf den Innenflächen des Sandfangs auf und stellten so den notwendigen Porenverschluss her. Nachdem die Grundierung ausgehärtet war, beschichteten die Handwerker die Oberflächen mit dem Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff im Heißspritzverfahren. Gearbeitet wurde mit einer Materialtemperatur von 70 bis 85 °C bei 150 bis 180 bar. Eine speziell entwickelte Verfahrenstechnik sorgt dabei für den gleichmäßigen und nahtlosen Auftrag.

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Da der Kunststoff innerhalb von 6 bis 7 Sekunden ausgehärtet ist, erfordert die Verarbeitung große Erfahrung. Um eine fachgerechte Ausführung beim Kunden sicherzustellen und die technischen Möglichkeiten der Polyurea-Technologie bestmöglich auszuschöpfen, schult VA-Coating daher Mitarbeiter von entsprechend lizensierten Fachfirmen in dem speziellen Heißspritzverfahren und den spezifischen Anwendungsabläufen sowie zu den Verfahrensschritten der Qualitätssicherung.


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