Druckleitung mittels Swagelining saniert
Im Magdeburger Abwasserkanalnetz existiert eine 600 m lange Freigefälle-Druckleitung DN 700 aus Gusseisen. Die Funktionstüchtigkeit dieser sanierungsbedürftigen Leitung aus dem Jahr 1928 wurde grabenlos mittels Reduktionsverfahren ohne Wärmeeintrag wiederhergestellt. Im Vorfeld wurde eine kontinuierliche Profilmaßbestimmung sowie eine 3D-Verlaufsmessung über die gesamte Länge der Druckleitung durchgeführt.
Die zu sanierende Druckleitung ist für das ostelbische Entwässerungsgebiet Brückfeld, Cracau und Prester von maßgeblicher Bedeutung und die einzige Ableitungsmöglichkeit zum Hauptpumpwerk Cracauer Anger. Das Kreisprofil in der Rohrdimension DN 700 aus Gusseisen ist 600 m lang und verläuft in einem Wohngebiet zwischen einer der größten Magdeburger Pumpstationen und einem Druckentspannungsschacht in einem stark befahrenen Straßenkreuzungsbereich. Zudem befindet sich ein alter Baumbestand in der unmittelbaren Umgebung der Druckleitung. Dementsprechend sollten bei dem Vorhaben verkehrs- und umwelttechnische Belange berücksichtigt sowie Behinderungen für Bewohner weitestgehend reduziert werden.
Bestandsaufnahme
Für die Planung und Ausführung eines geeigneten Verfahrens nahm Frisch & Faust eine sorgfältige Schadensanalyse des Altrohres vor. Vorausgegangen war das Einrichten einer Überleitung, durch die das Abwasser umgeleitet wurde.
Bei der Kamerainspektion wurden Inkrustationen und Spongiose, eine materialspezifische Korrosionserscheinung, festgestellt. Dabei handelte es sich um eine Langzeitschädigung, da der korrosive Zersetzungsprozess sehr weit fortgeschritten war. Das Wandungsmaterial löste sich schichtweise auf und wurde vom Abwasser abgetragen. Die ursprüngliche Gestalt des Altbestandes blieb zwar erhalten; verlor jedoch durch das selektive Auflösen des Eisenanteils an Festigkeit. Somit lagen potenzielle Schwachstellen und damit eine erhöhte Bruchgefahr vor. Das Altrohr war nicht mehr mechanisch belastbar.
Profilmaßbestimmung
Durch die am voll rotationsfähigen Kamerakopf integrierten Laser wurde eine Profilmaßbestimmung über die gesamte Leitungslänge vorgenommen. Der Kamerafahrwagen T 86 von IBAK fuhr dabei mit gleichmäßiger Geschwindigkeit von etwa 5 bis 7 cm/sek. Die auf diese Weise erfassten Laserpunkte wurden mit der Software IKAS evolution analysiert und durch Frisch & Faust ausgewertet. Durch den Laserscan der Druckleitung konnten Daten und damit Erkenntnisse gewonnen werden, die über eine rein optische Inspektion hinausgehen. Die Messdatenanalyse ergab u.a. den minimal gemessenen Durchmesser von 692 mm. In Kenntnis des maximalen und minimalen Durchmessers über die gesamte Länge der Druckleitung wurde eine darauf abgestimmte Auswahl des PE-Rohres vorgenommen.
Rohrverlaufsmessung
Reduktionsverfahren
Bauausführung
Der Einzug in die Druckleitung wurde in zwei Teilen umgesetzt: Zuerst widmete man sich dem 240 m langen Streckenabschnitt mit drei Bögen mit jeweils bis zu 15°; anschließend wurde der Einzug auf der Strecke von 320 m mit zwei Bögen vorgenommen. Dazu wurden vier Betonwiderlager mit je 14 m3 Beton gegossen und eine Start- sowie zwei Zielgruben hergestellt. Die Startbaugrube diente dem Einbringen der neuen PE-Rohrstränge, die Zielbaugruben der Aufnahme der Rohrziehanlage.
Für den längeren der beiden Streckenabschnitte wurden 21 einzelne PE-Rohre mit einem Gewicht von 1,7 t und einer Länge von je 15 m vor Ort zu einem Rohrstrang verschweißt. Mittels Winde wurde der formbare PE-Rohrstrang unter Aufrechterhaltung einer konstanten axialen Zugkraft von etwa 50 t durch das mit einem Gleitmittel versehene Gesenk, das sog. Swagerig, gezogen. Dabei wurde der PE-Rohrstrang elastisch verformt und der Querschnitt durch Kaltverformung um bis zu 10 % reduziert. Nach Abschluss des Einzugs wurde der PE-Rohrstrang von der Zugwirkung entlastet.
Innerhalb von 24 Stunden dehnte sich der Rohrstrang wieder auf seinen ursprünglichen Außendurchmesser aus und presste sich lückenlos – „close-fit“ – an die Innenwand der zu sanierenden Druckleitung. Auf diese Weise wurde die gesamte Einziehlänge von 600 m bei einer Rohrdimension von DN 700 realisiert. Die Rohrverbindungen wurden mit Muffen hergestellt. Abschlussarbeiten, wie etwa das Einbinden an den Bestand, wurden erst nach Ablauf des Close-fit-Prozesses durchgeführt.
Das Ergebnis in Magdeburg ist ein neues, selbstständig tragfähiges Druckrohr, das die ursprüngliche hydraulische Kapazität der Rohrleitung lediglich um die Wandstärke des PE-Rohrstrangs von 4,1 cm reduziert. Das neue PE-Rohr übernimmt die statischen Aufgaben; sodass das gusseiserne Altrohr in seiner ursprünglichen Funktion nicht mehr genutzt wird. Der normale Betriebsdruck des Druckrohres beträgt 0,17 bar, der maximale Betriebsdruck 0,5 bar. Nach der Rehabilitation der Druckleitung wurde eine Druckprobe mit 1,5 bar erfolgreich durchgeführt.
Nachhaltiges Endergebnis
Für das Sanierungskonzept in Magdeburg wurde sowohl eine geodätisch exakte Verlaufsmessung als auch eine Profilmaßbestimmung über die gesamte Länge der Druckleitung mit IBAKs Dreh- und Schwenkkopfkamera Orpheus 2 vorgenommen. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse gingen weit über eine rein optische Inspektion hinaus und trugen zur Ausführungssicherheit der Sanierungsmaßnahme bei. Durch die umfangreichen Voruntersuchungen konnten ein geeignetes Verfahren und ein PE-Rohr mit optimaler Passform ausgewählt werden.
Rohrpost abonnieren!
Wir graben für Sie nach Neuigkeiten. Die Ergebnisse gibt es bei uns im Newsletter.
Jetzt anmelden!
Besonders im innerstädtischen Bereich, wie im vorliegenden Fall, ist die grabenlose Kanalnetzsanierung vorteilhaft. Für das Swagelining war lediglich ein punktueller Aushub für die Baugruben erforderlich. Arbeitsaufwendige Tiefbauarbeiten konnten ebenso wie unnötige Umweltbelastungen vermieden werden. Der auf einem Streckenabschnitt der Druckleitung befindliche Baumbestand wurde nicht beeinträchtigt. Einschnitte für Anwohner und eine Behinderung des Straßenverkehrs konnten auf ein Minimum reduziert werden. Im Vergleich zu einem Reduktionsverfahren mit Wärmeeintrag konnte eine Energieeinsparung durch Wegfall der Heizvorrichtung erreicht werden.
Die geringfügige Querschnittsreduzierung um 4,1 cm beeinflusste die hydraulische Leistungsfähigkeit der Druckleitung nur geringfügig, da das neue PE-Material einen wesentlich besseren Rauhigkeitsbeiwert der Rohroberfläche hat als das Altrohr. Zudem wurde durch den Close-fit-Einbau ein Ringraum vermieden, der gegebenenfalls hätte aufwendig verdämmt werden müssen. Nicht zuletzt handelt es sich im Vergleich zur konventionellen Bauweise um eine wirtschaftliche Lösung. Das neue PE-Rohr gewährleistet eine lange Nutzungsdauer im ostelbischen Entwässerungsgebiet und ist das Ergebnis eines erfolgreich abgeschlossenen Sanierungsprojekts in Magdeburg.
Neueste Beiträge:
Meistgelesene Artikel
Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?
Bauleistungen
Dienstleistungen
Lieferleistungen
Verwandte Bau-Themen:
Top Bau-Themen:
Aktuelle Termine für unterirdische Infrastruktur
03.12.2024, 09:00 Uhr - 03.12.2024, 16:00 Uhr
Drosseleinrichtungen im Kanalnetz17.12.2024 - 18.12.2024
StarkRegenCongress 2024Alle wichtigen Termine für unterirdische Infrastruktur
Jetzt zum Newsletter anmelden:
Leitungsbau, Kanalsanierung, Abwasser – erfahren Sie das wichtigste rund ums Thema unterirdische Infrastruktur.