Neuer Schwung in Sicht?
Steht die Idee der Kabelverlegung in Abwasserkanälen vor einer Wiederbelebung? In Düsseldorf wurde jetzt ein Projekt in exponierter Lage realisiert, und auf der Anbieterseite registriert die Firma AEONIS eine Belebung der Nachfrage.
Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft
Hauraton hat spezialisierte Lösungen, die bei der Neugestaltung von Bahnhöfen für ganzheitlichen Regenwassermanagement eingesetzt werden.
Als Ende der 90iger Jahre die Techniken zur Verlegung von Kabeln in nicht begehbaren Abwasserkanälen das Versuchsund Prototypstadium verlassen hatten, breitete sich in den kaufmännischen Abteilungen mancher Kanalnetzbetreiber Euphorie aus. Die sprudelnden Einnahmen aus der Vermietung der Kanäle an die boomende Telekommunikationsindustrie schien völlig neue Perspektiven zu eröffnen und die Abwasserleitungen in Goldadern zu verwandeln. Daraus wurde bekanntermaßen nichts. Börsencrash am „Neuen Markt“ und UMTSLizenzen-Wahnsinn verursachten einen wirtschaftlichen Absturz der IT-Branche und eine Vollbremsung bei den Investitionen in den Ausbau der Kabelnetze. Außerdem konnten vielerorts die Bedenken seitens des Kanalbetriebes nicht ausgeräumt werden. Ergebnis: Es wurde still um das Kabel im Kanal.
Nach einer Konsolidierungsphase der Telekommunikationsindustrie und mit dem sich nun am konkreten Bedarf orientierenden Ausbau der Kabelnetze in den Städten scheint langsam das Interesse an Technik und Verfahren wieder zuzunehmen. In Düsseldorf zum Beispiel wurden jetzt in dem vierten Projekt dieser Art etwa 1,3 Kilometer Kabel vom Düsseldorfer Stadttor entlang des Mannesmannufers in Abwasserkanälen installiert.
Am Anfang war Skepsis
- Die Funktion der Kanäle muss jederzeit gewährleistet sein
- Beschädigungen durch Einbauten sind auszuschließen
- die Wartung und Reinigung muss ohne Mehraufwand durchführbar bleiben
- nachträgliche Anschlüsse müssen problemlos hergestellt werden können
- Sanierung oder Neubaumaßnahmen müssen gewährleistet und unproblematisch durchführbar sein.
Auf die Erfüllung dieser Kriterien hin wurden nach intensiven Diskussionen fiel die Entscheidung zugunsten des FAST-Systems.
Bei der FAST (Fiber Access by Sewer Tubes) Technologie wird eine Leerrohranlage bestehend aus bis zu 9 Edelstahlleerröhrchen erstellt, die jeweils ein Kabel mit bis zu 216 Fasern aufnehmen können. In nicht begehbaren Kanälen mit Rohrdurchmessern von DN 200 bis DN 700 wird ein Spezialroboter eingesetzt; im begehbaren Bereich führen geschulte Monteure die Arbeiten aus.
Als Befestigungselemente für die Anlage werden Spannringe (sog. Briden) eingesetzt, die eine mechanische Beanspruchung der Kanalrohrwandungen, wie sie beim Einsatz von Bohroder Dübelverfahren auftreten, ausschließen. Damit auch in den Kanalschächten eine sichere Führung der LWL-Kabel gewährleistet ist, kommen dort flexible Blechkanäle zum Einbau. Die Blechkanäle sowie die gesamte Leerrohranlage bestehen aus V4A-Edelstahl und schützen die LWL-Kabel dauerhaft vor Beschädigung.
Intensive Testphase
Das FAST-System absolvierte die Tests mit überzeugenden Ergebnissen. Weder bildeten sich an den Briden vermehrte Anlagerungen von Spinnund Schwebstoffen, noch stellten die Briden und Leerrohre ein Hindernis für Inspektion und Reinigung dar. Der Abschlussbericht des Pilotprojektes kommt zu der eindeutigen Aussage: „Aus technischer und betrieblicher Sicht spricht nichts gegen den Einbau des getesteten FAST-Systems, sofern mögliche Konfliktpotenziale vertraglich abgesichert werden.“
Ein entscheidender Punkt: Vertragsgestaltung Was diese vertragliche Absicherung angeht, wurde in Düsseldorf Pionierarbeit geleistet. Zum Verständnis: An einer Baustelle zur Kabelverlegung in den Kanal sind in Düsseldorf die folgenden Akteure beteiligt:
- Ein Telekommunikationsunternehmen als Auftraggeber hält sich meist im Hintergrund und will nicht öffentlich in Erscheinung treten.
- Die Firma AEONIS als Auftragnehmer und Vertragspartner des Stadtentwässerungsbetriebes. AEONIS hat die grundsätzliche Genehmigung, das Düsseldorfer Kanalnetz für die Kabelverlegung mittels der FAST-Technologie zu nutzen.
- Die Firma FAST Opticom als Kabelverlegeunternehmen. FAST Opticom installiert als Dienstleister mit entsprechend ausgebildetem Personal die Kabel in den Kanälen.
- Die Firma KATE als Hersteller der Robotertechnik und Mitentwickler der FAST Technologie.
- Der Stadtentwässerungsbetrieb Düsseldorf als Kanalnetzbetreiber, der AEONIS die entsprechenden Kanaltrassen für die Verlegung zur Verfügung stellt.
Diese Konstellation hat für den Kanalnetzbetreiber einen großen Vorteil: Er hat es nur mit einem Vertragspartner der Firma AEONIS zu tun und muss nicht mit jedem Telekommunikationsunternehmen einzeln verhandeln. Basis dieser Partnerschaft ist ein Rahmenvertrag, der zwischen AEONIS und dem Stadtentwässerungsbetrieb ausgehandelt wurde, und der dann projektbezogen durch Einzelverträge ergänzt wird.
„Für die Gestaltung dieses Vertragswerkes dem ersten seiner Art haben wir uns viel Zeit genommen, weil wir alle denkbaren Eventualitäten berücksichtigen und eindeutig regeln wollten,“ sagt Dr. Claus Henning Rolfs, Technischer Betriebsleiter des Stadtentwässerungsbetriebes. Die Verteilung der Risiken, was passiert im Falle von Kabelschäden oder die Sicherheitsbedingungen bei Reparaturarbeiten sind beispielsweise Aspekte, die in dem Vertrag festgelegt sind. „Ein ganz wichtiger Aspekt war die Dokumentation des Einbaus, um risikolos nachträgliche Anschlüsse an die betroffenen Kanäle herstellen zu können,“ betont Lutz Barenthien. „Anderthalb Jahre wurde über diesen Rahmenvertrag verhandelt, aber ich glaube, die Mühe hat sich gelohnt, denn es ist für alle Beteiligten ein gutes Ergebnis dabei herausgekommen.“ Und Karl Manstorfer von AEONIS ergänzt: „Dieses Vertragswerk ist für uns die Grundlage für die Verträge, die wir mit anderen Kanalnetzbetreibern abschließen.“ Denn auch für AEONIS und die Telekommunikationsunternehmen hat diese Konstruktion große Vorteile. Dazu gehört nicht zuletzt, dass sich die Projekte auf der Basis des Rahmenvertrages im Bedarfsfall ohne langwierige Verhandlungen sehr schnell realisieren lassen.
Wo ist der Nutzen für den Kanalnetzbetreiber?
Belebung der Nachfrage spürbar
Seit dem Jahr 2003 sind in Düsseldorf inzwischen 3,3 Kilometer Kabel in Kanälen verlegt worden. Das ist weit weniger, als ursprünglich angenommen und prognostiziert worden war. Inzwischen scheint sich das Interesse sowohl bei den Telekommunikationsunternehmen und in der Folge auch bei den Kanalnetzbetreibern langsam neu zu beleben. „Wir spüren von beiden Seiten eine Belebung der Nachfrage und befinden uns zur Zeit in konkreten Vertragsverhandlungen mit fünf Kommunen,“ sagt Karl Manstorfer. Dieses Interesse spiegelte sich auch auf der Baustelle in Düsseldorf wieder. Delegationen der Telekom und verschiedener Kommunen nutzten die Gelegenheit, um sich über die Technik und die Düsseldorfer Erfahrungen zu informieren.
Rohrpost abonnieren!
Wir graben für Sie nach Neuigkeiten. Die Ergebnisse gibt es bei uns im Newsletter.
Jetzt anmelden!
Natürlich hat das nichts mehr mit der eingangs beschriebenen Goldgräberstimmung zu tun. Aber mit einer Entwicklung, die sich am tatsächlich vorhandenen Bedarf orientiert, die die Interessen des Kanalbetriebes berücksichtigt und bei der nicht kurzfristiges kommerzielles Interesse sondern der langfristige Nutzen der Beteiligten im Mittelpunkt steht, ist der Technologie der Kabelverlegung im Kanal auf Dauer vermutlich mehr gedient.
Weiterlesen:
Neueste Beiträge:
Meistgelesene Artikel
Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?
Bauleistungen
Dienstleistungen
Lieferleistungen
Verwandte Bau-Themen:
Top Bau-Themen:
Aktuelle Termine für unterirdische Infrastruktur
27.11.2024 - 28.11.2024
Inspektions- und SanierungsTage03.12.2024, 09:00 Uhr - 03.12.2024, 16:00 Uhr
Drosseleinrichtungen im Kanalnetz17.12.2024 - 18.12.2024
StarkRegenCongress 2024Alle wichtigen Termine für unterirdische Infrastruktur
Jetzt zum Newsletter anmelden:
Leitungsbau, Kanalsanierung, Abwasser – erfahren Sie das wichtigste rund ums Thema unterirdische Infrastruktur.