Newsletter abonnieren

Wir graben für Sie nach Neuigkeiten. Die Ergebnisse gibt es bei uns im Newsletter.

Wir graben für Sie nach Neuigkeiten. Die Ergebnisse gibt es bei uns im Newsletter.

Newsletter Anmeldung

Pilotbohrung von zwei Seiten

Bei der technischen Inspektion einer 10“-Kraftstoffversorgungsleitung in Südwestdeutschland im Jahr 2015 wurde festgestellt, dass der Leitungsabschnitt unter dem Rhein in einem sehr schlechten Zustand ist. Das machte den Ersatzneubau des Rheindükers erforderlich, was sich als äußerst herausfordernd und anspruchsvoll darstellte und mehrere Anpassungen bei der Pilotbohrung erforderte.

Rheinquerung mit mehreren Anpassungen bei Pilotbohrung
Baufeld Eintrittsseite | Foto: Beermann Bohrtechnik

Der Leitungsbetreiber beauftragte die Moll-prd aus Schmallenberg mit der Planung eines Leitungsdükers, welcher im HDD-Verfahren realisiert werden sollte. Die Ausschreibung erfolgte im Oktober 2021. Die Anfrage bezog sich auf eine 1.260 m lange Querung des Rheins mit einer Stahlrohrleitung DN 250, einschließlich der Einbindung des Dükers in die bestehende Leitung. Die Altleitung sollte außerdem gereinigt und mit einem geeigneten Dämmer verfüllt werden.

Nach einem intensiven Ausschreibungsverfahren wurden die Arbeiten im Februar 2022 an das Rohrleitungsbauunternehmen PPS Pipeline Systems GmbH aus Quakenbrück vergeben. Als Nachunternehmer für die Ausführung der Horizontalbohrung wurde die Firma Beermann Bohrtechnik aus Riesenbeck von PPS beauftragt. Das ursprünglich geplante Bauzeitenfenster lag zwischen Januar und August 2022.

Am 27. April 2022 fand eine Kick-off-Veranstaltung statt, bei der der Starttermin für die Arbeiten auf den 2. Juni 2022 festgelegt wurde. Das umfangreiche Genehmigungsverfahren führte zu einer Verschiebung des Projekts vom Winter- in den Sommerzeitraum. Die dazwischenliegende Zeit wurde genutzt, um das Projekt intensiv vorzubereiten. Das grundlegende Konzept und die Arbeitsmethoden wurden aufgestellt sowie diverse Berechnungen und Tests durchgeführt. Die Ergebnisse wurden beim Auftraggeber eingereicht und gemeinsam mit der technischen Leitung des Projekts besprochen und abgestimmt.

Die Arbeiten begannen schließlich am 20.6.2022. Das Projekt startete mit der Installation einer Montagebahn, welche zum Vorstrecken der Rohrleitung benötigt wurde. Der 10.10.2022 wurde als Tag der Befüllung und Inbetriebnahme des neuen Leitungsabschnittes festgelegt.

Die technischen Daten des Stahlrohres:

Durchmesser

273,3 mm x 10,3 mm

Korrosionsschutz

PE-Umhüllung 2,7 mm

Schutz gegen Abrieb

GFK-Umhüllung 5,0 mm

max. Außendurchmesser

288,7 mm

Betriebsdruck

80 bar

Untergrund macht Anpassungen erforderlich

Nach dem Aufbau der Baucontainer und dem Beginn der Schweißarbeiten wurde am 31.8.2022 mit der Baustelleneinrichtung der Bohranlage (HK 250 T) begonnen. Geplant war, die Pilotbohrung im 24-Stunden-Schichtbetrieb, also mit einer Tag- und Nachtschicht auszuführen. Das BHA (Bottom Hole Assembly) bestand aus einem 14 ¾“-Bohrmeißel und dem Kreiselmesssystem der Firma Brownline.

Die Bohrdistanz von 1.260 m sollte in einem Zuge durchbohrt werden, um dann direkt im Anschluss das Rohr ohne Zwischenaufweitung einzuziehen. Der Durchmesser des Pilotbohrmeißels entsprach dem Durchmesser, der für das Rohr mit Isolierung erforderlich war. Dies hatte zwei entscheidende Vorteile: zum einen, dass der lange Weg für den Transport der Bohrspülung über die Straße entfällt, und zum anderen, dass die instabilen Bodenschichten weniger durch Pump- und Bohrvorgänge beansprucht werden.

Nachdem die Pilotbohrung am 6.9. begonnen hatte, wurde schnell klar, dass der Untergrund schwieriger war als angenommen. Die durchgeführten Bodenuntersuchungen deuteten auf Kiesschichten hin, doch die geplante Bohrlinie war so konzipiert, dass diese Schichten umgangen werden. Nach etwa 270 Bohrmetern war der zuvor festgelegte maximal zulässige Spüldruck erreicht, woraufhin in Absprache mit der Bauaufsicht entschieden wurde, das Bohrloch durch Zurückziehen des Bohrstrangs von Kies zu befreien und den Freiraum zwischen Bohrloch und Bohrgestänge auszuspülen.

Nach einer geringfügigen Anpassung der Bohrspülungseigenschaften wurde mit dem Wiedereinschieben der Bohrgarnitur begonnen. Dabei wurde nach 250 m ein Weepersub (Gestängestück mit Düsen) in den Bohrstrang eingebaut, um über eine längere Distanz die Strömung der Bohrspülung positiv zu beeinflussen. Nachdem die Lage der Pilotbohrung mit Hilfe des GPS-Trackers bestätigt worden war, wurde die Bohrung in der Nachtschicht bis auf 370 m fortgesetzt. Bei dieser Position traten erneut hohe Spülungsdrücke im Bohrloch auf, woraufhin alle Bohrstangen wieder entfernt und die Situation mit der Bauleitung und dem Auftraggeber besprochen wurde. Nachdem die Bohrspülungsrezeptur erneut in Absprache angepasst worden war, wurde wieder mit dem Einbau der Pilotbohrung in das bestehende Bohrloch begonnen.

Nach einer Woche Bohrbetrieb in Tag- und Nachtschicht mit mehrfachen erfolglosen Anpassungen der BHA und der Spülungsrezeptur wurde beschlossen, die Bohrarbeiten zu unterbrechen und die gewonnenen Erkenntnisse und Informationen auszuwerten. Auf Grundlage der Bohrdaten und der gemachten Erfahrungen wurde im Einvernehmen mit dem Projektteam beschlossen, von einer Polymerbohrspülung auf eine Bentonitbohrspülung umzustellen. Um eine Vermischung der beiden Bohrspülungen zu vermeiden, wurde das alte Bohrloch aufgegeben und verfüllt. Der Eintrittswinkel wurde angepasst, um vom gleichen Ansatzpunkt eine neue Bohrlinie auffahren zu können.

Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass sich der angestrebte Einbindetermin verschiebt. Eine mögliche Verschiebung um einen Monat wurde vom Auftraggeber in Aussicht gestellt. Parallel dazu wurde die Bohrung im Einschichtbetrieb wiederaufgenommen, um zu beurteilen, ob die Anpassung der Bohrspülung den gewünschten Effekt hat. Bei etwa 480 m wurde der Bohrvorgang unterbrochen, um nach dem Wochenende die Bohrung wieder in Tag- und Nachtschicht fortzuführen.

Nach der Unterbrechung konnte die Pilotbohrung noch über zwei weitere Schichten ohne nennenswerte Vorkommnisse fortgeführt werden. Dann kam es zu einem plötzlichen Verklemmen des Bohrgestänges bei etwa 650 m, und der Ringraumdruck lag deutlich über dem theoretisch zu erwartenden Wert. Trotz des hohen Drucks wurden keine Spülungsverluste registriert und der Rückfluss war zu 100% vor der Bohranlage zu verzeichnen. In Absprache mit dem Projektteam wurde beschlossen, das Bohrgestänge erneut auszubauen. Während des Rückzugs traten höhere Kräfte auf und auch der Rückfluss veränderte sich. Auf den letzten 50 m wurden hohe Mengen an Kies aus dem Bohrloch gefördert.

Übersicht Bohrtrasse | Foto: Beermann Bohrtechnik
Übersicht Bohrtrasse | Foto: Beermann Bohrtechnik

Meeting in the middle

Da zu diesem Zeitpunkt bereits eine Überschreitung des Projektbudgets zu erwarten war und erfolglos mehrere technische Optionen ausgeführt wurden, wurde beschlossen, zunächst alle weiteren Möglichkeiten zu prüfen und unter Abwägung von Aufwand, Kosten, Risiko und Erfolgsaussicht zu erörtern. Es wurden ein Geologe und ein weiterer Spülungsexperte seitens des Bauherrn in die Überlegungen einbezogen. Das Ergebnis der Diskussionen war, dass mit einer zweiten Bohranlage von der Zielseite aus gearbeitet werden sollte, um die sogenannte „Meeting in the middle“-Methode umzusetzen.

Da die Umsetzung dieser Methode mit deutlich höheren Baukosten verbunden war, musste zusätzliches Budget beantragt und zur Verfügung gestellt werden. Außerdem mussten Behörden, Grundstückseigentümer und Pächter der geänderten Durchführungsmethode zustimmen. Nach der Koordinierung der Zeitpläne wurde die zweite Bohranlage, ebenfalls eine Herrenknecht-Anlage mit 250 t Zugleistung, im November auf der Zielseite aufgestellt. Anschließend wurden unmittelbar die Arbeiten zur Fortführung der Pilotbohrung von der Zielseite aus mit einem 14 ¾“-Bohrmeißel und Kreiselmesssystem gestartet.

Gleichzeitig wurde auf der Startseite die Pilotbohrung erneut begonnen, mit dem Ziel, dem zuvor aufgebohrten Bohrkanal mit einem 12 ¼“-Bohrmeißel zu folgen. Zudem wurde diese BHA mit dem Radarortungssystem der Firma Brownline ergänzt, um die Zusammenführung der Bohrung durchführen zu können.

Nachdem die Pilotbohrung von der Zielseite aus ca. 400 m vorgetrieben wurde, befand sich die Pilotbohrung von der Startseite aus wieder am Ende des bereits gebohrten Kanals (625 m). Nach Fortführung der Pilotbohrung um etwa 70 m (695 m) und Überprüfung der aktuellen Position mittels GPS-Tracker stiegen die Kräfte stark an. Da die Bohrung von der Zielseite aus nur langsam vorankam, wurde beschlossen, die neu gebohrte Distanz auf der Startseite wieder auszubauen, um die Bohrkräfte zu reduzieren. Nachdem drei Stangen (665 m) ausgebaut wurden, fiel der Bohrdruck (Zug- und Rotation) schlagartig ab, das Messsignal war noch vorhanden, jedoch wies der Bohrkopf trotz Rotation des Bohrstrangs keine Bewegung auf. Damit war klar, dass es im Bohrloch zu einem Bruch im Bohrstrang gekommen sein muss. Nach Rücksprache mit allen Beteiligten im Projektteam und zudem mit Vertretern der Versicherung wurde beschlossen, den Bohrstrang auszubauen, um zu kontrollieren, an welcher Stelle es zum Bruch gekommen war. Das Ergebnis zeigte, dass das Bohrgestänge Nr. 6 hinter der BHA im Bereich des Gewindeverbinders gebrochen war. Gleichzeitig war klar, dass die gesamte BHA bestehend aus Ortungssystem mit Kreisel und Radar, Rollenmeißel und sechs Bohrstangen im Bohrloch verbleiben und sich auch gleich als Hindernis im Bohrkanal erweisen. Eine Bergung dieser Werkzeuge aus dieser Position erschien technisch als annähernd unmöglich bzw. die daraus resultierenden Kosten wurden als unkalkulierbar eingestuft.

Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Pilotbohrung von der Zielseite aus auf ca. 525 m und lag somit 70 m vom Hindernis entfernt. Nach der Auswertung beider Positionen und der Feststellung, dass die Möglichkeit besteht, über das Hindernis hinweg in das Bohrloch zu gelangen, wurde beschlossen, den 14 ¾“-Bohrmeißel auf der Zielseite gegen einen 12 ½“-Bohrmeißel auszutauschen, was den Vorteil hatte, dass frische Bohrspülung in das Bohrloch gelangt und eine günstigere Situation entstand, um nun den etwas kleineren Bohrkopf von der Zielseite aus durch das größere Bohrloch in Richtung Startseite zu schieben.

Nach drei weiteren Bohrtagen befand sich die Pilotbohrung von der Zielseite aus wieder am Ende des gebohrten Kanals und die Bohrung konnte fortgesetzt werden. Nach einem weiteren Bohrtag wurde mit der Pilotbohrung von der Zielseite aus am Hindernis vorbei der bestehende Kanal getroffen. Dieses ließ kurzzeitig einen ersten Hoffnungsschimmer bei allen Beteiligten aufflammen, da nunmehr erstmals ein durchgehender Bohrkanal zwischen der Start- und Zielseite erstellt wurde. Allerdings kam es direkt im Anschluss an diesen Teilerfolg zu einem zeitweiligen Kontaktverlust zum Bohrkopf, vermutlich infolge eines kleinen Isolationsschadens im Messkabel, welches innerhalb des Bohrstrangs verlief.

Am nächsten Tag bei der Inbetriebnahme stellte sich heraus, dass zwar noch Kontakt bestand, die Daten aber „verzerrt“ übertragen wurden. Die Pilotbohrung wurde nun unter Inkaufnahme der Messungenauigkeiten weiter in das bestehende Bohrloch eingeschoben. Bei Erreichen der aufsteigenden Kurve, also nach etwa 1.050 m Bohrdistanz von der Zielseite aus, brach der Kontakt zum Ortungssystem vollständig ab. Da ein Abbruch der Bohrarbeiten an dieser Stelle einer vollständigen Aufgabe des Bohrloches gleichgekommen wäre, wurde beschlossen, die Pilotbohrung trotz fehlendem Messsignal durch das bestehende Bohrloch weiter zu schieben, in der Hoffnung, dass der Bohrkopf auch in der aufsteigenden Kurve dem Bohrloch folgt. Dem Einstellen der richtigen Schub- und Rotationsgeschwindigkeit, den richtigen Entscheidungen des Projektleiters des Bohrteams, welche unter größter Anspannung getroffen wurden, und letztendlich dem Fingerspitzengefühl des Bohrmeisters ist es zu verdanken, dass am Ende des 22.11.2023 der Bohrkopf auf der Startseite austrat und somit die Verbindung zwischen Ein- und Austrittpunkt der Bohrung gesichert wurde. Welchem vorgebohrten Bohrloch die Bohrung letztendlich auf den letzten 200 m gefolgt ist, war zu diesem Zeitpunkt nebensächlich, da alle Bohrungen innerhalb der zulässigen Toleranzen lagen und die genaue Lage später über eine Nachvermessung ermittelt werden konnte.

Aufweitung und Fertigstellung

Einziehvorgang | Foto: Beermann Bohrtechnik
Einziehvorgang | Foto: Beermann Bohrtechnik

Da der Kontakt mit dem Bohrkopf während der Pilotbohrung nicht mehr bestand, wurde bezweifelt, dass das Kabel den nun aus Sicherheitsgründen doch geplanten Aufweitvorgang aushält. Um ein weiteres Risiko zu vermeiden, wurde demnach beschlossen, das Messkabel vor Beginn des Aufweitvorganges aus dem Bohrgestänge zu entfernen. Dazu mussten weitere zwei Tage für den Durchzug des Gestänges und den Ausbau der Kabelsicherungen aufgewendet werden. Anschließend konnte dann mit der Aufweitung begonnen werden.

Die Menge an Kies, die während der Pilotbohrung ausgetragen wurde, entsprach in etwa dem erforderlichen Volumen, sodass davon ausgegangen wurde, dass der erforderliche Bohrlochdurchmesser bereits vorhanden war. Diese Annahme erwies sich als richtig. Während der Aufweitung mit einem Barrelreamer wurden nur geringe zusätzliche Mengen ausgetragen. Daraufhin konnte die Rohrleitung am 29.11.2023 erfolgreich in das Bohrloch eingezogen werden.

Die unmittelbar nach dem Rohreinzug durchgeführte Isolationsmessung zeigte, dass eine Schadstelle vorhanden sein musste. Da die Bohrtrasse zu dieser Jahreszeit nicht zugänglich war, konnte der genaue Ort des Schadens nicht bestimmt werden. Es war jedoch klar, dass die Leitung durch kathodischen Korrosionsschutz geschützt werden kann.

Rohrpost abonnieren!

Wir graben für Sie nach Neuigkeiten. Die Ergebnisse gibt es bei uns im Newsletter.

Jetzt anmelden!

Ich akzeptiere die Datenschutz-Bestimmungen.
Newsletter Anmeldung
Newsletter Anmeldung

Der neue Leitungsabschnitt unter dem Rhein konnte noch kurz vor Weihnachten nach großen Anstrengungen des Rohrleitungsbauunternehmens eingebunden werden. Die Baustelle wurde Anfang Februar vollständig abgeschlossen. Die Endabnahme hat inzwischen stattgefunden.


Weiterlesen:


Neueste Beiträge:

Weitere Beiträge

1
2
3

Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?

Bauleistungen
Bauleistungen

Bau­leistungen

Dienstleistungen
Dienstleistungen

Dienst­leistungen

Lieferleistungen
Lieferleistungen

Liefer­leistungen

Wo suchen Sie Aufträge?

Ausschreibungs-Radar
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen

Verwandte Bau-Themen:

Jetzt zum Newsletter anmelden:

Leitungsbau, Kanalsanierung, Abwasser – erfahren Sie das wichtigste rund ums Thema unterirdische Infrastruktur.