Mangelnder Schutz kann teuer werden
Das Thema Rückstauschutz wird noch immer sehr stiefmütterlich behandelt. Fehlende Kenntnisse bei Grundstückseigentümern und im Handwerk sowie die mangelnde Überprüfung behördlicherseits sind maßgebliche Gründe dafür. Doch worauf kommt es beim Rückstauschutz an und was kann man konkret tun? Wir klären auf.

Starkregenereignisse können erheblichen Schaden anrichten an der öffentlichen Infrastruktur, aber auch auf Grundstücken. Insbesondere ohne Rückstausicherung können Keller und untere Hausebenen überflutet werden – mitunter besteht sogar Lebensgefahr.
Die meisten Gebäude in Deutschland sind im Falle von Starkregenereignissen nicht bzw. nicht ausreichend gegen Rückstau gesichert. Diese Erkenntnis ist für sich genommen schon erschreckend genug, gewinnt jedoch noch an Bedeutung, wenn man sich vor Augen führt, dass Wetterextreme und damit die Gefahren für Menschen, Immobilien und Gegenstände aufgrund des Klimawandels künftig weiter zunehmen dürften.
Was ist überhaupt Rückstau? Und was die Rückstauebene?
Insbesondere bei Starkregen, aber auch etwa durch Verstopfung von Kanälen oder äußere Umstände wie Reparaturarbeiten kann die Kanalisation überlastet werden, so dass es nicht schnell genug abfließen kann. Die Folge: Das Regen- bzw. Schmutzwasser staut sich bis in die Hausanschlüsse oder Grundleitungen zurück und kann so auch ins Gebäude gelangen – sofern kein geeigneter Rückstauschutz besteht. Betroffen wären dann alle Räume, die unterhalb der Rückstauebene liegen. Dort kann das Wasser etwa aus Kellerabläufen, Toiletten oder Waschbecken hochfließen.
Die Rückstauebene ist definiert als „höchste Ebene, bis zu der das Wasser in einer Entwässerungsanlage ansteigen kann“ (DIN EN 12056-1). Das ist in aller Regel die Straßenoberkante. Doch muss berücksichtigt werden, dass beim Austritt von Abwasser aus dem öffentlichen Kanal ein Überdruck herrscht, welcher zu einem Überstau führt. Dieser wirkt bis in die Grundstücksentwässerungsanlage. Bei fehlenden genaueren Angaben wird empfohlen, zur Straßenoberkante noch zusätzlich einen Überstau von 15 cm anzusetzen. Bei geneigtem Gelände muss zusätzlich beachtet werden, dass sich eine Entspannung im öffentlichen Bereich erst beim entgegen der Fließrichtung gesehen nächsten Straßenschacht ergibt. Beachtet man diese physikalische Grundgesetze, führt dies oft zu anderen Rückstauebenen. Und die Aufteilung der Entwässerungsgegenstände zwischen oberhalb/unterhalb der Rückstauebene muss neu geplant werden.

Fehler bei Planung und Installation von Rückstauschutz-Lösungen vermeiden
Schon in der Planungsphase sollte man sich die Expertise eines kundigen Fachmanns einholen. Gerade bei der Integration von Rückstauschutzlösungen in Bestandsgebäuden können Fehler passieren. Und auch die örtlichen Gegebenheiten sind ganz entscheidend, v.a. die Rückstauebene bzw. Höhenlage der Entwässerungsanlagen und auch die Abwasserart im jeweiligen Kanal. Bei Rückstauverschlüssen mit mechanischen Pendelklappen etwa wird das belastete Abwasser an den Klappen angebremst. Dies führt in dem sensiblem Bereich der Klappen zu Ablagerungen. Dies bedeutet doppeltes Risiko:
- Die Klappen können im Rückstaufall nicht mehr sicher verschließen und
- im Normalbetrieb können Verstopfungen zur inneren Überflutung führen.
Des Weiteren ist beim Einbau u.a. darauf zu achten, dass die Rückstausicherungen in möglichst trockenen, gut zugänglichen Bereichen installiert werden. Außerdem ist bei der Installation an eine Beruhigungsstrecke vor dem Rückstauverschluss von mindestens einem Meter zu denken.

Welcher Rückstauschutz für welchen Fall?
Für den Schutz vor Rückstau bieten verschiedene Hersteller Rückstauverschlüsse, Rückstauschächte und Hebeanlagen an.
1. Rückstauverschlüsse
Rückstauklappen sind eine einfache, kostengünstige Lösung zum Einbau in horizontal verlegten Rohrleitungen oder in der Bodenplatte. Der Wasserdruck oder ein motorischer Antrieb schließt die Klappen und macht damit das Rohr dicht, wenn sich das Wasser zurückstaut. Gemäß DIN EN 13564-1 gibt es sechs verschiedene Typen (0 bis 5), deren Verwendung in der DIN 1986-100 Tabelle 4 geregelt ist:
- Typ 0: zugelassen für Regenwasser – ein selbsttätiger Verschluss
- Typ 1: zugelassen für Regenwasser – ein selbsttätiger Verschluss sowie ein Notverschluss
- Typ 2: zugelassen für fäkalienfreies Abwasser (Grauwasser) – zwei selbsttätige Verschlüsse sowie ein Notverschluss
- Typ 3: zugelassen für fäkalienfreies Abwasser, mit Kennzeichnung „F“ auch für fäkalienhaltiges Abwasser (Schwarzwasser) – ein durch Fremdenergie betriebener selbsttätiger Verschluss sowie ein Notverschluss
- Typ 4: zugelassen für fäkalienfreies Abwasser – Bodenablauf mit einem selbsttätigen Verschluss und einem Notverschluss (Achtung: in Deutschland nicht zulässig)
- Typ 5: zugelassen für fäkalienfreies Abwasser – in Ablaufgarnituren oder Bodenabläufen eingebaut, zwei selbsttätige Verschlüsse und ein Notverschluss

Allerdings ist die Verwendung von Rückstauverschlüssen gemäß DIN EN 12056-4 an vier Kriterien geknüpft, welche alle gleichzeitig einzuhalten sind:
- Das Abwasser wird in freiem Gefälle abgeführt, d.h. der Abfluss liegt oberhalb des Kanals (→ das ist der Regelfall).
- Die Räume sind von untergeordneter Nutzung, d.h. keine Beeinträchtigung wesentlicher Sachwerte oder der Gesundheit der Bewohner bei Überflutung.
- Der Benutzerkreis ist klein und auf die Benutzung der Ablaufstellen/Entwässerungsgegenstände kann im Rückstaufall verzichtet werden.

Nachteile der Rückstauverschlüsse sind:
- Entwässerungsgegenstände wie Waschmaschinen, Waschbecken oder Toiletten können im Rückstaufall nicht genutzt werden.
- Bei defekten Verschlüssen ist der Rückstauschutz nicht mehr gewährleistet.
- Die Erkennbarkeit von Störungen ist vor allem bei rein mechanischen Verschlüssen in der Regel nicht gegeben.
- Die beweglichen Teile sind störanfällig.
Moderne Rückstauverschlüsse vom Typ 3 werden Fremdenergie meistens in Form eines elektrischen Motors verschlossen. Kommt es zum Rückstau, wird ein netzunabhängiger akustischer oder optischer Alarm ausgelöst und die Klappen schließen motorisch – dank einer Batteriepufferung auch bei Stromausfall.
2. Rückstauschächte
Gestaltet sich der Einbau eines Rückstauverschlusses im Gebäude schwierig, können (nachträglich) außerhalb des Gebäudes auch Rückstauschächte mit passender Sicherung installiert werden. Diese können auch an die Grundleitung angeschlossen werden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass nur Entwässerungsgegenstände unterhalb der Rückstauebene gesichert werden und der Zulauf oberhalb der Rückstauebene frei auslaufen kann.

3. Hebeanlagen
Hebeanlagen mit Rückstauschleife und Rückflussverhinderer bieten den besten und umfassendsten Schutz und unterliegen keinen Anwendungsbeschränkungen wie bei Rückstauverschlüssen. Bei der Planung von frei aufgestellten Anlagen ist allerdings u.a. auf einen Arbeitsraum von mind. 60 cm zu achten. Es gibt Hebeanlagen für fäkalienhaltiges Abwasser (Typ 1 und 3), für fäkalienfreies (leicht verschmutztes) Schmutz- oder Regenwasser (Typ 2) sowie Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung (DIN EN 12050-3).
Rohrpost abonnieren!
Wir graben für Sie nach Neuigkeiten. Die Ergebnisse gibt es bei uns im Newsletter.
Jetzt anmelden!


Liegt die Ablaufstelle unterhalb der Rückstauebene, sammelt die Hebeanlage das Abwasser in einem Pumpenschacht oder einem Sammelbehälter, bis ein bestimmter Wasserstand erreicht wird. Über eine Rückstauschleife fördern Pumpen sodann das Wasser in den Kanal. So kann auch bei Rückstau kein Wasser in den Keller eindringen; Entwässerungsgegenstände können unterhalb der Rückstauebene weiterhin genutzt werden. Die Wahl der jeweiligen Hebeanlage hängt von der Einbausituation ab. Im gewerblichen Bereich werden oft größer dimensionierte Hebeanlagen oder Pumpstationen eingesetzt.

Daneben gibt es Hybrid-Hebeanlagen, deren Einbau möglich wird, wenn ein natürliches Gefälle zum Kanal besteht. So nutzen diese Anlagen im Normalbetrieb das freie Gefälle und pumpen nur im Rückstaufall. Das spart zum einen viel Strom (und damit Geld) und zum anderen sind die Anlagen wegen des geringen Pumpenverschleißes auch weniger wartungsbedürftig.

Wartung von Rückstausicherungen
Wichtig: Alle Rückstau-Systeme funktionieren nur einwandfrei, sofern sie regelmäßig gewartet werden. DIN EN 12056-4 bestimmt für Hebeanlagen im Falle der gewerblichen Anwendung eine mindestens vierteljährliche Wartung, bei Mehrfamilienhäuser eine halbjährliche Wartung und bei Einfamilienhäuser eine mindestens jährliche Wartung durch eine sachkundige Fachkraft. Die Wartung von Rückstauverschlüssen ist nach DIN EN 13564-1 und DIN EN 1986-3 mindestens zweimal im Jahr durch einen Fachkundigen beim Typ 3 und ansonsten von einem Sachkundigen durchzuführen. Die Wartung umfasst etwa die Reinigung sowie Prüfung von Dichtungen und der Mechanik.
Welche Versicherungen decken welche Rückstauschäden ab?
Für Rückstausicherungen sind Grundstückseigentümer verantwortlich und tragen daher die Kosten für etwaige durch Rückstau entstandene Schäden. Speziell auf Rückstauschäden zugeschnittene Versicherungen gibt es nicht. Elementarschäden werden über Gebäudeversicherungen und Hausratsversicherungen abgedeckt. Erstere übernehmen Kosten für die Schadensbehebung am Gebäude selbst, letztere jene für Schäden am Inventar.
Versichert sind allerdings Rückstauschäden nur, soweit Elementarschäden ausdrücklich inbegriffen sind. Diese müssen zusätzlich in die Versicherung explizit aufgenommen werden. Aber Achtung: Verlangen Versicherungen Vorkehrungen zur Verhinderung von Rückstauschäden, haften Haus- und Wohnungseigentümer im Falle der Vernachlässigung, d.h. wenn keine fach- und normgerechte Rückstausicherung eingebaut wurde oder eine vorhandene nicht ordnungsgemäß gewartet wurde. Bei fehlender, falsch installierter oder nicht gewarteter Rücksicherung besteht die Gefahr, dass der Versicherer die Regelung ablehnt und der Versicherte den Schaden alleine tragen muss.

Weiterlesen:
Neueste Beiträge:
Meistgelesene Artikel
Für welche Leistungsart interessieren Sie sich?


Bauleistungen


Dienstleistungen


Lieferleistungen
Verwandte Bau-Themen:
Top Bau-Themen:
Aktuelle Termine für unterirdische Infrastruktur
01.04.2025
Tag der Grundstücksentwässerung05.05.2025 - 08.05.2025
Pipeline Technology Conference (ptc)05.05.2025 - 08.05.2025
20. Pipeline Technology ConferenceJetzt zum Newsletter anmelden:
Leitungsbau, Kanalsanierung, Abwasser – erfahren Sie das wichtigste rund ums Thema unterirdische Infrastruktur.