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Großes Energie-Potenzial in urbanen Räumen

Im Zuge des Ukraine-Kriegs ist die Energiewende, insbesondere die Unabhängigkeit von russischen Gas- und Ölreserven, neu in den Fokus gerückt. Eine alternative Quelle von Wärmeenergie kommt aus dem Untergrund: die Abwasserwärme. In Stuttgart wurde dieser noch vergleichsweise unbekannte Ansatz von der Uhrig Energie GmbH bereits 2018 für ein gesamtes Quartier realisiert.

Wärmeenergie aus Abwasser: Alternative Energiequelle aus dem Kanal
Modul zur Wärmeübertragung im Kanal | Foto: Uhrig Energie GmbH

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Abwasserwärme ist eine bewährte Energiequelle, die in kleinerem Umfang schon länger genutzt wird. Im Winter ist die Temperatur des Wassers in konventionellen Abwasserkanälen mit 10 bis 12 °C deutlich höher als bei anderen Wärmepumpenquellen, im Sommer liegt sie bei 17 bis 20 °C und ist damit kühler als die Außenluft. Insofern ist Energie aus Abwasser sowohl fürs Heizen im Winter als auch zur Kühlung im Sommer gut geeignet, zumal die Vorlauftemperaturen moderner großflächiger Heizungssysteme recht niedrig sind. Der Einsatz von Wärmepumpen ist umso effizienter, je geringer die Temperaturdifferenz zwischen dem Wärmereservoir und der Vorlauf-Temperatur ist.

In Deutschland ließen sich laut Studien 5 bis 14 Prozent des Gebäudesektors mit Energie aus Abwasser heizen (ifeu 2018, enervis 2017, IER 2011), bei Wärmeeinspeisung aus industriellen Quellen sogar bis zu 27 Prozent (enervis 2017). Zu den Fördermöglichkeiten von Abwasserwärme und Wärmepumpen komme der vielerorts vorhandene politische Wille, klimagerechte Projekte zu realisieren.

Wie die Technik funktioniert

Die Flüssigkeit im Modul ist kälter als das Abwasser im Kanal, sodass die jeweilige Flüssigkeit im Modul durch das darüber fließende Abwasser erwärmt wird. So findet eine Wärmeübertragung statt, ohne dass sich das Abwasser und die im Modul befindliche Flüssigkeit berühren oder vermischen. Übertragen wird die Wärme über den Edelstahl. Die so erwärmte Flüssigkeit fließt vom Modul durch eine Leitung zur Heizzentrale und bildet den Vor- und Rücklauf zur Wärmepumpe. Mithilfe von ein wenig Strom macht die Wärmepumpe die aus dem Kanal gewonnene Energie nutzbar. Eine so erzeugte kWh Wärme besteht aus 75 % Energie aus Abwasser und zu 25 % aus Strom.

Will man Kälte erzeugen, läuft der Prozess entsprechend umgekehrt: Die im Modul befindliche Flüssigkeit ist wärmer als das Abwasser im Kanal und gibt Wärmeenergie an das Abwasser ab.

In jedem Fall erholt sich die Abwassertemperatur durch Zuflüsse und Umgebungstemperatur im Boden nach wenigen Metern wieder und pendelt sich wieder auf das Temperaturniveau ein, das es vor der Wärmetauscheranlage hatte. Als Faustregel gilt: Nach einer Abwasserwärmenutzungsanlage sollte in etwa das Zwei- bis Dreifache der Länge der Anlage selbst als sogenannte Erholungsstrecke eingeplant werden. Ist eine Anlage zur Energiegewinnung aus Abwasser 100 Meter lang, dann kann etwa 200 bis 300 Meter danach wieder eine Anlage installiert werden. Daraus folgt, dass sich die Energiegewinnung aus Abwasser nahezu beliebig oft wiederholen lässt und sich verschiedene Technologieansätze – Inhouse, Kanalnetz, Kläranlage – nicht kannibalisieren.

Alternativ kommen auch sog. externe Lösungen zum Einsatz. Sie zielen darauf ab, Abwasser aus dem Kanal in ein externes Wärmetauschersystem zu führen, um dort nach einer Reinigung des Abwassers die Energie zurückzugewinnen. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass das gereinigte Abwasser noch mehr Energie abgibt als das noch schmutzige Abwasser bei der „internen“ Lösung. Allerdings besteht auch ein verhältnismäßig höherer Aufwand für die Umsetzung, allein schon mit Blick auf den Platzbedarf für ein solches System. Es ist also ratsam, die verschiedenen Varianten gewissenhaft zu prüfen.

Eine aus Abwasserwärme erzeugte kWh Wärme besteht aus 75 % Energie aus Abwasser und zu 25 % aus Strom. | Foto: Uhrig Energie GmbH
Eine aus Abwasserwärme erzeugte kWh Wärme besteht aus 75 % Energie aus Abwasser und zu 25 % aus Strom. | Foto: Uhrig Energie GmbH

Wärmeenergie aus Abwasser in der Praxis

Hürden in der Umsetzung entstehen unter anderem dadurch, dass die Technologie lange relativ unbekannt blieb. Das Fehlen an etablierten Prozessen und die daraus resultierende längere Projektentwicklung bildet ebenfalls ein Hindernis.

Die bisher größte eingebaute Anlage der Firma Uhrig wurde 2018 im Quartier Neckarpark in Stuttgart realisiert und liefert 2,1 MW für ein ganzes Quartier mit 450 Wohneinheiten und zusätzlichem Gewerbe. Sie wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Die Kombination von Niedrigstenergiegebäuden und Abwasserwärme soll ein optimales Gesamtsystem Wärmeversorgung/Gebäude realisieren, das ökologisch und ökonomisch nachhaltig ist.

Weitere Beispiele für den Einsatz der Technologie in der Praxis finden sich beispielsweise im Rhein-Main-Kongress-Center in Wiesbaden und im bereits seit 2011 im Élysée-Palast in Paris.

Energie aus Abwasser ist sowohl fürs Heizen im Winter als auch zur Kühlung im Sommer gut geeignet, zumal die Vorlauftemperaturen moderner großflächiger Heizungssysteme recht niedrig sind. | Foto: Uhrig Energie GmbH
Energie aus Abwasser ist sowohl fürs Heizen im Winter als auch zur Kühlung im Sommer gut geeignet, zumal die Vorlauftemperaturen moderner großflächiger Heizungssysteme recht niedrig sind. | Foto: Uhrig Energie GmbH

Kanalnetzbetreiber am Steuer

Grundsätzlich braucht der Betreiber einer Abwasserwärmenutzungsanlage nur die Genehmigung des Kanalnetzbetreibers. Der Kanalnetzbetreiber entscheidet darüber, ob in einem bestimmten Kanal eine Anlage zur Energiegewinnung aus Abwasser eingebaut werden darf oder nicht. Für Kanalnetzbetreiber ist entscheidend, dass der Kanalbetrieb durch die energetische Nutzung des Abwassers in keiner Weise eingeschränkt wird.

Einige Kanalnetzbetreiber stellen mittlerweile online Energiekarten zur Verfügung, mit denen sich sekundenschnell prüfen lässt, ob und wo die Grundvoraussetzungen zur Energiegewinnung gegeben sind. Andere Kanalnetzbetreiber stellen diese Informationen auf Anfrage zur Verfügung. Wichtig ist dies deshalb, weil so zu Beginn eines Projektes die Option Abwasserwärme schnell und unkompliziert vorgeprüft werden kann. Konkretisiert sich der Einsatz der Energie aus Abwasser, dann wird im Laufe der Projektierung zumeist durch eine Temperatur- und Durchflussmessung eine breite Datenbasis für eine passgenaue und präzise Auslegung der Wärmetauscheranlage geschaffen.

Für die Wärmewende in Städten und urbanen Räumen bedeutet all dies grundsätzlich, dass eine riesige Menge Energie bereits vorhanden ist – unsichtbar und unterirdisch nutzbar.

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