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Qualitätssicherung von vertikalen Linersystemen

Die Erfolgsquote bei der grabenlosen Sanierung mittels Schlauchliner ist beeindruckend. Ziel der Sanierung muss es nach DIN EN 752 jedoch sein, das komplette System gegen Exfiltration und Infiltration abzudichten, was zwangsläufig die Frage nach der Dichtheit bzw. der Funktionsfähigkeit der Übergabepunkte und Schächte aufwirft.

Qualitätssicherung im Schacht – Untersuchung zu vertikalen Schlauchlinern
Der Einbau und die Aushärtung eines vertikalen Liners gestalten sich anders als bei horizontal einzubauenden Linern. Im Bild: SF-Schachtliner DN 1000 mit einer Mindestwandstärke von 5,0 mm und einer Länge von ca. 6 m in Bremen. | Foto: Swietelsky-Faber Kanalsanierung

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In diesen Bereichen wird häufig mit händischen oder maschinellen Beschichtungsverfahren mittels mineralischer Massen, polymerer Massen oder mittels Montageverfahren gearbeitet, wobei die Einbindeproblematik am Übergang zur sanierten Leitung eine besondere Herausforderung darstellt. Hier führen nicht alle Materialkombinationen zu einer zufriedenstellenden und dauerhaft dichten Verbindung, wobei eine Materialgleichheit in der Regel ein erfolgversprechendes Ergebnis erzielt.

Tabelle: Mögliche Materialkombinationen

Untergrundmaterial:

Beschichtungsmaterial:

thermoplastisch

duroplastisch

mineralisch

Thermoplast

X / Verschweißung

/

/

Duroplast

/

X / Verklebung

/

Beton

/

X / Verklebung

X

Steinzeug

/

X / Verklebung

X

Wie aus der Tabelle ersichtlich, sind nicht alle Materialkombinationen kraftschlüssig – und damit dauerhaft dicht – kombinierbar. Eine Sanierungsmaßnahme mittels Schlauchliner kann demnach als duroplastisches Untergrundmaterial lediglich mit einem Material aus der gleichen Substanzklasse „Duroplast“ kraftschlüssig verbunden werden.

Eine elegante Lösung für diese Herausforderung besteht nun darin, „substanzklassengleich“ zu arbeiten, d.h. ist die Sanierung mittels thermoplastischem PE-Rohr erfolgt, muss die Schachtsanierung auch mit Polyethylen erfolgen. Ist die Sanierung der Leitung mittels duroplastischem Schlauchliner erfolgt, muss die Schachtsanierung ebenfalls mittels einer duroplastischen Matrix erfolgen usw.

Schwierigkeit im Schacht: Schlauchlining vertikal

Diese Tatsache legt nun nahe, einen Schlauchliner statt horizontal (ursprüngliche Bestimmung) einfach vertikal einzubauen. Was in kleineren Dimensionen, z.B. in Fallleitungen, außerhalb Deutschlands seit Jahren Stand der Technik ist, muss nun „lediglich“ auf die Belange des Schachts angepasst werden. Auch wenn diese Überlegung recht einfach umsetzbar erscheint, so treten in der praktischen Durchführung doch einige Herausforderungen auf, die gemeistert werden müssen.

Eine dieser Herausforderungen war zum Beispiel die kraftschlüssige Anbindung der Gerinne bzw. der Berme, was an die Hafteigenschaften der verwendeten Materialien besondere Anforderungen stellt, da der kraftschlüssige Verbund auf verschiedenen Untergründen gleichsam nachgewiesen werden muss.

Eine weitere Herausforderung stellt die gleichmäßige und im besten Falle vollständige Aushärtung des vertikalen Schlauchlinersystems im Schacht dar. Aufgrund der vertikalen Ausrichtung und der damit einhergehenden ungünstigen Druckverteilung auf das System fallen Systeme, welche die Reaktionsinitiierung über heißes Wasser gewährleisten, aus. Die derzeit am Markt etablierten vertikalen Schachtliner-Systeme setzen deshalb auf die bewährte Polymerisationsinitiierung mittels UV-Strahlung, bei der der Anpressdruck mittels Luft gewährleistet wird, was eine gleichmäßige Druckverteilung in dem System sicherstellt. Der Reaktionsstart erfolgt nun, analog der UV-härtenden Schlauchliner, mittels eines dotierten Breitbandstrahlers, der dann zentrisch im Schacht vertikal bewegt wird. Genau wie bei den lichthärtenden Schlauchlinersystemen sind hierbei die Bestrahlungsstärke und die Zuggeschwindigkeit, also die Menge an Photonen pro Flächenelement und Zeiteinheit, die aushärtebestimmenden Faktoren, und genau wie bei seinem „horizontalen Bruder“ muss eine Kontrolle der tatsächlich auf der Baustelle erreichten Aushärtung der vertikalen Schachtauskleidung erfolgen.

Noch kein Regelwerk für vertikale Schlauchliner

Für die Sanierung von Abwasserleitungen mittels Schlauchliner gibt es nun diverse Regelwerke, wie zum Beispiel die DIN EN ISO 11296-4:2021 als Produktnorm und die ISO/TS 23818-2:2021 Konformitätsbewertung von Kunststoffrohrleitungssystemen zur Sanierung von bestehenden Rohrleitungen - Teil 2: Harz-Faser Verbundwerkstoff (RCF) als technische Spezifikation. Zusätzlich werden für die horizontalen Schlauchlinersysteme vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen erteilt. Der vertikale Vertreter der Gattung Schlauchliner ist von der Standardisierung bisher allerdings ausgenommen, was in Bezug auf die Bestimmung der mechanischen Leistungsfähigkeit und damit verbunden auch der strukturellen Randbedingungen durchaus Fragen aufwirft.

Grundsätzlich muss zunächst bei einem solchen System die mechanische Leistungsfähigkeit, d.h. die Soll-Werte, die als Bemessungsgrundlage dienen, in Eignungsuntersuchungen festgelegt werden. Auf Grundlage dieser Daten wird dann eine statische Bemessung für den jeweiligen Lastfall durchgeführt. Nach Einbau und Aushärtung wird im Anschluss durch die Qualitätssicherung (Probenahme und Analyse) die Einhaltung der in der statischen Berechnung zugrunde gelegten Werte überprüft. Die Durchführung einer solchen Eignungsuntersuchung und der dazugehörigen Baustellenüberwachung wird z.B. in der ISO TS 23818-2 für vertikale Schlauchliner beschrieben.

Eine Basis für Qualitätssicherung schaffen

Im Rahmen eines Projekts wurden nun vier Schachtlinerproben einer genaueren Untersuchung unterzogen, um die Datengrundlage für eine mögliche qualitätssichernde Vorgehensweise zu schaffen. Eine Probenahme analog einer Schlauchliningmaßnahme wurde aufgrund der geforderten Probengröße bei diesen Sanierungen von min. 200 x 300 mm nicht durchgeführt. Bei den zur Untersuchung angelieferten Proben handelte es sich um Kernbohrungen mit einem Durchmesser von 60 mm.

Schachtlinerproben von Berme und Wand | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Schachtlinerproben von Berme und Wand | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Die Prüfungen wurden in Anlehnung an die bereits vorhandenen Untersuchungsrichtlinien für Schlauchlinersysteme durchgeführt, um eine möglichst einheitliche Vorgehensweise gewährleisten zu können. Als erste Analysen wurden die Bestimmung der mechanischen Kenndaten nach DIN EN ISO 14125 (einen höheren Bekanntheitsgrad hat die DIN EN ISO 178, die jedoch aufgrund der Faserlänge keine Anwendung findet), die Bestimmung des Aushärtegrades mittels thermischer Analyse DSC nach DIN EN ISO 11357, die dynamisch-mechanische Analyse DMA nach DIN EN ISO 6721, der Restmonomeranteil (hier Reststyrol) nach ISO 4901, die Druckspannung nach DIN EN ISO 601 und das spezifische Gewicht nach DIN EN ISO 1183 untersucht.
Ermittlung des spezifischen Gewichts | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Ermittlung des spezifischen Gewichts | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian

Die dynamisch-mechanische Analyse zur Bestimmung des Speicher- und Verlustmoduls (nicht zu verwechseln mit dem statischen Elastizitätsmodul!) und der Glasübergangstemperatur führte aufgrund der Proben-Geometrien (Wanddickenunterschiede…) nicht zu einem aussagekräftigen Ergebnis. Ebenso konnte die Bestimmung der Druckspannung, aufgrund starker Ergebnisschwankungen, nicht verwertet werden. Diese Unregelmäßigkeiten sind auf Schwankungen im Wandaufbau und auf eine nicht klar definierte Vorzugsrichtung zurückzuführen.

Durchgeführte Untersuchungen

Mechanische Analysen

Das Hauptaugenmerk bei den durchgeführten Analysen lag auf der Ermittlung der mechanischen Kenndaten, da sich diese Untersuchungen als Standard bei Schlauchliningmaßnahmen durchgesetzt haben und eine Vergleichbarkeit das Einführen neuer Analysenmethoden obsolet werden lässt. Bei der Ermittlung der Wanddicke wurde an jedem Probestück an 30 Messpunkten der Gesamtdickenwert bestimmt und als Mittelwert ausgegeben.

Ermittlung der Wanddicke | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Ermittlung der Wanddicke | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian

Die Schwankungen in den ermittelten Wanddickenwerten sind fertigungsbedingt erklärbar, insbesondere vor dem Hintergrund der ermittelten spezifischen Dichtewerte, die einen Anhaltspunkt für die Verdichtung des Laminats geben. Eine gleichförmige Verdichtung führt bei vorgegebener Wanddicke zu einem gleichförmigen Endergebnis. Da die ermittelten Daten Schwankungen unterliegen und die Aushärtung bei gleichen Drücken durchgeführt wurde, kann ein bauseitiger Einfluss ausgeschlossen werden.

Die Ermittlung von E-Modul und Biegespannung liefert für drei Proben sehr ähnliche Werte, obwohl der Auflageabstand aufgrund der geringen Probengröße nicht mehr den Normenvorgaben entsprechen konnte. Die Werte liegen in dem Bereich der E-Modul-Werte aus Versuchen an vertikalen Linersystemen gleicher Bauart. Zur Verringerung der bei kleinerem Auflageabstand auftretenden Scherkräfte könnte ein Vierpunkt-Biegeversuch mit geringer Durchbiegung die Präzision der Ergebnisse erhöhen.

Ermittlung von E-Modul und Biegespannung | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Ermittlung von E-Modul und Biegespannung | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian

Die seit 2018 in der DIN EN ISO 11296-4 (aktueller Normenstand DIN EN ISO 11296-4:2021!) festgeschriebenen alternativen Berechnungsmethoden der Biegespannung (E * I) und der Ringsteifigkeit aus dem Dreipunkt-Biegeversuch zeigen keinen direkten Zusammenhang zu den klassischen mechanischen Kenndaten aus dem statischen Versuch.

Ermittlung der Biegesteifigkeit E*I und der Ringsteifigkeit | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Ermittlung der Biegesteifigkeit E*I und der Ringsteifigkeit | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian

Chemische Analyse

Im Gegensatz zur klassisch-mechanischen Betrachtungsweise setzt die chemische Analyse auf die Bestimmung des Umsatzes, also des Aushärtegrades, als qualitätssichernde Maßnahme. Der Grundgedanke ist hierbei, dass die mechanische Leistungsfähigkeit durch die Polymerisation (Aushärtung) der Matrix hergestellt wird und die Faseranteile entweder als reines Trägermaterial oder als verstärkende Komponente dienen. Eine Variante der Umsatzgradbestimmung ist die Ermittlung des Restmonomeranteils, also des Anteils an unvernetztem Monomer. Ausgehend von der theoretischen Annahme, dass alle Monomerbausteine in die Reaktion mit eingebunden werden, lässt sich bei Abwesenheit monomerer Anteile ein Umsatzgrad von 100% postulieren. Bauseits ist eine 100%ige Umsetzung der Reaktion nicht erreichbar, weshalb Restmonomeranteile je nach Anwendungsfall toleriert werden.

Die ermittelten Restmonomeranteile zeigen eine starke Streuung der Ergebniswerte, was auf unterschiedliche Massenkonzentrationen von Styrol in den Harzanmischungen vor der Polymerisation liegen kann.

Ermittlung des Reststyrolanteils | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Ermittlung des Reststyrolanteils | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian

Die klassische Methode zur Bestimmung des Umsatzgrades ist die dynamische Differenzkalorimetrie (DSC – dynamic scanning calorimetry), die als thermoanalytisches Verfahren zur Polymercharakterisierung seit Jahrzehnten herangezogen wird. Grundgedanke der DSC ist die Bestimmung der Glasübergangstemperatur (als Maß für die Umsetzung) und der Restenthalpie, als Maß für den Anteil nicht reagierter Monomere. Was sich zunächst recht sperrig anhört, erweist sich in der Praxis als leistungsstarke Messmethodik zur Charakterisierung des Umsatzgrades bei Duroplasten.

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Bei der DSC-Messung wird eine Ist-Glasübergangstemperatur und eine Soll-Glasübergangstemperatur ermittelt. Theoretisch liegt ein 100%iger Umsatz vor, wenn beide Temperaturen übereinstimmen, was allerdings bauseits gar nicht und selbst im Labor nur sehr schwer realisiert werden kann. Die Aushärtung liegt bei den untersuchten Proben im Bereich von 86-89% Umsatz, bezogen auf eine thermokinetische Umsatzanalyse eines vergleichbaren Materials.

Ermittlung der thermoanalytischen Parameter | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian
Ermittlung der thermoanalytischen Parameter | Foto: Prof. Dr. Jörg Sebastian

Ausblick

Die hier dargestellten ersten Untersuchungen zeigen, dass die klassische mechanische Analytik und die Bestimmung des Umsatzgrades über thermoanalytische Methoden die bisher sichersten Varianten der Qualitätssicherung an Schlauchlinersystemen, ob vertikal oder horizontal eingebaut, darstellen. Allerdings ist es zur statistisch gesicherten Datenanalyse noch ein weiter Weg, bei dem die vielen Untersuchungen an vertikalen Schlauchlinern durchaus helfen, die richtige Richtung zur gesicherten Qualitätssicherung von vertikalen Schachtlinersystemen einzuschlagen.

*Autor: Prof. Dr. Jörg Sebastian, Geschäftsführer der SBKS GmbH & Co. KG und Sachverständiger bei der IHK. | Foto: SBKS
*Autor: Prof. Dr. Jörg Sebastian, Geschäftsführer der SBKS GmbH & Co. KG und Sachverständiger bei der IHK. | Foto: SBKS

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