LISY inspiziert vom Hauptkanal aus

Die Schweinfurter Hauptkanäle inklusive der 15 Kilometer abgehenden Anschlussleitungen sollen bis März 2024 inspiziert werden. Unter der Rückertstraße in der Schweinfurter Altstadt befinden sich unter anderem Eiprofile in der Rohrdimension DN 800/1200. Dies war ein geeigneter Anwendungsfall, um die neue LISY 4 für Inspektionen ausgehend vom Hauptkanal in der Praxis zu testen.

LISY 4 inspiziert Eiprofile unter Rückertstraße in Schweinfurt
Unter der Schweinfurter Rückertstraße Richtung Marktplatz mit dem historischen Rathaus begannen die Inspektionsarbeiten der Schnurrer Kanaltechnik GmbH. | Foto: IBAK

Schweinfurt ist eine kreisfreie Stadt in Unterfranken mit mehr als 54.000 Einwohnern. Jeden Tag fallen dort ca. 20.000 m³ Abwasser an. Die Stadtentwässerung Schweinfurt ist seit 1996 Eigenbetrieb der Stadt Schweinfurt. Sie beauftragte Schnurrer Kanaltechnik aus Weiden mit der Inspektion von insgesamt 27 km Hauptkanal in den Rohrdimensionen von DN 150 bis DN 2800. Die Sondergrößen und Großprofile (Eiprofil von 700/1050 bis 1500/2250 und Sonderprofil von 500/962 bis 1029/1800) erstrecken sich über vier Kilometer.

Die Rückertstraße in der Altstadt muss in der Mitte einen neuen Belag erhalten, da dieser Bereich starken Belastung ausgesetzt ist: Rund 145 Busse rollen Tag für Tag über das Pflaster. Auch in der Fußgängerzone stehen eventuell Sanierungen an. Aus diesem Grund benötigte die Stadtentwässerung Schweinfurt für die weitere Planung die TV-Inspektion zeitnah und priorisierte entsprechend den darunter befindlichen Hauptkanal mit einer Länge von 325 Meter. So begann Schnurrer die Kanalinspektion mit den sieben Haltungen im gemauerten Ei-Profil der Rohrdimension DN 800/1200.

Anspruchsvolle Einsatzbedingungen

„Die Haltungen befinden sich unmittelbar an einem Pumpwerk, das etwa alle 10 Minuten einschaltet. Damit haben wir immer wieder mit hoher Geschwindigkeit fließendes Abwasser während des Einsatzes“, erklärt Inspekteur Rudolf Ambrosch. „Bei einer Absperrung hätten wir höchstens für eine Stunde arbeiten können und danach eine halbe Stunde warten müssen. Das wäre nicht effizient“, so der Schnurrer-Mitarbeiter weiter. Ohnehin war ein zügiges Arbeiten gefordert, um den Linienbus- und weiteren Straßenverkehr nicht zu beeinträchtigen und die Inspektionsdaten als Planungsgrundlage zeitnah bereitzustellen. „Auf der Strecke sind in den Anschlussleitungen viele schwierige 90 Grad Bögen verbaut, weil der öffentliche Kanal vor Jahren tiefer gelegt wurde. Teilweise gehen die Bögen sogar über 90 Grad nach oben, verlaufen dort etwa 3 Meter auf dem Niveau und gehen dann wieder in die Waagerechte, damit sie wieder auf die alte Leitung kommen.“, erläutert Peter Kreinhöfner, zuständiger Ingenieur bei Schnurrer. Vor diesem Hintergrund sei die Bogengängigkeit eine zentrale Anforderung an das eingesetzte System.
Die LISY 4 konnte mit LIFT, Trichter und Ei-Profil-Lafetten vollständig aufgebaut in den Kanal gelassen werden. | Foto: IBAK
Die LISY 4 konnte mit LIFT, Trichter und Ei-Profil-Lafetten vollständig aufgebaut in den Kanal gelassen werden. | Foto: IBAK

LISY im Einsatz

Unter dem Namen LISY wurde das Laterale Inspektionssystem erstmals in Berlin auf der IFW im April 1993 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Laufe der Jahre folgten Weiterentwicklungen und Ergänzungen mit Zubehör, die den Einsatzbereich des Systems ausbauen und das Handling vereinfachen. Nach der Präsentation der LISY 150 für die Hauptkanal-Befahrung ab DN 150 im Jahr 2003, erfolgte im Jahr 2010 der nächste Entwicklungsschritt zur LISY 3. Damit wurde aus der zuvor untrennbaren Einheit von Vorschubeinrichtung und Fahrwagen ein modulares System. Die Neuauflage im Jahr 2015 bewegte sich kraftvoller als ihre Vorgänger durch Anschlussleitungen. Die LISY 3.2 verfügte zudem über eine variable Vortriebsgeschwindigkeit, die sowohl vorwärts als auch rückwärts regulierbar ist. In diesem Jahr stellte IBAK auf der Ro-Ka-Tech in Kassel die neuste Generation des bewährten Systems vor: Die LISY 4 verfügt über sogenannte LateralGuides und fernsteuerbarer Höheneinstellung, wodurch das System zügig an Dimensionsänderungen angepasst werden kann. Die LISY 4 lässt sich vollständig montiert selbst in dem Aufbau für die Rohrdimension DN 2000 durch die Schachtöffnung in den Kanal bringen. Der Abbiegevorgang vom Hauptkanal in den Seitenanschluss kann in Full-HD beobachtet werden.

Auf der Messe in Kassel war es auch, als Schnurrer auf die LISY 4 samt LIFT aufmerksam wurde und entschied, für den Auftrag in Schweinfurt die Neuauflage im Praxiseinsatz zu testen. Das Unternehmen arbeitet bereits seit 2016 erfolgreich mit dem Vorgängersystem, und war insbesondere für die Großprofile in Schweinfurt an dem erweiterten Einsatzbereich der LISY 4 interessiert.

Durch die harmonische Gesamtkurve der LISY 4 von der Sohle bis zur Anschlussöffnung kann der Vorschub sein ganzes Potential ausschöpfen und kommt in der Praxis stärker zu Entfaltung. | Foto: IBAK
Durch die harmonische Gesamtkurve der LISY 4 von der Sohle bis zur Anschlussöffnung kann der Vorschub sein ganzes Potential ausschöpfen und kommt in der Praxis stärker zu Entfaltung. | Foto: IBAK

Neues Modell auf die Probe gestellt

Den Einsatzbereich bis DN 2000 realisierte IBAK unter anderem durch ein neues Trichterkonzept, den LateralGuides, sowie durch den LIFT und eine elegante Einfädelkurve, die den Schiebestab optimal führt. Dies kam in Schweinfurt bei herausfordernden Bedingungen ausführlich zum Einsatz. Im Verlauf der 325 Metern wurden 54 Anschlüsse in den Rohrdimensionen DN 150 bis DN 200 mit der Orion vom Hauptkanal ausgehend untersucht. Die Anschlussleitungen lagen hauptsächlich im 10-Uhr- und 2-Uhr-Bereich. „Ein Teil der Inspektion wurde mit unserer LISY im Spülbetrieb durchgeführt; den größeren Anteil haben wir mit der LISY 4 im Schiebebetrieb inspiziert“, berichtet Ambrosch.

Die LISY 4 konnte mit LIFT, Trichter und Ei-Profil-Lafetten vollständig aufgebaut in den Kanal gelassen werden. Über die Kontrollkamera war die genaue Position der Orion 3 HD einzusehen und unterstützte Ambrosch damit beim Einfädeln und Vorschieben der Inspektionskamera. „Wir konnten einen deutlichen Unterschied zu unserer bestehenden Anlage feststellen: Mit der LISY 4 steht der Trichter auch bei schwierigen Bedingungen im Rohr stabil.“ Der Schiebestab konnte kontrollierter in den Anschluss geführt werden. Dies wird durch eine harmonische Gesamtkurve von der Rohrsohle bis in den Seitenanschluss erreicht. Durch diesen Verlauf wird der Schiebestab optimal geführt, sodass die Vortriebskraft nahezu komplett für den Vortrieb in den Seitenanschluss übrigbleibt. Das belegt dieser Praxiseinsatz deutlich: „Es ging wirklich super. Ich war sehr überrascht, wie weit wir da reingekommen sind. Wir sind weitergekommen als mit unserer LISY mit Einspülen. Teilweise sind wir trotz der 90 Grad Bögen bis 20 Meter reingekommen. Das hätte ich mit der alten Anlage ohne Spülen bei diesen Einsatzbedingungen nie und nimmer geschafft“, konstatiert der erfahrene Inspekteur.

Dabei wurde auch der Unterschied von SD- und HD-Qualität von Inspektionsaufnahmen deutlich. Mit der Orion 3 HD wurden Inspektionsdaten in Full-HD erzeugt. Das HD-Signal wurde in Echtzeit verlustfrei über ein Glasfaserkabel an das TV-Inspektionsfahrzeug übertragen und weiterverarbeitet. Das brillante, störungsfreie Bild sowie das kontrollierte Einbringen und Vortreiben der Orion über die LISY 4 führten dazu, dass Ambrosch vorzugsweise die Inspektion aus dem IBAK-Demofahrzeug vornahm.

Aufgrund der starken Auslastung sowie der Bedeutung für die Schweinfurter Infrastruktur Über- und Untertage ist eine regelmäßige Kontrolle des 1963 erbauten Kanals notwendig. Zudem wurden die Inspektionsdaten für die Planung von weiteren Baumaßnahmen an der Rückertstraße zeitnah benötigt. Im direkten Vergleich stellte sich für Schnurrer heraus, dass mit der LISY 4 zügiger gearbeitet werden konnte.

Verstärkung für das Team

Seit 2010 ist die Kanaltechnik als eigenständige Firma aus der Josef Schnurrer GmbH & Co. KG, einem Produzenten von Betonrohren, Beton- und Stahlbetonfertigteilen, ausgegliedert. Mit 15 Mitarbeitern auf der Baustelle deckt das Unternehmen in etwa gleichverteilt die beiden Bereiche Kanalinspektion und Kanalsanierung ab. Im Büro sind weitere fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Rudolf Ambrosch ist seit über 10 Jahren bei Schnurrer als Inspekteur tätig. Der gelernte Beton- und Stahlbetonbauer bereut nicht, in die Kanalinspektionsbranche gewechselt zu haben: „Nur im Büro sitzen, wäre nicht meins gewesen. Als Inspekteur ist es abwechslungsreich: man ist mal drinnen und mal draußen“. Der 63-jährige macht sich Gedanken über den Nachwuchs für diesen Beruf: „Die Aufgabe wird komplexer, man darf keine Scheu vor dem Umgang mit Software haben, und trotz allem was es Neues gibt, braucht man ein Auge für Proportionen und die Bereitschaft, sich auch mal schmutzig zu machen. Die Arbeit hat sich gewandelt, man steigt heute längst nicht mehr so oft in den Schacht ein wie früher. Es gibt aber nach wie vor Situationen, in denen dies nötig ist.“ Schnurrer bildet zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice aus und ist zudem auf der Suche nach Teamverstärkung; auch Quereinsteiger sind willkommen. Das neue Teammitglied kann dann den weiteren Verlauf des interessanten Projekts in Schweinfurt aktiv begleiten.

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Sicher ist bereits, dass die neuste Generation der LISY dabei sein wird: Nach diesem erfolgreichen Probeeinsatz entschied sich Schnurrer, die LISY 4 anzuschaffen und diesen sowie viele weitere Aufträge damit optimal abzuwickeln.

Quelle: IBAK


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