Wissen stärken: Rohrvortriebs-Experten erarbeiten Arbeitshilfen
Der Expertenkreis Rohrvortrieb beim abendlichen Ausklang nach einem intensiven Sitzungstag: Michael Hentrich (ö.b.u.v. Sachverständiger für Rohrvortrieb), Harald Drechsler (TÜV Rheinland LGA Bautechnik), Christel Flittner (Steinzeug-Keramo), Karl Heinz Flick (Steinzeug-Keramo), Theo Hundertpfund (Herrenknecht), Dr. Marc Peters (Herrenknecht) und Sarah Burges (Studentin Hochschule Wismar). Auf dem Foto fehlen: Prof. Jens Hölterhoff (Hochschullehrer und Vorsitzender der GSTT), Prof. Dr. Albert Hoch (Tragwerksplaner), Dr. Hans-Peter Uffmann (ö.b.u.v. Sachverständiger für Rohrvortrieb), Kurt Rippl (ö.b.u.v. Sachverständiger für Rohrvortrieb) und Dr. Ulrich Bohle (Steinzeug-Keramo). | Foto: bi/zu Eulenburg
Der Rohrvortrieb hat als modernes, grabenloses Verfahren für den Bau von Abwasserkanälen gerade im innerstädtischen Bereich technische, ökonomische und ökologische Vorteile gegenüber der offenen Bauweise. Dennoch verzeichnen Marktteilnehmer in Deutschland einen rückläufigen Trend. Hierfür gibt es zum Teil objektive Gründe. So sind beispielsweise aufgrund des hohen Erschließungsgrades hierzulande Kanalbauprojekte insgesamt weniger geworden. Die Sorge von Branchenkennern ist jedoch auch, dass der Rohrvortrieb schleichend aus dem Bewusstsein der Planer und Auftraggeber verschwindet und auch dort, wo das Bauverfahren seine Stärken ausspielen könnte, immer seltener zum Einsatz kommt.

Wissen droht verloren zu gehen

In den letzten Jahren ist die Anzahl der in diesem Spezialgebiet tätigen Baufirmen zurückgegangen. In Ingenieurbüros und bei Auftraggebern stehen Generationswechsel an und in der Bauingenieursausbildung an den Hochschulen spielt der Rohrvortrieb häufig nur eine untergeordnete Rolle. „Es droht Wissen und Kompetenz rund um dieses Bauverfahren verloren zu gehen“, sagt Dr. Marc Peters vom Vortriebsmaschinenhersteller Herrenknecht. Zusammen mit zunächst neun anderen passionierten Experten rund um dieses Bauverfahren ist Dr. Peters einer Initiative von Christel Flittner vom Rohrhersteller Steinzeug-Keramo gefolgt. Sie gründeten auf der IFAT 2014 eine Arbeitsgruppe, in der Gutachter, Geologen, Maschinen- und Rohrhersteller sowie Planer und Wissenschaftler rund um den Rohrvortrieb vertreten sind. Gemeinsames Ziel ist es, diesem Trend entgegenzuwirken. So sollen die vielfältigen Möglichkeiten, die der Rohrvortrieb nicht nur beim Kanalneubau, sondern auch bei der Kanalsanierung, der Kanalerneuerung und bei der Verlegung anderer Medienleitungen bietet, durch die Arbeit der Gruppe stärker in den Fokus gerückt werden. Dabei konzentriert man sich zunächst auf die kleineren Durchmesser bis DN 800.

Broschüre „Gruben statt Gräben“

In einem ersten Schritt organisierte die Gruppe eine Umfrage, in der 14 große und mittelgroße Städte zu ihren Erfahrungen und ihrem Umgang mit dem Rohrvortrieb Auskunft geben sollten. Die Erkenntnisse aus dieser Befragung gaben den Ausschlag für die ersten zu erarbeitenden Unterlagen. Bereits im Dezember 2015 konnte die GSTT-Information Nr. 28 (1a und b) veröffentlicht werden.

Die Broschüre mit dem Titel „Gruben statt Gräben – Rohrvortrieb“ ist als Ratgeber für Bauherrn und Planer zur Planung, Ausschreibung und Ausführung von Rohrvortrieben bis DN 800 gedacht. Als Zielgruppe sind hier besonders Personen gedacht, die sich bisher noch nicht so sehr mit grabenlosen Bauweisen auskennen und um sie mit übersichtlichen Informationen hier heranzuführen. Sie gibt einen Überblick darüber, welche Techniken es gibt und wie ein Rohrvortrieb in diesen Dimensionen zu planen, auszuschreiben und auszuführen ist. Darüber hinaus enthält sie ein „Rohrvortrieb Musterleistungsverzeichnis“, das dem Entwurfsverfasser eine Orientierung für die mögliche Ausschreibung von gesteuerten Rohrvortrieben DN 150 – DN 800 bieten soll. Die Information gibt es inzwischen in deutscher und in englischer Sprache und sie steht auf der Internetseite der GSTT kostenlos zum Download zur Verfügung.

Knapp und übersichtlich aber inhaltlich fundiert: Die als GSTT-Information Nr. 28 (1a und 1b) erschienene Broschüre mit dem Titel „Gruben statt Gräben – Rohrvortrieb“.
Knapp und übersichtlich aber inhaltlich fundiert: Die als GSTT-Information Nr. 28 (1a und 1b) erschienene Broschüre mit dem Titel „Gruben statt Gräben – Rohrvortrieb“.

Aktuelles Thema: Homogenbereiche

„Die Gruppe will keine Regelwerksarbeit machen“, stellt Karl-Heinz Flick vom Fachverband der Steinzeugindustrie klar. Es sollen vielmehr unter Beachtung der gültigen Regeln die Empfehlungen erarbeitet werden, die die Anwendung des Bauverfahrens erleichtern und eventuelle Berührungsängste beseitigen. Dies gilt auch für das zweite Thema, mit dem sich die Arbeitsgruppe aktuell beschäftigt: die Einteilung von Boden und Fels in Homogenbereiche.

Seit der Neufassung der ATV DIN 18319 Rohrvortriebsarbeiten im Jahr 2015 sind die erkundeten Boden- und Felsschichten in Homogenbereiche einzuteilen. „Hier zeigen die ersten Praxiserfahrungen, dass Schwierigkeiten und Unsicherheiten in der Umstellung von den alten Boden- und Felsklassen in die neue Form der Baugrundklassifizierung bestehen“, so Dr. Hans-Peter Uffmann, der unter anderem als Sachverständiger in Sachen Rohrvortrieb tätig ist. Die Klassifizierung des Bodens, so wie sie die alte Version der DIN 18319 von 2012 regelt, ist seit 20 Jahren für den Rohrvortrieb bewährt und immer weiter verbessert worden. Vor diesem Hintergrund erstellt der Expertenkreis, der für diese Aufgabe um den Spezialisten im Fachgebiet Grundbau Harald Drexel von der TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH und der Studentin Sarah Burges von der Hochschule Wismar erweitert wurde, Arbeitshilfen, in denen die bisher verwandten Bodenklassen auf die Bodengruppen nach DIN 18196 sowie weitere maßgebende Eigenschaften und Kennwerte zurückgeführt werden. Auf dieser Grundlage werden Vorschläge für eine einheitliche Festlegung von Homogenbereichen für Rohrvortriebe DN 150 – 800 erarbeitet, die sich an den Einsatzmöglichkeiten der verschiedenen Rohrvortriebsverfahren für diesen Nennweitenbereich orientieren.

Weitere Themen auf der Agenda

Die Arbeitsgruppe ist mit dieser komplexen Arbeit bereits weit fortgeschritten. Sie soll noch im Dezember 2016 abgeschlossen werden. Die entsprechende Veröffentlichung als GSTT-Information ist für Anfang kommenden Jahres geplant, die dann ebenfalls auf der Internetseite der GSTT kostenlos zum Download zur Verfügung steht.

Doch auch damit ist die Arbeit des Expertenkreises nicht beendet. Als nächstes Thema stehen die Start- und Zielbaugruben auf der Agenda. Wie sind diese Bauwerke zu konzeptionieren und auszuführen und was ist mit Blick auf die jeweilige Maschinentechnik zu beachten? Auch hierzu soll ein Leitfaden erstellt werden, um Planungsbüros zu unterstützen und die Scheu vor diesem vermeintlich komplizierten Bauverfahren abzubauen. Hierzu wird die Gruppe um einen Experten aus der Fachgemeinschaft Beton- und Stahlbetonrohre erweitert, um auch von dieser Seite themenspezifische Kompetenz in die Arbeit einzubinden.

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In weiterer Zukunft sollen dann auch Rohrvortriebe in größeren Durchmessern und Themen wie Steuerung und Vermessung bearbeitet werden.

Und so stehen am Ende eines Besuchs der Arbeitsgruppe zwei Erkenntnisse: An Themen und an Arbeit mangelt es den Experten nicht – an Engagement und Einsatz ebenso wenig. Denn in diesem Expertenkreis trifft sich nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch Passion für den Rohrvortrieb.

Diesen Bericht lesen Sie auch in unserer aktuellen Ausgabe (6/16) der B_I umweltbau.


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