Digitalisierungsschub für den Rohrvortrieb
Alle auf einer Vortriebsbaustelle verfügbaren Informationen und Daten in einer Software zusammenzuführen und daraus neue Anwendungen zu kreieren, das war Ziel der Entwicklung des Microtunneling Support System, MSS, von Jackcontrol. Nach einer mehrjährigen Entwicklungs- und Pilotphase kam MSS in München zu seinem ersten „echten“ Baustelleneinsatz.
Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft
Hauraton hat spezialisierte Lösungen, die bei der Neugestaltung von Bahnhöfen für ganzheitlichen Regenwassermanagement eingesetzt werden.
Mit dem Projekt „Kanalsanierung Montgelasstraße“ in München soll die Wasserqualität der Isar verbessert werden. Aktuell kommt es mehrmals im Jahr bei starken Regenereignissen zu einer Überlastung der Mischwasserkanalisation rechts der Isar. In der Folge wird an drei Regenauslässen im Einzugsgebiet Mischwasser in den Fluss abgeschlagen. Um dies in Zukunft zu vermeiden oder zumindest deutlich zu minimieren, wird eine Verbindung mit dem Entwässerungssystem links der Isar geschaffen, das in solchen Fällen noch über die nötigen hydraulischen Kapazitäten verfügt.
Den Auftrag der Münchner Stadtentwässerung für die Ausführung des Gesamtprojektes mit den erforderlichen Schacht- und Trennbauwerken und einer Investitionssumme von ca. 9 Millionen Euro erhielt die Firma Max Bögl.
Teil des Projektes ist ein 106 Meter langer Düker DN 1600 unter der Isar, der im Rohrvortrieb ausgeführt wird. Zum Einsatz kommt eine von Max Bögl selbst designte und gebaute Vollschnitt-Vortriebsmaschine. „Die Maschine kann im Slurry- oder im Mixschildbetrieb gefahren werden und ist mit einem Mischbodenbohrkopf bestückt“, erklärt Matthias Ullmann, Abteilungsleiter bei Max Bögl für den Bereich Rohrvortrieb. Laut Bodengutachten stehen im Trassenverlauf wechselnde Geologien an, auf Lockerboden folgt fester Mergel. Eine Herausforderung für den Vortrieb ist die geringe Überdeckung zur Isar. Deshalb wurde im Vorfeld eine Stützdruckberechnung durchgeführt. Dabei wurde ein relativ schmaler Korridor ermittelt zwischen minimalem Stützdruck, um die erforderliche Stützwirkung an der Ortsbrust sicherzustellen, und der maximalen Grenze, um Ausbläser zu verhindern.
Die 12 Meter tiefe Startgrube hat einen Durchmesser von 10 Metern und ist mit Bohrpfählen verbaut. Die ebenfalls mit Bohrpfählen verbaute Zielgrube wurde für die Einfahrt der Maschine geflutet.
Die Vortriebsrohre DN 1600 von Haba Beton mit einem Außendurchmesser von 1960 mm sind mit der Hydraulischen Fuge von Jackcontrol ausgerüstet. Diese technische Lösung war von dem auf ein hohes Qualitätsniveau bedachten Bauherrn so ausgeschrieben worden. Die Linienführung des Vortriebes enthält eine vertikale Kurve. „Die Hydraulische Fuge sorgt nicht nur für eine günstige Spannungsverteilung in der Rohrverbindung, sie ermöglicht außerdem mit den Überwachungssensoren eine Dokumentation der Belastungssituation während des Vortriebes und damit verbunden eine umfängliche Qualitätssicherung“, erklärt Mathias Leisinger, Projektleiter von der Firma Jackcontrol für das Projekt in München.
Digitalisierungspotenziale nutzen
Voraussetzung für die Nutzung von MSS ist die gemeinsam von dem Vermessungsspezialisten VMT und Jackcontrol entwickelte netzwerkbasierte Hardwareplattform MT.connect. Diese Hardware bietet gleich mehrere Vorteile: Sie reduziert die Zahl der im Tunnel zu installierenden Hardwarekomponenten auf ein Minimum. MT.connect bringt das Internet in den Tunnel. „Wir stellen damit dem Rohrvortreiber im Tunnel ein WLAN zur Verfügung und eröffnen damit neue Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Tunnel und Oberfläche“, erklärt Dr. Stefan Trümpi, Gründer und Geschäftsführer von Jackcontrol. An die beliebig im Tunnel anzuordnenden Datenboxen des Systems können nicht nur Ausrüstungen von Jackcontrol und VMT angeschlossen. Da ein offener Industriestandard verwendet wurde, lassen sich über entsprechende Schnittstellen auch Drittsysteme integrieren. Die gesammelten Daten werden mit nur einer universell nutzbaren Datenleitung zur Weiterverarbeitung aus dem Tunnel transportiert.
Vereinfachte Abläufe und mehr Transparenz
Im MSS werden diese Daten zunächst einmal gespeichert und in eine Datenbank eingepflegt. Aus dieser Datenbank werden schließlich verschiedene Anwendungen und Dienstleistungen erzeugt, die in erster Linie dem Vortriebsunternehmer zu Verfügung stehen. Der wiederum kann Informationen aus MSS auch an berechtigte Drittparteien weiterleiten.
In München wurden neben Vermessungsdaten, den Überwachungsdaten aus der Hydraulischen Fuge die Daten von der Vortriebsmaschine und von dem automatischen Bentonit-Schmiersystem über elektronische Schnittstellen angezapft und in das MSS eingespeist. Weiter waren die Informationen aus dem Baugrundgutachten und weitere baustellenspezifische Informationen in das System eingepflegt. „Welche Daten erfasst werden sollen und wie das zu geschehen hat, kann projektspezifisch und nach Kundenwunsch variieren“, so Stefan Trümpi.
Auf dem Rechner werden die Daten analysiert und ausgewertet. MSS enthält verschiedene Module, zum Beispiel für die grafische Darstellung und anschauliche Visualisierung dieser Daten. So erzeugt die Software beispielweise eine Realtime 3D-Grafik, mit der man sich virtuell räumlich im Bauwerk bewegen kann. In einem weiteren Tool können die Daten mathematisch oder ingenieurmäßig analysiert werden.
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Eine weitere Funktion ist das Generieren von Arbeitsberichten. Bisher verbringt der Oberbauleiter am Abend noch viel Zeit damit, sich Daten von verschiedenen Systemen zusammenzusuchen, sie händisch in ein Programm zu übertragen und daraus den Tagesbericht der Baustelle zu erstellen. „MSS erfasst auf der Baustelle so viele Daten wie möglich, entweder über elektronische Schnittstellen oder auch über manuelle Eingaben, um so die Baustelle optimal zu dokumentieren“, erklärt Stijn Philips. „Daraus können automatisch die geforderten Schicht-, Tages- oder Wochenberichte erstellt werden. MSS liefert dazu eine übersichtliche grafische Darstellung, so dass sich aus den komplexen Daten ein anschauliches Bild ergibt.“ Stijn Philips spielte eine große Rolle bei der Konzeption von MSS. Bevor er zu Jackcontrol kam, hatte er zehn Jahre bei der belgischen Vortriebsfirma K-Boringen als Projektleiter gearbeitet. Die bei zahlreichen internationalen Vortriebsprojekten gesammelte Baustellen- und Praxiserfahrung hat Philips in die Entwicklung von MSS eingebracht.
Positive Rückmeldung von der Baustelle
Nach der Entwicklungs- und Pilotphase war der Vortrieb in München der erste „echte“ Baustelleneinsatz für MSS. Spätestens damit hat für Jackcontrol die Vermarktung des Systems begonnen. Das Angebot beinhaltet dabei unterschiedliche Optionen aus Kauf, Miete und der Beauftragung von Dienstleistungen. Max Bögl hat sich entschieden, mit MT.connect die Hardwareplattform zu kaufen. Dies biete nach der Erstinstallation gegenüber einer Miete deutliche Vereinfachungen für Einbau und Verkabelung der Komponenten bei Folgeprojekten. Mit der Analyse der Daten und der Ausführung der gewünschten Anwendungen wurde Jackcontrol als Dienstleister beauftragt. „Welche Konstellation in welchem Fall die beste ist, das können wir flexibel jeweils projektspezifisch und nach Kundenwunsch gestalten“, so Stefan Trümpi.
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