Anspruchsvolles Microtunnelling DN 600 in Osnabrück
780 Meter Microtunnelling DN 600 mit Haltungslängen von bis zu 135 Metern sind heute eigentlich alltägliche Routine, könnte man meinen. In Osnabrück waren es die Randbedingungen, die aus dem Projekt in der Schlachthofstraße einen anspruchsvollen Vortrieb machten.
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Herausforderungen über und unter der Erde
Bei der näheren Betrachtung der Randbedingungen wurden schnell die über- und unterirdischen Herausforderungen dieses Projektes deutlich. Anlieger ist unter anderem ein großer Industriebetrieb mit einem hohen Verkehrsaufkommen von zum Teil mehr als 100 Lkw pro Tag, die ausschließlich die Zufahrt über die Schlachthofstraße nutzen können. Dieser Anlieferungsverkehr durfte durch die Bautätigkeiten nicht behindert und erst recht nicht unterbrochen werden. Außerdem ist die Straße im weiteren Verlauf die einzige Zufahrt zur „Halle Gartlage“, die für viele große öffentliche Veranstaltungen genutzt wird. Alter Baumbestand rechts und links verleiht der Schlachthofstraße streckenweise den Charakter einer Allee. Diese Bäume durften unter keinen Umständen in Mittleidenschaft gezogen werden. Im Untergrund reicht der Grundwasserstand bis 2,00 Meter unter die Geländeoberkante. Direkt unter dem Straßenoberbau muss aufgrund der industriellen Vorgeschichte des Stadtteiles mit belasteten Böden gerechnet werden, die als Aushub hohe Entsorgungskosten zur Folge hätten. Desweiteren quert der neue Kanal eine Gastransportleitung DN 400 der Open Grid Europe, eine 110 KV Kabeltrasse der Westnetz und den verrohrten Lauf des Sandbaches, der in einem gemauerten Haubenprofil 1714/1500 dem Straßenverlauf nicht gradlinig folgt und die geplante Kanaltrasse drei Mal kreuzt. Auch die Wassertransportleitung (Düker) DN 400 der Stadtwerke Osnabrück Netz GmbH musste auf einer Länge von 40 Metern umverlegt werden.
Ingenieurbüro einbezogen
Hindernisse bedingen Rollenmeißel
Das Ingenieurbüro arbeitete auf der Gesamtlänge von 850 Metern in Zusammenarbeit mit der SWO Netz GmbH unter Berücksichtigung der in der Straße vorhandenen Leitungen und Bauwerke die optimale Kanaltrasse und die genaue Position der Start- und Zielbaugruben aus. Auch die einzusetzende Maschinentechnik wurde in der Ausschreibung vorgegeben. „Da wir die äußeren Abmessungen der vorhandenen Bauwerke im Untergrund nicht genau bestimmen konnten und die Platzverhältnisse im unterirdischen Bauraum äußerst knapp waren, mussten wir damit rechnen, mit dem Vortrieb an mehreren Stellen Kontakt mit Betonfundamenten zu bekommen“, beschreibt Carsten Spiegel vom Ingenieurbüro Gajowski. Deshalb sollte der Bohrkopf der eingesetzten Vortriebsmaschine mit Rollenmeißeln bestückt werden, um auch solche Hindernisse zuverlässig auffahren zu können. Daher wurden die am Markt verfügbaren Microtunnelmaschinen sondiert, um eine möglichst kompakte, den Anforderungen entsprechende Maschinentechnik in der Ausschreibung vorzugeben.
Absenkschächte und Vortriebsrohre
Mit Blick auf diese Technik und die beengten Platzverhältnisse wurden auch die Schächte sowie das Bauverfahren präzise spezifiziert. Die von Berding Beton als Absenkschächte gelieferten Startschächte haben einen Innendurchmesser von DN 3200, die Zielschächte von DN 2600. Hinzu kamen zwei Rechteckschächte als Zielschächte mit den Abmessungen 3,0 x 2,0 Metern der Firma Kleihues. Die Haltungen wurden mit bis zu 135 Meter Länge angepasst an die Randbedingungen geplant, um das Risiko einer außerplanmäßigen Maschinenbergung so klein wie irgend möglich zu halten.
Das Rohrdesign orientierte sich an den hydraulischen Notwendigkeiten, dem Außendurchmesser der Vortriebsmaschine und den zu übertragenden Presskräften. Daraus ergaben sich in der Schalung erhärtete Stahlbetonvortriebsrohre DN 600 mit einer Wandstärke von 180 Millimetern und einer Rohrlänge von 2 Metern. Hergestellt und geliefert wurden die Rohre von der Firma Haba Beton.
Auf die sehr detailliert ausformulierte öffentliche Ausschreibung erhielt die Arge Sonntag/Dieckmann mit einer Submissionssumme von 2,5 Millionen Euro, am 25. Januar 2016, den Zuschlag. Die Firma Sonntag war zuständig für den Bau der Absenkschächte und für den Rohrvortrieb, die Firma Dieckmann für den offenen Kanalbau und die nachfolgende Straßenwiederherstellung.
Schächte absenken als Maßarbeit
Der Einbau der insgesamt zehn Schächte im Absenkverfahren stellte für die Firma Sonntag eine besondere Herausforderung dar. Die Schächte im Straßenraum genau zu positionieren, ohne mit dem Haubenprofil des verrohrten Sandbaches und mit den vielen Leitungen der Versorgungsträger, darunter die sensible Gastransportleitung, in Konflikt zu geraten, erforderte ein hohes Maß an Sorgfalt und Genauigkeit.
Zunächst wurde der Straßenoberbau aufgenommen und mit Suchgräben der genaue Leitungsverlauf ermittelt. Die etwa zwei Meter tiefe Baugrube erhielt einen Trägerbohlwandverbau. Anschließend wurden die Absenkschablonen mit einem Kran in die Baugrube gesetzt und positioniert, um ein lagegenaues Absenken der Schächte zu gewährleisten. Zur Vermeidung von Grundbrüchen und Störungen der Vortriebszone wurde bereits in der Ausschreibung das Absenken unter permanenter Bentonitsuspensionsauflast vorgegeben. Nach Erreichen der Endtiefe wurde durch Industrietaucher erst das angesetzte Bentonit abgesaugt und dann die Unterwasserbetonsohle (Sohlstärken bis zu 3 Metern) nach statischen Erfordernissen hergestellt. Nach dem Aushärten der Sohle wurde der Schacht gelenzt und der durch den Überschnitt der Schachtschneide entstandene Ringraum zwischen Absenkschacht und Erdreich kraftschlüssig verpresst.
Durch die beengten Platzverhältnisse im Untergrund mussten die Schachtdurchmesser aufs Äußerte reduziert werden. Aus diesem Grunde musste auch ein besonderes Augenmerk auf die Arbeitssicherheit gelegt werden. Der Vortrieb selbst durch den überwiegend sandigen, teils schluffigen Baugrund verlief unproblematisch. In Kombination mit einer auf den Baugrund abgestimmten Separationsanlage konnten gute Vortriebsleistungen erreicht werden. Die Anbindung der Anschlussleitungen und an die vorhandene Kanalisation erfolgte in offener Bauweise. Des Weiteren musste die Kanalverlegung zwischen den Rechteckschächten ebenfalls in offener Bauweise erfolgen, da hier der Bereich der kreuzenden Gasleitung DN 400 und der 110 KV Kabel erfolgte. Aufgrund der minimalen Überdeckung von ca. 25 cm konnte in diesem Bereich kein Vortrieb erfolgen.
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Gemeinsam zum Erfolg
Angesichts der komplexen Randbedingungen in der Schlachthofstraße lobt Dominic Konrath, Bauleiter bei der Firma Sonntag, neben der Qualität der Ausschreibung die gute Kommunikation und Abstimmung zwischen Auftraggeber, Ingenieurbüro und den ausführenden Unternehmen. „Hier herrschte von Anfang an ein Zusammenspiel zwischen den Beteiligten, bei dem sich die detaillierte Ausführungsplanung und das Know-how der Beteiligten vor Ort bei der Umsetzung sehr gut ergänzt haben“, so Konrath. Das bestätigt auch Daniela Fiege: „Aus meiner Sicht ist besonders hervorzuheben, dass alle Beteiligten, nicht nur Auftraggeber, Auftragnehmer und Ingenieurbüro, sondern auch die Versorgungsnetzbetreiber und die anliegenden Gewerbebetreibenden konstruktiv und lösungsorientiert zusammengearbeitet und so zum reibungslosen und schnellen Baufortschritt beigetragen haben.“ Und mit den positiven Erfahrungen aus der Schlachthofstraße ist für Sie der Rohrvortrieb auch für die Zukunft ein Bauverfahren, das bei entsprechenden Randbedingungen in die enge Auswahl einbezogen wird. „In der Schlachthofstraße hat es auf jeden Fall viele Vorteile mit sich gebracht und zum Erfolg geführt!“ Die Baumaßnahme wird im Mai 2017 fertiggestellt.
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