Der letzte Durchbruch

Mit der Ankunft der beiden Vortriebsmaschinen in der Zielgrube in Oberhausen konnten die Vortriebsarbeiten zum Bau des Abwasserkanals Emscher am 12. Juni erfolgreich abgeschlossen werden. Der jetzt fertiggestellte Bauabschnitt 40 gehörte zu den anspruchsvollsten des von der Emschergenossenschaft durchgeführten Gesamtprojektes.

Abwasserkanal Emscher: Der letzte Durchbruch
Am 12. Juni war es soweit: Ankunft der beiden Vortriebsmaschinen in der Zielgrube in Oberhausen. | Foto: Emschergenossenschaft
Die Kanalbauarbeiten im Zuge des in Europa einzigartigen Umwelt- und Abwasserprojektes „Emscher-Umbau“ befinden sich auf der Zielgeraden. Mit der Einfahrt der beiden Tunnelbohrmaschinen in die Zielgrube in Oberhausen wurden die Vortriebsarbeiten abgeschlossen. Die letzten 3,5 km von dort bis zur Kläranlage der Emschergenossenschaft in Dinslaken werden in offener Bauweise verlegt. Anfang 2020, nach einer Planungs- und Bauzeit von fast 30 Jahren, soll das erste durch den Abwasserkanal Emscher transportierte Schmutzwasser in Dinslaken ankommen. Etwas mehr als eine Milliarde Euro wird der Bau dieses Sammlers gekostet haben. Die Investition in das Gesamtprojekt zur Renaturierung der Emscher liegen bei 5,3 Milliarden Euro. Darin enthalten sind Kanalbaumaßnahmen mit einer Länge von rund 430 km.

Der Bauabschnitt 40 besteht aus zwei jeweils 10 km langen Röhren mit einem Innendurchmesser von 2,60 m. Er ist mit Überdeckungen zwischen 25 und 38 m der tiefst gelegene Abschnitt des Abwasserkanals und er ist mit zwei mal 10 km der zweitlängste des gesamten Bauprojektes, der längste der doppelzügig hergestellt wird.

Tübbingbauweise gewählt

Zu den Besonderheiten des Bauabschnittes gehört das hier gewählte Vortriebsverfahren: Beide Röhren wurden in Tübbingbauweise hergestellt. Vortriebslängen von mehr als 1.000 m wurden zwar in anderen Bauabschnitten auch als Rohrvortriebe realisiert. „Je weiter wir nach Westen kommen, desto mehr nähern wir uns der niederrheinischen Tiefebene. Der eher vortriebsfreundliche Emschermergel wird immer weicher und erzeugt eine höhere Mantelreibung. Da haben unsere Geologen gesagt, dass wir Vortriebslängen von 1.200 Metern nicht mehr erreichen werden“, sagt Carsten Machentanz, Projektleiter im Geschäftsbereich Planung und Bau der Emschergenossenschaft. Diese 1.200 Meter wurden jedoch unter anderem deshalb angestrebt, weil das speziell für den Abwasserkanal Emscher zusammen mit dem Fraunhofer Institut entwickelte Inspektionssystem für solche Haltungslängen ausgelegt ist. So kam schlussendlich die im Verkehrstunnelbau verbreitete Tübbingbauweise beim Bauabschnitt 40 auch im Kanalbau zur Anwendung.
Die vielen Besucher wollten bei dem letzten Durchbruch dabei sein: die Vortriebsarbeiten zum Bau des Abwasserkanals Emscher sind damit abgeschlossen. | Foto: Emschergenossenschaft
Die vielen Besucher wollten bei dem letzten Durchbruch dabei sein: die Vortriebsarbeiten zum Bau des Abwasserkanals Emscher sind damit abgeschlossen. | Foto: Emschergenossenschaft

Schwergewichte zur Einbaustelle transportiert

Den Auftrag für den Vortrieb erhielt nach europaweiter Ausschreibung die Firma Porr aus Österreich. Die beiden eingesetzten EPB-Schilde von der Firma Herrenknecht haben einen Durchmesser von 3.397 mm. Mit einem Innendurchmesser von 2,6 m zählen die Doppelröhren zu den kleinsten Tübbingtunneln der Welt.

Sechs Tübbingsteine bilden einen kompletten Ring. Jeder einzelne der insgesamt rund 100.000 Steine mit einem Gewicht von etwa 1,1 Tonnen wurde von den Lagerplätzen an den drei Startschächten in die Baugrube gehoben, von dort mit der Lorenbahn durch den bereits fertig gestellten Tunnel über eine Strecke von bis zu 4,4 km – so lang war die längste in einem Stück aufgefahrene Haltung – bis zur Vortriebsmaschine transportiert und dort in die Tunnelwand eingebaut.

Hohe Vortriebsleistungen

Der Vortrieb hat aus Sicht des Auftraggebers sehr gut funktioniert. „Wir haben keine nennenswerten Stillstände gehabt und sind in der Zeit sehr gut vorangekommen“, sagt Carsten Machentanz. Ergebnis waren Bestwerte bei den Vortriebsleistungen von bis zu 177 m pro Woche und bis zu 582 m pro Monat.

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Die drei Monate Zeitverzug beim Vortrieb gegenüber der ursprünglichen Planung erklären sich durch einen veränderten Bauablauf. „Wir hatten zunächst vorgesehen, die Schächte in unausgehobenem Zustand zu durchfahren. Mit Blick auf die Arbeitssicherheit mussten wir jedoch hinter jedem Schacht den Vortrieb unterbrechen, das Bauwerk fertig stellen und einen Treppenturm und einen Aufzug für die Feuerwehr einbauen“, erklärt Carsten Machentanz. Für diese Arbeiten wurde rechnerisch ein Zeitverlust von einem guten halben Jahr prognostiziert. Wenn man die Hälfte dieses errechneten Verzuges bis zur Zielgrube wieder aufholt, dann könne man nach zweidreiviertel Jahren Vortrieb und 20 km aufgefahrenem Tunnel wohl durchaus von einem Erfolg reden. „Das ist schon eine sehr gute Leistung – sowohl von den Maschinen als auch natürlich von der Mannschaft, die sie bedient hat“, lobt Machentanz.

Wenig Platz für Mensch und Maschine: Einbau eines Tübbingsteines. | Foto: Rupert Oberhäuser
Wenig Platz für Mensch und Maschine: Einbau eines Tübbingsteines. | Foto: Rupert Oberhäuser

Konzipiert für eine lange Lebensdauer

Um den Kanal vor chemischen Angriffen zu schützen, wurde ein mehrstufiges Korrosionsschutzkonzept aus baulichen und betrieblichen Maßnahmen entwickelt. Zunächst wurde ein hoch säurewiderstandsfähiger Beton mit genau definierten Eigenschaften verwendet. In der zweiten Stufe verfügt der Kanal 50 m vor und hinter jedem Schacht mit einem Zulauf über eine zusätzliche korrosionsfeste Auskleidung aus Polymerbeton. In der dritten Stufe wird der Kanal aktiv belüftet. Die abgesaugte Luft wird mit einer Fotooxydationsanlage und Aktivkohlefiltern gereinigt. In der vierten Stufe werden an sensiblen Stellen dem Abwasser Chemikalien zudosiert, um das Sulfid im Abwasser zu binden. Dieses Bündel aus Maßnahmen soll dem Abwasserkanal Emscher eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren sicherstellen.

Im Herbst 2018 soll der Abschnitt von Dortmund bis zur Kläranlage in Bottrop in Betrieb genommen werden. Die Fertigstellung des Pumpwerkes in Oberhausen ist für Ende 2019 geplant. Anfang 2020 soll das erste Abwasser aus dem Abwasserkanal Emscher in der Kläranlage in Dinslaken ankommen. Damit findet dann diese einzigartige Kanalbaumaßnahme quer durch das Herz des Ruhrgebietes ihren Abschluss.

„Wir haben keine nennenswerten Stillstände gehabt und sind in der Zeit sehr gut vorangekommen“, so Carsten Machentanz, Projektleiter im Geschäftsbereich Planung und Bau der Emschergenossenschaft, vor einem ausgebauten Maschinensegment einer Vortriebsanlage. | Foto: A. zu Eulenburg
„Wir haben keine nennenswerten Stillstände gehabt und sind in der Zeit sehr gut vorangekommen“, so Carsten Machentanz, Projektleiter im Geschäftsbereich Planung und Bau der Emschergenossenschaft, vor einem ausgebauten Maschinensegment einer Vortriebsanlage. | Foto: A. zu Eulenburg

Den ausführlichen Bericht lesen Sie in der nächsten Ausgabe (5/17) der B_I umweltbau.


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