Nicht nur im Meer immer mehr
Aus unserer Umgebung gelangen winzige Plastikpartikel ins Meer – und über die Nahrungskette zu uns zurück. Weltweit verteilt belastet Mikroplastik Luft, Boden und Wasser. Bei der Suche nach dessen Herkunft gerät Reifenabrieb in den Fokus. Und der Regenabfluss von Straßen bietet die Möglichkeit, einiges davon zurückzuhalten.
Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft
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Ohne es zu merken, nimmt jeder von uns pro Woche bis zu 5 Gramm Mikroplastik mit der Nahrung zu sich. Das entspricht dem Gewicht einer Kreditkarte. Diese Aussage der weltweit tätigen Umweltstiftung World Wide Fund For Nature (WWF) schockiert, auch wenn die ermittelten Werte von Person zu Person variieren, abhängig von Regionen und konsumierten Produkten.
Inwieweit die Aufnahme von Mikroplastik schädlich für die Gesundheit ist, ist derzeit noch nicht erforscht. Ob und welche Wirkung Kleinstpartikel aus Plastik, sogenanntes Nanoplastik, entfalten, wenn wir diese aufnehmen, ist bislang nicht bekannt. Klar ist jedoch, dass Mikroplastikpartikel Chemikalien enthalten.
Herkunft: Über die Hälfte aus dem Verkehr
Rückhalt: Wenig durch Sedimentation?
M.Eng. Thorsten Schmitz und Kollegen haben im Rahmen des vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Forschungsprojekts ReWaFil am Institut für Infrastruktur, Wasser, Ressourcen, Umwelt (IWARU) der FH Münster die Sedimentierbarkeit von Straßenkehricht untersucht [2]. Das ist von besonderem Interesse, da in Siedlungsgebieten das Mikroplastik aus dem Straßenverkehr überwiegend mit Regenabflüssen abgespült wird. Bei kombiniertem Reifen- und Straßenabrieb (engl.: tyre and road wear particle TRWP) gilt eine Dichte von 2 g/cm3 als wahrscheinlich. Um diese zu eliminieren, ist die Sedimentation gut geeignet.
In ihren weiteren Überlegungen gehen die Verfasser der IWARU-Studie allerdings von reinem Reifenabrieb (engl.: tyre wear particle TWP) aus. Während bei Mischkanalisation 95 % oder mehr Rückhalt der Partikel in der Kläranlage wissenschaftlich belegt sind, halten sie bei Trennkanalisation die vorgeschriebene Behandlung durch Sedimentation in Regenklärbecken für unzureichend. Das liege vor allem an der geringen Dichte, die Standardreifengummi mit 1,1 g/cm3 besitze, falls er ohne Verbindung zu mineralischen Partikeln vorkommt. Entgegen den Empfehlungen in den aktuellen Regeln der Technik müsse die Oberflächenbeschickung auf 2 m/h reduziert werden, was immens große unterirdische Anlagen erfordern würde. Damit könnte aber gerade einmal die Fraktion der Partikel größer 80 µm (0,08 mm), das entspricht nur etwa 10 % des mitgeführten Reifenabriebs, eliminiert werden. Der Aufwand stünde in keinem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen.
Behandlung: Mehr in Kombination
Zur Reinigung von Straßenabflüssen wird zu prüfen sein, ob bestehende und neu zu bauende Sedimentationsanlagen um geeignete Filter [4] ergänzt werden sollten, bevor deren Abläufe in Oberflächengewässern münden. Das gilt entsprechend für Versickerungsanlagen, zum Schutz des Bodens und des Grundwassers. Und selbst wenn Kläranlagen, wie oben beschrieben, 95 % des Reifenabriebs im Klärschlamm zurückhalten, ist ihr gesamter Wirkungsgrad zum Schutz nachfolgender Gewässer nicht optimal. Außerdem, sofern der Klärschlamm auf Böden, insbesondere der Landwirtschaft, ausgebracht wird, gelangt das Mikroplastik auf ganz kurzem Weg in unsere Nahrungskette. Dann ist vielleicht die eingangs erwähnte WWF-Studie in Deutschland schon überholt und wir konsumieren wöchentlich bald die Plastikmenge von zwei Kreditkarten? Bleibt zu überlegen, ob zusätzlich zur Straßenentwässerung im Trennsystem die Abflüsse Richtung Mischkanal (im Zulauf solcher Kläranlagen, die noch Klärschlamm an Landwirte abgeben dürfen) mit geeigneten Filtern ausgestattet werden müssen.
Filtertyp: Je nach Gewässer
„Schwimmende Partikel mit geringerem Durchmesser als 100 µm (0,1 mm) oder mit einer Dichte nahe an 1 g/cm3 kann man nicht mehr mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand durch mechanische Verfahren aus dem Regenwasser entfernen“, sagt Stephan Klemens, Entwicklungsleiter beim Hersteller Mall GmbH. „Hier ist die Filtration das wirtschaftlichere und sicherere Mittel“. Er empfiehlt das Verfahren ViaPlus für die Behandlung vor Versickerung und vor Ableitung in Oberflächengewässer.
ViaPlus-Anlagen werden horizontal durchflossen und haben einen eigenen Sedimentationsraum vor dem Filter- und Adsorptionselement. Sie sind speziell auf den Rückhalt von Schwermetallen, abfiltrierbaren Stoffen und Mineralölkohlenwasserstoffen ausgelegt, sind vom DIBt auf Leistung und Umweltverträglichkeit geprüft und haben eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für die direkte Versickerung von Regenwasserablauf aus stark verschmutzten Verkehrsflächen.
Wartungsintervall: Je nach Flächenbelastung
Vorgaben durch Gesetze oder Verwaltungsvorschriften der Bundesländer für Reinigungsleistung und Wartungsintervall in Bezug auf Reifenabrieb gibt es noch nicht. Je nach spezifischer Flächenbelastung muss das richtige Intervall im Einzelfall gefunden werden. Mall bietet neben den Behandlungsanlagen auch Inspektion und Wartung als Dienstleistung an. Die Bereiche, in denen besonders viel Reifenabrieb entsteht, sind leicht zu identifizieren:
- Kreisverkehre, Ampelbereiche und Beschleunigungsstreifen: Wo gebremst, angefahren und beschleunigt wird oder wo enge Radien gefahren werden, ist der Abrieb von Reifen besonders intensiv. Bei der hier zu erwartenden hohen Mikroplastik-Belastung im Abwasser empfiehlt sich eine Kombination aus den Verfahren Sedimentation, Flotation und Filtration mit den Mall-Komponenten ViaTub und ViaPlus.
- Parkplätze von Einkaufszentren, Speditionen, Industrieareale: Wo nicht schnell gefahren, aber rangiert wird, entstehen weniger ganz feine Partikel. Doch fallen auf diesen Flächen in verstärktem Maß Kupfer und Zink durch abtropfendes Wasser von Karosserien an. Die aktuellen technischen Regeln empfehlen in solchen Situationen eine Filtrationsstufe mit speziell dafür geeignetem Adsorptionsmaterial, z.B. die Mall-Anlage ViaPlus.
Zusammenfassung
Für Partikel kleiner als 100 μm (dabei ist fast der gesamte Reifenabrieb TWP) sind technische Filter erforderlich. Solche Filter mit adsorbierendem Material sind besonders wirkungsvoll, sofern zuvor eine Sedimentation mineralischer und gemischter Partikel (TRWP) stattgefunden hat. Hilfreich ist, wenn die Wartungsintervalle so rechtzeitig erfolgen, dass die Filter funktionstüchtig bleiben. Welcher Typ von Sedimentationsanlage mit welchem Typ von Filter kombiniert wird, hängt ab sowohl von der spezifischen Flächenbelastung am Entstehungsort der Schadstoffe als auch von der Zumutbarkeit für Boden bzw. Gewässer, in die nach Behandlung eingeleitet wird.
Quellen:
[1] Bertling, J.; Bertling, R.; Hamann, L. (2018): Kunststoffe in der Umwelt: Mikro- und Makroplastik. Kurzfassung der Konsortialstudie. Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT (Hrsg.), Oberhausen, Juni 2018.
[2] Schmitz, T.; Olbertz, N.; Grüning, H. (2020): Mikroplastik in Oberflächenabflüssen – Grenzen der Sedimentierbarkeit. In: gwf Wasser-Abwasser 02/2020, Vulkan-Verlag, Essen, 2020.
[3] Dannis, M. L. (1974): Rubber Dust from the Normal Wear of Tires. Rubber Chemistry and Technology 47(4), 1011-1037. DOI:10.5254/1.3540458.
[4] Mall-Umwelt-Info Ausgabe 5 (2019): Aktuelle Informationen zum Umgang mit Reifenabrieb und Mikroplastik. Mall GmbH, Donaueschingen, Juli 2019.
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[5] Gehrke, I.; Bertling, R. (2020): Kunststoffemissionen im Wasserkreislauf. In: Korrespondenz Abwasser, Abfall (67) Nr. 2. GFA, Hennef, Februar 2020.
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