Respekt vor großen Größen

Lichthärtende GFK-Schlauchliner sind mittlerweile in der Sanierung begehbarer Großprofile angekommen. Doch ganz unkritisch ist diese Entwicklung nicht zu sehen. Denn die Herausforderungen und Ansprüche an die Beteiligten steigen bei solchen Projekten im Vergleich zu Sanierungen kleinerer Durchmesser exponentiell.

Lichthärtendes GFK-Schlauchlining: Respekt vor großen Größen
Markus Vogel: „Ich finde es wichtig, die Wandstärke des Liners nicht extrem auszureizen“.
Lichthärtende GFK-Schlauchliner sind bereits mit Erfolg in ersten Großprofilsanierungen eingesetzt worden. Aktuell reicht das Durchmesserspektrum bis DN 1600, die Branche richtet den Blick bereits Richtung DN 1800. Möglich wurden die großen Durchmesser vor allem aufgrund der Weiterentwicklung des Linermaterials und seiner Materialkennwerte. Immer höhere E-Moduli ermöglichten es den Herstellern, die Wandstärken der Liner zu reduzieren, ohne die statischen Eigenschaften zu verschlechtern. Für die großdimensionierten Liner bedeutet dies ein reduziertes Gewicht, das ein Handling dieser tonnenschweren Schläuche in der Produktion und auf der Baustelle überhaupt erst ermöglicht.

Detaillierte Bestandserfassung notwendig

Doch angesichts des auf Hochleistung ausgelegten Linermaterials mahnt Markus Vogel hinsichtlich der statischen Eigenschaften jedoch zur Vorsicht. „In Großprofilen haben wir es häufig mit Mauerwerkskanälen zu tun. Dort habe ich Fugenbilder, bei denen es zu Harzauspressungen auf die Rückseite des Liners kommen kann. Die Frage, inwieweit solche Randbedingungen und Imperfektionen des Altrohres die statischen Eigenschaften des Liners mit seiner geringen Wandstärke verändern, darf nicht aus dem Auge verloren werden“, so der geschäftsführende Gesellschafter des auf Kanalsanierung spezialisierten Ingenieurbüros Vogel Ingenieure aus Kappelrodeck. Dies seien Einflüsse, die der Planer berücksichtigen müsse. Deshalb sei eine sehr genaue und detaillierte Bestandserfassung des zu sanierenden Kanals erforderlich, um eventuell notwendige Vorarbeiten einzuplanen.

Wandstärke nicht extrem ausreizen“

Daneben gelte es, so Vogel, die Zugänglichkeitserfordernisse zu beachten, denn über einen normalen Schacht lassen sich Liner dieser Dimension in der Regel nicht mehr einbauen. Es müssen Schächte geöffnet und Baugruben hergestellt werden, und auch das erforderliche Baustellenequipment ist anders dimensioniert wie bei der Sanierung eines 600er Kanals. Der Planer müsse sich klar machen, dass er es zwar mit dem gleichen Grundprodukt Schlauchliner zu tun habe, er bewege sich aber in einer ganz anderen Risikosphäre, die auch für das Versagen oder das Nichtversagen des Produktes eine Rolle spiele. „Deshalb finde ich es so wichtig, die Wandstärke des Liners nicht extrem auszureizen, damit nicht mit jeder zusätzlichen Imperfektion – die übrigens auch durch den Einbau entstehen kann – die Gefahr steigt, dass das Endprodukt die gestellten Anforderungen nicht erfüllt.“

Gunter Kaltenhäuser: „Ich sehe auch uns als Hersteller von Schlauchlinern und UV-Aushärtetechnologie in der Pflicht, das nötige Problembewusstsein für ein verantwortungsvolles Herangehen an solche Projekte zu wecken.“
Gunter Kaltenhäuser: „Ich sehe auch uns als Hersteller von Schlauchlinern und UV-Aushärtetechnologie in der Pflicht, das nötige Problembewusstsein für ein verantwortungsvolles Herangehen an solche Projekte zu wecken.“

Nicht vergleichbar mit kleineren Dimensionen

Für Gunter Kaltenhäuser liegt genau hierin ein aktuelles Problem. Schlauchlining in kleinen Durchmessern und in Großprofilen sei nicht miteinander vergleichbar und nicht jede Sanierungsfirma sei in der Lage, solche Liner einzubauen, meint der Geschäftsleiter Vertrieb und Marketing beim Linerhersteller Relineeurope. „Hier geht es um Bauprojekte, bei denen auch Risiken in einer anderen Dimension beherrscht werden müssen und die vom finanziellen Volumen her betrachtet im Falle eines Scheiterns manch ein Sanierungsunternehmen die Existenz kosten kann.“ Kaltenhäuser sieht auch die Linerhersteller in der Pflicht, das nötige Problembewusstsein für ein verantwortungsvolles Herangehen an solche Projekte zu wecken.

Herausforderungen für Hersteller

Hiervon sind auch die Hersteller betroffen, denn auch sie betreten mit den Linern für Großprofile Neuland. Angefangen mit der Logistik: Wie bekommt man einen Liner DN 1500 mit Gewichten von 15 oder 20 Tonnen aus dem Werk auf die Baustelle? „Das geht häufig nur mit Sondertransporten, die wiederum erhöhte Kosten verursachen und entsprechend kalkuliert wie auch in der Projektabwicklung berücksichtigt werden müssen.“ Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Technik für die Aushärtung. Welche Lichtquellen eignen sich für die gleichmäßige und vollständige Aushärtung des Liners? Wie steht es mit Größe und Handling der Packer auf der Baustelle? Was gilt es mit Blick auf Arbeitssicherheit und die Belastung der Mitarbeiter zu beachten? Welche Hilfen müssen für den Einbau noch entwickelt oder optimiert werden?

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Hohe Anforderungen auf der Baustelle

Für Stefan Schikora bestehen als Geschäftsführer der Diringer & Scheidel Rohrsanierung die großen Herausforderungen für ein ausführendes Unternehmen neben der erforderlichen technischen Ausstattung zu allererst in der Logistik und der Organisation auf der Baustelle. „Letztlich stellt eine Großprofilsanierung hohe Anforderung an die Baustellenplanung und an die Qualifikation und das Verantwortungsbewusstsein des Personals auf der Baustelle. Wir diskutieren aber auch sehr offen mit dem Linerhersteller, um die Umsetzung so einer Maßnahme auf der Baustelle zu optimieren und im Sinne des Bauherren und zum Nutzen aller Beteiligter ein Produkt in sehr guter Qualität herzustellen.“ Schikora ist überzeugt, dass dies mit lichthärtendem Schlauchling in begehbaren Profilen möglich ist, „wenn wir die angesprochenen Besonderheiten in der Planung, der Ausschreibung, in der Linerproduktion, beim Transport auf die Baustelle, bei der Baustellenlogistik und beim Einbau berücksichtigen und beherrschen.“

Stefan Schikora: „Wir können mit lichthärtendem Schlauchling in begehbaren Profilen ein Produkt in sehr guter Qualität herstellen, wenn wir die Besonderheiten des Verfahrens in diesen Dimensionen berücksichtigen und beherrschen.
Stefan Schikora: „Wir können mit lichthärtendem Schlauchling in begehbaren Profilen ein Produkt in sehr guter Qualität herstellen, wenn wir die Besonderheiten des Verfahrens in diesen Dimensionen berücksichtigen und beherrschen.

Interessante Perspektiven

Während Stefan Schikora davon ausgeht, dass es sich beim GFK-Schlauchlining in begehbaren Dimensionen zunächst einmal um keinen Massenmarkt handeln wird, sieht Markus Vogel durchaus interessante Perspektiven. „Ich bin überzeugt, dass im kleineren begehbaren Bereich das Verfahren für Netzbetreiber durchaus eine attraktive Alternative zum GFK-Rohrlining bieten kann, denn beim Rohrlining habe ich eine hydraulisch relevante Querschnittreduzierung.“ Hinzu kommen die im Vergleich zu anderen Sanierungsverfahren kurzen Bauzeiten, die die Kosten für aufwändige Wasserhaltungen reduzieren und damit die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens verbessern sowie die Beeinträchtigung von Verkehr und Anliegern reduzieren können.

Anspruchsvolles Verfahren mit viel Potential

Am Ende des Gespräches sind sich Planer, Linerhersteller und Sanierungsunternehmen einig: Die Sanierung von Großprofilen mit lichthärtendem GFK-Schlauchlining ist ein in hohem Maße anspruchsvolles Verfahren. Wenn sich dessen alle an einer solchen Maßnahme Beteiligten bewusst sind und entsprechend agieren, dann stellt es eine weitere interessante und attraktive Option dar, unter den zur Verfügung stehenden Methoden die beste für das konkret anstehende Projekt auszuwählen. „Der Markt für die Großprofilsanierung mit Schlauchlinern wird sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in unseren Exportmärkten positiv entwickeln“, rechtfertigt Gunter Kaltenhäuser die hohen Investitionen der Linerhersteller in den Aufbau zusätzlicher Produktionskapazitäten. Und Stefan Schikora bestätigt: „Nachfrage und Interesse sind definitiv da!“


Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in unserer nächsten Ausgabe (4/16) der B_I umweltbau.


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