Hauptsammler-Erneuerung in Bruchsal
Extrem geringe Überdeckung, stark eingeschränkter Arbeitsraum: Die Randbedingungen machten die Erneuerung eines Großprofils in offener Bauweise in Bruchsal zu einer nicht alltäglichen Maßnahme.
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Es ist eine zentrale Entwässerungsader mit historischen Ursprüngen. Der Mischwassersammler in der Werner-von-Siemens-Straße ist bereits in Aufzeichnungen des Bruchsaler Stadtarchivs von 1640 erkennbar. Damals noch offener Stadtgraben wurde er im Laufe der Jahrhunderte überdeckelt und mit einer Sohle versehen. 1896 wurde das begehbare Profil in seinen aktuellen Zustand, direkt an der Bestandsbebauung im Gehweg gelegen, mit einer Höhe von 2 Metern und einer Breite zwischen 2,70 und 2,90 Metern ausgebaut. In seiner Entstehungsgeschichte ist die geringe Tiefenlage begründet. Die Überdeckung liegt zwischen 45 und 35 cm.
Eine weitere Besonderheit: Der alte Sammler transportierte nicht nur Abwasser. Auch Versorger nutzen das Profil zur Verlegung ihrer Leitungen. Neben Telekommunikation und Strom verlief auch die Trinkwasserleitung für die Versorgung der anliegenden Häuser in dem Kanal.
Flüssigboden und Betondeckel
Bei der Planung durch das Ingenieurbüro TeamBau waren insbesondere die statischen Aspekte aufgrund der minimalen Überdeckung zu berücksichtigen. Hier wurde in Abstimmung mit dem Rohrhersteller Hobas eine Lösung gefunden. Durch die Bettung der Rohre bis 1,25 Meter unter Geländeoberkante in Flüssigboden und die Abdeckung mit einem lastverteilenden Ortbetondeckel gelang es, ein den Verkehrslasten entsprechend statisch tragfähiges Gesamtsystem herzustellen.
2013 ging das Projekt in die Ausschreibung, den Zuschlag erhielt auf das wirtschaftlichste Angebot die Firma Michel Bau aus dem schleswig-holsteinischen Neumünster. Schlüssel zum Erfolg war nicht zuletzt ein Sondervorschlag, die Wasserhaltung betreffend. Der Entwurf des Ingenieurbüros TeamBau sah kurze Baugruben mit einem abschnittsweisen Überpumpen des Abwassers vor. Demgegenüber plante Michel Bau, den Sammler komplett außer Betrieb zu nehmen und mit einer über die gesamte Bauzeit installierten Wasserhaltung die gesamten 175 Meter trocken zu legen. Hierzu wurde eine 480 Meter lange aufgeständerte Stahlleitung gebaut, die den Verkehr nicht behinderte und teilweise über private Grundstücke verlief. Durch diese Wasserhaltung bestand die Möglichkeit, die Maßnahme in lediglich drei Bauabschnitte zu unterteilen und den Bauablauf auch unter wirtschaftlichen Aspekten zu optimieren.
Eine Besonderheit aus Sicht des Auftragnehmers war, dass der Abwasserbetrieb Bruchsal der ausführenden Firma eine gewisse Flexibilität in der Gestaltung des Bauablaufes zugestand. Festgelegt wurde lediglich der Fertigstellungstermin. Den Baubeginn konnte der Auftragnehmer variabel gestalten.
Wenig Platz und viel Verkehr
Für Stephan Remer, Bauleiter bei Michel Bau, waren es zu allererst die eng eingeschränkten Platzverhältnisse, die es bei dieser Baumaßnahme einzuhalten und zu managen galt – zumal die für den Verkehr zur Verfügung stehende Straßenbreite noch einmal um 50 cm auf 3 Meter verbreitert wurde, um den Busverkehr nicht zu behindern. Platz, der dem ohnehin knapp bemessenen Baufeld verloren ging. „Um hier arbeiten zu können, war ein konstruktives Miteinander aller Beteiligter, auch von Seiten des Bauherren und des Ordnungsamtes unabdingbar, und dies hat zurückblickend betrachtet auch ausgezeichnet geklappt“, so Remer.
Eine weitere Besonderheit: Zum Teil bildeten Kanalwand und Fundamente der angrenzenden Gebäude eine Einheit. „Es gab keine klare Trennung zwischen den Kellerwänden und dem Kanal“, beschreibt Christoph Kramer vom Ingenieurbüro TeamBau die Situation. Deshalb mussten die Abbrucharbeiten des alten Sammlers mit besonderer Vorsicht und erschütterungsarm durchgeführt werden. Dabei waren die Schwingungswerte einzuhalten, wie sie auch für denkmalgeschützte Gebäude vorgeschrieben sind. Dies wurde durch einen externen Gutachter überwacht.
Ende März begann Michel Bau mit den Arbeiten. Zunächst wurden die im Sammler verlaufenden und die weiteren von den Arbeiten betroffenen Versorgungsleitungen unter der Regie und in nicht immer reibungsloser Koordination mit den jeweiligen Versorgungsträgern umgelegt. Nach Fertigstellung des Übergabeschachtbauwerkes begann sukzessive gegen die Fließrichtung der Abbruch des alten Sammlers und die Verlegung der neuen GFK-Rohre mit gleichzeitiger Anbindung der Hausanschlussleitungen.
Standfestigkeit gefährdet
Im Jahr 2011 wurde der Sammler systematisch auf seinen Zustand untersucht. In einer ersten und einer zweiten Begehung wurden nicht nur erhebliche Schäden wie Ausbrüche und Risse festgestellt, auch die Standsicherheit des Bauwerkes war rechnerisch nicht mehr nachweisbar. Nach den Ergebnissen der Zustandserfassung war für Falk Berger vom Abwasserbetrieb Bruchsal und das beauftragte Ingenieurbüro TeamBau klar: Auf einem 175 Meter langen Teilstück dieses Sammlers bestand dringender Handlungsbedarf.
„Ein Einzelrohrlining schied im Zuge der Variantenuntersuchungen aus zwei Gründen aus“, erläutert Christoph Krämer vom Ingenieurbüro TeamBau. „Zum einen aufgrund der mehrfach wechselnden Querschnittsformen des Altrohres, zum anderen war der alte Sammler bereits hydraulisch jenseits der Belastungsgrenze.“ Also kam nur eine Erneuerung infrage. Der Abwasserbetrieb entschied sich nach Abwägung der betrieblichen und wirtschaftlichen Argumente für die Erneuerung des Sammlers in der alten Trasse. Dieser Vorschlag sah vor, den alten Kanal abzubrechen und in nahezu gleicher Trasse mit GFK-Rohren als flaches Maulprofil in den Abmessungen 2,00 x 3,20 Meter zu erneuern.
Miteinander zum Erfolg
Waren etwa 50 Meter der Rohre verlegt, erfolgte zunächst der Einbau des Flüssigbodens. Big Bags auf den Rohren dienten in dieser Phase als Auftriebssicherung, von innen waren die Rohre mit einer Aussteifung gegen Verformung geschützt. Anschließend wurde abschnittsweise der Betondeckel gegossen.
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Die Schachtbauwerke am Anfang und am Ende der Sanierungsstrecke sind Mauerwerkschächte, gebaut von Michel Bau nach der Hamburger Sielbauvorschrift. „Jetzt hat Bruchsal also zwei Schächte, die dem Anforderungsprofil der Hamburger Stadtentwässerung entsprechen“, so Stephan Remer mit einem norddeutschen Augenzwinkern. Ein Zwischenschacht wurde als Tangentialschacht aus GFK in Fertigteilbauweise hergestellt.
Für Falk Berger ist aus Sicht des Auftraggebers eine Erfahrung gerade vor dem Hintergrund einer solch komplexen Maßnahme besonders hervorzuheben: „Hier war klar zu spüren, dass Ingenieurbüro und Baufirma gemeinsam an einem Ziel gearbeitet haben, und zwar in einer Art und Weise, wie sie aus unserer Sicht nicht besser hätte sein können. Ein Vorteil für den Bauablauf – gerade wenn es schwierig wird – und einer, der sich für uns als Auftraggeber in Geld gar nicht beziffern lässt“, so sein Fazit.
Den ausführlichen Bericht lesen Sie in der aktuellen B_I umweltbau.
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