Ein neuer Abstellbahnhof für Stuttgart 21
Im Rahmen des Großprojektes "Stuttgart 21" wird im Stadtteil Untertürkheim ein neuer Abstellbahnhof gebaut. Dabei sind auch drei große Abwasserkanäle, die das Gleisfeld kreuzen, zu sanieren. Zum Einsatz kam ein Einzelrohr-Lining mit GFK-Rohren, die über ein speziell angepasstes Sonderprofil verfügten. Der Einbau gestaltete sich vielschichtig.
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Mit Stuttgart 21 wird die gesamte Bahninfrastruktur im Ballungsraum Stuttgart neugeordnet. Kernstück ist der Umbau des bisherigen Kopf-Hauptbahnhofes in einen Durchgangsbahnhof. Hierfür wird die Ausrichtung der Bahnsteige um 90 Grad gedreht und diese gleichzeitig in den Untergrund verlegt. Zahlreiche Tunnelbauwerke führen die Gleisanlagen zukünftig ringförmig um Stuttgart herum. Im Zuge dieses einmaligen Infrastrukturprojektes wird der neue Abstellbahnhof in Untertürkheim inklusive dazugehöriger Wartungseinrichtungen und Innenreinigungsanlage den bisherigen im Rosenheimviertel ersetzen.
Für den neuen Abstellbahnhof nutzt die Deutsche Bahn die Fläche eines alten Güterbahnhofes, der in Teilen bereits seit mehreren Jahren stillgelegt ist. Das rund 11 Hektar große Gelände liegt inselgleich zwischen der seit März 2023 in Betrieb befindlichen Interregio-Kurve auf der einen und Nahverkehrsgleisen sowie Wohnbebauung auf der anderen Seite, beschreibt Planungskoordinator Maik Komorek vom Generalunternehmer Eiffage Infra-Nordwest die vorliegende Bausituation. „Das Gelände ist ellipsenförmig mit einer Länge von knapp 2 Kilometern in Nord-Süd-Ausrichtung und misst an der breitesten Stelle ca. 100 Meter. Unsere Aufgabe ist es, insgesamt 41 Gleise in mehreren Abstellgruppen mit einer Gesamtlänge von rund 13 Kilometern vorzustrecken, die Tiefen- und Gleisentwässerung sowie den Kabeltiefbau für den Betrieb des digitalen Stellwerkes und anderer digitaler Anlagen auf dem gesamten Gelände zu errichten.“
Im Vorfeld der Bauaktivitäten wurde auf dem Gelände auch die bereits vorhandene Entwässerungsinfrastruktur mit unter die Lupe genommen und die einzelnen Zustände klassifiziert. Dabei stellte sich heraus, dass drei große Mischwassersammler (in Stuttgart als Dolen bezeichnet) das Gelände in Ost-West-Richtung queren. TV-Inspektionen zeigten Schäden, die in Kombination mit der vertieften Untersuchung des Bestandskanals zu einer Einstufung in den Altrohrzustand IIIa führten, und eine Sanierung inklusive einer statischen Ertüchtigung erforderlich machten. Mit der Ausführung beauftragte Eiffage Infra-Nordwest die Münchener Niederlassung der Aarsleff Rohrsanierung GmbH.
Auf der Suche nach dem Best-Fit-Querschnitt
Genaue Konstruktionsunterlagen für die in Stampfbeton hergestellten Dolen mit Haubenprofil 1000/1250 lagen aufgrund ihres Alters nicht vor. Aus Zeit- und Kostengründen, aber auch unter Berücksichtigung umweltspezifischer Aspekte, entschied man sich final für die grabenlose Sanierung im Bereich der permanent in Betrieb befindlichen Gleisanlagen, wofür Stein Ingenieure die Planung übernahm. Schnell war klar, dass ein Einzelrohr-Lining mit eigenständig tragfähigen GFK-Rohren die sinnvollste und beste Lösung darstellte, um die kompletten statischen Lasten aus den äußeren Beanspruchungen aufnehmen zu können.
„Aus den hydraulischen Netzberechnungen war erkennbar, dass die Kanäle sehr stark hydraulisch beansprucht sind. Demzufolge war es eine sehr diffizile Aufgabe, das GFK-Profil so groß und so exakt wie möglich an die Bestandskanäle anzupassen und dabei die Querschnittsflächenreduzierung tunlichst gering zu halten. Daher wurde im Vorfeld die Innengeometrie der Dolen mit einem Laser dreidimensional vermessen und darauf aufbauend der Best-Fit-Querschnitt ermittelt“, erklärt Andreas Beuntner, Geschäftsführer Stein Ingenieure. Dabei zeigte sich, dass für alle drei Dolen ein und dieselbe Querschnittsgeometrie passte. Beuntner: „Mit dem parabelförmigen Sonderprofil 800/1010 aus GFK bei einer Wandstärke von 28 Millimetern konnte auch der hydraulische Nachweis erfolgreich erbracht werden.“
FEM-Berechnungen überzeugten
Als GFK-Rohre kamen NC Line-Rohre der Amiblu Germany GmbH zum Einsatz. Doch bevor die Rohrproduktion bei Amiblu starten konnte, galt es, sich mit der Deutschen Bahn abzustimmen, damit die Rohre mit dem gewählten Sonderprofil den besonderen Anforderungen an die Statik für die Verwendung unterhalb von Gleisanlagen entsprechen und für die Sanierung eingesetzt werden dürfen, wie Dr. René Thiele von Amiblu erörtert: „Amiblu hat bereits seit fast zehn Jahren die Bahnzulassung für kreisrunde GFK-Rohre. Damit sind wir bis heute der einzige Hersteller von GFK-Rohren, der diese Zulassung erhalten hat. Für das Projekt in Stuttgart konnten wir anhand von umfangreichen Untersuchungs- und Prüfberichten aufzeigen, dass auch die NC Line-Rohre in dem Sonderquerschnitt den Anforderungen hinsichtlich Dauerschwingfestigkeit und Langlebigkeit genügen.“
Neue Stabilität
Ebenso vielschichtig wie die Genehmigung der GFK-Rohre im Sonderquerschnitt gestaltete sich auch der Einbau der Rohre. Zuerst wurde das alte Haubenprofil im Bereich der Startbaugrube aufgeschnitten und die Betonhaube zwischengelagert, da diese nach Abschluss der Arbeiten wieder aufgesetzt werden sollte. Für den Einbau der Amiblu NC Line-Segmente verwendeten die Sanierungsfachleute von Aarsleff ihren eigens für dieses Profil entwickelten Transport-Rohrwagen. Da alle Rohre bereits produziert, kurzfristig auf der Baustelle verfügbar waren, das Wetter mitspielte und eine aus unzähligen Projekten erfahrene Crew den Einbau durchführte, konnte Aarsleff zehn bis zwölf Rohre pro Tag installieren. Denn bei einem Verfahren, bei dem das eigentliche Endprodukt erst auf der Baustelle entsteht, müssen Qualität des Ausgangsprodukts und Qualifizierung des Dienstleisters eine untrennbare Einheit bilden, um die hohen Anforderungen der Netzbetreiber erfüllen zu können.
„Die Amiblu NC Line-Profile sind, wenn man es so sagen will, mittlerweile die dritte Generation nicht-kreisrunder Rohrsysteme, die auf den bewährten Technologien von Amiantit Amiren und Hobas NC Line basiert, jedoch mit neuen Eigenschaften und verbesserter Leistung. So zeichnen sich die Profile auch durch eine höhere Säurebeständigkeit und Stoßfestigkeit aus. Letzteres macht die Rohre noch weniger anfällig für Beschädigungen während des Transports oder der Verlegung und ermöglicht eine besonders einfache und sichere Handhabung“, so Lang.
Für die Aufrechterhaltung der Abwasservorflut während des Rohreinbaus sorgten verschiedene Abmauerungen und eine Umleitung des Trockenwetterabflusses in eine der anderen beiden Dolen. Im Regenfall schickten installierte Messpegel eine entsprechende Warnmeldung per SMS, sodass die Aarlseff-Mitarbeiter die Dolen rechtzeitig verlassen konnten. Insgesamt verlief die Sanierung der ersten beiden Dolen im April und Mai 2023 professionell und problemlos, wie der verantwortliche Bauleiter von Aarsleff betont.
Einbau auf Abruf
Info-Videos
Das Großprojekt "Stuttgart 21" wird seitens der Deutschen Bahn mit verschiedenen YouTube-Videos begleitet. Das Video „Der Abstellbahnhof in Stuttgart zieht um“ beschreibt das Projekt im Zusammenhang mit dem Gesamtprojekt:
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Und in „Erdarbeiten am Abstellbahnhof“ werden die einzelnen Arbeitsschritte erläutert:
Quelle: Aarsleff Rohrsanierung
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