Mit Kraft und Können durch den Steilhang
Eine 275 m lange Mischwassersammelleitung ist Ende Mai 2020 in der im Oberbergischen Kreis gelegenen Stadt Wiehl unter ziemlich schwierigen Bedingungen im Berstlining-Verfahren erneuert worden. Dabei war die volle Power des eingesetzten Grundoburst 2500G gefragt.
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Die Rahmenbedingungen vor Ort waren:
- Verlauf der zu erneuernden Rohrleitung an einem Steilhang
- 7 m unterhalb einer Landstraße gelegen
- eingebettet in massivem und zerklüftetem Fels
- drückender Hang
- extrem schlechte Zugänglichkeit in nicht befahrbarem Gelände und
- 4 bis 5 m Überdeckung
Dieser Mischwassersammler wurde vor ca. 50 Jahren aus Betonrohren mit Stahlarmierung in den Nennweiten 600 mm und 700 mm gebaut – nun dokumentierte eine Kamerabefahrung eine Reihe von Schadensbildern wie Risse, Brüche und Wurzeleinwuchs. Eine herkömmliche Sanierung kam nicht in Frage, da zum einen der Querschnitt vergrößert werden musste und zum anderen durch die Überdeckung, den drückenden Hang und die oberhalb des Hangs gelegene Landstraße die statische Belastung der schadhaften Stahlbetonrohre nicht mehr gewährleistet war.
Geschlossene Bauweise
Die Stadtwerke ihrerseits haben in der Vergangenheit viele gute Erfahrungen mit der grabenlosen Erneuerung von Rohrleitungen gesammelt. In den letzten Jahren sind bereits einige große Sammelleitungen zu ihrer Zufriedenheit so erneuert worden, so dass auch sie die Entscheidung des Planungsbüros, gerade für diese Maßnahme die grabenlose Bauweise mit dem Berstlining-Verfahren anzuwenden, befürworteten. Den Auftrag dazu erhielt die Alfes + Sohn GmbH aus Wenden, die schon so manches schwierige Projekt mit dem Berstlining-Verfahren, auch in Wiehl, gemeistert hatte.
Berstlining mit Risiko
Im Vorfeld der Arbeiten ließ pbs zwei Rammsondierungen als Grundlage für ein Baugrundgutachten erstellen, mit denen die Verdrängbarkeit des Bodens dokumentiert werden sollte. Das Ergebnis sorgte nicht gerade für Optimismus: Die gesamte Rohrtrasse mit ihren 275 m war komplett in den anstehenden Fels eingebettet und es war nicht bekannt, wie viel veränderbarer Boden neben der Rohrtrasse vorhanden war. Also Bodenverdrängung wahrscheinlich so gut wie Null. Damit stand auch die Anwendung des Berstlinings auf dünnem Eis, denn trotz aller Vorteile barg es so ein großes Risiko.
In Ermangelung einer bezahlbaren Alternative und mit der auf langjähriger Erfahrung basierenden Zuversicht der verantwortlichen Mitarbeiter des hinzugezogenen Spezialunternehmens Alfes + Sohn sowie nach eingehender fachlicher Beratung durch den Geschäftsführer Gerhold Alfes entschieden die Stadtwerke Wiehl, das Berstlining doch anzuwenden.
Intelligent geplant
Gerhold Alfes wäre nicht so ein erfolgreicher Unternehmer, wenn er nicht alle Möglichkeiten für eine solche schwierige Baumaßnahme austarieren würde. Am Tag, an dem die Erneuerung des Mischwassersammlers starten soll, ist er selbst vor Ort und erklärt: „Ich war mir natürlich bewusst, dass es kein Kinderspiel werden würde und dass wir uns v.a. auf den massiven Fels, in den die Rohrleitung eingebettet war, sowie auf die Steillage unterhalb der Landstraße fokussieren müssen. Aber für alles gibt es eine Lösung! Hier in Wiehl heißt der eine Teil der Lösung, eine leistungsstarke, belastbare und zuverlässige Maschine einzusetzen – das ist der Grundoburst 2500G. Der zweite Teil der Lösung ist eine angepasste Dimensionierung der Haltungslängen. Es macht Sinn, die erste Haltung 45 m und die zweite 100 m lang auszuführen. Die dritte Haltung, über 130 m, ist als letzte geplant, da sie gegebenenfalls sehr kritisch werden könnte.“
Baugruben im Hang
Die 300 m georderten PP-HM-Vortriebsrohre 730 x 35 mm (Langrohre) der Simona AG wurden vor Ort entsprechend zu drei Teilsträngen verschweißt und lagen zum Einbau bereit. Schwieriger gestaltete sich im Vorfeld das Anlegen der Baugruben mit Tiefen von bis zu 5,5 m in der Hanglage – für die Verantwortlichen eine echte Herausforderung. Der drückende Hang musste stabilisiert werden, um einerseits die Sicherheit des Personals uneingeschränkt gewährleisten zu können und andererseits ein Absenken der Landstraße auszuschließen.
„Auch auf solche Extreme müssen wir vorbereitet sein“, so Gerhold Alfes, „und so haben wir die Baugruben mit SBH Mega-Rollenschlittenverbau verkleidet, der an der steilsten Stelle noch mit Felsankern gesichert wurde. Außerdem wurde der 25 t schwere Kettenbagger während des Aushubs mit Hilfe von Felsankern gesichert, um ein Abstürzen in den etwa 20 m tiefen und 60° steilen Abgrund zu verhindern.“
Haltung 1 und 2 okay
Der Grundoburst 2500G mit seiner maximalen Zugkraft von 2.550 kN, der Stärkste unter den Starken, war in Stellung gebracht, ebenso das Magazin mit dem Quicklock-Berstgestänge. Nicht gerade geschmeidig aber dennoch relativ gleichmäßig schob die Lafette das Gestänge in die Altrohrleitung ein. Hier hatte das Stahlbeton-Altrohr einen Durchmesser von DN 700. Das Aufbrechen und Verdrängen der alten Rohre klappte ganz gut, ebenso die Aufweitung auf 800 mm mit vier aufgeschweißten Messerleisten und das Nachziehen des neuen Rohrstrangs. Die Erneuerung der ersten beiden Haltungen war damit schon einmal erfolgreich.
Dann, bei der letzten 130 m langen Haltung, die in 7 m Tiefe verläuft, wurde es schweißtreibend – für Mensch und Maschine: Die Altrohrleitung verjüngte sich in einem Schacht auf DN 600 und die Trasse verlief nicht mehr geradlinig, sondern knickte in Fließrichtung erst um 10° nach rechts ab und verlief dann im letzten Drittel in einem leichten Bogen nach links. Jetzt musste das Alfes-Team mit höheren Kräften rechnen, sämtliche Kraftreserven des Grundoburst 2500G waren nun gefordert.
Bei der dritten Haltung klemmt‘s
Kurz hinter dem 10°-Knick stieg die Zugkraft erheblich, ja sogar bedenklich an, bis nach einigen Gestängen der Rohreinzug zum Erliegen kam. Etwa 30 m vor Ende des Vortriebs riss auf der Strecke eine Schweißnaht und teilte den Rohrstrang in zwei gleich lange Teile. Die Arbeiten wurden sofort gestoppt und die Rissstelle geortet. Dabei wurde festgestellt, dass am ersten durchfahrenen Schacht ein etwa 6 m langes Teilstück fehlte, der Bohrkanal aber in vollem Querschnitt ausgeprägt war.
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Am nächsten Tag schloss das Team diese „Lücke“ aus dem Schacht heraus durch den Einbau von Kurzrohrmodulen. Parallel dazu teufte man unmittelbar an der aktuellen Position des Berstkopfs eine zusätzliche Baugrube ab, die nun nicht mehr im Steilhang angelegt werden musste und deshalb mit 3,5 m Tiefe ausreichend dimensioniert war. Jetzt konnten die noch fehlenden 30 m Alt-Rohrleitung im Berstlining-Verfahren fertiggestellt werden, und zwar mit dem Einzug von Kurzrohren.
Ende gut, alles gut
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