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Emission/Immission – Messung/Berechnung (Teil 1)

Das Thema Baulärm wird vielfach unterschätzt. Wenn zudem Begrifflichkeiten falsch verwendet werden, kann es zu folgenschweren Missverständnissen kommen. In diesem Beitrag werden daher wichtige Grundbegriffe der technischen Akustik erklärt, Vorgaben für die Konzeption erläutert sowie die Ergebnisse durchgeführter Messungen und Berechnungen vorgestellt (Teil 1). Dies sind die Grundlagen für den „Schallbaukasten“ (SBK), der in Teil 2 vorgestellt wird.

Baulärm: Emission/Immission – Messung/Berechnung (Teil 1)
Bild 1: Schall-Emission /-Immission einer HDD-Baustelle (vgl. Tutorial A5 [1]) | Foto: IITA-Messungen

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Eine Baulärmprognose ist z.B. bei der Planung der SuedLink-Trasse Bestandteil des Genehmigungsverfahrens. Mit Hilfe von Immissionsberechnungen wird prognostiziert, ob der zulässige Schalldruckpegel am Immissionsort (Beurteilungspegel) eingehalten werden kann. Neben den gesetzlichen Vorschriften gibt es noch weitere Gründe, sich mit dem Thema zu befassen:

  • Vermeidung von Missverständnissen und daraus resultierenden kostenintensiven Mehrfachbearbeitungen mittels einer schalltechnisch eindeutigen Kommunikation
  • Eindeutige schalltechnische Kenngrößen ermöglichen eine Vergleichbarkeit bei der Ausschreibung und Beschaffung.
  • Die Verwendung von Fachbegriffen der technischen Akustik in der Kommunikation mit den beteiligten Fachfirmen und in Ausschreibungs-/Vertragsunterlagen (Stichwort Spezifikation) ist unabdingbare Voraussetzung für die Beurteilung des Lieferumfangs bzw. der Bauausführung.
  • Unter Umständen begleitet ein Immissionsschutzbeauftragter die Bauarbeiten – im Extremfall ist er zur Stilllegung der Baustelle berechtigt.
  • Unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften ist grundsätzlich der Stand der Lärmminderungstechnik zu beachten und weiterzuentwickeln.
  • Durch die innerstädtische Nachverdichtung steigt das Konfliktpotenzial zwischen Baustelle und angrenzender Wohnnutzung.
  • Geräuscharme Baumaschinen sind heute ein Wettbewerbsvorteil.

Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten führt dann zu einer kostenoptimierten Lösung, wenn generell eine normgerechte Terminologie verwendet wird. Vor diesem Hintergrund hat das Institut für Immissionsschutz und Technische Akustik (IITA) der Obermeyer Infrastruktur GmbH & Co. KG damit begonnen, auf seinem YouTube-Kanal [1] frei verfügbare Tutorials zu den Grundlagen der Technischen Akustik bereitzustellen. Die Begriffe „Schallleistungspegel“ und „Schalldruckpegel“ sind essenziell. Bild 1 zeigt am Beispiel einer HDD-Baustelle den Zusammenhang zwischen dem Schallleistungspegel der Baustelle und dem Schalldruckpegel am Immissionsort, gemessen 0,5 m vor dem geöffneten Fenster des nächstgelegenen schutzbedürftigen Wohnraums.

Angaben zur Schallemission am Beispiel einer HDD-Baustelle

Basis für eine belastbare Immissionsprognose ist der korrekte Ansatz der Schallleistungspegel für die einzelnen Bautätigkeiten. Dabei stehen folgende Quellen zur Verfügung:

  • Vorgabe aus einer schalltechnischen Konzeption
  • Veröffentlichter Stand der Technik
  • Herstellerangaben
  • Durchführung von eigenen Messungen

Konzeption

Die Höhe des zulässigen Immissionspegels richtet sich nach den in der AVV-Baulärm [3] festgelegten Immissionsrichtwerten (IRW, Tabelle 1):

Tabelle 1: Immissionsrichtwerte der AVV-Baulärm [3] | Foto: IITA-Messungen
Tabelle 1: Immissionsrichtwerte der AVV-Baulärm [3] | Foto: IITA-Messungen

Unter akustischen Freifeldbedingungen kann die Konzeption eines maximal zulässigen Schallleistungspegels überschlägig in Abhängigkeit des IRW und des Abstandes zwischen Baustelle und Immissionsort erfolgen (Tutorial A7 [1]).

Literaturangaben

So ist z.B. der Bericht [4] eine der allgemein gebräuchlichen Bezugsquellen für schalltechnische Kenngrößen von Baumaschinen und Bautätigkeiten. Vorteil: Die Angaben beziehen sich auf reale Arbeitszyklen. Nachteil: Die Angaben sind ca. 20 Jahre alt und entsprechen somit nicht dem aktuellen Stand der Lärmminderungstechnik.

Herstellerangaben

Im Rahmen der Konformitätserklärung (vgl. [6]) geben die Hersteller u.a. den A-bewerteten Schallleistungspegel ihrer Baumaschine im unbelasteten Zustand an. Vorteil: Bei neuen Maschinen repräsentieren die Angaben den Stand der Lärmminderungstechnik. Nachteil: Die Angaben wurden unter nicht realen Bedingungen messtechnisch ermittelt (u.a. ist das Werkzeug nicht im Eingriff).

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Durchführung von eigenen Messungen

Werden Messungen durchgeführt, erfolgen diese i.d.R. nach der bzw. in Anlehnung an die DIN EN ISO 3744 [5]. Die virtuelle Hüllfläche in einem definierten Abstand („Schuhkarton“) wird mit dem Mikrofon mäandrierend gescannt – der resultierende Messflächen-Schalldruckpegel ist mit dem Messflächenmaß zu addieren (Tutorial A6 [1]). In dieser Weise wurden auf dem Prüfgelände der Firma Max Streicher in Deggendorf die Schallleistungspegel einer elektrisch betriebenen HDD-Bohranlage ermittelt (Bild 2).

Bild 2: Prüfgelände der Max Streicher GmbH & Co. KG aA in Deggendorf, Ermittlung des Schallleistungspegels der Bohranlage HDD45E | Foto: IITA-Messungen
Bild 2: Prüfgelände der Max Streicher GmbH & Co. KG aA in Deggendorf, Ermittlung des Schallleistungspegels der Bohranlage HDD45E | Foto: IITA-Messungen

Bis dato erfolgten die Vermessungen der Baumaschinen/-anlagen auf insgesamt fünf HDD-Baustellen (Tabelle 2).

Tabelle 2: Übersicht durchgeführte Messkampagnen | Foto: IITA-Messungen
Tabelle 2: Übersicht durchgeführte Messkampagnen | Foto: IITA-Messungen
Gleichwohl die HDD45E (Bild 2, 45 t Zugkraft) nicht direkt mit der HDD80E (Bild 3, 80 t Zugkraft) vergleichbar ist, sind beide Bohranlagen in Bild 3 gegenübergestellt. Dargestellt sind die messtechnisch ermittelten A-bewerteten Schallleistungspegel für die Terz-Mittenfrequenzen von 25 Hz bis 10 kHz (Frequenzanalyse s. Tutorials A4/5 [1]). Sowohl der Vergleich der Terzspektren als auch der Summen-Schallleistungspegel von 90,6 dB(A) (bzw. 98 dB(A) von Max Streicher auf deren Prüfstand für die HDD80E ermittelt) vs. 102,4 dB(A) zeigt, dass bei einer Immissionsprognose der Ansatz von im Baubetrieb befindlichen Maschinen die Prognosesicherheit erhöht.
Bild 3: Prüfgelände vs. Baustelle, Beispiel HDD-Bohranlagen der Max Streicher GmbH & Co. KG aA (Frequenzanalyse s. Tutorial A4 und A5 [1]) | Foto: IITA-Messungen
Bild 3: Prüfgelände vs. Baustelle, Beispiel HDD-Bohranlagen der Max Streicher GmbH & Co. KG aA (Frequenzanalyse s. Tutorial A4 und A5 [1]) | Foto: IITA-Messungen

Validierung der Emissionsmessungen

Bei der Messkampagne 1 (Tab. 2) wurden parallel zu den Emissionsmessungen an einem entfernt gelegenen Kontrollpunkt/Immissionspunkt Immissionsmessungen durchgeführt (Bild 4).

Bild 4: Messkampagne 1, Kontrollmessungen an einem Immissionspunkt | Foto: IITA-Messungen
Bild 4: Messkampagne 1, Kontrollmessungen an einem Immissionspunkt | Foto: IITA-Messungen

Zum Vergleich mit den Immissionsmessungen wurde die Schallimmission mit den für die Anlagenkomponenten messtechnisch ermittelten Oktav-Schallleistungspegeln berechnet (Bild 5).

Bild 5: Rechenmodell CadnaA [8] Messkampagne 1 | Foto: IITA-Messungen
Bild 5: Rechenmodell CadnaA [8] Messkampagne 1 | Foto: IITA-Messungen

Die sehr gute Übereinstimmung zwischen der Immissionsmessung und Immissionsberechnung zeigt Bild 6. Damit sind implizit die messtechnisch ermittelten Schallemissionen bestätigt.

Bild 6: Schalldruckpegelmessungen an einem Immissionspunkt (IP) vs. Schallausbreitungsberechnungen für diesen IP am Beispiel der HDD-Baustelle Überherrn | Foto: IITA-Messungen
Bild 6: Schalldruckpegelmessungen an einem Immissionspunkt (IP) vs. Schallausbreitungsberechnungen für diesen IP am Beispiel der HDD-Baustelle Überherrn | Foto: IITA-Messungen

Teil 2 beschäftigt sich mit der Konzeptionierung und der praktischen Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen sowie der Anwendung eines Excel-Tools zur überschlägigen Konzeptionierung einer HDD-Baustelle. Hier geht's zum Artikel.

Literatur:
[1] Tutorials von Dipl.-Ing. (FH) Klaus Goldemund zu den Grundlagen der Technischen Akustik (www.youtube.com/channel/UCM9_eF6GH3hNcHCCwPDbeVQ)
[2]
Zeitschrift tab, Artikel von Dipl.-Ing. (FH) Klaus Goldemund und Anne Griebel, M.Sc. „Schallbaukasten – SBK, erste Schritte für eine akustische Anlagenkonzeption“
[3] AVV-Baulärm: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm (Geräuschimmissionen) vom 19. August 1970
[4] HLUG: Technischer Bericht zur Untersuchung der Geräuschemissionen von Baumaschinen, Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Heft 2 – 2004
[5] DIN EN ISO 3744, Akustik – Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Geräuschquellen aus Schalldruckmessungen, Ausgabe Februar 2011
[6] Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung – 32. BImSchV vom 29. August 2002 (BGBl. I S. 3478), die zuletzt durch Artikel 110 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist
[7] DIN ISO 9613-2 – Dämpfung des Schalls bei der Ausbreitung im Freien – Februar 1999
[8] CadnaA für Windows, EDV-Programm zur Berechnung und Beurteilung von Lärmimmissionen im Freien, Version 2023 MR 2, DataKustik GmbH, Gilching

Autoren:

Dipl.-Ing. (FH) Klaus Goldemund, Obermeyer Infrastruktur GmbH & Co. KG, Institut für Immissionsschutz und Technische Akustik, Tel.: 089/5799-677, E-Mail: klaus.goldemund@obermeyer-group.com, Internet: www.obermeyer-group.com | Foto: IITA-Messungen
Dipl.-Ing. (FH) Klaus Goldemund, Obermeyer Infrastruktur GmbH & Co. KG, Institut für Immissionsschutz und Technische Akustik, Tel.: 089/5799-677, E-Mail: klaus.goldemund@obermeyer-group.com, Internet: www.obermeyer-group.com | Foto: IITA-Messungen
Vincent Wollinger, M.Sc., Obermeyer Infrastruktur GmbH & Co. KG, Institut für Immissionsschutz und Technische Akustik, Tel.: 089/5799-681, E-Mail: vincent.wollinger@obermeyer-group.com, Internet: www.obermeyer-group.com | Foto: IITA-Messungen
Vincent Wollinger, M.Sc., Obermeyer Infrastruktur GmbH & Co. KG, Institut für Immissionsschutz und Technische Akustik, Tel.: 089/5799-681, E-Mail: vincent.wollinger@obermeyer-group.com, Internet: www.obermeyer-group.com | Foto: IITA-Messungen

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