Weitere BIM-Fortschritte im kommunalen Leitungs- und Kanalbau
Die Fachvereinigung Betonrohre und Stahlbetonrohre (FBS) hat im Juni 2022 eine Fachgruppe zum Thema „BIM“ gegründet und sich in den vergangenen Monaten intensiv mit den Herausforderungen in Bezug auf die Einführung der BIM-Methodik im Kanalbau beschäftigt. Die Erkenntnisse, die einen deutlichen Fortschritt bei der Anwendung von BIM im Kanalbau darstellen, wurden jetzt erstmals im Rahmen des openBIM-Infrastrukturkongresses „infraBIM open 2023“ in Finnland präsentiert.
Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft
Hauraton hat spezialisierte Lösungen, die bei der Neugestaltung von Bahnhöfen für ganzheitlichen Regenwassermanagement eingesetzt werden.
Zur Unterstützung dieser Entwicklung hat die FBS eine eigene Fachgruppe „BIM“ ins Leben gerufen. Ziel dieser Fachgruppe ist es, die Besonderheiten im Bereich der Entwässerungsbauteile zu identifizieren und diese in die BIM-Methodik zu integrieren. Die Fachgruppe besteht aus Vertretern der FBS-Mitgliedsfirmen sowie externen Experten, die sich vorrangig zunächst um die Attributierung von Betonbauteilen kümmern sollen. Bei der Zusammenstellung der Personen wurde Wert darauf gelegt, dass unterschiedliche Kenntnisse und Felder im Bereich „BIM“ abgedeckt werden und so eine multiperspektivische Herangehensweise an die Thematik ermöglicht wird.
Erforderliche Festlegungen
Um ein einheitliches Vorgehen bei der Erstellung von BIM-Modellen von Rohren und Schächten zu ermöglichen, wurden zunächst Festlegungen zur Lage und Ausrichtung des Koordinatensystems sowie der Verbindungspunkte der einzelnen Bauteile untereinander getroffen. Ziel ist die Definition einheitlicher Standards bei der Modellerstellung, um so beispielsweise auch den problemlosen Austausch von herstellerneutralen (vor der Vergabe) durch herstellerspezifische Bauteile (nach der Vergabe) zu ermöglichen. Darüber hinaus soll die Übergabe des As-Built-Modells an den Betreiber erleichtert werden.
Geometrische Festlegungen an Rohr und Schacht
Die geometrischen Festlegungen am Rohr sind in Abbildung 2 dargestellt. Der Ursprung des Koordinatensystems (Origin) wurde am Spitzende des Rohres auf Sohlhöhe definiert. Dieser Punkt lässt sich in Rohren und Passstücken in Querschnittsformen wie Kreis-, Ei- und Drachenquerschnitt eindeutig bestimmen. Dieser Ursprung wird gleichzeitig auch als Anschlusspunkt für das nächste Bauteil verwendet. Die x-Achse des Koordinatensystems wurde in Verlegerichtung der Bauteile – also entgegen der Fließrichtung – festgelegt und die z-Achse ist nach oben gerichtet, da die Sohlhöhe in der Planung als Bezugshöhe verwendet wird. Bei Schachtbauteilen wurde in x-/y-Richtung der geometrische Mittelpunkt und in z-Richtung die Sohlhöhe am Auslauf als Ursprung gewählt.
Definition von Attributen
Die Fachgruppe hat derzeit für Rohre und Schächte jeweils ca. 70 Attribute (Eigenschaften, engl. „Properties“) definiert, die gemeinsam mit den geometrischen Daten in das BIM-Modell einfließen. Bei der Auswahl der Attribute wurde Wert darauf gelegt, möglichst viele Lebenszyklusphasen zu berücksichtigen. So sind beispielsweise mehrere Attribute zur Beschreibung des Materials sowohl bei der Planung, der Herstellung, dem Einbau, dem Betrieb als auch für die Wiederverwendung der Bauteile relevant. Gruppen von Attributen wurden zu Eigenschaftsgruppen (engl. „Propertysets“) zusammengefasst. Zusätzlich lag der Fokus darauf, die Definition der Attribute werkstoffneutral durchzuführen, um auch andere Rohrwerkstoffe neben Beton und Stahlbeton zu berücksichtigen. Da diese Festlegungen nicht nur für Deutschland von Bedeutung sind, wurden sie zusätzlich in Englisch beschrieben. Die Tabelle zeigt einen Auszug der Eigenschaftsgruppe/PropertySet „General Information“.
Tabelle: Attributsdefinitionen am Beispiel „Schächte“
General Information | Values |
Product type | Manhole base unit, chamber ring, taper... |
Application area | Wastewater drainage |
Intended use | Gravity drainage |
Object description | Manhole base unit DN 1200 |
Short form | SU-M - 1000x800 |
Material | concrete, reinforced concrete |
Inner profile / cross section | round |
Outer profile / cross section | round, angular |
CE certification | CEXXXX |
Product standard | DIN EN 1917 / DIN 4034 |
Advanced requirements | FBS-QR 2.1 |
External quality monitoring | MPA Darmstadt |
Compressive strength class | C40/50 |
Exposure class | XA2 |
Manufacturing process | hardened in the mold |
Status Quo: viele Formate, Arbeitsweisen und Medien
Bisher ist der Prozess von der Planung bis zur Fertigstellung einer Kanalbaumaßnahme von zahlreichen Medienbrüchen gekennzeichnet. Die Planung erfolgt für gewöhnlich CAD-basiert in einer 2D-Darstellung, Ausschreibungstexte werden per Drag & Drop zusammengestellt, Bestellungen erreichen den Hersteller im pdf-Format. Die Bauausführung erfolgt auf Basis von Papierplänen und das Aufmaß wird weitgehend händisch in ein GIS-System übertragen. Der Ablauf ist in Abbildung 3 dargestellt. Da dieser Gesamtprozess zeitaufwändig und fehleranfällig ist, führt er häufig zu Missverständnissen, Problemen und Datenverlust.
Die Lösung: BIM-Workflow von der Planung bis zur Baustelle
Mithilfe der BIM-Methodik soll der aktuelle, medienbruch-behaftete Prozess durch ein einziges BIM-Modell ersetzt werden, auf das alle Beteiligten Zugriff haben. Die Umsetzung eines annähernd vollständigen BIM-Ablaufprozesses, von der Planung bis zum Zeitpunkt nach dem Einbau („as-built“), hat die FBS-Fachgruppe als Muster-Workflow getestet und die zugehörigen Erkenntnisse im Rahmen des internationalen openBIM-Kongresses „InfraBIM open 2023“ in Tampere (Finnland) erstmals vorgestellt.
Die einzelnen Schritte werden anhand der nachfolgenden Abbildung 4 beschrieben.
Die Vorstellung besteht darin, dass die FBS als übergeordnete, herstellerneutrale Organisation, Planungs- und Ingenieurbüros einen Bauteilkatalog (digitalen Zwilling der Bauteile) als IFC-Modelle mit Attributen zur Verfügung stellt (Abb.4, Punkt 1), was in Abbildung 5 symbolisch dargestellt ist.
Mithilfe dieser Bauteile als IFC-Modelle kann sodann ein bauteilgetreues BIM-Modell erstellt werden (Abb.4, Punkt 2) anstatt – wie bisher – das Kanalsystem mit Linien und Punkten zu beschreiben, was in Abbildung 6 dargestellt ist.
Verwendung von openBIM mit dem weltweiten buildingSmart-Standard IFC
Die FBS-BIM-Fachgruppe hat sich bei ihrer Arbeit für den openBIM-Ansatz entschieden, um die Nutzung der BIM-Daten nicht auf einzelne Anbieter zu beschränken und eine allgemeine Verwendung zu garantieren. Konsequenterweise werden die erzeugten Informationen auch im IFC-Format zur Verfügung gestellt und garantieren damit eine universelle Lesbarkeit.
Veröffentlichung der Ergebnisse
Im Rahmen der FBS-Fachgruppe konnten bereits verschiedene Szenarien des beschriebenen Prozesses validiert werden. Derzeit arbeitet die Gruppe an der Finalisierung der Ergebnisse und dem Ausbau des BIM-Ablaufprozesses. Sobald diese Ergebnisse vorliegen, werden sie der Öffentlichkeit sukzessive zur Verfügung gestellt und können bei der Arbeit nach der BIM-Methodik genutzt werden. Außerdem ist die Zusammenarbeit mit Herstellern von Planungssoftware angedacht, um die bauteilgetreue Planung softwareseitig abbilden zu können. Da die Initiatoren der FBS, Stefan Schemionek und Dr. Markus Lanzerath, Mitglieder diverser BIM-Arbeits- und -Fachgruppen sind, werden die Ergebnisse selbstverständlich den entsprechenden Interessensgruppen zur Verfügung gestellt. Damit ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Einführung der BIM-Methodik im Kanalbau erfolgt.
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Quelle: FBS
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