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Reger Austausch zu innovativen Ansätzen

Urlaubsatmosphäre und Vortragsprogramm – dass das gut zusammenpasst, hat die Firma IBAK zum 14. Mal mit dem Seminar „Rund ums Rohr“ auf der Color Line zwischen Kiel und Oslo bewiesen. Mit im Reisegepäck: eine bunte Mischung aus aktuellen, für die Branche interessanten Sanierungs- und Inspektionsthemen, die auf hoher See unter den Teilnehmern für einen lebhaften Austausch sorgten. Insgesamt knapp 180 Fachkundige waren mit an Bord – absolute Rekordbeteiligung!

IBAK-Seminar „Rund ums Rohr“: Reger Austausch zu Sanierung und Inspektion
Auf dem Wasser zwischen Kiel und Oslo ging es an Bord der Color Line um aktuelle Kanalsanierungs- und -inspektionsthemen. Mit 180 Fachleuten nahm das Seminar ordentlich Fahrt auf. | Foto: B_I/Valdix; IBAK

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Während das Schiff mehr oder weniger sanft über die Wellen glitt, ging es drinnen im Vortragsraum gleich zu Beginn um ein „heißes“ Kanalinspektionsthema: künstliche Intelligenz. „Der Bedarf an Zustandsdaten ist mehr als vorhanden“, so Arno Jugel, Vertriebsleiter Software bei IBAK. Das Kieler Unternehmen widmet sich bereits seit einiger Zeit der KI und bietet mit „ArtIST“ eine cloudbasierte Erweiterung der Kanalanalyse-Software IKAS evolution für die automatische Zustandsdetektion in Inspektionsfilmen an. Mit Beispieldaten wird das – offline-fähige – System trainiert und lernt immer weiter mit der sogenannten Feedbackloop, d.h. Änderungen eines Anwenders kommen automatisiert zurück.
Geschäftsführer Dorian Hunger und Vertriebsleiterin Janina Galinski bei der Begrüßung | Foto: B_I/Valdix
Geschäftsführer Dorian Hunger und Vertriebsleiterin Janina Galinski bei der Begrüßung | Foto: B_I/Valdix

An die Anwender gerichtet, betonte Jugel: „Wir verstehen uns als Werkzeuganbieter und stellen Ihnen mit ArtIST ein Instrument zur Verfügung. Wie bieten nicht den TV-Inspektionsservice mit Zustandserfassung – das ist Ihre abrechenbare Dienstleistung.“ Schließlich gab Arno Jugel noch ein Ausblick auf das, was IBAK in Sachen KI nun fest im Blick hat: Verbesserung der WebServices, Ausweitung der KI auf Schächte, Geometrievermessung aus 3D-Rekonstruktionen sowie das intelligente Bedienkonzept für die Inspektion via „Autopilot“ (aiControl).

Welche Chancen bietet KI bei der Zustandserfassung? Arno Jugel klärte auf. | Foto: B_I/Valdix
Welche Chancen bietet KI bei der Zustandserfassung? Arno Jugel klärte auf. | Foto: B_I/Valdix

Wie gelingt die Energiewende auch auf Baustellen?

Wie die Digitalisierung muss auch die Energiewende vorangetrieben werden. Das sei in Deutschland in vielen Bereichen der Fall, allerdings habe die Politik offenbar die Baustellen hierzulande nicht im Blick, meint Jörg Brunecker, Geschäftsführer Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung. Dabei sei das Potenzial, fossile Energieträger einzusparen und zu ersetzen, auch in diesem Bereich groß, zumal durch den Einsatz mobiler Geräte und Maschinen Diesel und Heizöl den Großteil des Energieverbrauchs im Bauwesen darstellen. Der Haken: Maßnahmen zur Ressourceneinsparung sowie Reduzierung der CO2-Emissionen in Bezug auf Anlagen und Fahrzeuge für die Nutzung außerhalb des Betriebsgeländes werden nicht gefördert.
Als steinig, aber lohnenswert bezeichnete Jörg Brunecker den Weg hin zur Energiewende auf Baustellen. | Foto: B_I/Valdix
Als steinig, aber lohnenswert bezeichnete Jörg Brunecker den Weg hin zur Energiewende auf Baustellen. | Foto: B_I/Valdix

„Man fragt sich, was das soll“, monierte Brunecker. „Wir brauchen Anreize für die Entwicklung, die Anschaffung und den Betrieb von energieeffizienten Baumaschinen. Der Ausschluss mobiler Geräte muss gestrichen oder ein eigenes Förderprogramm aufgelegt werden.“ Wichtig ist Brunecker ferner, dass die Energiewende alle angehe, die mit Bauen zu tun haben. Auch Bauherren könnten Flagge zeigen, etwa indem sie nicht nur wirtschaftliche, sondern auch umweltbezogene Zuschlagskriterien in der Ausschreibung festlegen.

Prof. Dr.-Ing. Torsten Schmidt widmete sich der Entwicklung eines standardisierten Verfahrens zur Bewertung und Klassifizierung der baulichen Substanz. | Foto: B_I/Valdix
Prof. Dr.-Ing. Torsten Schmidt widmete sich der Entwicklung eines standardisierten Verfahrens zur Bewertung und Klassifizierung der baulichen Substanz. | Foto: B_I/Valdix

Kommunikation und Regel-Dickicht

Um Hausanschlussinspektionen und in diesem Zusammenhang die Einbeziehung der Anwohner ging es im Vortrag von Christoph Baumgarth, Bauleiter bei der Horst Drzysga GmbH. Seine Erfahrungen: Die Kommunikation mit Anwohnern sei oft relevanter als erwartet, etwa bei der Zuordnung von Grundleitungen und angeschlossenen Entwässerungsgegenständen. In bestimmten Situationen, z.B. bei Änderung von Anschlüssen durch Umbauten, sei die Anwesenheit aller Anwohner sogar unumgänglich.

Was sind besondere Herausforderungen bei der Hausanschlussinspektion und wie sind Anwohner einzubeziehen? Diese Fragen beantwortete Christian Baumgarth. | Foto: B_I/Valdix
Was sind besondere Herausforderungen bei der Hausanschlussinspektion und wie sind Anwohner einzubeziehen? Diese Fragen beantwortete Christian Baumgarth. | Foto: B_I/Valdix
Doch nicht nur die Kommunikation mit den Bürgern an sich ist relevant, sondern auch die Art der Kommunikation, weiß Reinhild Haacker, Geschäftsführerin des Rohrleitungssanierungsverbands (RSV). „In den sozialen Medien wird so kommuniziert, als wäre man nur unter Fachleuten“, so die Diplom-Journalistin. Fachsprache müsse aber für die Bürger, also auch etwa für Kommunalpolitiker, verständlich sein, zumal sie nicht sehen, was unter der Erde passiert. Wie macht man die Bürger neugierig und nimmt sie mit? Einfache Formulierungen, Emotionen, auf den Punkt kommen – solche und weitere Faktoren seien entscheidend. Auch die Nutzung verschiedener Medienkanäle empfiehlt Reinhild Haacker.
In Oslo hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, u.a. den berühmten Videland-Skulpturenpark und die Skisprungschanze am Berg Holmenkollen zu besichtigen. | Foto: B_I/Valdix
In Oslo hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, u.a. den berühmten Videland-Skulpturenpark und die Skisprungschanze am Berg Holmenkollen zu besichtigen. | Foto: B_I/Valdix

Für den richtigen Durchblick im Regelwerk-Dschungel sorgte Andreas Haacker, RSV-Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer von Siebert + Knipschild. Was genau ist Stand der Technik? Und was sind allgemein anerkannte Regeln der Technik? Letztere müssen sich „über einen ausreichend langen Zeitraum bewährt haben“. In der Kanalsanierung findet man etwa DIN-Normen, internationale Normen, DWA-Regelwerke, RSV-Merkblätter, VSB-Empfehlungen und GSTT-Informationen. Haacker wies darauf hin, dass es viele alte DIN-Normen gebe, die nicht mehr Stand der Technik seien. Des Weiteren empfahl er, die Prüfung von Schlauchlinern mit in die Ausschreibung aufnehmen und gab hierzu Beispiele.

Alles bestens geregelt in der Sanierung? Andreas Haacker brachte Klarheit im Regelwerksdickicht. | Foto: B_I/Valdix
Alles bestens geregelt in der Sanierung? Andreas Haacker brachte Klarheit im Regelwerksdickicht. | Foto: B_I/Valdix

Eindrucksvolle Praxisbeispiele

Mit bedrückenden wie beeindruckenden (Bewegt-)Bildern zeigte Sven Kämpfer vom IB-SK Ingenieurbüro das Ausmaß der Flutkatastrophe im Ahrtal. Unter anderem war hier die Kanalisation an vielen Stellen zerstört oder in einem katastrophalen Zustand. Kämpfer und sein ca. 150 Personen starkes Team halfen bei der Reinigung und Inspektion, und das unter teils äußerst schwierigen Bedingungen, angefangen von fehlender Anfahrbarkeit des Einsatzortes über mangelnde Erreichbarkeit von Verantwortlichen bis hin zu Erstellung aktueller Lagepläne. „In den Kanälen haben wir einiges entdeckt, was da nicht hingehört“, beschrieb Kämpfer. Teilweise seien die Abwasserkanäle zu 80 bis 90 Prozent verstopft gewesen. Bei der Reinigung und Inspektion habe man eine enorme Materialbeanspruchung verzeichnet. Eine weitere Schwierigkeit sei die Koordination der Entsorgung gewesen. Und: Aufgrund der zerstörten Kläranlagen und der Einleitung wassergefährdender Flüssigkeiten in die Ahr mussten schnellstmöglich mobile Kläranlagen errichtet werden.
Den unermüdlichen Einsatz im Ahrtal beschrieb Sven Kämpfer. | Foto: B_I/Valdix
Den unermüdlichen Einsatz im Ahrtal beschrieb Sven Kämpfer. | Foto: B_I/Valdix

Von einer anderen interessanten Maßnahme berichtete Timo Heidbrink von der Firma Frisch & Faust. Er zeigte auf, wie die Rohrverlaufs- und Profilmessung die Sanierung einer Freigefälle-Druckleitung DN 700 in Magdeburg erheblich erleichterte. Die Sanierung der Grauguss-Leitung sollte im Swagelining-Verfahren erfolgen; der Leitungsverlauf war anfangs nicht genau bekannt. Zunächst wurde mit IBAKs Dreh- und Schwenkkopfkamera Orpheus 2 eine kontinuierliche, lasergestützte Profilmaßbestimmung über die gesamte Leitungslänge vorgenommen. Die Verlaufsmessung erfolgte über einen in die Kamera integrierten 3D-Sensor. Hierbei wurde ein leichter Bogen von 14° festgestellt. Die Profilmaßbestimmung gab Aufschluss über den maximalen und minimalen Leitungsdurchmesser, der generierte Lageplan war die Grundlage für die Entscheidung, in wie viel Bauabschnitte das Einzugsverfahren unterteilt werden musste.

Beim Vortrag von Timo Heidbrink spielte die Rohrverlaufs- und Profilmessung in einem konkreten Praxisbeispiel eine zentrale Rolle. | Foto: B_I/Valdix
Beim Vortrag von Timo Heidbrink spielte die Rohrverlaufs- und Profilmessung in einem konkreten Praxisbeispiel eine zentrale Rolle. | Foto: B_I/Valdix

Sanierung von AZ-Rohren und stark beschädigten Rohren

Wie saniert man Asbestfaserzement-Rohre? Erlaubt ist die Sanierung mit emissionsarmen Verfahren i.s.v. Nr. 2.9 TRGS 519. Der RSV setze sich für die Anerkennung des Schlauchlinings als emissionsarmes Verfahren in Deutschland ein, so Reinhild Haacker. In anderen Ländern wie Österreich, Italien oder der Schweiz sei die Sanierung von AZ-Rohren mit Schlauchlinern bereits gängige Praxis. Weitere geeignete Sanierungsverfahren sind aus Sicht des RSV das TIP-Verfahren sowie das Lining mit eingezogenen Schläuchen. Außerdem komme eine Passivierung von AZ-Rohren als mittelfristige Lösung in Betracht, die auch nicht gegen die REACH-Verordnung verstoße.

Reinhild Haacker referierte gleich zweimal. Themen: Kommunikation und Asbestfaserzement-Rohre. Links: Moderator Prof. Jens Hölterhoff. | Foto: B_I/Valdix
Reinhild Haacker referierte gleich zweimal. Themen: Kommunikation und Asbestfaserzement-Rohre. Links: Moderator Prof. Jens Hölterhoff. | Foto: B_I/Valdix

Und wie sieht es mit der Sanierung bzw. Erneuerung schwer beschädigter Abwasserkanäle aus? Dass man hierbei auch ohne Bagger oder Schlauch auskommen kann, zeigte Marcel Horn von der Sanierungstechnik Dommel GmbH. Hier eignen sich beispielsweise die grabenlosen Verfahren Berstlining und Tight-In-Pipe (TIP). Bei jedem Projekt sei abzuwägen, welches Verfahren und welches Rohr im Einzelfall das beste ist.

Einen Überblick über Verfahren zur grabenlosen Sanierung stark beschädigter Abwasserkanäle gab Marcel Horn. | Foto: B_I/Valdix
Einen Überblick über Verfahren zur grabenlosen Sanierung stark beschädigter Abwasserkanäle gab Marcel Horn. | Foto: B_I/Valdix

Und so endete ein aufschlussreiches, facettenreiches „Rund ums Rohr“-Event. Die Teilnehmer nahmen einige wertvolle Erkenntnisse und Anregungen mit an Land. Für Moderator Prof. Jens Hölterhoff waren es „zwei sehr bereichernde Tage. Die Vorträge waren in vielen Bereichen inspirierend und es gab keine bloßen Monologe seitens der Referenten, sondern rege Diskussionen. Eine rundum gelungene Veranstaltung also“, so sein abschließendes Fazit. Und wie zu hören war, war er mit dieser Einschätzung nicht alleine.

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