Deutschlandpremiere bei Leitungsverlegung im Pflugverfahren
Die Erlanger Stadtwerke AG (ESTW) verlegen eine neue Wasserleitung zwischen den Stadtteilen Schallershof und Bruck durch den Regnitzgrund. Im Rahmen der beiden durchgeführten Bauabschnitte wurden die Leitungen im Torpedopflug sowie im Spülbohrverfahren eingebracht. Dabei wurde in Deutschland erstmals eine Wasserleitung der Dimension DA 450 im Pflugverfahren verlegt.
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Die ESTW versorgt die 110.000 Einwohner der fränkischen Universitätsstadt mit Trinkwasser. Durch die besondere geografische Lage der Metropole an der Flussaue der Regnitz teilt der rund 800 m breite Regnitzgrund mit Fluss und unberührten Wiesen die Stadt in einen Ost- und einen Westteil. „Circa 2/3 des in Erlangen benötigten Trinkwassers werden in den Wasserwerken gefördert und circa 1/3 von einem überregionalen Fernwasserversorger bezogen“, erläutert ESTW-Projektleiter Rolf Bergmann.
Sowohl die Einspeisung dieser Fernwassermengen als auch die Förderung eines Großteils des eigenen Wassers erfolgen westlich des Regnitzgrundes. Lediglich das Wasserwerk Ost speist östlich des Regnitzgrundes in das Wassernetz ein. Es werden jedoch nur etwa 25 Prozent der Gesamtwassermenge westlich der Regnitz, aber 75 Prozent östlich der Regnitz verbraucht. Somit muss die Hälfte des westlich eingespeisten Wassers in den Osten transportiert werden. Das sind etwa 1,65 Millionen m3 Wasser pro Jahr.
Von West nach Ost
Derzeit existieren in Erlangen zwei Verbindungsleitungen von West nach Ost. Der Wasserbedarf in den östlich der Regnitz gelegenen Stadtteilen steigt jedoch weiter an. Hier befindet sich die Innenstadt und der gerade neu entstehende Stadtbezirk Siemens Campus. Allein für dieses Quartier wird bis zum Jahr 2030 sukzessive eine Erhöhung des Wasserbedarfs von einer Million m3 pro Jahr prognostiziert. Um die Versorgung der östlichen Stadtteile auch für die Zukunft zu sichern und um Redundanzen im Netz zu schaffen, verlegen die Erlanger Stadtwerke eine dritte Wasserleitung durch den Regnitzgrund.
Premiere in Deutschland
Im Rahmen der geplanten Baumaßnahme für die neue Wasserleitung in Erlangen galt es, die Regnitz auf einer Länge von rund 250 m mittels Spülbohrverfahren zu queren sowie einen weiteren ungefähr 700 m langen Teilabschnitt durch die Wiesen der Auen zu verlegen. Bei diesen sogenannten Wässerwiesen handelt es sich um ein Landschaftsschutzgebiet mit einem hohen Grundwasserstand von teilweise bis zu 30 cm unter Geländeoberkante. Bei Regen steht die gesamte Fläche zudem komplett unter Wasser.
Für die Verlegung der Rohre aus PE 100-RC DA 450 (Zulassung nach PAS 1075) mit zusätzlichem Schutzmantel prüften die verantwortlichen Planer der ESTW sowohl einen Einbau in offener Bauweise als auch einen Einzug des Rohrstrangs mittels Spülbohrung. „Beide Verfahren wären mit sehr großen Eingriffen in die natürliche Wiesenlandschaft verbunden gewesen“, erläutert Bergmann die ökologisch anspruchsvollen Rahmenbedingungen. „Vonseiten der Eigentümer sowie der zuständigen Umweltbehörden gab es aber die Auflage, den ertragreichen Boden sowie die Oberflächen der Wiesenlandschaft möglichst wenig zu beeinträchtigen“, so Bergmann weiter. Auch wirtschaftlich konnten beide Verfahren kaum überzeugen.
Auf der Suche nach einer geeigneten Alternative stießen die ESTW und die als Generalunternehmerin tätige bauausführende Rotec Rohrtechnik GmbH (Erlangen) auf das für den Einbau von PE-Rohren bis DA 630 geeignete Torpedopflugverfahren der IFK – HandelsgesmbH, Salzburg. „Nach Prüfung aller relevanten technischen Details haben wir uns gemeinsam mit den ESTW dazu entschieden, die PE-Leitung DA 450 (SDR 11) im Wiesenbereich mittels Torpedopflug zu verlegen“, erklärt Rotec-Geschäftsführer Matthias Kraus. „Die Vorteile waren vielfältig: Das Verfahren ist sehr umweltschonend, die Flurschäden sind äußerst gering und auch eine Grundwasserabsenkung ist nicht notwendig. Darüber hinaus haben wir erstmals in Zusammenarbeit mit IFK eine Wasserleitung dieser Dimension in Deutschland im Pflugverfahren verlegt – eine beeindruckende Premiere also“, so Kraus weiter.
Torpedopflug in großer Nennweite
Eine besondere Variante des Pflugverfahrens ist das Torpedo- oder Raketenpflugverfahren. Während das klassische Pflugverfahren für die Verlegung von Rohren bis rund DN 250 ausgelegt ist, ermöglicht eine Erweiterung des Pflugs um eine Torpedokonstruktion mit Verdrängerteil auch die Verlegung größer dimensionierter Rohre. Der bereits vormontierte Rohrstrang wird im Rahmen dieser Verfahrensvariante hinter der Startgrube ausgelegt, direkt an das Verdrängerteil (Torpedo) montiert und in den damit geschaffenen Hohlraum eingezogen. Dabei wird der Rohrstrang zusammen mit dem Pflugschwert über die gesamte Verlegelänge gezogen. Die entstehenden Zugkräfte am Leitungsstrang – ein für den erfolgreichen Einbau der Leitung entscheidender Parameter – werden mit Hilfe einer Messeinrichtung überwacht, um zu gewährleisten, dass die zulässigen Zugkräfte der Rohrleitung und der Verbindung nicht überschritten werden.
„Wir waren uns durchaus der Tatsache bewusst, dass die Verlegung der Leitung im Torpedopflugverfahren mit einem gewissen Risiko verbunden war“, erklärt Zbigniew Izydorczyk, der bei Rotec für die Durchführung der Baumaßnahme verantwortliche Bauleiter. „Wären die für die eingesetzten PE-Rohre zulässigen Zugkräfte überschritten worden, hätten wir den Einbau stoppen müssen und mittels offener Verlegung weiterbauen müssen“, so Izydorczyk weiter. Dennoch entschieden sich alle Verantwortlichen dafür, das bisher in Deutschland in dieser Dimension noch nicht durchgeführte Verfahren anzuwenden. Die Vorteile der schnellen Bauzeit im sandigen Boden mit hochstehendem Grundwasser sowie eines nur geringen Eingriffs in die Natur überwogen deutlich. Hinzu kommt der ökonomisch relevante Aspekt eines im Vergleich zu einer klassischen offenen Bauweise um rund 40 Prozent günstigeren Einbaus.
Schnell und sicher durch die Wässerwiesen
Die Verlegung des 700 m langen Leitungsbereichs durch den sandigen Boden der Wässerwiesen bis zur Regnitz im Torpedopflugverfahren erfolgte im Rahmen des ersten Bauabschnitts im August 2018. Für den Einzug des Leitungsstrangs galt es im Vorfeld drei rund 8 m lange und 4,50 m breite Baugruben zu erstellen. Auf Grundlage eines Bodengutachtens war für die einzuziehenden Rohrstränge eine maximale Länge von 250 m ermittelt worden.
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Somit wurden drei Rohrstränge ausgelegt und die einzelnen Rohre mittels Spiegelschweißung miteinander verbunden. „Beim ersten Strang riss bereits nach 50 m der Zugkopf ab“, schildert Bergmann erste Probleme bei der Bauausführung. „Nachdem wir alle Messergebnisse der Zugkraftmesseinrichtung genau ausgewertet hatten, gingen wir von einem Produktionsfehler aus. Glücklicherweise konnten wir kurzfristig in der ESTW-eigenen Schlosserei aus dem abgerissenen Zugkopf ein neues Bauteil improvisieren, so dass wir mit nur einem halben Tag Verzug die Baumaßnahme wieder starten konnten“, so Bergmann weiter. Sodann konnten die drei Rohrstränge innerhalb von nur drei Tagen ohne weitere Komplikationen in rund 1,90 m Tiefe langsam eingezogen werden. „Dabei wurden die für die PE-Rohre zulässigen Zugkräfte zu keinem Zeitpunkt überschritten“, erläutert Izydorczyk den kontinuierlichen Einsatz einer leistungsfähigen Messtechnik, um den Erfolg der Baumaßnahme nicht zu gefährden.
Unter der Regnitz hindurch
Unter Berücksichtigung der offenen Rohrgräben betrug die Länge der Baumaßnahme rund 250 m. Da man im Stadtgebiet bereits Erfahrungen mit Bohrungen unter dem Fluss gemacht hatte, entschieden sich die verantwortlichen Planer bei den ESTW dazu, auf der genannten Länge von 120 m zwei Bohrungen DA 225 durchzuführen. „Wir gingen davon aus, auf einer so kurzen Strecke die aufgrund dieses Vorgehens auftretenden Druck- und Strömungsverluste sicher beherrschen zu können“, erläutert Bergmann. „Aufgrund der vorliegenden Geologie wäre das Risiko eines einstürzenden Bohrkanals bei der Wahl eines größeren Querschnitts ungleich höher gewesen“, so Bergmann weiter. Für die Flussquerung setzte Rotec eine 25-t-Felsbohranlage mit zwei Misch- und zwei Recyclinganlagen ein, um Verzögerungen während des Bohrvorgangs auf ein Minimum zu reduzieren. Nach erfolgreichem Einbau, Spülung und Beprobung der Leitung konnte diese erfolgreich in das Erlanger Netz eingebunden werden und trägt dazu bei, die Trinkwasserversorgung der Stadt dauerhaft zu sichern.
Eine erfolgreiche Kooperation
Die gesamte Baumaßnahme war für alle Beteiligten alles andere als alltäglich. Die ökologisch wie geologisch anspruchsvollen Rahmenbedingungen sowie die Länge und Dimension besonders des durch die Wässerwiesen verlaufenden Leitungsabschnitts stellte alle Baupartner vor große Herausforderungen bei Planung und Bauausführung. „Dadurch dass die Planung bei uns im Hause durchgeführt wurde, hatten wir einen besonderen Spielraum und konnten unsere Erfahrungen genauso mit einfließen lassen, wie unsere Ideen in Bezug auf eine innovationsorientierte Abwicklung der Baumaßnahme“, resümiert Bergmann zufrieden. „Auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Rotec Rohrtechnik GmbH war sehr wertvoll, da kurzfristige Änderungen oder Anpassungen stets unkompliziert umgesetzt werden konnten“, so Bergmann weiter. „Die Anforderungen im Rohrleitungsbau werden zukünftig steigen. Mit neuen und innovativen Lösungsansätzen, gepaart mit einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, können diese Herausforderungen aber bewältigt werden, wie die Baumaßnahme gezeigt hat.“
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