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Flüssigboden – ein nachhaltiger Baustoff

Flüssigboden ist ein innovativer Baustoff, der sich in den letzten Jahren als praktische Alternative zu herkömmlichen Verfüllmethoden etabliert hat. Neben seiner Vielseitigkeit und den technischen Vorteilen gewinnt er auch im Kontext der Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Dipl.-Ing. Sebastian Geruschka, Geschäftsführer der Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigböden (BQF) aus Berlin erläutert die technischen und ökologischen Vorteile des Flüssigbodens sowie dessen Potenzial zur CO₂-Reduktion.

Interview mit Sebastian Geruschka zu Flüssigboden
Sebastian Geruschka: „Durch die Wiederverwendung von Bodenhaushub kann der Einsatz und Antransport von Primärbaustoffen vermieden werden und der Transport zu Deponien oder Aufbereitungsanlagen entfällt.“ | Foto: BQF e.V.

Herr Geruschka, was ist Flüssigboden und in welchen Bereichen kommt er zum Einsatz?

Sebastian Geruschka: Flüssigboden ist eine fließfähige Bodenmischung, die aus aufbereitetem, meist örtlichem Boden und Bindemitteln besteht. Die Mischung kann mit Zuschlagstoffen, wie Sand und Zement, modifiziert werden, um die spezifischen Anforderungen des Projekts zu erfüllen. Nach dem Einbringen des Flüssigbodens verfestigt sich dieser, ohne verdichtet werden zu müssen. Er bildet nach der Aushärtung eine stabile Schicht, die jedoch im Bedarfsfall wieder ausgehoben werden kann, was ihn recyclingfähig macht. Flüssigboden dient als Ersatz für klassischen Boden oder Schüttmaterialien in Bauprojekten, insbesondere bei der Verfüllung von Kanälen, Schächten, Leitungsgräben und Tunnelbauprojekten. In urbanen Gebieten, wo die Anforderungen an die Tragfähigkeit und Setzungskontrolle hoch sind, hat sich Flüssigboden besonders bewährt. Auch in der Nähe von Wasserläufen oder in Gebieten mit sensiblen Umweltanforderungen wird Flüssigboden aufgrund seiner ökologischen Vorteile zunehmend genutzt.

Welche technischen Vorteile bietet die Verwendung von Flüssigboden?

Geruschka: Flüssigboden weist eine fließfähige Konsistenz auf, die es ermöglicht, auch schwer zugängliche Bereiche im Leitungsgraben vollständig zu verfüllen. Dadurch werden Hohlräume und Setzungen vermieden, die bei der Verwendung herkömmlicher Füllmaterialien durch unzureichende Verdichtung entstehen können. Die fließfähige Natur des Materials sorgt für eine homogene Verfüllung und verhindert das Risiko von Bodenverlagerungen, die zu Schäden an den Leitungen führen könnten. Zudem wird hierdurch eine schnelle und präzise Anwendung ermöglicht. Die Zusammensetzung des Materials kann dabei individuell an Anforderungen wie Tragfähigkeit oder Wasserdurchlässigkeit angepasst werden.

Lassen sich daraus auch wirtschaftliche Vorteile ableiten?

Geruschka: Ja, die Verwendung von Flüssigboden ermöglich sehr häufig einen deutlich schnelleren Baufortschritt. Insbesondere zeitkritischen Bauvorhaben kommt dies zugute. Eine schnelle Verfüllung reduziert den Bedarf an zeitaufwendigen Verdichtungsarbeiten. Die eingesparte Bauzeit führt wiederum zu niedrigeren Lohn- und Maschinenkosten und ermöglicht eine raschere Freigabe der Baufläche. Durch die Wiederverwendung des Aushubmaterials können die Kosten für den Materialtransport und die Entsorgung des überschüssigen Bodens sehr häufig deutlich gesenkt werden. Dies führt zu einer signifikanten Kostenersparnis und verringert den logistischen Aufwand auf der Baustelle. Aber auch die Wartungskosten und das Risiko von Instandhaltungsarbeiten werden minimiert. Durch die homogene Verfüllung und die Reduktion von Setzungen werden z.B. Leitungsgräben stabiler. Die längere Lebensdauer der Leitungsgräben wirkt sich ebenfalls positiv auf die Gesamtkostenbilanz aus.

Im Kampf gegen den Klimawandel wird der Reduktion von CO₂-Emissionen eine zentrale Bedeutung beigemessen. Der Bausektor, insbesondere der Tiefbau, trägt maßgeblich zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Welchen Beitrag leistet die Verwendung von Flüssigboden für den Klimaschutz?

Geruschka: Insbesondere durch die Entsorgung von Aushubmaterial und dem damit verbundenen Transport entstehen sehr viele Emissionen. Hier kann der Einsatz von Flüssigboden seinen größten Trumpf ausspielen: Ein wesentlicher Vorteil des Flüssigbodens ist die Möglichkeit, den vor Ort ausgehobenen Boden direkt wiederzuverwenden. Dadurch kann zum einen der Einsatz und Antransport von Primärbaustoffen aus Sand- und Kiesgruben vermieden werden, zum anderen entfällt der Transport zu Deponien oder Aufbereitungsanlagen, was den Kraftstoffverbrauch und die Emissionen erheblich reduziert. Im Gegensatz zu herkömmlichem Beton benötigt Flüssigboden nur ein Minimum an energieintensiven Bindemitteln wie Zement. Die Bindemittelmenge kann an die spezifischen Anforderungen angepasst werden, was die Umweltbelastung verringert. Außerdem wird Flüssigboden fließfähig eingebaut, was den Einsatz schwerer Maschinen minimiert. Der Einbau erfolgt schneller und mit weniger Energieaufwand, wodurch auch die Emissionen vor Ort reduziert werden. Weil Flüssigboden nach dem Aushärten erneut genutzt werden kann, wird zudem auch der zukünftige Bedarf an Primärrohstoffen und natürlichen Ressourcen reduziert.

Der Flüssigboden gelangt über eine Rutsche in den Leitungsgraben. | Foto: BQF e.V.
Der Flüssigboden gelangt über eine Rutsche in den Leitungsgraben. | Foto: BQF e.V.

Das klingt vielversprechend, aber gibt es auch Herausforderungen, die Anwender dieser Bauweise zu meistern haben?

Geruschka: Ja, sicher. Flüssigboden ist ein Gemisch, dessen Zusammensetzung je nach Projekt variiert. Um den breiten Einsatz zu fördern, sind klare Standards notwendig. Hier setzen wir mit unseren Richtlinien der Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigböden an. Wir machen uns Gedanken über Qualitätsstandards von Flüssigböden und definieren Anforderungen an dessen Herstellung. Hersteller, die diese Anforderungen erfüllen, bekommen dafür unser Qualitätszeichen verliehen. Die Einhaltung der Anforderungen und der damit verbundenen Aufgaben überwacht unser Qualitätsausschuss. Der Vorteil: Jeder, der BQF-zertifizierten Flüssigboden anwendet oder nutzt, kann sich auf dieses Qualitätszeichen verlassen. Er bekommt eine hohe Qualität zu einem gleichbleibenden Standard. Und erlauben Sie mir noch einen aktuellen Hinweis: Das in diesen Tagen neu erscheinende Merkblatt für zeitweise fließfähige, selbstverdichtende Verfüllmaterialien (Zfs-Verfüllmaterial oder ZFSV) hat normativen Charakter und bietet Planern und Verarbeitern dieses bisher nicht genormten Baustoffs ab sofort deutlich mehr Orientierung und Sicherheit.

Wie sieht es in der Praxis mit den Kosten für Flüssigboden aus?

Geruschka: Die initialen Kosten für die Herstellung von Flüssigboden hängen stark von den örtlichen Gegebenheiten der Baustelle ab. Flüssigboden spart Geld durch geringere Transport- und Entsorgungskosten. Gerätekosten können mittlerweile durch den Einsatz von geeigneter Größe an Maschinentechnik (Mischschaufeln, mobile Mischanlagen oder stationäre Mischtechnik) gesteuert werden. Darüber hinaus hängen die zu kalkulierenden Kosten auch immer von der Leistung ab, mit der der Flüssigboden eingebaut wird. Je mehr Menge pro Zeiteinheit, desto günstiger wird es. Flüssigboden kann hier zunehmend häufiger einen Preisvorteil gegenüber der herkömmlichen Einbautechnik ausspielen. Langfristig gesehen amortisiert sich Flüssigboden jedoch in jedem Fall durch seine höhere Einbauqualität und Stabilität.

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Und wie steht es um die Akzeptanz dieser Bauweise in der Praxis?

Geruschka: Ganz klar: Ingenieure und Bauherren müssen von den Vorteilen des Flüssigbodens erst einmal überzeugt werden. Mit unseren regelmäßig stattfindenden Lehrgängen der BQF arbeiten wir kontinuierlich daran, die Akzeptanz zu weiter zu erhöhen.

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