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Der CO2-Fußabdruck als Indikator für nachhaltiges Bauen

Das Pariser Klimaabkommen 2015 und die daraus abgeleitete europäische und deutsche Gesetzgebung legen den Pfad zur CO2-Neutralität im Jahre 2050 (2045) fest. Der öffentlichen Hand kommt mit einem Auftragsvolumen von jährlich 132 Mrd. € eine Schlüsselrolle bei der Transformation zu einer klimaverträglichen Auftragsvergabe zu. Wie diese Transformation gelingen kann und welche Schritte bereits heute möglich sind, wird an dem Beispiel von Betonkanalsystemen gezeigt.

CO2-Fußabdruck als Indikator für nachhaltiges Bauen mit Beton
Im Sinne des European Green Deals wird in verschiedenen Ländern der CO2-Fußabdruck von Produkten in Ausschreibungen berücksichtigt. | Foto: Pixabay
Das Pariser Klimaabkommen von 2015 legt eine Obergrenze der globalen Erwärmung von maximal 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau fest. Aus den entsprechenden CO2-Zielen entstand für den europäischen Bereich der sogenannte „European Green Deal“, der konkrete Vorgaben zur Reduktion des CO2-Ausstoßes für die Jahre 2030 bzw. 2050 macht. Die Erreichung dieser Vorgaben soll durch ein breit gefächertes Spektrum an Maßnahmen sichergestellt werden. Zu nennen sind hier beispielsweise die Bepreisung fossiler Energieträger, ein Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft oder die EU-Taxonomie im Bereich von CO2. Die Vorgaben und Maßnahmen wurden durch die Bundesregierung für Deutschland übernommen und auf die nationalen Gegebenheiten angepasst. Der sogenannte „Klimaschutzplan 2050“ überträgt die europäischen Ziele, Vorgaben und Maßnahmen in nationale Programme, mit dem Ziel Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen.

CO2 als Grundlage

Den Vorgaben liegt zu Grunde, dass die Nutzung fossiler Ausgangsstoffe und Energieträger drastisch reduziert und der Ausstoß klimarelevanter Treibhausgase auf „Null“ zurückgefahren wird. Als klimarelevante Treibhausgase werden Spurengase bezeichnet, die zum Treibhauseffekt der Erde beitragen. Dazu gehören beispielsweise Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), fluorierte Treibhausgase (F-Gase) oder Distickstoffoxid (N2O). In der allgemeinen Kommunikation werden diese Gase unter dem Begriff „CO2“ oder genauer „CO2-eq“ für „CO2-Äquivalent“ zusammengefasst, da CO2 unter den genannten Spurengasen den mit Abstand mengenmäßig größten Einfluss auf den Klimawandel hat. Die klimaschädliche Wirkung der anderen Spurengase wird mit Hilfe eines Faktors auf die Wirkung des Referenzgases CO2 umgerechnet, so dass der CO2-Fußabdruck eines Produkts oder eines Prozesses angegeben werden kann. Hat beispielsweise ein Gas das Treibhauspotenzial 10 (CO2 hat das Treibhauspotential 1), so hat 1 g dieses Gases den CO2-Fußabdruck von 10 g – es ist also 10-mal so klimaschädlich wie CO2.

Umwelt-Produktdeklaration (EPD / Environmental Product Declaration)

Mit Kenntnis der Klimaschädlichkeit der einzelnen Spurengase können die Umweltauswirkungen von Produkten bzw. Prozessen bestimmt werden, indem ermittelt wird, welche Menge des jeweiligen Spurengases ausgestoßen wird. Dazu wird eine sogenannte Lebenszyklusanalyse erstellt, die die Klimaauswirkungen der einzelnen Produktions-/Prozessphasen bestimmt. Betrachtet wird dabei der gesamte Lebenszyklus von der Herstellung bis zum Rückbau/Recycling („Cradle to Grave“). Es werden dabei fünf Hauptphasen unterschieden, die jeweils in Einzelphasen unterteilt werden. Eine Übersicht liefert Tabelle 1.

Tabelle 1: Lebenszyklusphasen und notwendige Angaben laut DIN EN 15804+2 | Foto: FBS
Tabelle 1: Lebenszyklusphasen und notwendige Angaben laut DIN EN 15804+2 | Foto: FBS
Sind die Umweltauswirkungen für die Einzelphasen der Lebenszyklusanalyse bekannt, kann ein Dokument erstellt werden, in dem die umweltrelevanten Eigenschaften eines bestimmten Produkts in Form von neutralen und objektiven Daten angegeben werden. Dieses Dokument wird „Umweltproduktdeklaration“ oder „EPD“ (engl. Environmental Product Declaration) genannt. Die EPD gibt für ein spezifisches Produkt an, wie dessen Umweltwirkungen konkret sind. Dabei ist allerdings zu beachten, dass laut DIN EN 15804+2 („Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltproduktdeklarationen – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte“) nur die Phasen A1 bis A3, C1 bis C4 und D angegeben werden müssen (s. Tabelle 1). Die Phasen A4, A5 sowie B1 bis B7 sind nicht nur produkt-, sondern auch projektspezifisch und können daher nur nach Kenntnis der projektspezifischen Parameter wie Einbauverfahren, Transportentfernung, Einsatzbereich… zuverlässig und belastbar ermittelt werden. Der CO2-Fußabdruck der Produkte oder Prozesse wird innerhalb der EPD als „Global Warming Potential (GWP)“ angegeben.

Nachhaltigkeit in der öffentlichen Ausschreibung

Bisher werden bei öffentlichen Ausschreibungen nahezu ausschließlich wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Soll die Transformation hin zur Klimaneutralität gelingen, hat die öffentliche Hand als größter Auftraggeber Deutschlands die Aufgabe, Nachhaltigkeitsaspekte als weiteres Zuschlagskriterium zu etablieren. Wie dies funktionieren könnte, zeigen verschiedene (europäische) Länder, in denen der CO2-Fußabdruck von Produkten in Ausschreibungen berücksichtigt wird. Für Deutschland haben der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) und KPMG Law dazu im Jahr 2023 ein Impulspapier veröffentlicht. Vorgeschlagen wird in diesem Impulspapier ein sogenannter CO2-Schattenpreis, der die (fiktiven) Kosten zur Vermeidung/Beseitigung von Umweltfolgen innerhalb der Ausschreibung auf Basis vorliegender Produkt-EPDs mitberücksichtigt. Wie dies funktioniert, zeigt folgendes Beispiel:

Beispielrechnung CO2-Schattenpreis

Ausgangssituation: Für die Durchführung einer Baumaßnahme liegen die Angebote von zwei Bietern vor. Bieter A bietet die Durchführung zu einem Preis von 1 Mio. € an, der CO2-Fußabdruck der Maßnahme liegt bei 5.000 t CO2-eq. Bei Bieter B beläuft sich die Angebotssumme auf 1,1 Mio. €, der CO2-Fußabdruck der zugehörigen Umsetzung beträgt 3.500 t CO2-eq.

Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt für 2024 einen Ansatz der Umweltfolgekosten pro Tonne CO2-eq in Höhe von 300 €/t anzusetzen, um hiermit die CO2-Emissionen zu monetarisieren.

Bisheriger Ansatz: Entsprechend des bisherigen Ansatzes (ausschließlich Berücksichtigung des Preises) erhält Bieter A den Zuschlag, da sein Angebot unterhalb des Angebots von Bieter B liegt.

Neuer nachhaltiger Ansatz: Entsprechend des CO2-Schattenpreis-Modells werden die Gesamtkosten aus der Summe von (tatsächlichen) Baukosten und (fiktiven) Umweltfolgekosten gebildet. Zur Berechnung der Umweltfolgekosten wird der jeweilige CO2-Fußabdruck in Tonnen CO2-eq mit dem Preis für Umweltfolgekosten des UBA multipliziert. Entsprechend der oben genannten Ausgangssituation ergeben sich damit folgende Werte:

Bieter A:

Tatsächliche Baukosten: 1.000.000 €
Fiktive Umweltfolgekosten: 5.000 t CO2 x 300 €/t = 1.500.000 €

Gesamtkosten: 2.500.000 €

Bieter B:

Tatsächliche Baukosten: 1.100.000 €
Fiktive Umweltfolgekosten: 3.500 t CO2 x 300 €/t = 1.050.000 €

Gesamtkosten: 2.150.000 €
In diesem Fall erhält Bieter B den Zuschlag, da die Gesamtkosten seines Angebots mit 2,15 Mio. € deutlich unterhalb der Gesamtkosten des Angebots von Bieter A liegen (2,5 Mio. €).

Mit Hilfe des CO2-Schattenpreis-Modells können zukünftig die Umweltkosten bereits innerhalb des Ausschreibungsverfahrens berücksichtigt werden. Zusätzlich wird ein Anreiz für die Bieter geschaffen, in umweltfreundliche Technologien zu investieren, die in der Regel zu einem höheren Angebotspreis führen. Durch den CO2-Schattenpreis wird dieser Nachteil aufgehoben.

Als erstes Bundesland hat das Land Baden-Württemberg im Jahr 2023 den CO2-Schattenpreis für Ausschreibungen des Landes eingeführt.

Grundlagen des CO2-Schattenpreises im Kanalbau

Bereits heute liegen für zahlreiche Produkte des Kanalbaus zertifizierte EPDs vor. So liefert die Datenbank „Ökobaudat“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen die EPD-Daten für Abwasserrohre aus den folgenden Werkstoffen: PP, PE-HD, PVC, GFK und Beton/Stahlbeton. Da der Einsatzzweck und die Verwendung der Abwasserrohre aus den genannten Werkstoffen identisch sind, besteht die Möglichkeit, diese Abwasserrohre hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen auf Basis der DIN EN 15804+2 zu vergleichen.

Um den Vergleich auf Basis der EPD-Daten aus der Datenbank Ökobaudat durchführen zu können, werden diese jeweils auf Rohre mit einer Länge von 1 m in den entsprechenden Nennweiten umgerechnet. Tabelle 2 zeigt exemplarisch die Ergebnisse des GWP für verschiedene Werkstoffe der Nennweite DN 600. Die Daten stammen aus dem Klima-Rechner der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau, der unter www.klimarechner.de abgerufen werden kann.

Werkstoff

Gewicht [kg]

GWP [kg CO2-eq/m]

Beton

544

51,96

Stahlbeton

511

71,29

PE-HD (Vollwand)

79

320,59

PP (SN 8, profiliert)

17

76,94

PVC (SN 8)

45

194,52

GFK (SN 10000, PN1)

53

108,07

Tabelle 2: GWP für Nenndurchmesser DN 600, Rohrlänge: 1 m

Die Angaben für das Global Warming Potential in Tabelle 2 zeigen, dass Rohre aus Beton/Stahlbeton trotz ihres deutlich höheren Gewichts bei allen Nennweiten den jeweils niedrigsten CO2-Fußabdruck besitzen.

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Geringe Umweltfolgekosten bei Kanalsystemen aus Beton/Stahlbeton

Im Vergleich liegt das GWP der Vergleichswerkstoffe in Abhängigkeit der Nennweite teilweise um das 4- bis 6-fache höher als bei Beton/Stahlbeton. In Bezug auf eine Berechnung des CO2-Schattenpreises im Rahmen einer Ausschreibung bedeutet dies, dass auch die Umweltkosten bei Alternativwerkstoffen um den Faktor 4 bis 6 höher liegen können. Dies wird bei der exemplarischen Berechnung der Umweltfolgekosten einer Haltung mit einer Länge von 80 m in der Nennweite DN 600 deutlich (Tabelle 3).

Werkstoff

Gewicht [t]

GWP [t CO2-eq/m]

Umweltfolgekosten [€]

Beton

43,52

4,16

1.247

Stahlbeton

40,88

5,70

1.711

PE-HD (Vollwand)

6,32

25,65

7.694

PP (SN 8, profiliert)

1,36

6,16

1.847

PVC (SN 8)

3,60

15,56

4.668

GFK (SN 10000, PN1)

4,24

8,65

2.594

Tabelle 3: Umweltfolgekosten für Nenndurchmesser DN 600, Haltungslänge: 80 m, Umweltfolgekosten laut UBA: 300 € /t CO2-eq

Das Beispiel zeigt, dass das CO2-Schattenpreis-Modell im Kanalbau zu einer bevorzugten Verwendung von Rohren aus Beton/Stahlbeton führen würde, da sie die niedrigsten Umweltfolgekosten verursachen. Wichtig ist bei dieser Art der Betrachtung die sorgfältige Prüfung der verwendeten EPD-Daten. Die Werte der verschiedenen Werkstoffe müssen plausibel und miteinander vergleichbar sein, d.h. sie müssen die gleichen Rahmenbedingungen erfüllen. Die Rahmenbedingungen werden in den Erläuterungen der jeweiligen EPDs mit angegeben (Transportentfernungen, berücksichtigte Lebenszyklusphasen, Rückbau/Recycling…).

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Umweltvorteile beim Einsatz von Beton/Stahlbeton

Neben dem oben genannten niedrigen CO2-Fußabdruck bietet der Werkstoff Beton/Stahlbeton eine Reihe von weiteren Umweltvorteilen, die nicht oder nur indirekt in den EPDs berücksichtigt werden:

Regionalität

Die große Anzahl an Zement- und Betonfertigteilwerken in Deutschland gewährleistet sehr kurze Transportwege für Betonkanalsysteme. Die Ausgangsstoffe werden vor Ort gewonnen und die Herstellung und der Einbau erfolgen in der Regel ebenfalls im direkten Umfeld der Werke. Demgegenüber stammen die Rohstoffe der Alternativwerkstoffe häufig aus Übersee und auch die Transportentfernungen zwischen Werk und Baustelle liegen meist bei mehreren hundert Kilometern.

Lebensdauer

Rohre aus Beton/Stahlbeton sind seit den 1860er Jahren im Einsatz und haben ihre Langlebigkeit in dieser Zeit in der Praxis unter Beweis gestellt. Bei einer angenommenen Lebensdauer von 70-80 Jahren, stammt der Großteil der aktuell ausgetauschten Rohre aus der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg und wurde daher unter sehr einfachen Produktionsbedingungen hergestellt. Wie in anderen Industriebereichen auch, hat sich die Produktqualität seit dieser Zeit auch bei Betonfertigteilen stetig weiterentwickelt, so dass heute von einer viel höheren Lebensdauer von Rohren aus Beton/Stahlbeton ausgegangen werden kann.

Weiterlesen:

Fazit: (Stahl-)Beton-Systeme mit dem niedrigsten CO2-Fußabdruck

Der von HDB und KPMG Law vorgeschlagene CO2-Schattenpreis bietet schon heute die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten im Rahmen von (öffentlichen) Ausschreibungen. Er stellt eine in anderen Ländern bewährte Methode zur konsequenten Umsetzung der Ziele des European Green Deals dar und kann die Transformation zu einer klimaneutralen Beschaffung schnell und effektiv vorantreiben.

Auf Basis der für den Kanalbau verfügbaren Daten zeigt sich, dass Kanalsysteme aus Beton/Stahlbeton trotz ihres hohen Gewichts in Bezug auf das Global Warming Potential und damit der Umweltfolgen eine führende Rolle einnehmen. Sie verfügen über nahezu alle Nennweiten hinweg über den niedrigsten CO2-Fußabdruck und bieten darüber hinaus zahlreiche weitere Umweltvorteile. Ausschreibende Stellen, die heute schon auf den Werkstoff Beton/Stahlbeton setzen, haben damit die Gewissheit, dass sie schon jetzt auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet sind.

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