Wirksamer Schutz im Rahmen der Normen
Die Regeln der Technik beschreiben aufwändige Vorkehrungen zum Schutz vor Gebäudeschäden durch Rückstau. Doch für die Sicherheit der Wasserqualität in unterirdischen Regenspeichern sind vereinfachte Lösungen zulässig.
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Rückstauebene
Die Rückstauebene ist das höchste Niveau, bis zu dem Abwasser in einem Entwässerungssystem ansteigen kann. Die Festlegung der Rückstauebene erfolgt üblicherweise durch die zuständige örtliche Behörde. Fehlt eine solche Vorgabe, so ist das Niveau der Straßenoberkante über der Anschlussstelle des Grundstücks oder Gebäudes an die öffentliche Kanalisation als Rückstauebene anzusetzen. Um Wasserschäden zu vermeiden, sind Immobilieneigentümer gefordert, alle Abwasser-Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene gegen Rückstau zu sichern.
Quelle: Dirk Steuer, siehe Weitergehende Informationen [3]
Eigentümer müssen vorsorgen
Gebäude- und Grundstückseigentümer sind verpflichtet, selbst Vorsorge gegen Rückstau und Überflutung zu treffen. Das bedeutet zweierlei:
- Den richtigen Versicherungsschutz: Speziell eine Versicherung gegen Elementarschaden, die nicht automatisch in der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung enthalten ist. Doch reicht der richtige Versicherungsschutz allein nicht aus. Denn bei der Schadensregulierung wird geprüft, ob die Entwässerung exponierter Gebäudeteile normgerecht nach dem aktuellen Stand der Technik ausgeführt wurde und ob Schutzvorrichtungen verbaut wurden. Das kann Rückwirkungen haben auf die beteiligten Planungs- und Ausführungsbetriebe.
- Geeignete bauliche Maßnahmen: Zur „Naturgefahr Starkregen“ hält die Homepage des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Informationen bereit [2]. Die dort empfohlenen Maßnahmen, wie zum Beispiel wasserdichte Türen und Fenster oder Schwellen vor Lichtschächten, Kellertreppen und Souterraineingängen, schützen wirksam gegen Überflutung. Sie bannen aber nicht die Gefahr des Rückstaus aus dem Kanal. Daher empfiehlt das Bundesamt zusätzlich den Einbau einer Rückstausicherung.
Rückstauebene objektbezogen prüfen
Bevor die unterschiedlichen Verfahren der Rückstausicherung betrachtet werden, muss im Einzelfall vor Ort festgestellt werden, ob und falls ja, in welchem Teil des Entwässerungssystems eine Rückstaugefahr besteht. Hat die Straße, in der der weiterführende Kanal liegt, ein Längsgefälle oder liegen Gebäudeteile und Regenspeicher unterhalb des Straßenniveaus, ist besondere Aufmerksamkeit gefordert. Anschauliche Darstellungen dazu enthält der „Ratgeber Überflutungs- und Rückstauschutz“ [3].
Die maßgebende Rückstauebene wird von den Betreibern der öffentlichen Abwasseranlagen in den Entwässerungssatzungen festgelegt. Ansonsten gilt laut DIN 1989-100 die Straßenoberkante über der Anschlussstelle des Grundstücks bzw. die Bordsteinkante als Rückstauebene.
Technische Option wählen
Der wirksamste Schutz gegen Rückstau ist, wenn Ablaufstellen im Entwässerungssystem unterhalb der Rückstauebene generell vermieden werden. Dann ist keine zusätzliche Maßnahme erforderlich. Ist dies nicht möglich, sind für die gefährdeten Teile eines Gebäudes Schutzmaßnahmen nötig, die in zwei Gruppen unterteilt werden:
- Rückstauverschlüsse, die den Rückfluss aus dem Kanal verhindern, indem ein Klappen- oder Schiebermechanismus den betroffenen Zweig der Abwassersammelleitung verschließt
- Hebeanlagen, die Abwässer, die unterhalb der Rückstauebene anfallen, in einem Sammelbehälter auffangen und von dort per Pumpe mit nachgeordneter Rückstauschleife über die Rückstauebene in den Kanal fördern
- Beide Systeme arbeiten automatisch, sobald die Rückstausituation eintritt. Diese Grundvoraussetzung muss jede Rückstausicherung erfüllen. Manuell betriebene Systeme sind nicht zulässig. DIN 1986-100 [4] gibt vor, in welchem Anwendungsfall welche der Schutzmaßnahmen verwendet werden muss. Hebeanlagen sind im Vergleich zu Rückstauverschlüssen sicherer, jedoch auch teurer, sowie aufwändiger bei Bau, Betrieb und Wartung. Ist laut DIN-Norm nur ein Rückstauverschluss gefordert, darf dieser immer durch die hochwertigere Hebeanlage ersetzt werden.
Verschließen oder Heben
Für die technische Umsetzung einer Rückstausicherung stehen zwei marktübliche Verfahren zur Verfügung: Rückstauverschlüsse, die den Rückfluss aus dem Kanal verhindern, indem ein Klappen- oder Schiebermechanismus den betroffenen Zweig der Abwassersammelleitung verschließt, sowie Hebeanlagen, die Abwässer, die unterhalb der Rückstauebene anfallen, in einem Sammelbehälter auffangen und von dort per Pumpe mit nachgeordneter Rückstauschleife über die Rückstauebene in den Kanal fördern.
Beide Systeme arbeiten automatisch, sobald die Rückstausituation eintritt. Diese Grundvoraussetzung muss jede Rückstausicherung erfüllen; manuell betriebene Systeme sind nicht zulässig. Vor der Entscheidung für die eine oder andere Variante steht die Prüfung der Gegebenheiten vor Ort. Nur die Einzelfallbetrachtung führt zu sachgerechten Planungskriterien.
Quelle: Dirk Steuer, siehe Weitergehende Informationen [3]
Bei der Planung ist darauf zu achten, dass nur Ablaufstellen, die sich unterhalb der Rückstauebene befinden, an die Rückstausicherung angeschlossen werden dürfen. Alle Ablaufstellen oberhalb der Rückstauebene müssen im freien Gefälle hinter der Rückstausicherung in den Kanal geführt werden. Andernfalls würde nach dem physikalischen Prinzip kommunizierender Gefäße im Rückstaufall bei geschlossener Rückstausicherung das Abwasser der Ablaufstellen über der Rückstauebene bewirken, dass Abwasser aus den darunter liegenden Ablaufstellen in das Gebäude drückt.
Einfachere Vorgaben für unterirdische Regenspeicher
Wichtig ist, dass bei unterirdischen Regenspeichern außerhalb von Gebäuden Leerrohre vom Speicher in den Gebäudekeller gemäß DIN 1989-100 grundsätzlich mit Dichteinsätzen (Wanddurchführungen) versehen werden. Das verhindert den Eintritt von Grundwasser aus dem Erdreich und von im Speicher angestautem Wasser in das Innere des Gebäudes. Leerrohre zum Gebäude liegen eigentlich sicher oberhalb des maximalen Wasserspiegels. Trotzdem kann es in besonderen Fällen zur kompletten Füllung eines Speichers kommen.
Wie der Überlauf eines Regenspeichers konstruiert ist, hängt davon ab, ob er in eine Versickerung oder in einen Regen- oder Mischwasserkanal mündet [2]. Bei Kanalanschluss des Speicherüberlaufs ist gemäß DIN EN 16941-1 [5] generell ein Geruchverschluss notwendig. Sollte die Sohle des Überlaufrohres unterhalb der Rückstauebene des Kanals liegen, zusätzlich ein Rückstauverschluss. Wenn dieser schließt, der Regenwasserzulauf von den Sammelflächen aber weiter anhält, baut sich im Speicher sowie in den Sammel- und Verteilleitungen ein zusätzlicher Rückstau auf. Niedrig gelegene Regenwasserabläufe, undichte Fallrohre oder die sich hebende Speicherabdeckung können eine Entlastung bewirken und das Gelände überfluten. Das darf nicht zu Sach- und Gebäudeschäden führen, auch nicht bei Nachbarn, und ist bei großen Liegenschaften ggf. in einen Überflutungsnachweis gemäß DIN 1986-100 einzubeziehen.
Das Potenzial an Störstoffen ist bei Rückstau aus dem Mischkanal größer, auch der Grad der Kontamination des Speicherinhalts im Falle einer Fehlfunktion. Daher verlangt der Regelgeber in diesem Fall hochwertigere Rückstauverschlüsse als bei Anschluss an einen Regenkanal. Die einzelnen Typen von Rückstauverschlüssen und deren Verwendungszweck beschreibt DIN EN 13564-1 [6].
Anschluss Regenspeicherüberlauf an Mischkanal
Wenn der Überlauf unterhalb der Rückstauebene liegt, fordern die in diesem Punkt gleich lautenden Normen DIN 1989-100 und DIN 1986-100 beim Ableiten von Regenwasser aus unterirdischen Speichern in den Mischwasserkanal einen der folgenden Rückstauverschluss-Typen:
- Typ 2: Rückstauverschlüsse für die Verwendung in horizontalen Leitungen mit zwei selbsttätigen Verschlusselementen und einem Notverschluss (der mit einem der beiden selbsttätigen Verschlüsse kombiniert werden kann)
- Typ 3: Rückstauverschlüsse für die Verwendung in horizontalen Leitungen mit einem durch Fremdenergie (meist elektrisch oder pneumatisch) betriebenen selbsttätigen Verschlusselement und einem Notverschluss, der unabhängig vom selbsttätigen Verschluss ausgeführt wird
- Typ 5: Rückstauverschlüsse, die in Ablaufgarnituren oder Bodenabläufen eingebaut sind, mit zwei selbsttätigen Verschlusselementen und einem Notverschluss (der mit einem der beiden selbsttätigen Verschlüsse kombiniert werden kann)
Dabei ist zu beachten, dass die Typen 3 und 5 Fremdenergie benötigen und deshalb weniger Verwendung finden.
Anschluss Regenspeicherüberlauf an Regenwasserkanal
Wenn der Überlauf unterhalb der Rückstauebene liegt, fordern die in diesem Punkt gleich lautenden Normen DIN 1989-100 und DIN 1986-100 beim Ableiten von Regenwasser aus unterirdischen Speichern in den Regenwasserkanal einen der folgenden Rückstauverschluss-Typen:
- Typ 0: Rückstauverschlüsse für die Verwendung in horizontalen Leitungen mit einem einzelnen selbsttätigen Verschlusselement
- Typ 1: Rückstauverschlüsse für die Verwendung in horizontalen Leitungen mit einem selbsttätigen Verschlusselement und einem zusätzlichen (manuellen) Notverschluss (der mit dem selbsttätigen Verschluss kombiniert werden kann)
- Typ 2: Rückstauverschlüsse für die Verwendung in horizontalen Leitungen mit zwei selbsttätigen Verschlusselementen und einem Notverschluss (der mit einem der beiden selbsttätigen Verschlüsse kombiniert werden kann)
In beiden Fällen, bei Anschluss des Regenspeicherüberlaufs an den Regen- und an den Mischwasserkanal, können die genannten Rückstauverschlüsse in den Regenspeicher integriert oder in einem separaten Schacht angeordnet werden [7].
Zwei DIN-Normen für Regenspeicher?
In diesem Beitrag wird Bezug genommen auf DIN EN 16941-1:2018-06 und auf DIN 1989-100:2022-07. Als letztere im Juli 2022 erschien, wurde die DIN 1989, die 20 Jahre unverändert für die Regenwassernutzung gegolten hatte, zurückgenommen. Weshalb?
Im Sinne der Harmonisierung von technischen Regeln innerhalb der EU und darüber hinaus musste das zuständige Gremium innerhalb des DIN, der „Arbeitsausschuss für Wasserrecycling, Regen- und Grauwassernutzung“, mit den 34 beteiligten Ländern des CEN (Europäisches Komitee für Normung) einen Konsens finden, um die technische Regel auf einen für alle Mitgliedsländer akzeptablen Stand zu bringen. Da die Norm in Deutschland zuvor schon sehr „ausgefeilt“ war, ist das Ergebnis DIN EN 16941-1:2018-06 aus deutscher Sicht ein Minimalkonsens, veröffentlicht im Juni 2018. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, die zuvor gültigen Regeln in einer so genannten nationalen Restnorm zusammenzufassen, hier in DIN 1989-100. Im Gegensatz zu einer DIN EN ist die Gültigkeit einer DIN auf Deutschland beschränkt.
Für Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung von Anlagen zur Regenwassernutzung in Deutschland gilt deshalb seit Juli 2022: Die Anwender der Norm „Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser – Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser“ müssen sich ebenfalls mit der Norm „Regenwassernutzungsanlagen - Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941-1“ auseinandersetzen.
Kommunale Prävention gegen Rückstau im Kanal
Weitergehende Informationen:
[1] DIN 1989-100:2022-07. Regenwassernutzungsanlagen - Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941-1. Beuth Verlag, Berlin.
[2] BBK-Information: Naturgefahr Starkregen. https://www.bbk.bund.de/DE/Themen/Risikomanagement/Baulicher-Bevoelkerungsschutz/Schutz-vor-Naturgefahren/Starkregen/starkregen_node.html
[3] Steuer, Dirk: Rückstauschutz – in Zeiten des Klimawandels wichtiger denn je. In: Ratgeber Überflutungs- und Rückstauschutz. Für Handwerk, Kommunen, Planungsbüros und Wohnungswirtschaft. Mall GmbH, Donaueschingen, 3. Auflage 2023.
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[4] DIN 1986-100:2016-12. Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke - Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056. Beuth Verlag, Berlin.
[5] DIN EN 16941-1:2018-06. Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser - Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser; Deutsche Fassung EN 16941-1:2018. Beuth Verlag, Berlin.
[6] DIN EN 13564-1:2002-10. Rückstauverschlüsse für Gebäude - Teil 1: Anforderungen; Deutsche Fassung EN 13564-1:2002. Beuth Verlag, Berlin.
[7] Lienhard, Martin: Regenwassernutzung – etablierter Baustein der Siedlungsentwässerung. In: Ratgeber Regenwasser. Für Kommunen und Planungsbüros. Mall GmbH, Donaueschingen, 9. Auflage 2022.
[8] Regenwasserbewirtschaftung und Niederschlagswasserbehandlung. Planerhandbuch, 124 Seiten. Mall GmbH, Donaueschingen, 2023/2024. Kostenloser Download unter https://www.mall.info/fileadmin/user_upload/produkte/regenwasserbewirtschaftung/prospekte/planerhandbuch-regenwasserbewirtschaftung.pdf
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