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Mit Mikroben gegen Ablagerungen
Stark verschmutzter Pumpschacht mit dicker zusammenhängender Schicht aus Fett und Feuchttüchern | Foto: Technische Werke Burscheid

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Regenwassermanagement auf Bahnhöfen macht Stationen fit für die Zukunft

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Burscheid liegt am Übergang vom Rheinland ins Bergische Land. Die Kommune mit rund 20.000 Einwohnern verfügt über ein Entwässerungsnetz mit etwa 100 km Freispiegelkanälen, 35 km Druckleitungen und 36 Schmutzwasserpumpwerken.

Frank-Werner Grauvogel kümmert sich seit dem Jahr 2005 mit großem Engagement bei den Technischen Werken Burscheid um das Entwässerungsnetz und hat sich mit seiner Expertise durch seine Vorträge auf Fachveranstaltungen und die Mitarbeit in Gremien in der Fachwelt einen Namen weit über die Grenzen Burscheids hinaus gemacht.

Maßnahmen gegen Gerüche

Zu den Themen, mit denen sich Grauvogel seit Beginn seiner Tätigkeit in Burscheid intensiv beschäftigt, gehört das Problem der Geruchsbelästigung, das gerade an den Schnittstellen zwischen Druck- und Freispiegelkanälen häufig auftritt. Die Problemstellen wurden in der Vergangenheit zum Teil durch bauliche Veränderungen und betriebliche Maßnahmen entschärft. „Hier gibt es eine Reihe von Einflussmöglichkeiten, beispielsweise die Einläufe in die Pumpwerke umzugestalten oder die Schaltzyklen der Pumpen zu optimieren.“ Dies sind in Burscheid die ersten Stellschrauben, an denen gearbeitet wird.

Sind diese Möglichkeiten ausgeschöpft, wird dem Abwasser bedarfsorientiert Natriumchlorid zugegeben. Dies erfolgt entweder über fest installierte oder mit zwei mobilen Dosieranlagen, die aber in letzter Zeit nur noch relativ selten im Einsatz sind.

Frank-Werner Grauvogel und Wolfgang Adler: Der zweite Einsatz des biologischen Systems in Burscheid verlief erfolgreich. | Foto: A. zu Eulenburg
Frank-Werner Grauvogel und Wolfgang Adler: Der zweite Einsatz des biologischen Systems in Burscheid verlief erfolgreich. | Foto: A. zu Eulenburg

Pumpwerk mit Problemen

Probleme bereitet aber nicht nur der Geruch, auch Ablagerungen in den Pumpwerken sorgen immer wiederkehrend für hohen und kostenintensiven Wartungsaufwand für den Kanalbetrieb. So auch bei einer Pumpstation, die das Abwasser eines im Jahr 2007 erschlossenen Neubaugebietes in eine Druckleitung fördert. Es handelt sich um ein reines Wohngebiet ohne Industrie und Gewerbe und trotzdem traten von Beginn an in diesem Pumpwerk in außergewöhnlichem Maße Verschmutzungen auf. Mehrere Zentimeter dicke Fettablagerungen erforderten im Vorfeld von Routineüberprüfungen der Pumpen immer wieder einen hohen Reinigungsaufwand, der teilweise nur manuell mit Werkzeugen wie einem Spaten zu bewältigen waren. Die Ursache für dieses Problem ist bis heute nicht geklärt.

Zunächst wurden die Anwohner angeschrieben und auf die Problematik, auch in Kombination mit den durch Feuchttücher verursachten Schwierigkeiten hingewiesen. Flyer informierten darüber, was in die Toilette gehört und was nicht und es wurde auf die zusätzlichen Kosten und eine möglicherweise nötige Anpassung der Abwassergebühren für dieses Teileinzugsgebiet hingewiesen. Eine nachhaltige Verbesserung der Situation im Pumpwerk war jedoch nicht festzustellen.

Parallel dazu wurde auch über technische Lösungsansätze nachgedacht. „Sehr früh hatten wir an der Anlage eine von uns gebaute Dosierstation für Natriumchlorid installiert. Die nutzte im Pumpwerk direkt natürlich nichts, sondern wirkte sich nur an der Auslassstelle der Druckleitung positiv aus“, beschreibt Grauvogel. „Die dort auftretende Geruchsbelastung haben wir so und mit Modifikationen in der Pumpensteuerung ganz gut in den Griff bekommen.“ Es blieben jedoch die Probleme mit dem Pumpwerk selbst.

Biologische Option

Vor diesem Hintergrund entschloss sich Frank-Werner Grauvogel, das biologische Verfahren Lipolyt 2000 der Firma Adler auszuprobieren. „Das System basiert auf dem Einsatz von Mikroorganismen, die sich von den in häuslichem Abwasser vorkommenden organischen Stoffen ernähren“, erklärt der Inhaber des Unternehmens Wolfgang Adler. Mit deren Abbau werden entsprechende Ablagerungen, Fäulnisprozesse und damit die Grundlagen für das Auftreten von Geruchsbelästigungen minimiert.

Da sich die Mikroben in dem Abwassersystem ansiedeln und vermehren, sind die erzielten Ergebnisse in der Regel langfristig und dauerhaft. „Die Bakterien sind für Menschen und Tiere absolut unbedenklich“, betont Wolfgang Adler. Zu seinen Kunden gehören auch Hotels, Küchen und Kliniken, wo Lipolyt in Entwässerungsleitungen innerhalb der Gebäude eingesetzt wird.

Fettschicht einfach von der Schachtwand zu lösen | Foto: Technische Werke Burscheid
Fettschicht einfach von der Schachtwand zu lösen | Foto: Technische Werke Burscheid

Lernprozess

Vor einigen Jahren kam Lipolyt 2000 im Zusammenhang mit Geruchsbelästigungen in Burscheid bereits einmal zum Einsatz; brachte damals aber nicht die gewünschten Ergebnisse. „Der Weg zu den optimalen Einsatzbedingungen im Kanalnetz war auch für uns ein Lernprozess“, blickt Wolfgang Adler zurück. Anfangs wurden die Mikroben direkt in die Pumpenschächte gegeben. Dies führte jedoch in einigen Fällen nicht zu dem erwarteten Erfolg. Inzwischen ist das Unternehmen dazu übergegangen, die Kulturen bereits in die Zuleitungen zu den Pumpenschächten einzusetzen, also möglichst dicht an dem Ort, an dem das Abwasser anfällt. Seitdem ist die Erfolgsquote noch einmal deutlich gestiegen.

Frank-Werner Grauvogel hat die Berechtigung dieses Systems am Markt nie infrage gestellt. Die Geruchsproblematik sei ein sehr komplexes Thema mit vielfältigen Einflussfaktoren. Da könne keine Methode eine 100-prozentige Erfolgsgarantie liefern. „Herr Adler hat mit dem Verfahren ausgezeichnete Referenzen, die habe ich auch überprüft und das System gehört zu den Varianten, die man bei Geruchsproblemen in Betracht ziehen sollte“, so Grauvogel.

Da sich weiterhin im Lauf der Zeit herausgestellt hatte, dass die Mikroben auch Probleme mit Ablagerungen positiv und nachhaltig beeinflussen können, war er gern bereit, bei dem Problempumpwerk einen erneuten Versuch mit dem System Adler zu unternehmen. „Zumal sich die Investition mit etwa 6000 Euro in einem überschaubaren Rahmen bewegt.“

Signifikante Verbesserung

In Burscheid wurde im November 2017 das komplette Kanalnetz im Einzugsgebiet des Pumpwerkes mit den Mikroben „geimpft“ und diesmal waren im Pumpwerk signifikante Ergebnisse zu sehen. „Die dicken, verfestigten Fettschichten haben sich gelöst. Sie waren in ihrer Konsistenz deutlich weicher. Die Anhaftungen waren vom Umfang her erkennbar reduziert und ließen sich nun leicht mit einem Hochdruckreiniger lösen“, beschreibt Grauvogel. Das Fett sei zwar nicht völlig verschwunden, der Reinigungsaufwand habe sich aber, sowohl von der Frequenz als auch von der Intensität her, erheblich reduziert.

„Mit dem Erfolg sind wir bisher sehr zufrieden. Jetzt müssen wir noch herausfinden, wie oft und in welchem Umfang wir die Mikroben nachdosieren müssen, um den Erfolg zu verstetigen.“ Jetzt, nach anderthalb Jahren sei aus dem Kanalbetreib die Rückmeldung gekommen, die Wirkung habe nachgelassen und man müsse sich über eine Nachimpfung des Kanalnetzes Gedanken machen.

Abgesaugter Pumpschacht mit lösbaren Anhaftungen an den Rändern | Foto: Technische Werke Burscheid
Abgesaugter Pumpschacht mit lösbaren Anhaftungen an den Rändern | Foto: Technische Werke Burscheid

Im Blick der Forschung

Frank-Werner Grauvogel ist in dem speziellen Fall dieses Pumpwerkes mit dem Einsatz der Mikroben sehr zufrieden. Weitere konkrete Einsätze sind zwar aktuell nicht in der Planung, wenn jedoch die Problemstellung und die Randbedingen stimmen, gehört Lipolyt 2000 zu den infrage kommenden Optionen. „Ja, keine Frage, ich würde das Verfahren erneut einsetzen,“ so Grauvogel. Er weise in Gesprächen mit anderen Netzbetreibern auch auf diese Methode hin. Vor dem Hintergrund der überschaubaren Kosten sei es bei entsprechenden Problemstellungen allemal den Versuch wert.

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Dass Lipolyt 2000 funktioniert, dafür steht der Einsatz in Burscheid ebenso wie viele andere Referenzen. Warum das Verfahren funktioniert, mit dieser Frage befasst sich nun wissenschaftlich Prof. Dr.-Ing. Ute Urban von der Technischen Hochschule Lübeck. Dort wird aktuell untersucht, in welcher Form die Mikroben Fette und andere Inhaltsstoffe des Abwassers abbauen oder beeinflussen. Ziel ist es, die Erfolge in der Praxis wissenschaftlich zu untermauern. Wolfgang Adler blickt diesen Ergebnissen nicht nur mit Spannung, sondern auch mit großem Optimismus entgegen. Denn er weiß über Erfahrungen von Abwassernetzbetreibern zu berichten, die nach dem Einsatz der Mikroben einen deutlich reduzierten Reinigungsaufwand der Druckleitungen im behandelten Abwassernetz festgestellt haben. Ein Effekt, der sich übrigens auch in Burscheid zu bestätigen scheint.


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