Fahrbericht: Neuer Kleintransporter Citan von Mercedes, bald ist elektrischer eCitan da
Der neue Citan trägt mehr Mercedes-Gene als sein Vorgänger in sich. | Foto: Quatex

Der Mercedes Citan der ersten Generation erwies sich als Flop. Zu viel Renault und zu wenig Mercedes-Akzente. Viele Kunden machten einen großen Bogen um den kleinsten Stern-Transporter auf Kangoo-Basis. Nun rollt sein Nachfolger zu den Händlern und soll es besser machen. Nach wie vor basiert das kleinste Nutzfahrzeug der Schwaben auf gleicher Plattform wie der Kangoo. Doch diesmal hatten die Mercedes-Mannen mehr Mitspracherecht und durften ihre Wünsche von Anfang an in die Entwicklung des kompakten Lieferwagens umsetzen. Sichtbar wird das im Styling. Das Gesicht ist gelungen und die Marken-Verwandtschaft unverkennbar

Die Frontpartie mit großem Stern und drei Doppellamellen lehnt sich an die Pkw-Modelle der Marke an und schlägt optisch die Brücke zu Vito und Sprinter. Die eigenständige Nase mit großem Lufteinlass über fast die gesamte Breite, langgezogenen Scheinwerfern und eingelassener Motorhaube setzen individuelle Akzente und heben sich vom Kangoo ab. Insgesamt gibt es am Citan jetzt weniger Sicken und Kanten und mehr modellierte Flächen. Der kleine Überhang vorn, die kurze Motorhaube und die sich anschließende flache Windschutzscheibe wirken in Kombination sehr ästhetisch. Standardmäßig verbaut Mercedes in dem 4,50 m langen Fronttriebler H7-Licht. LED-Scheinwerfer gibt es gegen Aufpreis. Auch LED für die Rückleuchten kostet extra. Die breiten, senkrecht stehenden Heckleuchten sind formschön gestaltet und ziehen sich elegant ums Heck herum. Serienmäßig bekommen die Kastenwagen asymmetrisch geteilte Heckflügeltüren. Die sitzen an stabilen Scharnieren und lassen sich zum Beladen 90° oder 180° weit öffnen. Eine Arretierung gibt es aber nur im 90°-Winkel. Sollen die Türen komplett aufschwingen, ist bei viel Wind daher Vorsicht geboten.

Dachreling mit ausklappbaren Alu-Querstreben

Im LED-beleuchteten Frachtabteil gibt es Platz für zwei beladene Europaletten in Querverladung. Die Breite zwischen den Radkästen von 1,25 m macht’s möglich. Die Ladelänge am Boden misst 1,80 m. Auf halber Höhe schrumpft sie wegen der gebogenen Kunststofftrennwand um etwa 20 cm zusammen. Insgesamt gibt Mercedes das Ladevolumen mit 2,9 Kubikmeter an. Mehr Platz ist in der Ausführung mit Schwenkgitter und Klappsitz auf der Beifahrerseite realisierbar. Damit lassen sich auch besonders lange Gegenstände auf einer ebenen Fläche transportieren. Auf Wunsch rollt der Citan mit Holzverkleidung und Kunststoff-Laderaumboden zu den Kunden. Die Zuladung geht mit bis zu knapp 800 kg in diesem Segment in Ordnung.

Clever gelöst ist die Dachreling mit ausklappbaren Alu-Querstreben als Sonderausstattung. Die Dachlast beträgt 100 kg. Zusätzlich darf der Citan bis zu 1,5 t an den Haken nehmen. Wer nicht als Gespann unterwegs sein will und dennoch viel verstauen muss, wartet auf die 36 cm längere Citan-Version. Die soll noch im Jahr 2022 kommen und verspricht zudem eine breitere Schiebetüröffnung als die derzeit knapp 62 cm. Die Schiebetüren laufen leichtgängig in ihren Führungen, so dass sie sich mit wenig Kraftaufwand betätigen lassen. Sie öffnen sauber und rasten mit einem satten Sound gut ein. Serienmäßig steht Mercedes dem Kastenwagen nur eine Schiebetür zu. Die zweite ist aufpreispflichtig. Nur der Tourer mit Sitzen im Fond bekommt beide standardmäßig verbaut und verfügt über eine Sperre, die beim Öffnen der Schiebetür die Kollision mit dem offenen Tankdeckel verhindert. Kastenwagen-Fahrer müssen selbst aufpassen, damit bei Tankstopps Tür und Tankklappe nicht aneinandergeraten. Einen Stopper gibt es hier nicht.

Multifunktionslenkrad samt Tastern in Klavierlack

Anders als Renault verzichtet Mercedes auf die superbreite Kombination aus Beifahrer- und Schiebetür namens „Sesam-öffne-Dich“. Ohne B-Säule auf der Beifahrerseite gab es in Stuttgart wohl Bedenken bei der Steifigkeit und der Lärmentwicklung. Recht stylisch für ein Nutzfahrzeug geht es im Innenraum zu. Die Türen öffnen schlüssellos und echte 90° weit. Das Cockpit stammt weitgehend von Mercedes. Die analogen Instrumente klassischer Machart, das Multifunktionslenkrad samt Tastern in Klavierlack, die hauseigenen Bedienhebel, die runde Luftaustrittsdüse und der Touch-Bildschirm für das Infotainmentsystem MBUX dürften Mercedes-Fahrern bekannt sein. Nur die praktischen Drehregler für die Bedienung von Klimatisierung und Lüftung stammen aus dem Renault-Regal. Besonders mit MBUX hebt sich Mercedes deutlich vom Wettbewerb ab. Per Sprachbefehl, über die Lenkradtasten oder via Touch-Display lässt es sich ansteuern und bietet den Zugang zu den Diensten von „Mercedes me“ mit vielen Navigations- und Konnektivitätsfunktionen. Dazu zählen beispielsweise Unfall-, Pannen- und Wartungsmanagement, elektronisches Fahrtenbuch, die Lieferung von Echtzeit-Verkehrsdaten oder die alternative Navigation per Drei-Wort-Adresse („whats3word“-System).

Lenkrad, Sitze, Instrumente und Armaturen heben sich vom Bruder Kangoo deutlich ab. | Foto: Quatex
Lenkrad, Sitze, Instrumente und Armaturen heben sich vom Bruder Kangoo deutlich ab. | Foto: Quatex
Bei den Oberflächen im Frontabteil dominiert dunkle, pflegeleichte Hartplastik. Die Verarbeitung ist top. Nichts klappert oder knarzt. Das straff gepolsterte, stoffbezogene Gestühl weist breite Sitzflächen auf, bietet guten Seitenhalt und taugt auch für längere Fahrten. Der Fahrersitz ist höhenverstellbar, das Raumgefühl dank viel Luft nach oben riesig. An Ablagen herrscht kein Mangel. Oben auf dem Armaturenbrett beherbergt ein schlitzförmiges Fach Dokumente aller Art. Zusätzlich öffnet sich nach Druck auf einen Deckel die geschlossene Ablage mit USB-C-Schnittstelle und Vorrüstung für eine Smartphone-Halterung. Ins Fach unter dem Dach passt sogar ein Leitz-Ordner oder ein Laptop. Weiter unten erwartet die Mittelkonsole Kleinkram oder das Handy auf gummierter Induktionsfläche zum kontaktlosen Laden. Zusätzlich gibt es auch hier Steckdosen. Die großen Türtaschen fassen selbst 1,5-l-Flaschen. Die Ablage unter der Mittelarmlehne ist nicht sehr groß, dafür aber recht tief. Zwischen den Sitzen ist außerdem die mechanische Handbremse platziert. Eine elektrische Parkbremse soll es ab dem zweiten Quartal dieses Jahres geben. Später im Jahr stehen auf Wunsch auch das schlüssellose Motor-Start-Stopp-System sowie das siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe (DCT) zur Verfügung. Vorerst wird der Verbrenner über einen Zündschlüssel geweckt und die jeweilige Fahrstufe manuell über ein Sechsganggetriebe eingelegt.

Mercedes bietet Diesel und Benziner an

Zum Marktstart bietet Mercedes im neuen Citan drei Diesel und zwei Benziner an, die alle französischer Abstammung sind und zwischen 75 und 131 PS leisten. Sie sind die letzten Verbrenner in neuen Transportern mit Stern. Künftige Neuentwicklungen bei Mercedes-Benz Vans gibt es nur noch mit E-Antrieb. So macht sich der eCitan bereits startklar und feiert Mitte 2022 seine Premiere. Solange müssen sich Kunden mit klassischen Antrieben begnügen. Der stärkste Diesel mit 1,5 l Hubraum liefert auf der ersten Probefahrt 116 PS und max. 270 Nm Drehmoment. Ist beim Überholen eine starke Beschleunigung nötig, kommt bei Vollgas die Overpower/Overtorque-Funktion zum Einsatz. Dann liefert das 85-kW-Triebwerk im Kastenwagen kurzzeitig bis zu 4 kW und 25 Nm mehr. Auch ohne dieses nette Feature ist der wenig beladene 2,2-Tonner recht flott unterwegs. Der Motor nimmt willig Gas an und lässt sich schaltfaul fahren. Brauchbare Durchzugskraft gibt es schon im unteren Drehzahlbereich. Hier läuft der Selbstzünder recht leise. Auch Wind- und Abrollgeräusche dringen kaum ins Innere. Oberhalb von 2.000/min kommt aber die kernige Seite zum Vorschein. Dann brummt der Motor stärker, was aber im Nutzfahrzeuggeschäft nur wenig und höchstens auf längeren Fahrten stören dürfte. Insgesamt ist die Geräuschdämmung gut gelungen, lästige Resonanzen seitens der Blechhülle treten nicht auf.

Die Kraftübertragung erfolgt über das mechanische Sechsganggetriebe an die Vorderräder. Eine Allradversion ist nicht vorgesehen. Die Schaltung der jungen Testfahrzeuge funktioniert etwas hakelig. Dafür sind die Wege kurz, und die Gassenführung ist tadellos. Die elektrisch unterstützte Lenkung passt gut zum knuffigen Citan. Sie arbeitet exakt und feinfühlig beim Rangieren und straffer bei hohem Tempo. Die großen Rückspiegel mit optischem Totwinkelwarner sorgen für gute Rundumsicht, die nur von der breiten A-Säule etwas eingeschränkt wird. Beim geschlossenen Kastenwagen macht sich die Rückfahrkamera bezahlt. Sie deckt einen Bereich von rund 3 m hinterm Fahrzeug ab und erleichtert das Ankoppeln von Anhängern, weil sie einen Blick von oben auf die Kupplung ermöglicht.

Federt komfortabel, steckt Unebenheiten weg

Perfektioniert hat Mercedes die Fahrwerksabstimmung. Das Fahrwerk basiert vorn auf McPherson-Federbeinen. Hinten übernimmt eine schraubengefederte Verbundlenkerachse. Der Kleintransporter federt komfortabel und steckt Unebenheiten souverän weg. In zügig gefahrene Kurven verhält er sich fahrsicher. Insgesamt lässt sich der Citan entspannt fahren. Warum nur vorne Scheibenbremsen zum Einsatz kommen und hinten noch Trommelbremsen verwendet werden, bleibt ein Geheimnis. Nur für die Tourer gibt es Scheibenbremsen rundum. Im Vergleich zu Renault stellt sich Mercedes mit dem Citan breiter auf. Neben den Modellen Kastenwagen und Tourer in zwei Längen gibt es die beiden Ausstattungslinien Base und Pro. Zusätzlich sind zehn Ausstattungspakete ganz nach individuellem Einsatzzweck verfügbar – darunter ab Mitte 2022 auch eine Baustellen-Version mit erhöhter Bodenfreiheit, Unterfahrschutz und Schmutzfängern. GaLaBauer dürfte es freuen.

In Sachen Sicherheitsausstattung legt der Citan Kasten massiv zu. Serienmäßig sind ESP, Seitenwindassistent, Berganfahrhilfe, Müdigkeitswarner und Notrufsystem an Bord. Auf Wunsch kommen ein Notbremsassistent, ein aktiver Bremsassistent mit Erkennung von Querverkehr und Fußgängern, ein aktiver Spurhalteassistent mit Lenkeingriff sowie Totwinkelassistent und Verkehrszeichenerkennung hinzu. Außerdem sucht und findet der neue Citan Parklücken und kann längs und quer einparken sowie beim Rangieren vor seitlichen Hindernissen warnen. Später mit Doppelkupplungsgetriebe offeriert Mercedes gegen Aufpreis noch die aktiven Abstands- und Lenkassistenten, um das automatische Staufolgefahren zu ermöglichen und teilautonom per Lenkeingriff die Spur zu halten.

Bleibt ein Blick auf den Preis. Wie bei der Ausstattung hebt sich Mercedes hier deutlich vom Entwicklungspartner Renault ab. Der günstigste Citan 110 Kastenwagen mit 102-PS-Benziner kostet mit 19.348 Euro netto immerhin rund 1.500 Euro mehr als ein vergleichbarer Kangoo. Ein happiger Premium-Aufschlag für den Mercedes-Stern am Kühlergrill. Allerdings bekommen Kunden dafür auch viel mehr als beim Citan der ersten Generation.

Unsere Meinung

Der neue Citan ist ein echter Mercedes. Dank tollem Fahrwerk, hohem Fahrkomfort und guter Geräuschdämmung hat er den Stern verdient. Punkten kann der Citan außerdem mit viel Platz für Besatzung und Fracht, modernem MBUX-Multimediasystem samt intelligenter Spracherkennung und umfangreichen Assistenz- und Sicherheitssystemen. Leider gibt es aber die meisten Assistenten für den Kastenwagen nur gegen Aufpreis. Dafür eignet sich die Plattform für einen E-Antrieb, der in Form des eCitan schon mit den Hufen scharrt.

Mercedes eCitan

Ab Sommer dieses Jahres soll der elektrische eCitan für Gewerbetreibende vom Band laufen. Seine Reichweite gibt Mercedes mit rund 285 km nach WLTP an. Das wäre deutlich mehr als beim größeren Mercedes eVito. Unter der Motorhaube und zwischen den Achsen des eCitan steckt die Technik des Renault Zoe. Den Antrieb übernimmt ein 75 kW (102 PS) starker Synchron-E-Motor mit 245 Nm Drehmoment aus dem Stand. Die Lithium-lonen-Batterie speichert nutzbare 44 kWh (ca. 47 kWh brutto). Sie wird über eine Steckdose hinter dem großen Mercedes-Stern am Kühlergrill aufgeladen. Das funktioniert per Wechselstrom mit 11 oder optional 22 kW. Alternativ lässt sich der eCitan an Schnellladesäulen mit Gleichstrom von max. 75 kW betanken. Dann sollen die Akkus innerhalb von 40 min von 10 auf 80 Prozent aufgeladen sein.

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Die Höchstgeschwindigkeit geben die Stuttgarter mit 130 km/h an. Die Nutzlast in der Standardversion beträgt 620 kg. Bei Laderaummaßen und Ausstattung müssen Kunden keine Abstriche gegenüber den konventionellen Verbrenner-Modellen machen. Auf Wunsch sind Annehmlichkeiten wie beheizte Frontscheibe, beheizte Sitze oder ein beheiztes Lenkrad verfügbar. Bemerkenswert: Als erster E-Transporter ist der eCitan mit Anhängerkupplung zu haben und darf bis zu 1,5 t in Schlepp nehmen.

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