Sechs Pickup-Trucks im Test
Ein Pickup macht sich auch gut auf unbefestigten Wegen – sollte er zumindest. Aber was kann diese Fahrzeugklasse wirklich? Sind die „schweren Jungs“ von Isuzu, Mercedes, Mitsubishi, Nissan, Toyota und VW als Nutzfahrzeug geeignet? Das B_I baumagazin hat sechs Pickup-Trucks fürs schwere Gelände getestet.
Wo der Asphalt endet, ist Endstation für die meisten Autos und Lieferwagen. Dumm nur, dass Gebäude und Infrastruktur auch dort errichtet werden wollen, wo noch kein befestigter Weg hinführt. Schon das Aufstellen eines Wildschutzzaunes auf einem hügeligen Waldgrundstück dürfte den Fuhrpark vieler Bauunternehmen vor eine ernstzunehmende Herausforderung stellen. Es gibt jedoch eine Fahrzeugklasse, die topografisch anspruchsvollen Aufträgen mehr als gewachsen ist: Pickup-Trucks.
Hierzulande fristete diese Kreuzung aus Pkw, Geländefahrzeug und Lieferwagen lange Zeit ein Nischendasein. Seit einigen Jahren werden Pickups aber in Deutschland salonfähig. Ja, sie erleben geradezu einen echten Boom. Grund genug, sich die großformatigen Arbeitstiere einmal genauer anzusehen.
Obwohl sie mit ihrer großen Ladefläche fürs Gewerbe prädestiniert sind, fristen die meisten Pickups ein Dasein fernab unternehmerischer Kosten-Nutzen-Rechnung. In den Einfahrten vor Nobelvillen und den Tiefgaragen der Innenstädte sind sie Protz- statt Nutzfahrzeug. Kein Wunder, schließlich kann man mit den fetten 2-Tonnern schön auf dicke Hose machen – ohne gleich Sparbuch und Altersvorsorge plündern zu müssen. Im Vergleich zu teuren Premium-SUVs sind Pickups nämlich weitaus billiger, machen aber fast genauso viel Eindruck.
Abgesehen vom sozialhierarchischen Uplifting haben Pickups natürlich auch im gewerblichen Bereich echte Qualitäten: Sie bieten Platz für fünf Personen, transportieren mehr als eine Tonne Ladung, ziehen bis zu 3,5 Tonnen und wühlen sich problemlos durch unwegsames Gelände. Ideale Voraussetzungen, um auf den Alltag der Baustellen gut vorbereitet zu sein.
Bereit fürs Grobe – der Antrieb
Alle sechs von uns getesteten Pickup-Modelle kommen werkseitig mit einiger Offroad-Technik zum Händler. Beim Versuch, den Antrieb kraftschlüssig mit dem Gelände zu verbinden, verfolgen die Hersteller aber unterschiedliche Strategien: Toyota und Nissan statten ihre Fahrzeuge mit einem zuschaltbaren Allradantrieb aus, der im 4WD-Modus wie ein gesperrtes Mitteldifferenzial arbeitet. Manuell lässt sich auch noch das Hinterachsdifferenzial sperren. Bei langsamen Geländefahrten oder dem Ziehen großer Lasten hilft ein Untersetzungsgetriebe, das wie ein Drehmoment-Multiplikator wirkt.
Mercedes X-Klasse und Mitsubishi L200 verfügen über einen Permantenten-Allradantrieb, bei dem sich die Vorderachse abschalten lässt. Diese Antriebsversion bringt vor allem auf Schnee Vorteile. Isuzu geht beim D-Max einen anderen Weg: Zwar findet man auch hier ein Untersetzungsgetriebe und einen zuschaltbaren Allradantrieb, mechanische Sperren sucht man jedoch vergeblich. Der kleine japanische Hersteller löst das Problem durchdrehender Räder mittels Elektronik, die die Räder mittels gezieltem Bremsen-Einsatz vor dem Traktionsverlust bewahrt. Noch reduzierter macht es VW beim Amarok: Kein Untersetzungsgetriebe, keine mechanischen Sperren, kein manuell zuschaltbarer Allrad. Dafür gibt es ein vergleichsweise intelligentes Permanent-Allradsystem, das (ebenfalls mittels Elektronik) das Drehmoment der Räder stets optimal verteilen soll. Den fehlenden Kriechgang macht der Amarok durch das serienmäßige Automatikgetriebe und seinen 3-Liter-Sechszylinder wett. Effektiv bringt der Amarok mit 258 PS und 580 Nm auch ohne Untersetzungsgetriebe mit den übrigen Offroad-Pickups vergleichbarer Power auf den Untergrund.
Ein Pickup fehlte zwar im Test, dennoch kann er sich hiermit als “getestet” betrachten: Der Renault Alaskan gleicht dem Nissan Navara (abgesehen von ein paar Karosseriedetails) bis auf die letzte Schraube. Auch preislich gibt es keine nennenswerten Differenzen zwischen Navara und Alaskan. Das ist freilich wenig verwunderlich: Navara und Alaskan stammen (genau wie auch die Mercedes X-Klasse) aus demselben Werk.
Alle Modelle scheinen den Offroad-Fähigkeiten übrigens kräftig mittels Elektronik unter die Arme zu greifen. Wo genau die mechanischen Hilfen enden und die elektronischen beginnen, ließ sich im Test jedoch nicht immer eindeutig bestimmen. In der Praxis spielt das aber ohnehin keine Rolle: Solange man ankommt, hat der Wagen schließlich seine Arbeit gut gemacht.
Mit Dach wird der Pickup zum Allrounder
Wer meint, dass Pickups nur etwas für Schönwetter-Regionen sind (weil sonst ja alles auf der Ladefläche ungeschützt den Elementen ausgesetzt ist), der irrt: Gegen Aufpreis lassen sich von allen Herstellern Einhausungen für die Ladefläche ordern. Die machen aus der offenen Ladefläche einen abgeschirmten Laderaum. Diese Zusatzausstattung hat noch einen weiteren Vorteil, wie wir im Test eindrucksvoll beobachten konnten: Mit Dach spart man bei Autobahnfahrten (bei Tempo 140) dank verbesserter Aerodynamik fast 2 Liter Diesel pro 100 km – und schont die Nerven, da die Windgeräusche dramatisch abnehmen. Auch sonst sind die Ladeflächen-Dächer ein Muss: Sie lassen sich versperren, verhindern, dass Fracht bei der Fahrt vom Pickup fallen kann, und lassen den Pickup nochmal ein gutes Stück cooler aussehen.
Mit Dach wird ein Pickup außerdem zum echten Allroundfahrzeug, das sich auch nach Arbeitsende gut schlägt. Gerade wer als Kleinunternehmer sein Firmenfahrzeug auch im Familienalltag nutzen möchte, findet im Pickup mit Ladeflächenüberdachung eine geradezu perfekte Lösung. An so viel Vielseitigkeit kommen auch Kombi und Minivan nicht heran – schon gar nicht, wenn man mit der Familienkutsche auch mal einen Feldweg entlangfahren möchte.
Automatik oder manuell – das Getriebe
Alle von uns getesteten Pickup-Modelle sind (zumindest optional) mit Automatikgetriebe erhältlich. Für den Geländeeinsatz ist diese Getriebevariante ohne Zweifel die beste Wahl. Wenn die Gangart rau wird, ist es schlicht deutlich einfacher, mit vorsichtigem Gaseinsatz den Wagen vorwärts kriechen zu lassen, als Kupplung und Gaspedal zu balancieren. Geländefahren mit Handschaltung ist zwar nicht prinzipiell schlechter, braucht aber deutlich mehr Übung als mit Automatikgetriebe.
Für den gewerblichen Einsatz empfiehlt sich ein Automatikgetriebe aus einem weiteren Grund: Werden regelmäßig Anhänger mit schwerer Beladung gezogen, nimmt man mit der Automatik Belastungsspitzen aus dem Antriebsstrang. Durch die dadurch reduzierten Wartungs- und Reparaturkosten amortisieren sich die Mehrkosten der Automatik von ein paar Tausend Euro erfahrungsgemäß nach etwa fünf Jahren. Vorausgesetzt man hält das vorgesehene ATF-Serviceintervall (Wechsel des Getriebeöls) ein, das bei regelmäßigem Einsatz als Zugfahrzeug meist geringer angesetzt wird.
Der Haken: Zu schön fürs Gelände
Elegant aber sinnlos sind die bei Pickups so beliebten Trittbretter an den Seiten: Bei allen Modellen, die derart behübscht zu uns kamen, waren diese Designelemente aus weichem, dünnen Metall und nur durch wenige zierliche Schrauben mit dem Rahmen des Wagens verbunden. Die Trittbretter kosten damit nicht nur einige Zentimeter Bodenfreiheit, bei Bodenkontakt können sie zudem leicht knicken, oder im schlimmsten Fall gleich ganz abreißen.
Die genannten Kritikpunkte kann man aber problemlos mit überschaubaren Modifikationsmaßnahmen lösen: Ein Paar robuste Offroad-Stoßstangen für Front und Heck kosten etwa 2.000 Euro, ein Alu-Unterbodenschutz schlägt mit etwa 500 Euro zu Buche, und Rock Rails zum Schutz der Seitenschweller liegen bei knapp über 1.000 Euro.
Tabelle: Die Modelle im Test mit ihren technischen Daten
Toyota Hilux | Nissan Navara | Mercedes X350d | Mitsubishi L200 | Isuzu D-Max | VW Amarok V6 | |
Abmessungen (LxBxH) | 5,33 x 1,86 x 1,82 m | 5,33 x 1,85 x 1,84 m | 5,34 x 1,92 x 1,82 m | 5,29 x 1,82 x 1,78 m | 5,30 x 1,86 x 1,80 m | 5,32 x 1,95 x 1,84 m |
Ladefläche (LxB) | 153 x 165 cm | 158 x 156 cm | 158 x 156 cm | 152 x 147 cm | 155 x 153 cm | 162 x 155 cm |
Bodenfreiheit | 29,3 cm | 23,3 cm | 20,2 cm | 20,5 cm | 28,0 cm | 19,2 cm |
Böschungswinkel (vorne/hinten) | 31°/26° | 32°/27° | 29°/24° | 30°/22° | 30°/23° | 30°/18° |
Motor | 2,4-Liter 4-Zylinder Diesel | 2,3-Liter 4-Zylinder Diesel | 3-Liter 6-Zylinder Diesel | 2,4-Liter 4-Zylinder Diesel | 1,9-Liter 4-Zylinder Diesel | 3-Liter 6-Zylinder Diesel |
Leistung | 110 kW / 150 PS | 140 kW / 190 PS | 190 kW / 285 PS | 133 kW / 181 PS | 120 kW / 163 PS | 190 kW / 258 PS |
Drehmoment | 400 Nm | 450 Nm | 550 Nm | 430 Nm | 360 Nm | 580 Nm |
Höchstgeschwindigkeit | 170 km/h | 180 km/h | 205 km/h | 177 km/h | 180 km/h | 195 km/h |
Nutzlast | Bis zu 1.115 kg | Bis zu 1.189 kg | Bis zu 1.001 kg | Bis zu 957 kg | Bis zu 1.001 kg | Bis zu 836 kg |
Anhängerlast | 3.200 kg | 3.500 kg | 3.500 kg | 3.100 kg | 3.500 kg | 3.300 kg |
Preis | Ab 29.143,10 € | Ab 31.930 € | Ab 47.490 € | Ab 35.490 € | Ab 32.650 € | Ab 47.343 € |
Jetzt wird´s ernst: Wer ist der beste?
Im Gelände taten sich vor allem Toyota Hilux, Nissan Navara und Mitsubishi L200 hervor. Liegt der Schwerpunkt auf Offroad-Fahrten, sind diese Modelle daher auch die beste Wahl. Wer dagegen ein Fahrzeug sucht, das vor allem auf der Straße gut zu fahren ist und nur gelegentlichen Geländegängen ausgesetzt ist, für den führt am VW Amarok kein Weg vorbei. Sieger der Herzen ist der Isuzu D-Max: Kein Pickup für Angeber, dafür aber in jeder Disziplin ohne echte Schwächen.
So haben wir die Pickup-Trucks getestet
Alle Pickups wurden von uns sowohl auf der Straße wie auch auf einem Offroad-Gelände getestet. Da die Testkandidaten zwischen November und Januar zu uns kamen, gab es witterungsbedingt natürlich nicht immer identische Bedingungen. Mercedes X-Klasse und Isuzu D-Max mussten sich beispielsweise als einzige auch im Schnee beweisen. Wir haben dennoch versucht, eine möglichst einheitliche Testprozedur einzuhalten. Auf der Straße und im Gelände wurden alle Modelle sowohl unbeladen als auch mit einer 850 kg schweren Testladung gefahren. Nicht getestet wurde das Fahrverhalten mit Anhänger, da nicht alle getesteten Pickups mit einer Anhängerkupplung ausgestattet waren. Die technischen Angaben beziehen sich jeweils auf das von uns getestete Modell (Motorisierung). Der angegebene Preis weist den Mindestpreis der jeweiligen Motorvariante ohne Extras (inklusive MwSt.) aus.
Im Gelände souverän: Toyota Hilux
Unser Urteil:
Eine Macht im Gelände mit kleineren Komfort-Abstrichen bei Autobahnfahrten. Ein etwas stärkerer Motor würde dem Hilux durchaus guttun. Dennoch: Einer der besten Gelände-Pickups am Markt.
Ein Allrounder: Nissan Navara
Nissan hat mit dem Navara schon seit langer Zeit einen fähigen Gelände-Pickup im Programm. Die neueste Variante steht seinen bekannt geländegängigen Vorfahren in nichts nach. Positiv aufgefallen ist uns die gute Achsartikulation, die dem Navara in unwegsamem Gelände trotz seines langen Radstandes eine erstaunliche Wendigkeit verleiht. Ein kleiner Kritikpunkt ist die Übersicht: Die brachiale Kühlerhaube verleiht dem Navara zwar ein bombastisches Auftreten, nimmt im Gelände aber einiges an Sicht. Präzises Positionieren der Vorderräder braucht daher schon etwas Übung. Sonst machte der Navara offroad aber einen sehr guten Eindruck.
Unser Urteil:
Ein vernünftiger Nutzfahrzeug-Allrounder mit Premium-Anmutung und hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis. Gut im Gelände – und dank günstiger Zubehörteile auch viel Luft nach oben.
Luxus-Truck: Mercedes X-Klasse
Unser Urteil:
Der edelste aller Pickups am Markt, vor allem im Innenraum. Der starke Motor macht den X350d zu einer Macht im Gelände. Für die Baustelle aber fast etwas zu elegant. Dort wäre wohl der “kleinere” X250d mit zuschaltbarem Allrad besser aufgehoben.
Ein echtes Nutzfahrzeug: Mitsubishi L200
Unser Urteil:
Dort wo für andere Schluss war, konnte sich der Mitsubishi fast immer noch ein kleines Stück weiter bewegen – trotz vergleichsweise geringer Bodenfreiheit.
Sieger der Herzen: Isuzu D-Max
Im Vergleich zur Konkurrenz wirkt der D-Max deutlich weniger “stylish” – sowohl innen als auch außen. Trotz Geländefahrwerk fährt sich der D-Max dafür fast wie ein normaler Pkw. Auf der Autobahn endet aber auch bei ihm die Komfortzone bei Tempo 140.
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Im Gelände überaschte uns der D-Max: Ganz ohne mechanische Sperren regelt der Isuzu das Drehmoment mittels gezielter Abbremsung durchdrehender Räder. Selbst in schwerem Gelände funktioniert das hervorragend. Was genau beim D-Max bei eingelegtem Untersetzungsgetriebe vor sich geht, ist uns aber auch nach intensiven Tests nicht ganz klar: Es scheint, als ob die Traktionskontrolle hier in einem anderen Modus arbeitet. In der Praxis äußert sich das so: Hat mehr als ein Rad schlechten Bodenkontakt, ist die Untersetzung manchmal die schlechtere Wahl. Bei der geringeren Untersetzung werden durchdrehende Räder jedenfalls besser durch die Elektronik gesperrt.
Unser Urteil:
Der D-Max ist von 9 bis 5 Nutzfahrzeug, davor und danach Familienkutsche und am Wochenende Adventure-Drive: Wer all das in einem einzigen Auto haben will, ist hier richtig.
Fast schon sportlich: VW Amarok
Unser Urteil:
Der beste auf der Straße. Im Gelände fällt er hinter die Konkurrenz etwas zurück – aber erst, wenn die Gangart wirklich rauh wird. Für den Baustellenalltag dürfte es in jedem Fall reichen.
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